Borussia Mönchengladbach -
Eintracht Frankfurt |
UEFA-Cup 1979/1980 - Finale, Hinspiel
3:2 (1:1)
Termin: 07.05.1980
Zuschauer: 25.000
Schiedsrichter: Guruceta Muro (Spanien)
Tore: 0:1 Harald Karger (37.), 1:1 Christian Kulik (45.), 1:2 Bernd Hölzenbein (71.), 2:2 Lothar Matthäus (77.), 3:2 Christian Kulik (88.)
Borussia Mönchengladbach | Eintracht Frankfurt |
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Der verschenkte Sieg Sich auf Fußball zu konzentrieren fällt in den Tage vor dem ersten Endspiel in Mönchengladbach schwer. Denn viel mehr als das Geschehen auf dem grünen Rasen beschäftigt den Großteil der Eintracht-affinen Frankfurter das Personaltheater. Die Bühne teilen sich dabei Bruno Pezzey, dessen Verbleib am Main lange Zeit unklar ist, ehe er sich zum Bleiben entschließt, Jürgen Pahl, dessen Vertrag nun doch - vielleicht, eventuell, oder lieber doch nicht - verlängert werden soll, Cha, den die Bayern durch das Winken mit dicken Schecks nach München locken wollen, und Bernd Nickel, dessen fußballerische Zukunft am Riederwald ungewiss ist, da ihn "Amerika ...", genauer gesagt, die US-Profiliga, "... riesig reizt". Die Hauptrolle dieser Tragikomödie übernimmt Friedel Rausch. Wurde sein Vertrag erst vor vier Wochen um ein weiteres Jahr verlängert, bittet er die Eintracht, ihn zum 30. Juni 1980 vom Traineramt zu entbinden. Und die Vereinsoberen kommen dieser Bitte nach. Nachfolger soll der von Manager Udo Klug protegierte Lothar Buchmann werden, die beiden kennen sich aus der gemeinsamen Vergangenheit beim SV Darmstadt 98. Für die Spieler kommt Rauschs Abschied nicht überraschend, was Ersatz-Kapitän Bernd Hölzenbein auch kundtut: "Diese Entwicklung zeichnete sich ja spätestens nach der komischen Vertragsverlängerung von München ab." Wenn es allerdings nach den Fans geht, soll Rausch bleiben und dafür andere Protagonisten in diesem Stück seine Koffer packen. Laut und unmissverständlich ist aus Block G zu hören: "Klug raus. Achaz raus!". Manager und Präsident, so der Wunsch der Fans, sollen dem Vizepräsidenten Krömmelbein und dem Schatzmeister Erbs folgen, die aus "gesundheitlichen Gründen" ihren Rücktritt erklären. War da noch was? Ja, da war noch was. Nämlich das erste Finale des UEFA-Cups, das am 7. Mai auf dem Bökelberg stattfindet. Mit Jürgen Pahl im Tor, der den Kampf um das Trikot mit der Nummer eins gegen Funk für sich entschieden hat, läuft die Eintracht in Mönchengladbach auf. Mit dabei ist auch Werner Lorant, der sich beim Spiel in Köln verletzt hatte, nun aber ebenso wieder zur Verfügung steht wie die leicht angeschlagenen Pezzey und Borchers. Enttäuscht ist Norbert Nachtweih, der das interne Duell mit Ehrmantraut sowie seinen Platz auf dem Feld an Lorant verliert und auf der Bank Platz nimmt. Dort sitzt seit Wochen auch einmal wieder Fred Schaub, der sich zwar im Nachwuchsrundenspiel in Darmstadt einen Platzverweis aufgrund einer Tätlichkeit einhandelte, für den UEFA-Cup aber eine Spielgenehmigung erhalten hat. Bereits nach zwei gespielten Minuten hat der mitgereiste und lautstarke Eintrachtanhang unter den 25.000 Zuschauern den Torschrei auf den Lippen, als ein Volleyschuss von Nickel aus 20 Metern an die Latte knallt und Cha den Abpraller per Kopf ins Tor befördern will. Doch Gladbachs Torhüter Kneib ist auf dem Posten und kann parieren. Es dauert eine Viertelstunde, bis der Gastgeber zu seiner ersten Chance durch Lienen kommt, der seinen Kopf vor Pahl an den Ball bringt, Pezzey aber klären kann. Insgesamt aber dominieren die Frankfurter das Spiel und bieten dem gefürchteten Konterspiel der Hausherren mit einer disziplinierten Vorstellung keinen Raum. Grund zum Jubeln gibt es in der 37. Minute. Bernd Nickel legt sich den Ball an der Eckfahne zurecht und befördert das Leder präzise auf den Kopf von Karger. Einmal mehr zeigt 'Schädelharry', was seine Spezialität ist. Karger bleibt im Duell mit den 196 Zentimetern Körpergröße des Gladbacher Keepers Kneib Sieger und köpft aus kurzer Distanz das 1:0 für die Adlerträger. Bereits eine Minute nach der Führung verwehrt das Lattenkreuz den zweiten Frankfurter Treffer, als Ringels eine halbhohe Flanke Ehrmantrauts ans eigene Gebälk setzt. Hektik kommt wenige Minuten vor der Pause auf. Zunächst kann sich Nielsen nicht beherrschen und protestiert sich eine Gelbe Karte ein, als die Pfeife des spanischen Schiedsrichters Muro nach einem vermeintlichen Foul von Borchers an Kulik im Strafraum stumm bleibt. Wenige Sekunden vor dem Halbzeitpfiff nimmt das Unheil dann aber seinen Lauf, als Pahl einen Schuss von Matthäus zwar noch abwehren kann, dann aber zusehen muss, wie Kulik aus 20 Metern einnetzt. Wären die Frankfurter vor dem Spiel damit einverstanden gewesen, hätte man ihnen ein 1:1 als Halbzeitstand angeboten, so sind sie es nach 43 kontrollierten und gespielten 45 Minuten nicht mehr. Nachdenklich geht es für das Team in die Kabine.
Ähnlich wie zu Spielbeginn nimmt die Partie auch nach der Pause schnell Fahrt auf, Punktvorteile können dabei die Gäste verzeichnen - die Eintrachtdefensive mit Pezzey, Neuberger, Körbel und Ehrmantraut unterbindet die Gladbacher Konter recht wirkungsvoll, Lorant gibt im Mittelfeld die gewohnt effiziente Arbeitsbiene, Nickel zeigt durch Spielübersicht und lange Pässe eindrucksvoll, warum es sinnvoll wäre, ihn in Frankfurt zu halten, Borchers und Hölzenbein stoßen ein ums andere Mal mit in die Spitze vor. Die Belohnung für diesen couragierten Auftritt gibt es in der 71. Minute. Borchers kann sich auf der rechten Seite gegen Hannes durchsetzen und flanken, in der Mitte fliegt Hölzenbein heran und setzt den Ball mit einem herrlichen Kopfball von der Fünfmeterlinie ins Netz. Kneib ist chancenlos. Hatte die Eintracht bislang konzentriert agiert, schleichen sich nun Fahrlässigkeiten ein, die in der 77. Minute bestraft werden. Matthäus, angespielt von Lienen, zieht von der Strafraumgrenze ab und egalisiert zum 2:2. Nun reagiert Rausch und verstärkt die Defensive durch die Einwechslung von Nachtweih, der für den erschöpften Hölzenbein aufs Feld kommt. Kurz darauf verlässt Karger, der sich bei einem Zusammenprall mit Schäfer eine Knieverletzung zuzieht, das Feld, für ihn kommt Trapp. Für Karger ist dies der Beginn eines langen Leidensweges, der letztlich das Ende seiner ebenso kurzen wie erfolgreichen Profikarriere bedeutet. Durch diese Auswechslungen bricht die lange Zeit währende Dominanz der Eintracht auf dem Feld endgültig zusammen. Zwar wehren sich die Adler vehement - Nickel und Neuberger kassieren dabei Gelbe Karten - doch sie können den Druck der Gladbacher nicht erfolgreich auffangen. Und so scheitert der fünf Minuten vor dem Abpfiff eingewechselte Thychosen zwar zunächst an seiner mangelnden Zielgenauigkeit, als er einen Kopfball über die Latte setzt, zwei Minuten vor dem Abpfiff kann er aber eine Flanke schlagen, die Kulik per Flugkopfball zum 3:2 für den Gastgeber nutzt. Mit diesem Resultat geht das Spiel auch zu Ende - die Eintracht hat wieder einmal einen Sieg verschenkt und ihre fünfte Niederlage im sechsten UEFA-Cup-Auswärtsspiel kassiert. Auf der anderen Seite ist das Eintrachtlager guter Hoffnung, das 2:3 im Rückspiel wieder wettzumachen. Denn die Heimbilanz im UEFA-Pokal ist mit fünf Siegen in fünf Spielen bei einem Torverhältnis von 17:3 eindrucksvoll. Angefressen zeigt sich nach der Partie Trainer Rausch, der zwar kundtut, "... ein großartiges erstes Endspiel" gesehen zu haben, den beiden Einwechselspielern Nachtweih und Trapp aber die Rolle der Schuldigen für die Niederlage zuweist. Lob gibt es vom Gegner. Gladbachs Trainer Heynckes erkennt an, dass die Eintrachtler "... spielerisch, läuferisch und gedanklich überlegen waren. Man hatte manches Mal den Eindruck, sie hätten einen Spieler mehr auf dem Platz." Auf den Punkt bringt es Bernd Hölzenbein: "Wenn wir jetzt den Pott nicht holen, sind wir selbst schuld und haben ihn auch nicht verdient." (fgo)
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