Eintracht Frankfurt - 1. FC Kaiserslautern

Bundesliga 1979/1980 - 29. Spieltag

3:5 (2:1)

Termin: Sa 19.04.1980, 15:30 Uhr
Zuschauer: 22.000
Schiedsrichter: Wilfried Brückner (Berlin)
Tore: 1:0 Bernd Nickel (6.), 2:0 Bum-Kun Cha (18.), 2:1 Benny Wendt (19.), 3:1 Werner Lorant (58., Foulelfmeter), 3:2 Hans-Peter Briegel (65.), 3:3 Hans-Peter Briegel (68.), 3:4 Hans-Günter Neues (88. Foulelfmeter), 3:5 Benny Wendt (90.)

 

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Eintracht Frankfurt 1. FC Kaiserslautern

 


  • Ronnie Hellström
  • Hans-Günter Neues
  • Hans-Peter Briegel
  • Jürgen Groh
  • Michael Dusek
  • Werner Melzer
  • Johannes Riedl
  • Hannes Bongartz
  • Lutz Eigendorf
  • Reiner Geye
  • Benny Wendt

 

Wechsel Wechsel
  • Reinhard Meier für Johannes Riedl (85.)
Trainer Trainer



3:1 geführt, dann kam der Einbruch

Gut gespielt und doch verloren — das war das Schicksal der Frankfurter Eintracht gegen einen großartig aufspielenden 1. FC Kaiserslautern. Nach einer Stunde und einer 3:1-Führung sah die Eintracht vor 22.000 Zuschauern im Frankfurter Waldstadion in diesem hochklassigen Spiel bereits wie der Sieger aus, verlor aber dann noch mit 3:5. Ironie des Schicktsals, daß ausgerechnet der Buhmann der Frankfurter Zuschauer zum Helden der starken Pfälzer Publikumskolonie wurde. Denn innerhalb vier Minuten machte Hans-Peter Briegel, der sich gegen Cha lange nur mit Brachialgewalt hatte zur Wehr setzen können, mit zwei Kopfbällen nach Eckstößen aus dem 3:1 ein 3:3. Und für Neues dürfte es ebenso eine besondere Genugtuung gewesen sein, mit einem Foulelfmeter fünf Minuten vor Schluß zum 3:4 der Eintracht den K.o. versetzt zu haben. Denn Neues hatte mit einem Bodycheck den umstrittenen Strafstoß verursacht, den Lorant zum 3:1 verwandelt hatte. Die Eintracht spielte eine Stunde lang hervorragend. Pezzey, Nickel und Cha waren die Besten. Doch die dynamischere, ausgeglichenere, geschlossenere, läuferisch und kämpferisch stärkere Mannschaft hatte der 1. FC Kaiserslautern, der verdient gewann und seine erstaunliche Erfolgsserie nun auf 15:1 Punkte in den letzten Wochen ausdehnte. Nickel, Cha und Lorant für die Eintracht, Wendt (2), Briegel (2) und Neues für Kaiserslautern sorgten für den Torreigen. Aus. der guten Pfälzer Mannschaft ragten vor allem Eigendorf und nach der Pause Bongartz heraus.

Tempo, Technik, Tore auf beiden Seiten sorgten vom Anpfiff an für ein hochklassjges Spiel. Die Pfälzer traten mit dem Selbstbewußtsein der seit Wochen erfolgreichen Mannschaft auf, die Eintracht wollte, allen und vor allem sich selbst beweisen, daß sie trotz der jüngsten Schlappen nicht das Kämpfen und schon gar nicht das Fußballspielen verlernt hat.

Turbulent wurde auch der Auftakt dieses von beiden Seiten offensiv geführten Spiels. Bernd Nickel verwandelte in der 6. Minute einen Eckball von der rechten Seite direkt zur 1:0-Führung. Raffiniert angeschnitten und den starken Wind mit einkalkuliert zirkelte er den Ball direkt ins lange Toreck. Das dürfte einem Klassetorwart wie Hellström auch noch nicht passiert sein.

Witzig und wendig spielte die Eintracht, kraftvoller der 1. FC Kaiserslautern. Briegel, der Kleiderschrank, hatte auf dem regennassen Rasen seine liebe Not mit dem hakenschlagenden Cha und mußte oftmals Brachialgewalt zu Hilfe nehmen. Bernd Nickel, dem das Tor viel Selbstvertrauen einflößte, wurde zum Spielmacher, wechselte das Tempo, behielt die Übersicht, schlug weite Pässe und Bruno Pezzey, nach seiner Sperre von den Fans mit „Bruno, Bruno“-Rufen willkommen geheißen, spielte einen Libero par excellence.

Aus einer ganzen Reihe guter Chancen, Cha hatte die beste in der 11. Minute, als er von Hölzenbein herrlich eingesetzt wurde, sein Schuß aus elf Metern aber noch zur Ecke abgewehrt wurde, fiel das 2:0 in der 18. Minute. Nachtweih hatte einen Paß in den Pfälzer Strafraum geschlagen, der für Ronny Borchers schon verloren schien. Das dachte wohl auch Kaiserslauterns Libero Neues, der von dem gewaltigen Antritt des Frankfurters jedoch überrascht wurde. Aber Borchers traf nur den Pfosten, doch Cha und Hölzenbein waren da, und „Holz“ überließ es dem Koreaner, den Ball zum 2:0 über die Linie zu drücken.

Die Freude währte allerdings nur eine Minute. Einen Freistoß verwandelte Wendt in der 19. Minute vorbei an der schlecht postierten Eintracht-Abwehr zum Anschlußtor ins kurze Eck. Die Pfälzer Kraftmaschine rollte nun, wobei nicht der von Lorant gut bewachte Bongartz, sondern der enorm kraftvolle Eigendorf das Pfälzer Spiel auf Touren brachte. Der DDR-Flüchtling öffnete seinen Mitspielern auch die größten Chancen. So verfehlten Geye und Wendt in der 34. Minute einen herrlichen Querpaß von ihm. Aber auch die Eintracht hatte noch zwei riesige Chancen in der ersten Halbzeit. Einmal spielte Cha Lorant den Ball herrlich zu, doch dessen Volleyschuß wehrte Hellström großartig mit dem Fuß ab.

Schiedsrichter Brückner aus Berlin, der in der ersten Halbzeit Lorant für ein Foul an Riedl die gelbe Karte gezeigt hatte, wurde zum Buhmann, als er Cha zum Freiwild der Lauterer Abwehrspieler werden ließ. Nach zwei schweren Fouls von Briegel und Melzer an dem Koreaner gab er noch nicht einmal Freistoß, geschweige denn rief er die beiden hart einsteigenden Abwehrrecken zur Ordnung. Vielleicht war der umstrittene Elfmeter eine Konzession des völlig verunsicherten Herrn Brückner, denn als Neues ein rasantes Solo von Ronny Borchers mit einem Bodycheck nach Eishockeyart beendete, schienen Ball und Borchers noch außerhalb des Strafraums. Lorant, der Spezialist, verwandelte sicher zum 3:1 für die Eintracht.

Aber auch das warf die vor Kraft und Selbstbewußtsein strotzenden Pfälzer Bullen nicht um. Innerhalb von vier Minuten wuchtete Hans-Peter Briegel nach Eckbällen von der linken Seite mit dem Kopf die Bälle zum Anschlußtor und Ausgleich ins Netz. Der Buhmann der Frankfurter wurde innerhalb weniger Minuten zum Helden der Pfälzer. Beim ersten Eckball griff Funk daneben beim zweiten blieb er auf seiner Linie. Briegel gewann das Kopfballduell gegen Pezzey.

Die Pfälzer wurden nach diesem Doppelschlag zur spielbestimmenden Mannschaft Bongartz kam gegen den nachlassenden Lorant immer besser in Szene. Unverständlich schien, daß Friedel Rausch eine Viertelstunde vor Schluß Nickel für Karger herausnahm, doch der Frankfurter wurde von Wadenkrämpfen geplagt. Prasselnder Beifall auf dem Weg in die Kabinen waren die Anerkennung der Zuschauer für seine gute Leistung.

In der 82. Min. gewann Pezzey bei einem weiteren Eckball, diesmal aber auf der Gegenseite, das Kopfballduell gegen Briegel im Strafraum. Doch der eigene Mann, Karger, verhinderte kurz vor der Linie den möglichen Frankfurter Führungstreffer. Mehr Glück, Geschick und Können hatten auf der Gegenseite die Pfälzer. In den letzten fünf Minuten sicherte sich diese dynamische Mannschaft doch noch den verdienten Sieg. In der 85. Min. bremste Ehrmanntraut den durchgebrochenen Geye mit einem Foul — Elfmeter. Keine Chance für Funk gegen den Gewaltschuß von Neues. Wendt mit einem herrlichen Kopfball nach einem rasanten Flankenlauf von Eigendorf krönte den Lauterer Triumph.

Der Trainer wackelt

Erst ganz spät und zutiefst niedergeschlagen erschien Trainer Friedet Rausch auf der Pressekonferenz, auf der sich Manager Udo Klug gar nicht blicken ließ. Er hatte sich in ein Zimmerchen im Waldstadion verzogen, um sich erst einmal von dem Schock der Niederlage gegen Kaiserslautern zu erholen. Der fünften Niederlage hintereinander, die mit Sicherheit zu Konsequenzen führen wird.

Am Donnerstag ist in Frankfurt Präsidiumssitzung, und da sollen nach schon monatelangem, fruchtlosem Gerede gravierende Entscheidungen fallen. Der Verwaltungsrat hat Udo Klug kurzfristig nochmals aufgefordert, eine Konzeption auszuarbeiten. „Da wird alles schriftlich fixiert und da hau ich schonungslos auf den Tisch“, verspricht Klug. Der Leidtragende dürfte Trainer Rausch sein, dem Klug schon vergangene Woche eröffnet hatte, daß er sich nach einem neuen Trainer umschaut, und das, nachdem der Vertrag mit Rausch gerade erst vor vier Wochen verlängert worden war.

Klugs Mann ist Lothar Buchmann, und den hätte er auch durchdrücken wollen, wen gegen Kaiserslautern gewonnen worden wäre. „Für mich ist die Trainer-Entscheidung nicht vom heutigen Spiel abhängig“, hatte Klug schon am Samstagvormittag gesagt. (Abendpost-Nachtausgabe)

 

 

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