Eintracht Frankfurt - 1. FC
Kaiserslautern |
Bundesliga 1977/1978 - 10. Spieltag
1:3 (0:0)
Termin: Sa 01.10.1977, 15:30 Uhr
Zuschauer: 30.000
Schiedsrichter: Wolf-Dieter Ahlenfelder (Oberhausen)
Tore: 0:1 Benny Wendt (61.), 1:1 Bernd Hölzenbein (71., Foulelfmeter), 1:2 Johannes Riedl (88.), 1:3 Josef Pirrung (90.)
Eintracht Frankfurt | 1. FC Kaiserslautern |
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Trainer | Trainer |
Rote Teufel schlagen flügellahme Adler Die Frankfurter Eintracht hat die große Chance vertan, sich mit einem Sieg über den 1. FC Kaiserslautern auf Wochen in der Spitzengruppe der Bundesliga festzusetzen. Statt dessen gab es eine verdiente 1:3-Heimniederlage vor knapp 30. 000 Zuschauern im Waldstadion. Die Pfälzer aber bewiesen, daß sie am ehesten dazu in der Lage sind, in die Phalanx der sieben Meisterschaftsanwärter einzudringen. Aus einer kompromißlosen Abwehr trugen sie schnelle Angriffe nach vorn, wo mit Bennie Wendt, Rainer Geye und Klaus Toppmöller Angreifer standen, die diesmal stärker waren als die Stürmer auf der Frankfurter Seite. Und das, obwohl Bernd Hölzenbein nach dem Wechsel als erster die Ärmel hochkrempelte und damit den Startschuß zu einer kämpferischen Steigerung der Eintracht gab. Doch im Gegensatz zu Bochum, wo die Frankfurter trotz vier verletzter Spieler beide Punkte behielten, verloren sie diesmal, weil mit Karlheinz Körbel und Bernd Nickel zwei Spieler nicht im Vollbesitz ihrer Kräfte waren. Die Lauterer, allen voran Toppmöller, Wendt und Torwart Hellström, nutzten das eiskalt aus. Bei der Eintracht konnten lediglich Gert Trinklein und Bernd Hölzenbein voll überzeugen. Wie schon beim Spiel gegen den VfL Bochum begann die Eintracht auch gegen den 1. FC Kaiserslautern mit zwei angeschlagenen Spielern. Übereinstimmend erklärten Bernd Nickel (Sprunggelenkverletzung) und Karlheinz Körbel (die alte Knöchelprellung): „Eigentlich dürften wir gar nicht mitmachen." Doch Gyula Lorant blieb dabei: Zwei angeschlagene Stammspieler sind mir lieber als zwei Ersatzleute. Und gleich mußte Lorant um seinen nächsten Spieler bangen. In der ersten Minute schon foulte Riedl den davonstürmenden Reichel. Doch nach kurzer Behandlung machte der Frankfurter weiter. Die Partie war von Beginn an ausgeglichen, beide Teams suchten ihr Heil in der Offensive. Die Kaiserslauterer verblüfften dabei zunächst auf der rechten Seite mit vertauschten Rollen. Geye agierte aus dem Mittelfeld, während Pirrung an der Außenlinie „klebte". Gefährlich wurden die Pfälzer immer dann, wenn Benny Wendt im freien Raum angespielt wurde und dort seine enorme Grundschnelligkeit einsetzen konnte. Doch zum Glück für die Eintracht mangelte es dem Schweden an der letzten Konsequenz im Abschluß. Auf der Gegenseite kamen die Eintracht-Spitzen auch nicht so recht zum Zuge. Wenzel hatte gegen Stickel einen schweren Stand, und Bernd Hölzenbein zog sich weit ins Mittelfeld zurück. So wurde die Begegnung aus dem Mittelfeld bestimmt, dort bekämpften sich Groh und Grabowski, Meier und Nickel, Kraus und Toppmöller. Keine Partei buchte entscheidende Vorteile, Torszenen blieben so Mangelware und sind schnell aufgezählt. Auf Kaiserslauterer Seite scheiterte Geye an Koitka (27.), und bei einem Sturmlauf Pirrung an Neuberger. Der Frankfurter Verteidiger stieß den kleinen Pirrung einfach um, der folgende Freistoß brachte nichts ein. Ronnie Hellström hatte gegenüber Koitka wesentlich mehr zu tun, hatte es aber auch einfacher, denn nur mit Fernschüssen prüften die Eintracht-Angreifer den schwedischen Nationaltorhüter. Zweimal gegen Weidle und einmal gegen Wenzel zeigte sich Hellström dabei souverän. Glück hatte er allerdings in der 33. Minute: nach einer Faustabwehr kam etwa 25 Meter vor dem Tor Neuberger an den Ball, und mit einem „Lob" überlistete er den Pfälzer Torwart. Der Ball fiel auf das Netz. Den meisten Beifall erhielt dann schließlich in der Pause Gaststar Dietrich Thurau, der unter dem Beifall der knapp 30.000 Zuschauer eine Ehrenrunde fuhr und von Eintracht-Präsident Achaz von Thümen für seine großartigen Erfolge in der vergangenen Radsportsaison geehrt wurde. Nach der Pause wurde die Partie verbissener und auch härter. Die Eintracht versuchte eine Art „Powerplay", die Lauterer vertrauten auf ihre schnellen Konter. Schon in der 47. Minute lag das 0:1 in der Luft. Aus abseitsverdächtiger Position flankte Wendt genau auf Pirrung, doch der zog freistehend weit über das Tor. In der 60. Minute machten es die Gäste dann besser. Geye setzte sich gegen den sich wegen Verletzung nur mühsam auf den Beinen haltenden Körbel durch, flankte genau in die Mitte, wo Wendt unhaltbar einköpfte. 1:0 für den 1. FC Kaiserslautern, eine zu diesem Zeitpunkt verdiente Führung. Wenige Minuten zuvor mußte Wolfgang Kraus mit einer Kopfverletzung nach einem unglücklichen Zusammenprall mit Toppmöller ausgetauscht werden. Für ihn kam Stepanovic, und ihm gelang in der verbleibenden Zeit fast gar nichts mehr. Dennoch schaffte die Eintracht den Ausgleich, allerdings nur unter Mithilfe von Schiedsrichter Ahlenfelder. Meier und Neuberger starteten in den Strafraum, Neuberger fiel, und Ahlenfelder gab Elfmeter, Hölzenbein schoß sicher ein. Nun drängte die Eintracht mit aller Macht auf den Sieg, hatte endlich auch klare Möglichkeiten, doch spätestens an Hellström verpuffte aller Ehrgeiz. In der 74. Minute vergab Wenzel die größte Gelegenheit, als er aus kurzer Distanz verfehlte. Kaiserslautern aber blieb seiner Taktik treu, konterte geschickt und ließ die Eintracht-Abwehr schlecht aussehen, zumal der humpelnde Karlheinz Körbel Benny Wendt in keiner Weise mehr folgen konnte. Warum Gyula Lorant diesmal nicht auswechselte, blieb unverständlich. Allein Gert Trinklein hielt in dieser Phase die Abwehr zusammen. In der 83. Minute kam aber auch er zu spät. Stickel flankte präzise in den Strafraum, Riedl traf freistehend ins lange Eck. Die Eintracht gab in diesem nun begeisternden Schlagabtausch nicht auf, stürmte noch einmal mit dem Mut der Verzweiflung und hatte weitere gute Möglichkeiten. Diehl, Riedl und Toppmöller retteten dreimal für die aufopferungsvoll kämpfenden Lauterer auf der Torlinie, ehe Pirrung in den Schlußsekunden aus abseitsverdächtiger Position davonzog und zum 1:3 einschob.
Um 19.05 Uhr am Samstagabend platzte Gyula Lorant der Kragen. Mühsam hatte sich der Trainer der Frankfurter Eintracht nach dem 1:3-Debakel gegen den 1.FC Kaiserslautern zwei Stunden lang beherrscht. Jetzt polterte er den ganzen Ärger von der Seele. Lorant: „Es muß endlich Fraktur geredet werden. Wir können kämpfen, wir sind die spielerisch beste Mannschaft der Bundesliga und doch werde wir so niemals Meister. Schuld ist einzig und allein die Frankfurter Krankheit, die lässige Einstellung einiger Spieler." Und der „Erfolgstrainer" nannte beim Gipfelgespräch im Frankfurter Crest-Hotel mit Manager Joseph Wolf und Kapitän Jürgen Grabowski auch Namen: „Was Peter Reichel und Roland Weidle zu Hause spielen, spottet jeder Beschreibung", schimpfte Lorant auf seine rechte Abwehrseite. Hinten bleiben, aufpassen auf die „tödlichen" Konter, hatte Lorant seine Spieler bei der Spielersitzung am Vormittag und noch in der Pause beschworen. Nichts half: mit offenen Augen rannten die Frankfurter in ihr Verderben, gaben den schnellen Pfälzer Sturmspitzen die Möglichkeit zu den entscheidenden Kontern. „Wo war Reichel", fragte Lorant und gab selbst die Antwort, „den Wendt hat er doch nicht einmal gesehen." Gert Trinklein (Lorant: „Der langsamste Spieler der Bundesliga") habe immer wieder allein gegen den schnellen Schweden gestanden, die anderen hätten ihren Libero im Stich gelassen. Karl-Heinz Körbel, eigentlicher Gegenspieler von Wendt, aber war gar nicht in der Lage Trinklein zu helfen. Er humpelte ängstlich herum. Jeder der 30.000 Zuschauer sah das Handikap der Knöchelverletzungen an. Lorant aber blieb stur: „Der Doktor hat gesagt, Körbel könne spielen, und allein das ist für mich maßgebend." Karl-Heinz Körbel und Bernd Nickel, der ebenfalls mit einer Verletzung ins Spiel gegangen war, hatten dagegen am Samstagvormittag noch beteuert: „Eigentlich dürften wir gar nicht spielen." Jürgen Grabowski stärkte in dieser Frage dem Trainer den Rücken: „Eines will ich als Kapitän mal klarstellen: Bei uns wird keiner gezwungen zu spielen. Jeder einzelne trifft diese Entscheidung selbst und sollte sie nicht hinterher als Alibi gebrauchen." Die kämpferische Linie von Bochum hatte die Eintracht jedenfalls völlig verloren, und nur mit Spielereien war Kaiserslautern an diesem Tag nicht zu schlagen. Auch in dieser Richtung sprach Lorant harte Worte: „Einige sollten sich schämen. Richtig gekämpft haben doch heute nur die sogenannten Alten: Grabowski, Neuberger, Hölzenbein und Trinklein und noch der Rüdiger Wenzel. Das sind Profis, die anderen verkraften den Erfolg nicht." Als Beispiel führte Lorant „den besten Mann von Bochum" Bernd Nickel an. „Diesmal hat er nur Alibifußball gespielt und sich hinter der Verletzung versteckt. Das war eine Unverschämtheit." Schließlich brach Lorant noch eine Lanze für den verletzten Wolfgang Kraus: „Hätte er nicht raus gemußt, hätten wir nicht verloren." Konsequenzen für die Zukunft will sich Gyula Lorant genau überlegen: „Es gibt keinen Grund zur Panik. Aber lieber verliere ich mit hungrigen 20jährigen, als mit satten 26jährigen", deutete er einen Einsatz des so hochgelobten Amateurs Wolfgang Trapp beim nächsten Spiel beim VfB Stuttgart an. Zehn Tage hat die Eintracht nun Zeit, den Schock zu
verdauen. „In Stuttgart spielen wir wieder gut und gewinnen, bevor
uns eine blöde Heimniederlage wieder zurückwirft", zeigte
Lorant einen Anflug von Resignation.
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