Eintracht Frankfurt - Borussia Mönchengladbach

Bundesliga 1977/1978 - 5. Spieltag

4:2 (1:1)

Termin: Mi 31.08.1977, 20:00 Uhr
Zuschauer: 58.000
Schiedsrichter: Eckhard Jensen (Schönkirchen)
Tore: 0:1 Jupp Heynckes (3.), 1:1 Bernd Hölzenbein (38.), 2:1 Bernd Nickel (51., Foulelfmeter), 3:1 Bernd Hölzenbein (55.), 4:1 Rüdiger Wenzel (70.), 4:2 Carsten Nielsen (76.)

 

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt Borussia Mönchengladbach

 


  • Wolfgang Kneib
  • Berti Vogts
  • Hans-Jürgen Wittkamp
  • Frank Schäffer
  • Rainer Bonhof
  • Carsten Nielsen
  • Horst Wohlers
  • Jupp Heynckes
  • Herbert Wimmer
  • Winfried Schäfer
  • Allan Simonsen

 

Wechsel Wechsel
Trainer Trainer
  • Udo Lattek


 

Meisterprüfung bestanden

Bernd Hölzenbeins Traumspiel wurde für Vogts zum Alptraum

Die Frankfurter Eintracht hat die „Meisterprüfung" bestanden: in einem streckenweise begeisternden Spiel entzauberten die Lorant-Schützlinge die Lattek-Mannschaft und siegten vor 55.000 Zuschauern im so gut wie ausverkauften Frankfurter Waldstadion hochverdient mit 4:2 (1:1) Toren. Der Held des Spiels war Bernd Hölzenbein, der ein Traumspiel lieferte, das für Berti Vogts zum Alptraum wurde. Wieder in Bestform, erzielte Bernd Hölzenbein selbst zwei Tore und „erwirkte" ein drittes, als er von Vogts im Strafraum elfmeterreif gelegt wurde. Trotz des frühen Rückstandes (3.) durch Jupp Heynckes rannte die Eintracht danach längst nicht so vehement wie zuletzt gegen den HSV an, sondern versuchte mit Ruhe und Besonnenheit den Rückstand auszugleichen. Willi Neubergers rasante Flankenläufe und Hölzenbeins Torgefährlichkeit sicherten denn auch den Erfolg gegen einen matt wirkenden Meister, bei dem vor allem die beiden Stars Vogts und Bonhof enttäuschten. Ihr Bester war noch der Veteran Herbert Wimmer. Die beiden Gegentore verdanken die Mönchengladbacher kapitalen Fehlern von Torwart Jupp Koitka.

Nach dem Warmlaufen war Jupp Heynckes noch sehr zuversichtlich: „Das Knie hält jetzt, Probleme bereitet mir nur noch die Kondition." Nach einer knappen Viertelstunde humpelte der Torjäger des deutschen Meisters vom Platz. Bei einem Zweikampf mit Jürgen Grabowski waren die Schmerzen im rechten Knie wieder da. Der 32jährige biß zwar für einige Augenblicke noch einmal die Zähne zusammen, gab dann aber auf. Das Comeback war gescheitert. Das Knie, das ihn seit einem Dreivierteljahr trotz Meniskusoperation zum Dauerverletzten gestempelt hatte, machte abermals nicht mehr mit.

Bis dahin, und das mag beweisen, wie wertvoll und unersetzlich Jupp Heynckes für Borussia Mönchengladbach ist, hatte er seine Mannschaft doch in Führung gebracht. Nach drei Minuten profitierte er von einem kapitalen Fehler Jupp Koitkas, der bei einer hohen Flanke von Herbert Wimmer herauslief und dann genau das machte, was ein Torwart in einer solchen Situation nie machen soll: zögernd stehenbleiben. So war Koitka nicht bei Heynckes, als er den Ball auf die Stirn nahm, und so war er auch nicht im Tor, als der Ball von Heynckes' Kopf ins Netz flog.

Hier das unglückliche Comeback, auf der anderen Seite das geglückte Comeback eines anderen Nationalspielers: Bernd Hölzenbein spielte unter den Augen von Bundestrainer Helmut Schön wieder in alter Form und Frische — trotz der Bewachung von Berti Vogts. Wieder spritzig und voller Kampfeslust und Raffinesse verstand er es, sich von seinem Kapitän aus der Nationalmannschaft zu lösen und dann sogar noch den Libero Wittkamp auszutricksen.

Die Gefahr, daß trotz allen Anstürmens der Ball, wie beim Spiel gegen den HSV, wieder im dichten Getümmel und am Torwart (Kneib meisterte gefährliche Weitschüsse von Neuberger und Nickel) hängenbleiben würde, bannte denn auch Bernd Hölzenbein in der 38. Minute. Nach einer Musterflanke von Jürgen Grabowski (er spielte nach einer Viertelstunde mit dem Handikap eines bandagierten linken Oberschenkels) stieß er den Ball wuchtig mit der Stirn, unhaltbar für Kneib, ins Tor. Ein herrliches Tor! Berti Vogts war wie angewurzelt stehengeblieben. Der Bann war endlich gebrochen, Hölzenbein war sein erstes Bundesliga-Tor in der neuen Saison gelungen.

Nach dem frühen Tor waren die Rollen schnell ganz klar verteilt: die Eintracht mußte kommen, Borussia verlegte sich aufs Kontern. Für den Druck bei der Feldüberlegenheit der Frankfurter sorgte vor allem Willi Neuberger, und diese Stärke der Eintracht war aber gleichzeitig ihre Schwäche.

Hölzenbein gegen Vogts — in diesem Duell der Nationalspieler schlug der Frankfurter den Mönchengladbacher in den ersten zehn Minuten der zweiten Halbzeit völlig groggy. Das Spiel wurde für Hölzenbein zum Traum, für Vogts zum Alptraum.

47. Minute: Mit dem Kopf stieß Hölzenbein den Ball gegen die Querlatte. Vogts konnte noch einmal aufatmen.

51. Minute: Hölzenbein war im Strafraum trickreich an Vogts vorbei, da zog ihm Helmut Schöns Kapitän die Beine weg. Ganz klar: Schiedsrichter Jensen pfiff Elfmeter. Während sich Hölzenbein am Rande behandeln ließ, hämmerte Nickel den Strafstoß unhaltbar ins rechte untere Toreck.

55. Minute: Mit dem Fuß holte Vogts den Ball Hölzenbein vom Kopf, indirekter Freistoß im Strafraum. Vogts stürzte sich mit einem mächtigen Satz wie ein Dschungelkämpfer Nickel und Grabowski entgegen, doch das Paar schob den Ball zum völlig frei an der 16-Meter-Linie lauernden Bernd Hölzenbein. Sein saftiger Schuß zischte unter die Latte. 3:1!

Danach führte die Frankfurter Eintracht den deutschen Meister lange am Gängelband und beherrschte die völlig entnervte Meistermannschaft auch mit verhaltener Gangart. Als dann Peter Reichel nach einem herrlichen Flankenlauf vor der Torauslinie den Ball gefühlvoll über Schäffer und den langen Kneib hinweghob, brauchte Wenzel den Ball nur mit dem Kopf ins verlassene Tor zu stoßen. 4:1 — das Spiel war entschieden.

Daran änderte auch nichts, daß Mönchengladbach noch einmal von einem Koitka-Fehler profitierte (er reagierte bei einer Flanke von Wimmer diesmal überhaupt nicht) und durch den Dänen Nielsen zum zweiten geschenkten Tor kam.

Stimmen zum Spiel

Gyula Lorant: „Wir waren nicht konditionell besser als die Mönchengladbacher, sondern wir haben sie seelisch und psychisch kaputtgemacht. Damit sind auch ihre vielen Fehlpässe zu erklären. Bei uns ist die Moral da, und es war ein Sieg der Mannschaft, obwohl Bernd Hölzenbein seine alte Torgefährlichkeit und Form wiedergefunden hat. Die beiden Gegentore durften einfach nicht passieren. Wir haben Borussia Mönchengladbach innerhalb von zwanzig Minuten besiegt. Meine Mannschaft hat genauso gespielt, wie ich es mir vorgestellt habe."

Udo Lattek: „Der Sieg geht in Ordnung. Was stört, ist der Elfmeter. Er hat uns den entscheidenden Schlag versetzt. Danach war meine Mannschaft wie weg. Unser Fehler war es, daß wir zu sehr das Spiel in unsere eigene Hälfte verlegt haben und nicht schnell genug gekontert haben. Bei uns blieb das Spiel stecken. Das mag aber auch daran liegen, daß der Druck der Eintracht streckenweise sehr stark war. Das Positive bei uns war das gute Spiel von Nielsen."

 

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