Eintracht Frankfurt - 1. FC Saarbrücken

Bundesliga 1977/1978 - 1. Spieltag

2:0 (1:0)

Termin: Sa 06.08.1977, 15:30 Uhr
Zuschauer: 21.000
Schiedsrichter: Walter Horstmann (Hildesheim)
Tore: 1:0 Bernd Nickel (40.), 2:0 Bernd Nickel (42.), 3:0 Bernd Nickel (69.), 4:0 Gert Trinklein (71.)

 

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Eintracht Frankfurt 1. FC Saarbrücken

 


  • Dieter Ferner
  • Bernd Förster
  • Egon Schmitt
  • Reinhold Zech
  • Werner Lorant
  • Harry Ellbracht
  • Ernst Traser
  • Roland Stegmayer
  • Heinz Traser
  • Ludwig Schuster
  • Werner Heck

 

Wechsel Wechsel
  • Konrad Eickels für Ludwig Schuster (83.)
Trainer Trainer
  • Manfred Krafft

 

39 Grad

Nach den durchwachsenen Leistungen im Intertoto-Cup, die aber der harten Vorbereitung geschuldet waren, hat die Eintracht mit einem überzeugenden 6:1-Sieg in Konstanz die nächste Runde im DFB-Pokal erreicht. Der Start in die neue Saison ist also gelungen.

Die Erwartungen an die Macht vom Main, die in der letzten Spielzeit unter Gyula Lorant in 21 Spielen in Folge ungeschlagen blieb, sind nicht eben gering. Trainer Lorant, der die Eintracht am 13. Spieltag der vergangenen Runde übernahm und mit ihr nur die erste Parte in Bremen unglücklich verlor, bremst diese Erwartungen nicht. Im Gegenteil: Der Ungar will mit den Frankfurtern Meister werden, daran lässt er keinen Zweifel.

Wäre er in der letzten Saison nur eins, zwei Spieltage früher an den Riederwald gekommen, hätte die Eintracht den zweiten Meistertitel nach 1959 wohl bereits unter Dach und Fach gebracht. Zwei Punkte fehlten der Mannschaft am Ende auf den Spitzenplatz. Unglaublich, wenn man bedenkt, dass dieselbe Elf mit Lorants Vorgänger Hans-Dieter Roos auf den 16. Platz abgerutscht war.

Fast unverändert präsentiert sich die Eintracht vor dem ersten Spieltag, Abgänge sind keine zu verzeichnen. Mit der Verpflichtung von Lothar Skala hat man dem vom Lizenzentzug bedrohten Vizemeister von 1959 finanziell unter die Arme gegriffen. Außerdem sind mit Wolfgang Trapp und dem vielversprechenden Talent „Fips“ Wacker zwei Spieler von den eigenen Amateuren bzw. Jugend in den Profi-Kader aufgerückt.

Dort würde man auch gerne die beiden vor über einem halben Jahr aus der DDR geflüchteten Spieler Jürgen Pahl und Norbert Nachtweih sehen. Leider fehlt für den Torhüter und dem blonden Mittelfeldspieler weiterhin die Freigabe des DFV, dem Fußballverband der DDR. Vizepräsident Dr. Kunter zeigt sich kämpferisch: “Das können wir so nicht hinnehmen. Wir wollen mal sehen, was wir da machen können. Jedenfalls müssen wir alle Möglichkeiten ausschöpfen.“ Die Frage ist nur, welche Möglichkeiten die Eintracht in diesem Fall überhaupt hat.

Abwehr und Mittelfeld scheinen bei den Frankfurtern allerdings gut besetzt zu sein, im Sturm sieht es da schon anders aus. Bernd Hölzenbein und Rüdiger Wenzel haben zwar in der abgelaufenen Saison zusammen 46 der 86 Frankfurter Tore erzielt, doch dahinter sieht es mau aus. Linksaußen Egon Bihn kam in der letzten Saison verletzungsbedingt nur auf neun Einsätze und braucht nach monatelanger Pause noch einige Zeit. Nachwuchsmann Ronald Borchers ist mit seinen bisher sechs Bundesligaspielen noch unerfahren und leistet außerdem zurzeit seine Dienstzeit bei der Bundeswehr ab.

Aufsehenerregende Neuverpflichtungen findet man also bei den Riederwäldern zu Beginn der neuen Spielzeit nicht. Dafür sorgte in dieser Woche der Kapitän der Frankfurter Eintracht für etwas Aufregung, als er in einem Interview auf die Frage, ob man sich Jürgen Grabowski später auch in den USA vorstellen könne, eine unverhoffte Antwort gab: „Ich glaube, dass viel mehr Spieler zurzeit mit (Clubs in) den USA verhandeln als vermutet. Grabowski in den USA ist nicht auszuschließen. Bekäme ich heute ein Angebot, würde ich es prüfen.“

Ignoriert wird bei der Diskussion um die Zukunft des am Main unumstrittenen Stars, dass Grabi im selben Interview bekannte: „Wir haben hier ein treues Publikum. Mir gefällt´s in Frankfurt. Ich fühle mich rundherum wohl, habe meinen Bekanntenkreis. Die Popularität, die man sich im Laufe der Jahre erworben hat, tut auch gut. Ich bin ein Eintracht-Fan.“

Der Eintracht-Fan Jürgen Grabowski ist vor dem Ligaauftakt gegen den 1. FC Saarbrücken, der sich in der letzten Spielzeit nur dank eines punktebringenden Endspurts den Klassenerhalt sichern konnte, siegessicher: „Wir müssen und werden gewinnen. Das Auftaktspiel ist eminent wichtig, vielleicht die wichtigste Begegnung von allen.“ Der Kapitän erwartet 7:3 Punkte aus den ersten fünf Spielen, „dann sind wir vorne dabei.“ Trainer Lorant setzt wie gewohnt noch einen oben drauf: „8:2 Punkte sind mir lieber.“ Lorant ist von seiner Mannschaft überzeugt: „Keine andere Mannschaft ist so gut eingespielt wie wir.“ Grabowski baut auf das gestiegene Selbstbewusstsein: „Die Erfolgsserie aus der vergangenen Saison stärkt uns den Rücken und verunsichert den Gegner. Alle sind scharf darauf, uns zu schlagen, haben bestimmt aber auch Manschetten vor uns.“

Grabowski rechnet „noch nicht so bald“ mit einer Niederlage, stellt aber gleichzeitig fest: „Wenn wir wirklich zwei, drei Spiele hintereinander verlieren, bin ich felsenfest davon überzeugt, dass uns das auch nicht umwirft.“ Dass gerade Saarbrücken der Eintracht die erste Niederlage beibringen könnte, glaubt auch Trainer Lorant nicht: „Saarbrücken hat längst noch nicht die Form vom Ende der letzten Serie. Dieses Spiel darf für uns einfach keine Schwierigkeit sein.“

Der Saarbrücker Trainer Manfred Krafft ist am Spieltag von der Selbstsicherheit seines Frankfurter Kollegen hörbar genervt: „Lorant wird auch bald kleiner sein, vielleicht schon heute um 17.10 Uhr.“ Lorant verschwendet daran keinen Gedanken und gibt seiner Elf bei der Spielersitzung am Samstagvormittag noch einmal auf mit auf dem Weg, was sie unbedingt beherzigen soll: „Kinder, wenn Saarbrücken unter Druck gerät, kommen sie völlig durcheinander.“

Den Gegner unter Druck zu setzen, ist jedoch leichter gesagt als getan. Die Außentemperaturen von 39 Grad Celsius machen dieses Unterfangen nicht leichter. Die Fans können sich in den Kurven und auf den Tribünen mit kühlen Getränken versorgen und sich so etwas Linderung verschaffen, die Spieler auf dem Rasen sind schon beim Warmmachen der unbarmherzigen Sonne ausgesetzt. Ein echter Hundstag.

Ein Hundstag? Die Eintracht sollte also vor den Saarländern gewarnt sein, denn wie das Sprichwort sagt: „Every dog has it´s day.“ Die Saarbrücker hatten „ihren Tag“ aber wahrscheinlich bereits, als sie vor vier Monaten den FC Bayern München mit 6:1 zurück an die Isar schickten. Die Eintracht lässt sich von der großen Hitze nämlich nicht beeindrucken und tut, wie es ihr Trainer befohlen hat: Sie stürmt und setzt die Saarländer unter Druck.

Die Gäste haben große Probleme und können sich gegen die fließenden Frankfurter Kombinationen kaum erwehren. Mit Denz, Semlitsch und Acimovic fehlen ihnen drei Stammspieler, was ihnen ihre Ausgabe nicht leichter macht. Semlitsch hätte der Abwehr sicher mehr Stabilität verleihen können, doch er zog sich wie Denz im abschließenden Training beim Strafstoßschießen eine böse Zerrung zu. Semlitsch wird durch diese kuriose Geschichte wahrscheinlich sechs Wochen ausfallen.

Den Eintracht-Fan und Mannschaftskapitän Jürgen Grabowski scheren die Probleme des Gegners verständlicherweise wenig; er ist Antreiber seiner Elf und zugleich Dreh- und Angelpunkt des Frankfurter Spiels.

Beeindruckend, die zwei der drei ältesten Spieler bei der Eintracht sind bei diesen Temperaturen, die manchen jüngeren Akteur alt aussehen lassen, nicht zu bremsen und bedienen den zweitältesten mit schönen Flanken oder klugen Pässen. Offensivverteidiger Neuberger rennt an der Außenlinie auf und ab, als wolle er sich bei den nächsten Olympischen Spielen an einem Sprintwettbewerb beteiligen und Grabowski tanzt seine Gegenspieler bei seinen wieder einmal unwiderstehlichen Sololäufen reihenweise aus. Bernd Hölzenbein, der erfolgreichste Torschütze der Eintracht in der letzten Saison, kann allerdings die Vorlagen noch nicht in Tore verwandeln.

Bernd Hölzenbein hat das Schusspech jedoch nicht alleine gepachtet: Bernd Nickel, der am Donnerstag noch mit 39 Grad Fieber im Bett lag, verfehlt sein Ziel in der 3. Minute ebenso knapp wie Hölzenbein in der 7. und Grabowski in der 23. Minute. Die Schüsse, die den Weg aufs Tor finden, werden leider allesamt eine sichere Beute des ausgezeichneten B-Nationaltorhüters Dieter Ferner.

Die Offensive der Saarländer, die auf dem Papier mit drei Spitzen angetreten sind, findet auf dem Platz bis zu diesem Zeitpunkt nicht statt. Aber wie so oft, wenn die eine Mannschaft stürmt, doch ihre Chancen nicht verwerten kann, kommt der Gegner plötzlich zu einer unverhofften Chance. In der 25. Minute zieht Stegmayer ab, Koitka ist machtlos, doch der Ball trifft glücklicherweise nur die Latte des Frankfurter Tores.

Die Eintracht lässt sich nicht beirren und fünf Minuten später knallt Neuberger das Leder auf Ferners Kasten. Der Saarbrücker Keeper beweist jedoch erneut seine Klasse und lenkt die Kugel mit einer prächtigen Parade noch um den Torpfosten herum.

Jürgen Grabowski wird langsam ungeduldig, weil er nach weiten Wegen aus dem Mittelfeld im Sturm keine Abnehmer für seine Bälle findet und einige Zuschauer im Waldstadion trotz der guten Leistung der Eintracht, der letztlich nur die Krönung durch einen Torerfolg fehlt, zu pfeifen beginnen.

In dieser Phase legen die Mannen um Grabowski ein weiteres Mal ein Zeugnis ihrer Klasse ab. Die Hitze und der Druck von außen würden eine andere Elf vielleicht verkrampfen lassen, diese Eintracht heute nicht. Jürgen Grabowski schlägt eine hohe Flanke in den Strafraum der Gäste, die den Ball nicht aus der Gefahrenzone bekommen. Wenzel erkämpft sich den Ball gegen Bernd Förster und legt ihn mit dem Kopf auf Bernd Nickel. Der tumbe Försterbube rennt Wenzel über den Haufen, Schiedsrichter Horstmann wartet den Vorteil ab und Bernd Nickel trifft den Abpraller voll: 1:0 für die Eintracht. Die Führung – daran gibt es überhaupt keinen Zweifel – ist hochverdient.

Ob die Eintracht sich noch im Taumel des Glücksgefühls über Dr. Hammers Treffer befindet? Auf alle Fälle ist sie nach dem Anstoß nicht konzentriert genug und plötzlich ist Schuster im Strafraum frei vor Koitka – Trinklein kommt zu spät und kann ihn nicht mehr stoppen. Diese Aufgabe übernimmt zum Glück Koitka, der sich dem Saarbrücker im letzten Moment mutig entgegen wirft und sich den Ball angeln kann.

Für diesen am Ende erfolglosen Angriff hatten die Saarbrücker erstmals ihre Abwehr gelockert – ein Umstand, den sie kurz darauf bezahlen müssen. Die Eintracht startet einen herrlichen Konter über Grabowski und Nickel, der den Ball auf Hölzenbein gibt. Holz sieht Dr. Hammer frei und bedient den Kunstschützen am kurzen Pfosten. Sieben Meter vor dem Tor nimmt Bernd Nickel das Leder Volley und die Kugel schlägt vom Torwart aus gesehen knapp neben dem rechten Pfosten ein. Ferner wirft sich pflichtschuldig nach dem Schuss, den er nicht mehr erreichen kann. Alles, was ihm im Sprung bleibt, ist der Blick zurück, der ihn nur das unvermeidbare Einschlagen des Spielgerätes im Tornetz zeigen kann. 2:0 nach 41 Minuten.

Die Gäste dürfen sich kurz vor dem Halbzeitpfiff bei ihrem Torhüter bedanken, dass der Rückstand nicht noch deutlicher ausfällt: Nur Ferner steht in der 45. Minute zwischen Grabi und Wenzel und dem 3:0. Beide scheitern mit tollen Chancen an dem Schlussmann der Saarländer, der sich die Halbzeitpause redlich verdient hat.

In der zweiten Hälfte zeigt sich der 1. FC Saarbrücken offensiver, doch die Frankfurter setzten ihre überzeugende Leistung fort. Die Eintracht lässt die Gäste kommen, verwehrt ihnen aber weiterhin die Möglichkeit, ein Tor zu erzielen. Dafür kommen die Hausherren bei ihren Kontern immer wieder zu guten Torgelegenheiten.

Angetrieben von ihren beiden Regisseuren Bernd Nickel und Jürgen Grabowski beherrscht die Eintracht ihren Gegner fast nach Belieben und hat die Partie sicher im Griff. Diese Partie ist lange vor dem Abpfiff entschieden.

Bernd Hölzenbein liefert sich mit Ernst Traser packende Duelle und es gelingt dem Saarbrücker immer wieder, Holz am entscheidenden Torschuss zu hindern. Doch wie schon beim 2:0 gelingt es Traser nicht, den „Holz“ bei seinen Torvorlagen entscheiden zu stören. Von einer solchen profitiert in der 69. Minute Bernd Nickel, der eine Flanke von Bernd Hölzenbein zum 3:0 einköpft. Der 105. Bundesligatreffer von Dr. Hammer. Vor drei Tagen mit 39 Grad im Bett, heute bei 39 Grad im Stadion sein drittes Tor – fantastisch!

Zwei Minuten später wird der zweite Doppelschlag in diesem Spiel eingeleitet: Gert Trinklein überquert nach einem Pass vom fleißigen Kraus zum ersten Mal in diesem Spiel die Mittellinie. Legendär ist die Anweisung des früheren Eintracht-Trainers Weise, der Trinklein im Pokalfinale 1974 gegen den HSV verboten hatte, die Mittellinie zu überschreiten. Trinklein widersetzte sich damals seinem Trainer und erzielte kurz vor der Halbzeit den Führungstreffer. Ob sich der „Schoppe-Gert“ an diesen Sommertag vor drei Jahren erinnert? Ähnlich wie damals macht er sich auf den Weg, dringt nahezu ungehindert in den generischen Strafraum ein und gibt dem bedauernswerten Ferner zum vierten Mal an diesem Nachmittag das Nachsehen.

Die Gäste wirken nun endgültig kraftlos und ausgelaugt, man mag kaum glauben, dass sie hier das erste Ligaspiel der Saison bestreiten. Von Ellbracht, Schuster und Stegmayer ist im Sturm weiterhin nichts zu sehen und auch Neuzugang Werner Lorant fehlt jede Bindung zum Spiel seiner neuen Mannschaftskameraden. Die Saarbrücker ergeben sich ihrem Schicksal und die Eintracht verwaltet den komfortablen Vorsprung bis zum Spielende.

Nach dem Schlusspfiff reißen die Eintracht-Spieler erleichtert die Arme nach oben, die Erschöpfung durch die Strapazen im Glutofen des Waldstadions ist ihnen aber anzumerken. Die Frankfurter Fans sind dagegen immer noch auf Betriebstemperatur und skandieren: „Schalke, wir kommen!“

An die Zukunft denkt auch FCS-Kapitän Egon Schmitt, dessen Urteil bereits unmittelbar nach dem Abpfiff feststeht: „Ich mache mir keine Illusionen: Für uns wird diese Saison genauso schwer werden, wie die vergangene war. Wer bis jetzt geglaubt hatte, bei uns würde in dieser Spielzeit alles viel besser laufen, der muss jetzt ganz schnell umdenken.“ „Doch wir werden diese Niederlage, die uns nicht umwirft, sicher verkraften, zumal wir uns, was die Höhe betrifft, in ganz prominenter Gesellschaft befinden“, glaubt Schmitt und spielt damit auf die überraschende 1:5-Niederlage des 1. FC Köln beim ersten Tabellenführer der neuen Saison, Fortuna Düsseldorf, an.

Auch der HSV mit dem Stareinkauf Kevin Keegan ging heute an der Wedau beim MSV Duisburg mit 2:5 unter. Die Niederlage der Hamburger quittiert Lorant mit einem genüsslichen Seitenhieb in Richtung des HSV-Managers Dr. Krohn, der vor der Saison den englischen Star Kevin Keegan verpflichtet hat: „So ist das, der Herr Krohn meint, wenn er so ein schönes Auto wie einen Aston Martin kauft, kann er damit losrasen. Im Fußball geht das nicht.“

Kollege Krafft beschäftigt sich lieber mit seiner eigenen Mannschaft, sein Resümee fällt kurz aus: „Jeweils zwei Tore in zwei Minuten, das sagt alles.“ Seine Kritik an Nickels Bewacher Bernd Förster fällt deutlich aus - „Er hat in der ersten Halbzeit geschlafen, als Nickel seine Tore machte. So darf kein Profi versagen, das darf in der Bundesliga nicht passieren.“ – sein Ausblick dagegen düster: „Wir werden wohl wieder eine Zittersaison vor uns haben.“ Ansonsten scheint Krafft die Welt nicht mehr zu verstehen: „Das alles ist mir ein Rätsel.“

Was Krafft im Detail nicht versteht, erläutert er den Journalisten: „Vier Stürmer musste ich nach den Verletzungen von Semlitsch und Denz zwangsläufig einsetzen, und was kommt dabei raus? Wir kriegen vier Gegentore und schießen nicht eines.“

Der Saarbrücker Coach ist sichtbar angefressen und macht daraus auch keinen Hehl: „Ich bin über die Höhe des Ergebnisses enttäuscht. Wir konnten die fehlenden Denz, Semlitsch und Acimovic nicht ersetzen. Die Art wie die Gegentreffer gefallen sind, zeigt, dass wir längst noch nicht wie die Profis in der Abwehr reagieren können.“

Während bei Krafft Bernd Förster in Ungnade gefallen ist, hat Lorant an Peter Reichels Leistung etwas auszusetzen: „Peter Reichel steckt in einer Flaute.“ Mit Dr. Hammer ist der Trainer dagegen hochzufrieden: „Nach der Erkrankung vom Donnerstag hatte ich Bernd Nickel eine solche Leistung kaum zugetraut.“

Die Leistung der Mannschaft will der ungarische Grantler nicht überbewerten: „Wir haben heute nicht viel mehr als Sommerfußball gesehen. Da kann man nicht so viel kritisieren. Bei einer solchen Hitze werden sich immer die technisch besseren und cleveren Spieler durchsetzen. Deshalb müssen wir in den nächsten Wochen noch viele Punkte machen, bevor im Winter auf nassem und morastigen Boden die Renner und Kämpfer wieder im Vorteil sind.“

Eine Spitze gegen Krafft, der nun seine vollmundigen Worte in Richtung Lorant vor dem Spiel endgültig bereuen dürfte, kann sich der temperamentvolle Trainer nicht verkneifen: Heute sei man gegen einen Gegner angetreten, der „sich wohl nicht das Geringste hier ausgerechnet hatte.“

Jürgen Grabowski macht der gute Saisonstart zuversichtlich: „Mit diesem Auftakt und diesem Ergebnis können wir sehr zufrieden sein. Zwar war noch nicht alles überzeugend, doch jeder bei uns weiß und spürt, dass wir uns noch alle steigern können.“

Gesteigert hat sich am ersten Spieltag bereits Paul Breitner, und zwar hinein. Breitner, den es dank der lukrativen Offerte des Braunschweiger Mäzens Mast von Real Madrid in die niedersächsische Provinz gezogen hat, ist nach dem Schlusspfiff in Kaiserslautern kaum noch zu bremsen, weil er es für einen Skandal hält, dass „deutsche Schiedsrichter Spieler K.o. schlagen“.

Breitners Tiefschlag ist mehr als weit hergeholt, denn Schiedsrichter Burgers hatte sich nichts zuschulden kommen lassen. Nach einem Elfmeterpfiff wurde er stürmisch von einigen Braunschweiger Spielern bedrängt, die in diesem Moment ihre gute Kinderstube vergaßen. Burgers macht aus einem Reflex heraus eine schützende Bewegung mit dem Ellenbogen und in seinem Rücken läuft Hollmann, der ebenfalls auf den Schiedsrichter losgehen will, mit seinem Hals gegen den Arm des Schiedsrichters. Hollmann wird unglücklich zwischen Kehlkopf und Halsschlagader getroffen und muss vom Platz getragen werden.

Selbstkritik der Spieler an ihrem eigenen, aggressiven Verhalten wäre angebrachter als die hanebüchenen Vorwürfe Breitners, der sich jedoch auf diese Weise auf seiner Provinzbühne wenigstens für einen Tag ins Rampenlicht zu stellen versteht.

Ins Rampenlicht will am nächsten Spieltag übrigens auch der FC Schalke 04, in dem die Knappen sich zum Ziel setzen, die seit nunmehr 22 Spielen andauernde Serie der Eintracht zu beenden. Ihr torloses Unentschieden heute bei 1860 München gibt ihnen allerdings nicht viel Anlass zu der Hoffnung, dass ihnen das gelingen könnte. (rs)

 

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