Eintracht Frankfurt - Kickers
Oxxenbach |
Freundschaftsspiel 1977/1978
3:1 (3:1)
Termin: 06.07.1977
Zuschauer: 7.000
Schiedsrichter: Messmer (Mannheim)
Tore: 1:0 Rüdiger Wenzel (13.), 2:0 Jürgen Grabowski (17., Elfmeter), 2:1 Walter Krause (28., Elfmeter, 3:1 Jürgen Grabowski (Elfmeter)
Eintracht Frankfurt | Kickers Oxxenbach |
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„Nachbarschafts“-Hilfe
"Die Kickers sind jetzt nicht der böse Nachbar, sondern wie ein Bruder für uns", zitiert die Sportzeitung der Eintracht Trainer Gyula Lorant und mancher, selbst langmütige Fans der Eintracht mögen sich ob dieser Aussage verwundert die Augen reiben. Keine Frage, mit diesen stark übertriebenen Worten beschreibt Lorant das tatsächliche Verhältnis zum Vizemeister von 1959 nicht einmal ansatzweise richtig. Dem ungarischen Genussmenschen und energiegeladenen Emotionsbündel Lorant, der für seine Übertreibungen im Eifer des Gefechts bekannt ist, mag diese verbale Entgleisung niemand übelnehmen. Im Gegenteil: Es ehrt den Sportsmann und Menschen Lorant, dass er seinem Ex-Verein, der ihn drei Jahre zuvor als Trainer entlassen hat, nichts nachträgt. Sachlicher fallen die Aussagen des neuen Managers der Eintracht aus, die ebenfalls in dieser Ausgabe der Sportzeitung zu finden sind: "Es hat keinen Sinn, wenn wir in vier Monaten gegen die Kickers spielen, sagte der Hauptgeschäftsführer Dr. Josef Wolf (..), die Kickers brauchen jetzt dieses Spiel und die Einnahmen daraus. (..) Niemanden, so die Auffassung der Eintracht, ist damit gedient, wenn (..) Kickers Offenbach aus der Fußball-Landschaft verschwindet." Die Lage ist vor den Toren von Frankfurt in der Tat mehr als brenzlig. Am 8. Juli soll der Vorstand des DFB über die Lizenzerteilung und damit über das weitere Schicksal der Offenbacher entscheiden. Doch dem Zweitligisten aus Offenbach fehlt Geld, eine Menge Geld. Dr. Wolf organisiert aus diesem Grund zwei Tage vor der Entscheidung des DFB ein Spiel gegen den alten Rivalen. Damit möglichst viele Fans das Benefizspiel sehen können, wird es im Frankfurter Waldstadion ausgetragen, dass das weitaus größere Fassungsvermögen hat. Manager Wolf sorgt sogar für eine Verlegung des Freundschaftsspiels zwischen dem FSV Frankfurt und dem 1. FC Kaiserslautern, um möglichst viele Menschen ins Waldstadion zu locken und dem notleidenden Gegner die dringend benötigten Einnahmen in die Kasse zu spülen. Doch alle Mühen führen nicht zum gewünschten Ergebnis. Das Duell, das in den 70ern in der Bundesliga im Waldstadion nie weniger als 38.000 Zuschauer anlockte, zieht offenbar nicht mehr. Für das Spiel des Erstligisten Eintracht Frankfurt gegen den Zweitligisten aus Offenbach, der nur knapp drei Jahre zuvor in der Saison 1974/75 noch vier Spieltage lang die Tabellenspitze in der Eliteklasse innegehabt hatte, interessieren sich auf beiden Seiten insgesamt nur 7.000 Fans. Von den 70.000 DM Einnahmen bleiben nach der Verteilung (60:40) den um die Lizenz bangenden Gästen 40.000 DM übrig. Udo Klug, der beim Zweitligisten den Trainer und den Manager in Personalunion stellt, kommentiert das „Einspielergebnis“ sichtlich angeschlagen: „Eine maßlose Enttäuschung!“ Das wiederum kann man über das Spiel nicht sagen, in dem der zweitklassige Gegner nach Kräften mitzuhalten versucht. Das gelingt ihm ganz passabel, wenn man bedenkt, dass fünf neue Spieler in seinen Reihen stehen. Der Eintracht ist das harte Training in der Vorbereitung nicht anzumerken, die Hausherren starten furios. Das Kombinations-Feuerwerk, das die Frankfurter zu Beginn der Partie abbrennen, lässt den Klassenunterschied für die Gäste auf schmerzhafte Weise deutlich werden. In der 13. Minute ist es dann soweit: Jürgen Grabowski bedient Willi Neuberger am linken Flügel. Neuberger flankt wunderbar in den Strafraum, wo Rüdiger Wenzel mit einem herrlichen Flugkopfball das Leder zum 1:0 in die Maschen setzt. Nur wenige Minuten später entscheidet Schiedsrichter Messmer aus Mannheim nach einem Rempler von Bitz an Wolfgang Kraus auf Elfmeter. Eine diskutable Entscheidung, die auch auf den Rängen genau dazu führt. Kapitän Grabowski ficht das nicht an; er verwandelt sicher zum 2:0 nach 17 Minuten. Ein Debakel für die Kickers scheint sich anzubahnen. Die Kickers stehen am Abgrund, das nächste Tor der Eintracht könnte sie einen Schritt weiterbringen. Wie entfesselt spielen die Frankfurter und man möchte fast Mitleid mit den nun völlig überforderten Gästen haben. Pech hat Jürgen Grabowski, der nach einer Stafette über sieben Stationen Pechtold und Rohr versetzt, aber aus halblinker Position nur den Pfosten trifft. Torhüter Helmschrot, der am kurzen Pfosten den Ball mit der rechten Hand und dem gestreckten rechten Bein abzuwehren versuchte, war bereits geschlagen. Ob die Eintrachtspieler nach gut 20 Minuten ein Einsehen mit den limitierten Möglichkeiten ihres Gegners haben oder ob das harte Konditionstraining der letzten Tage die Diva vom Main einen Gang zurückschalten lässt, ist schwer auszumachen. Tatsache ist jedoch, dass es die Riederwälder nun etwas gemächlicher angehen lassen. Für etwas mehr Schwung und ein gerüttelt Maß an Aufregung sorgt dann der Schiedsrichter, der vielleicht seiner umstrittenen Elfmeterentscheidung aus der 17. Minute etwas entgegen setzen möchte. Es ist der Tag der Geschenke für den Gast, denkt er sich wohl, und entscheidet in der 28. Minute auf Strafstoß für die Offenbacher. Niemand weiß so genau, warum Herr Messmer die Pfeife in den Mund genommen hat. Dass Nickel Krause umgestoßen hat, wie Messmer versichert, hat er offensichtlich als Einziger gesehen. Sei´s drum – an einem unberechtigten Elfmeter ist noch niemand zugrunde gegangen. Krause schnappt sich den Ball und verwandelt zum Anschlusstreffer. Danach ist wieder die Eintracht am Drücker, bei der erst Bernd Nickel den Pfosten und dann Rüdiger Wenzel die Latte des gegnerischen Gehäuses treffen. Das dritte Tor für die Eintracht fällt jedoch erst kurz vor der Halbzeit, durch den dritten Elfmeter, den der Unparteiische heute pfeift. Dieses Mal gibt es an der Entscheidung von Herrn Messmer nicht den geringsten Zweifel, Geinzer hat Hölzenbein im Strafraum umgestoßen. Jürgen Grabowski tritt erneut an und wieder schlägt der Ball unhaltbar für Helmschrot im linken unteren Eck ein. Gyula Lorant ist zur Halbzeit mit dem Spiel, aber nicht mit dem Mann in Schwarz einverstanden: „Die ersten beiden Elfmeter waren lächerlich, aber sonst bin ich mit dem Spiel bis jetzt sehr zufrieden.“ Der Eintracht-Trainer nutzt die komfortable Führung in der 46. Minute zu zwei Wechseln: Peter Krobbach kommt für Wolfgang Kraus und Klaus Beverungen für Rüdiger Wenzel, der angeschlagen ist. „Beve“ muss im Sturm spielen, eine Rolle, die ihm weder behagt noch besonders liegt. Das Ausscheiden Wenzels macht sich auch sogleich im Spiel der Eintracht negativ bemerkbar. Es gelingt den Hausherren nicht mehr, in der Sturmspitze die Fülle von Chancen herauszuspielen, die sie in den ersten 45 Minuten hatten. Einen endgültigen Bruch im Spiel der Frankfurter gibt es ab der 60. Minute, als Dragoslav Stepanovic für Bernd Hölzenbein ins Spiel eingreifen darf. Die Eintracht ist nun ihrer beiden gefährlichen Spitzen beraubt und langsam macht sich die harte Vorbereitung bemerkbar, die Kräfte schwinden. Besser kommen die Gäste mit ihren Auswechslungen zurecht. In der 69. Minute kommt Peter Berg für den starken Neuling Udo Lasch und in der 75. Minute Thomas Kroth für Hermann Bitz sowie Bernd Nathmann für den Torschützen Walter Krause. Die Partie ist zu ihrem Ende hin nahezu ausgeglichen und die Gäste kommen durch Pechtold, Geinzer und Seiler sogar zu Torschüssen, die aber allesamt sichere Beute von Jupp Koitka werden. Die größte Chance der Eintracht im zweiten Durchgang hat ihr Kapitän. Jürgen Grabowski versetzt Gerd Paulus, zieht hart ab, doch Helmschrot verhindert mit einer schönen Parade den vierten Frankfurter Treffer. Es bleibt beim 3:1 für die Eintracht und Gäste-Trainer Udo Klug ist nicht unzufrieden, immerhin ist das nach den ersten 20 Minuten erwartete Debakel für seine Mannschaft ausgeblieben. Udo Klug ist sich der Chancenlosigkeit seiner Truppe bewusst und stellt anerkennend fest: „Diese Eintracht ist Meisterschaftsfavorit.“ (rs)
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