Eintracht Frankfurt - VfL Bochum |
Bundesliga 1976/1977 - 28. Spieltag
2:2 (2:1)
Termin: Sa 02.04.1977, 15:30 Uhr
Zuschauer: 21.000
Schiedsrichter: Jan Redelfs (Hannover)
Tore: 1:0 Bernd Nickel (15.), 1:1 Jupp Tenhagen (42.), 2:1 Wolfgang Kraus (44.), 2:2 Michael Lameck (69., Foulelfmeter)
Eintracht Frankfurt | VfL Bochum |
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Reichlich Chancen, nur zwei Tore Die Serie der Frankfurter Eintracht hielt, hat aber mit 15 Spielen ohne Niederlage durch das 2:2 (2:1) gegen den VfL Bochum vor 21.000 Zuschauern im Waldstadion einen Schönheitsfehler erhalten. Dabei hätte die Eintracht das Spiel bereits zur Pause klar entscheiden müssen. Doch mehr als zwei Tore aus einer ganzen Fülle klarster Torchancen sprangen in dieser Phase drückender Überlegenheit nicht heraus. Was die Eintracht im Spielrausch vor der Pause versiebte, mußte sich später rächen. Nach dem Wechsel, als offenbar die Kräfte nachließen, fand sie in keiner Phase zu ihrem Rhythmus und Elan zurück. Nickel und Kraus hatten die Eintracht zweimal in Führung gebracht, Tenhagen und Lamek mit einem Handelfmeter besorgten jedesmal den Ausgleich. Überragender Spieler auf dem Platz war Bochums Torwart Werner Scholz, der mit tollen Paraden das Hauptverdienst an Bochums erstem Punktgewinn in Frankfurt hat. Mag sein, daß die Frankfurter Torjäger Hölzenbein und Wenzel, die darüber hinaus von Gerland und Lameck scharf bewacht wurden, angesichts dieses Hexenmeisters nach dem Wechsel resignierten und ihre Torgefährlichkeit einbüßten. Herrliche Spielzüge und massenhaft Chancen — aber nur ein 1:1 zur Pause. Das schien nach dem überraschenden Ausgleich des VfL Bochum in der 42. Minute zunächst das deprimierende Resultat einer überlegen geführten ersten Halbzeit zu sein — bis dann in der 44. Minute Wolfgang Kraus mit einem herrlichen Kopfball nach einer musterhaft gezogenen Flanke von Jürgen Grabowski doch noch die hochverdiente 2:1-Führung für die Eintracht erzielte. Die Frankfurter hätten gut und gerne 6:1 führen können und müssen — doch es schien sich zu rächen, was sie im Rausch alles an Torchancen versiebten. Freilich: Bochums Torwart Werner Scholz entpuppte sich als wahrer Hexenmeister. In dem in ihrer Spielanlage ähnlichen System beider Mannschaften bestimmte die schnellere, gewitztere und an Überraschungsmomenten weitaus reichere Spiel der Eintracht eindeutig die erste Halbzeit, in der vor allem Willi Neuberger mit seinen rasanten und raffinierten Flankenläufen einen gefährlichen Angriff nach dem anderen einleitete. Das Pech vor dem Tor begann jedoch schon in den ersten Minuten, als hintereinander Hölzenbein mit einem 20-Meter-Schuß und einem 2-Meter-Kopfball kein Glück hatte. Die dritte Chance brachte dann das erste Tor: Kraus hatte sich auf seine unnachahmliche Art im Bochumer Strafraum durchgewurstelt, doch Nickel verpaßte seine Vorlage. Grabowski traf dann mit einem ebenso gefühlvollen wie harten Schuß nur den Pfosten, und danach erwischte Nickel diesmal den zurückprallenden Ball und schob ihn mit dem rechten Fuß ins Tor. Danach häuften sich die Chancen der Eintracht: 20. Minute: Grabowski hatte freie Bahn, doch er spielte den Ball ab, anstatt selbst zu schießen. 22. Minute: Scholz wehrte direkt hintereinander aus drei Metern zwei Gewaltschüsse von Wolfgang Kraus ab. Den nächsten Nachschuß nach dieser Szene von Wenzel rettete ein Bochumer Bein auf der Linie. 28. Minute: Neuberger brachte nach einem sagenhaften Solo Grabowski in beste Schußposition. Doch diesmal versuchte es der Kapitän selbst, anstatt zum völlig freistehenden Hölzenbein abzugeben. Seinen Schuß wehrte Gerland ab. Grabowski hatte mit seinen Tormöglichkeiten wirklich großes Pech. 30. Minute: Nach einem herrlichen Spielzug zog Kraus von der Strafraumgrenze ab, doch Scholz schaffte auch diesen direkten Schuß. 35. Minute: Wieder ein Neuberger-Solo Der Flügelflitzer täuschte den Schuß im Bochumer Strafraum nur an, Scholz flog in die Ecke, doch der Frankfurter paßte den Ball raffiniert zu Wenzel, der von diesem Spielzug völlig überrascht wurde und das leere Tor nicht fand. Dazwischen hatten die Bochumer, deren Angriffsspiel viel zu langsam und durchsichtig angelegt war, eine nennenswerte Chance, die jedoch Kaczor kläglich vergab. Spielmacher Tenhagen drehte sich mehr um sich selbst, als daß sich das Spiel um ihn drehte, doch immerhin leitete er jenen Spielzug ein, der zum Ausgleich führte, und vollendete ihn selbst. Sein Paß kam zu Eggert, und die Musterflanke des gefährlichen Außenverteidigers stieß Tenhagen mit dem Kopf ins Tor. Die Eintracht-Hintermannschaft samt Torwart war bei dieser Szene völlig konsterniert. Nach der Pause flauten Niveau und Tempo des Spiels merklich ab — sehr zum Nachteil der Eintracht. Fruchtlose Einzelaktionen bei den Frankfurtern lösten das vorher flotte Kombinationsspiel ab. Vor allem „Schussel" Weidle mutete sich oft zu viel zu, machte gute Szenen prompt selbst wieder kaputt, zog sich den Unwillen der Zuschauer und wohl auch Gyula Lorants zu, der ihn in der 72. Minute gegen Stepanovic austauschte. Zu diesem Zeitpunkt stand es aber bereits 2:2 durch einen von Lameck in der 67. Minute verwandelten Handelfmeter. Bernd Nickel hatte ebenso unabsichtlich wie unglücklich mit den Hand einen Doppelpaß von Trimhold und Kaczor im Strafraum unterbunden. Die Bochumer waren in der zweiten Halbzeit unter der nun meisterhaften Regie ihres Spielmachers Tenhagen ein ebenbürtiger Gegner, der mit seinen ausschwärmenden Kontern stets gefährlich war. So hatte Kaczor kurz vor Schluß sogar das Siegestor auf dem Fuß. Bei der Eintracht fehlten Kraft, Druck und Elan, um - wie in den letzten Spielen -in der Schlußphase doch noch den zweiten Punkt zu erkämpfen. Stimmen zum Spiel Heinz Höher: „Bisher haben wir in Frankfurt Immer Pleiten erlebt, weil wir Grabowski nie entscheidend ausschalten konnten. Das war uns wert, Tenhagen, unseren besten Mann, heute gegen den Frankfurter Kapitän zu stellen. Dadurch aber kamen wir in der Abwehr völlig durcheinander und spielten so schlecht wie selten. In der zweiten Halbzeit nahm ich dann Tenhagen als Ausputzer zurück, und das stabilisierte unsere Mannschaft. Die Eintracht hatte es versäumt, in der ersten Halbzeit das Spiel zu entscheiden. Wir aber hatten in den letzten zehn Minuten sogar die Chance zum Sieg, der allerdings — darin gibt es keinen Zweifel — glücklich gewesen wäre." Eintracht-Trainer Lorant: „Was heute passiert ist,
habe ich schon früher erwartet. Nach dieser großen Aufholjagd
ist der Akku der Mannschaft nicht mehr voll geladen. Gott sei Dank haben
wir jetzt zehn Tage kein Spiel und können wieder Kräfte sammeln.
In der ersten Halbzeit hatten wir Chancen, die für eine ganze Meisterschaft
gereicht hätten. In der zweiten gab es viel Leerlauf, und wir hatten
noch viel Glück, daß es bei dem Unentschieden blieb. Ich habe
meinen Spielern keine Vorwürfe gemacht, denn sie haben sich in dieser
langen Serie sehr verausgabt. Ich habe im April einen Tiefpunkt erwartet,
er ist jetzt schon da und glücklicherweise zu einem Moment, in dem
wir eine zehntägige Pause vor uns haben. Die Mannschaft wird jetzt
mehrere freie Tage haben. Ich habe ihr gesagt, daß sie im Privatleben
sehr vorsichtig sein muß, um ihre Kräfte zu regenerieren, sonst
kann alles kaputtgehen. Hält sich die Mannschaft an meine Anweisungen,
dann kann sie die Serie fortsetzen."
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