Borussia Mönchengladbach - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 1976/1977 - 25. Spieltag

1:3 (0:1)

Termin: Sa 12.03.1977, 15:30 Uhr
Zuschauer: 23.000
Schiedsrichter: Günter Linn (Altendiez)
Tore: 0:1 Rüdiger Wenzel (25.), 0:2 Dragoslav Stepanovic (60.), 0:3 Bernd Nickel (89., Foulelfmeter), 1:3 Wilfried Hannes (90.)

 

 

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Borussia Mönchengladbach Eintracht Frankfurt

  • Wolfgang Kneib
  • Hans Klinkhammer
  • Rainer Bonhof
  • Hans-Jürgen Wittkamp
  • Berti Vogts
  • Horst Köppel
  • Ulrich Stielike
  • Herbert Wimmer
  • Christian Kulik
  • Karl Del'Haye
  • Allan Simonsen

 


 

Wechsel Wechsel
Trainer
  • Udo Lattek
Trainer



Eintracht nicht zu bremsen

Die Frankfurter Eintracht spielte wie der wahre deutsche Fußballmeister und besiegte den amtierende Meister Borussia Mönchengladbach vor 22.000 Zuschauern am Bökelberg mit 3:1 (1:0-)Toren. Damit riß die sensationelle Serie der Frankfurter Eintracht auch in diesem schweren Auswärtsspiel nicht ab. Sie blieb im elften Spiel hintereinander ohne Niederlage bei 19:3 Punkten. Dem Meister blieb ein schwacher Trost. Nach vier Spielen ohne Tor gelang ihm in allerletzter Minute wenigstens erstmals wieder ein Treffer. Die Eintracht besaß in diesem großartigen Bundesligaspiel die ausgeglichenere Mannschaft, in der es keinen schwachen Punkt gab. Die Frankfurter waren im Zweikampf energischer und erfolgreicher, die Mannschaft spielte cleverer, taktisch und technisch geschickter. Ihre Angriffe waren weitaus gewitzter vorgetragen. Bei Mönchengladbach erreichte nur Berti Vogts und Stielike Normalform. Die Abwehr wackelte, das Mittelfeld war schwach, der Sturm ohne Durchschlagskraft. Da half auch nicht, daß zu Beginn der zweiten Halbzeit Mönchengladbachs Torjäger Jupp Heynckes erstmals seit seiner Meniskusoperation am 22. November letzten Jahres wieder ins Spiel kam. Überragend bei der Eintracht war Jupp Koitka, dessen Sicherheit der Mannschaft den nötigen Rückhalt gab. Vor allem zu Beginn der zweiten Halbzeit, als der Meister mit aller Macht auf den Ausgleich drängte. Wenzel, Stepanovic und Nickel (Elfmeter) schossen die Tore für die Frankfurter, den Gegentreffer erzielte in der Schlußminute Hannes.

Borussia Mönchengladbach, seit vier Bundesligaspielen und 427 Minuten ohne Tor, erhoffte sich mehr Offensivkraft durch Köppel, den Udo Lattek als Mittelstürmer einsetzte und dafür den zuletzt schwachen Vorstopper Wohlers pausieren ließ. Doch die allseits erwartete und von Gyula Lorant befürchtete Anfangsoffensive des Meisters in den ersten zwanzig Minuten blieb aus.

Vielmehr erspielte sich die Eintracht, die ihr Spiel besonnen aus der Abwehr heraus aufbaute, gleich eine ganze Reihe von guten Torchancen. So, als Wenzel bereits in der ersten Minute den Ball nach einem raffinierten Freistoß von Grabowski mit dem Kopf über die Latte stieß, so in der 6. Minute, als Nickel einen herrlichen Rückpaß von Grabowski über das Tor schoß, so in der 8. Minute, als Wenzel einen Paß von Neuberger mit dem Absatz ins Tor schießen wollte, sein Ziel aber verfehlte, oder in der 11. Minute, als Hölzenbein vor Kneib einen hohen Ball von Nickel nur ganz knapp verfehlte.

Der Meister wußte mit dem Frankfurter Raumdeckungssystem nichts anzufangen. Der weite Raum im Mittelfeld, wo Stielike und Bonhof unproduktiv den Ball hin- und herschoben, wurde am Frankfurter Strafraum so eng, daß die Gladbacher anfangs kaum zu gefährlichen Vorstößen vor das Frankfurter Tor kamen. Bonhof produzierte dafür Fehlpässe im Mittelfeld und verlor erstaunlich viele Zweikämpfe, während sein Rivale Jürgen Grabowski zwischen Trinklein und Körbel Position bezog und von hier aus das Spiel der Eintracht meisterhaft aufzog und dirigierte.

Erst nach zwölf Minuten der erste gefährliche Borussen-Angriff, erst nach 16 Minuten der erste Schuß von Simonson auf das Tor von Koitka. Mit Grabowski wußten die Gladbacher nichts anzufangen, auch nicht mit Peter Reichel, dessen Wechselspiel mit Weidle prächtig klappte und die zusammen Wimmer und Simonsen nicht zur Entfaltung kommen ließen. Gefährlich wurde es immer, wenn Reichel über die rechte Seite nach vorne stürmte. Denn Mönchengladbachs Abwehr wackelte, standfest war allein Berti Vogts gegen den mit einer Bandage am lädierten rechten Knie spielenden Bernd Hölzenbein.

Leichtsinn, und Unentschlossenheit in der Abwehr führten dann auch in der 25. Minute zum zu diesem Zeitpunkt verdienten Frankfurter Führungstreffer. Wenzel erkämpfte sich im Strafraum den Ball von seinem Bewacher Klinkhammer, spielte zu Nickel, lief in Position, um dann dessen hohe Vorlage zwischen Wittkamp und Kneib sicher ins lange Eck zu schieben.

Danach wurde Borussia Mönchengladbach energischer, vor allem Berti Vogts trieb seine Mannschaft immer wieder an. Die Eintracht geriet unter Druck, doch die überragenden Körbel und Trinklein in der Abwehr sowie der sehr sichere Koitka verhinderten alle Chancen der Borussen, die sich vor allem mit Weitschüssen aus der zweiten Reihe versuchten. Koitka hatte seine größten Szenen in der 31. Minute, als er nacheinander mit herrlichen Flugparaden Schüsse von Koppel und Bonhof meisterte

Jubel am Bökelberg drei Minuten nach der Pause — aber nicht, weil ein Tor gefallen war. Jupp Heynckes lief sich am Spielfeldrand warm. Und in der 52. Minute kam der Torjäger des Meisters für de Haye ins Spiel — sein erstes Bundesligaspiel seit seiner Meniskusoperation am 22. November letzten Jahres. Und beinahe hätte seine erste Aktion bereits zum Ausgleich geführt. Erst erkämpfte er sich in der Frankfurter Hälfte von Weidle den Ball, und dann schloß er der daraus resultierenden Angriff mit einem Schuß gegen die Querlatte ab.

Heynckes Einsatz wirkte wie Doping für die Borussen. Im Frankfurter Strafraum herrschte Belagerungszustand. Vor allem Stielike wurde immer stärker. Doch die Borussen rannten und schossen sich müde, zumal Jupp Koitkas tolle Reaktionen und seine Sicherheit bei hohen Bällen sie zur Verzweiflung brachten. Die Frankfurter kämpften wie die Löwen. Selten war zum Beispiel Bernd Nickel in Zweikämpfen so bissig, so giftig und so energisch.

Der erste Konter in der 60. Minute sorgte nicht nur für Entlastungsdruck, sondern versetzte dem Borussenelan gleichzeitig den K.o. Ein herrlicher Paß von Hölzenbein in den freien Raum zum völlig freistehenden Stepanovic — und der Jugoslawe bezwang eiskalt den langen Torwart Kneib. 2:0 — welcher Schock für den Meister. Davon erholte er sich nicht mehr. Das 3:0 hatte sechs Minuten später Bernd Hölzenbein auf dem Fuß, der Berti Vogts versetzt hatte, doch mit einer Reflexbewegung lenkte der lange Kneib den Ball mit den Fingerspitzen gerade noch gegen die 'Querlatte.

Zwischenzeitlich hatten beide Teams ausgewechselt: Kraus spielte für den angeschlagenen Peter Reichel. Bei Gladbach brachte Udo Lattek Hannes für Köppel, doch das brachte keine Wende mehr. Souverän wie der wahre Meister brachte die Eintracht das Resultat über die Zeit und spielte die resignierenden Mönchengladbacher zeitweise aus. Die Eintracht war dem 3:0 (zweimal durch Wenzel) näher als die Mönchengladbacher dem Anschlußtor. Die ganze Misere des Meisters kam in Pfui- und Buh-Rufen für den Star Bonhof auf offener Szene zum Ausdruck.

In der 86. Minute fiel dann doch noch das 3:0, als Hölzenbein allein durchgebrochen im Strafraum von Stielike gelegt wurde. Bernd Nickel schoß den Elfmeter unhaltbar ein. Die letzte Minute brachte noch einen kleinen Schönheitsfehler auf den Eintracht-Sieg. Aus einem Gewühl dem Tor heraus, nachdem Weidle und Koitka den Ball auf der Linie hintereinander abgewehrt hatten, erzielte Hannes wenigstens das Gegentor.

Stimmen zum Spiel

Gyula Lorant: „Mit diesem Ergebnis habe ich nicht gerechnet, Ich war von einem Unentschieden überzeugt, denn Borussia Mönchengladbach spielt seit acht Jahren dasselbe, jetzt nur langsamer, und unsicherer. Doch die Hintermannschaft war so schwach und dann sind sie nach vorne gerannt, und ins offene Messer. Ich war mit meiner Mannschaft sehr zufrieden, wir müssen aber auf dem Teppich bleiben. Das Spiel gegen Tennis Borussia am nächsten Dienstag wird sicherlich schwerer. Hervorragend war bei uns Torwart Koitka, außerdem muß ich Trinklein, Hölzenbein, Wenzel, und Körbel hervorheben. In unserer Mannschaft herrschte Disziplin, und guter Zusammenhalt. Es stimmte alles. Der Sieg war ein Erfolg unseres Systems."

Udo Lattek: „Die Eintracht hat sehr clever und taktisch hervorragend gespielt, und wir hätten in bester Verfassung sein müssen, um sie zu schlagen, doch davon konnte bei uns nicht die Rede sein. Doch wer weiß, wenn der Lattenschuß von Heynckes zum Ausgleich reingegangen wäre, dann wäre das Spiel vielleicht anders gelaufen. Bei uns ist alles eine Nervensache. Keiner traut sich mehr etwas zu, jeder schiebt dem anderen die Verantwortung zu, keiner geht ein Risiko ein. Dadurch wird unser Spiel zahm."

 

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