Eintracht Frankfurt - 1. FC Köln

Bundesliga 1976/1977 - 20. Spieltag

4:0 (1:0)

Termin: Sa 29.01.1977, 15:30 Uhr
Zuschauer: 24.000
Schiedsrichter: Eckhard Jensen (Schönkirchen)
Tore: 1:0 Rüdiger Wenzel (40.), 2:0 Rüdiger Wenzel (68.), 3:0 Rüdiger Wenzel (69.), 4:0 Rüdiger Wenzel (76.)

 

 

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt 1. FC Köln

 


  • Slobodan Topalovic
  • Harald Konopka
  • Herbert Zimmermann
  • Bernhard Cullmann
  • Roland Gerber
  • Wolfgang Overath
  • Heinz Simmet
  • Jürgen Glowacz
  • Herbert Neumann
  • Dieter Müller
  • Preben Elkjaer-Larsen

 

Wechsel Wechsel
  • Gerhard Strack für Jürgen Glowacz (73.)
  • Roger van Gool für Herbert Neumann (73.)
Trainer Trainer
  • Hennes Weisweiler



Die große Schau des Rüdiger W.

Man geht wieder zur Eintracht — und der Besuch lohnt sich: Diesmal verlegten Frankfurts Filigranfußballer ihre große Schau in die zweite Halbzeit, deklassierten den 1. FC Köln und entzückten 25.000 Zuschauer. 4:0 (1:0) hieß es am Ende, und die Zuschauer in der Stehkurve sangen „Lorant, Lorant". Nach einer lahmen und langweiligen ersten Halbzeit spielte die Eintracht die Rheinländer nach der Pause in Grund und Boden — welche Blamage für Hennes Weisweiler. Rüdiger Wenzel entpuppte sich endlich als der große Torjäger und schoß alle vier Tore. Er und Bernd Hölzenbein in Länderspielform, ferner Nickel, Grabowski (trotz Verletzung) und Stepanovic als unermüdliche Ankurbler im Mittelfeld sowie Körbel, der Dieter Müller keinen Stich ließ, überragten in der Frankfurter Mannschaft. Für den 1. FC Köln wurde die Niederlage zum Debakel. Zwar fehlten so wichtige Spieler wie Flohe und Weber, was aber kaum als Entschuldigung für die schwache Vorstellung und die hohe Niederlage gelten kann. Denn die Kölner besitzen nun einmal die beste Reservebank der Bundesliga. Ihre Besten waren noch Bernd Cullmann bei seinem Comeback und der schnelle Larsen. Auch Wolfgang Overath bot in seinem 400. Bundesligaspiel eine enttäuschende Leistung.

Es blieb 40 Minuten lang beim Beifall für Wolfgang Overath, der vor dem Anpfiff für sein 400. Bundesligaspiel geehrt worden war. Sonst gab's wahrlich nichts zu beklatschen, weder hüben noch drüben. Das mag daran gelegen haben, daß Jürgen Grabowski schon von der ersten Minute an lahmte und mit ihm das ganze Spiel der Eintracht. Bei einem verunglückten Paß hatte der Eintracht-Kapitän in den Boden getreten und sich den bereits am Vortag beim Training verletzten rechten Oberschenkel erneut gezerrt. Mit ihm stand fortan die ganze Mittelfeldachse der Eintracht. Weder Kraus noch Nickel konnten das Spiel der Eintracht ankurbeln.

Nach 23 Minuten deutete Jürgen Grabowski sogar an, daß er ausgewechselt werden möchte. Peter Reichel lief sich warm. Doch dann kam das Zeichen des Kapitäns, der bereits eine Bandage am lädierten Oberschenkel trug, daß er doch weitermachen würde. Das war gewissermaßen ein Signal für etwas mehr Schwung im bis dahin schwerfälligen, ideenlosen und langsamen Eintracht-Spiel. Vor allem auf der linken Seite sorgten Willi Neuberger und Dragoslav Stepanovic für mehr Druck, und vorne wurde Bernd Hölzenbein quirliger.

Bernd Hölzenbein leitete dann auch das 1:0 in der 40. Minute ein — aus einer völlig harmlos scheinenden Situation heraus. Denn Konopka führte den Ball, vertändelte ihn und verlor ihn auf der rechten Seite an den Nationalspieler, der sofort eine weite Flanke auf die andere Seite zu Bernd Nickel schlug:. Und der köpfte direkt zu dem völlig frei stehenden Rüdiger Wenzel. Wenzel, der vorher bereits zwei dicke Chancen versiebt hatte, hämmerte diesmal den Ball aus der Luft unhaltbar für Topalovic ins Tor.

Im Spiel der Kölner war anfangs viel mehr Bewegung, doch den Rheinländern fehlte der Mumm, gegen eine schwache und schwerfällig wirkende Eintracht aus ihren größeren Spielanteilen und vor allem Laufpensum Kapital zu schlagen. Sie beschränkten sich darauf, das Raumdeckungssystem der Eintracht mit ähnlicher Masche weitgehend zu neutralisieren. Weder Overath noch Neumann nutzten den Raum und die Freiheiten, die ihnen die Eintracht im Mittelfeld ließ.

Da obendrein Karl-Heinz Körbel im Zweikampf mit Dieter Müller immer den Bruchteil einer Sekunde schneller am Ball war, kamen die Kölner kaum zu Chancen. Einmal ein gefährlicher Weitschuß von Wolfgang Overath und einmal eine brenzlige Tor-Szene, heraufbeschworen von dem flinken und noch gefährlichsten Kölner Larsen. Mehr brachten Weisweilers Schützlinge bis zur Pause nicht zustande.

Eigentlich hätten die Kölner zur zweiten Halbzeit marschieren müssen, um den Ausgleich zu erzwingen. Doch energischer und aufgedrehter spielte die Eintracht, bei der vor allem nun Nickel kämpfte und auftrumpfte. Einmal rettete er hinten auf der Linie, und dann brachte er vorne mit herrlichen und genauen Weitpässen den Angriff in Schwung. Grabowski schien auf einmal die Schmerzen im Oberschenkel zu vergessen. Stepanovic marschierte unermüdlich, und Bernd Hölzenbein spielte wie aufgedreht und war überall zu finden.

Ein Sturmlauf Bernd Hölzenbeins, getragen von Entschlossenheit, Raffinesse und großartigem kämpferischem Einsatz, führte zum 2:0 in der 63. Minute. Raffiniert ließ er nach einem Grabowski-Paß Zimmermann an der Mittellinie aussteigen, stürmte wie ein 400-m-Läufer über das halbe Spielfeld. Kurz vor der Torauslinie hatte ihn Zimmermann eingeholt, doch im letzten Einsatz und halb im Fallen versetzte ihn Hölzenbein abermals und zog den Ball noch quer vors Tor. Dort lauerte Wenzel und drückte trotz Bedrängnis von Konopka und Topalovic den Ball noch über die Linie.

Doch es war Hölzenbeins Tor, ebenso wie das dritte Tor sechs Minuten später das Verdienst von Dragoslav Stepanovic war: der Jugoslawe kurvte wie ein Slalomläufer um die Kölner Abwehrspieler durch den Strafraum, ließ einen fulminanten Flachschuß los, den Topalovic abprallen ließ. Stepanovic schoß noch einmal, und Wenzel lenkte den Ball ins Netz. Wenzels drittes „Abstaubertor".

Wenzels Torinstinkt an diesem Tag mußte Dieter Müller, der Anwärter auf das Nationalmannschafts-Trikot mit der Nr. 9, auf der anderen Seite, vor Neid erblassen lassen. Für die Kölner wurde das Spiel zum Debakel, da half auch nicht, daß Weisweiler in der 70. Minute den Millioneneinkauf van Gool und Strack für Neumann und Glowacz ins Spiel schickte.

Die Eintracht spielte die Kölner nach allen Regeln der Kunst aus. Rüdiger Wenzel gelang sogar noch der echte Hattrick: drei Tore hintereinander in einer Halbzeit, als er in der 76. Minute eine herrliche Flanke von Grabowski mit einem ebenso herrlichen Kopfstoß zum 4:0 ins Kölner Tor drückte.

Einmal rettete Cullmann, und dann boxte Topalovic einen gefährlichen Kopfball von Kraus gerade noch über die Linie, sonst hätten die Kölner das halbe Dutzend kassiert. In der letzten Viertelstunde, als alles klar war, räumte dann Jürgen Grabowski, unter dem brausenden Beifall der Zuschauer, das Spielfeld, und für ihn kam Peter Krobbach.

Stimmen zum Spiel

Hennes Weisweiler: „In der ersten Halbzeit spielten wir gut und diszipliniert, wenn auch die Konter zu langsam angelegt waren, so daß die Erfolgschancen fehlten. Aber die Eintracht war ja da nicht besser. Überheblichkeit führte zum 1:0, als einer meiner Abwehrspieler einen Beinkick gegen Hölzenbein versuchte. Bis zum 2:0 haben wir unser Konzept beibehalten, erst danach wurden wir offensiver. Jetzt konnte aber die Eintracht überlegen spielen mit dem 2:0 im Rücken. Ich bin zufrieden, besonders mit Topalovic. Cullmann und Simmet, aber auch die anderen kämpften. Den Fehler, daß wir drei Ausländer einsetzten, haben wir auch gemerkt, aber erst als alle drei auf dem Spielfeld waren."

Gyula Lorant: „Das Spiel ist so gelaufen, wie ich es mir vorgestellt habe. In den ersten 20 Minuten rannten die Kölner gegen unser System an, in der zweiten Halbzeit fielen sie zusammen, und wir fanden zu unserem normalen Spiel. Dabei konnten wir variieren, wie wir wollten. Endlich ist Wenzel wieder da. Diesmal hat Hölzenbein die Arbeit von Wenzel übernommen, für ihn Platz geschaffen. Was er und Grabowski leisteten, war Weltklasse. Grabowski hat beim Training eine leichte Zerrung erlitten. Ich habe ihn dann ausgetauscht."

 

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