Bayern München - Eintracht
Frankfurt |
Bundesliga 1976/1977 - 16. Spieltag
0:3 (0:1)
Termin: Sa 04.12.1976, 15:30 Uhr
Zuschauer: 25.000
Schiedsrichter: Walter Horstmann (Hildesheim)
Tore: 0:1 Bernd Nickel (30.), 0:2 Bernd Hölzenbein (74., Foulelfmeter), 0:3 Bernd Hölzenbein (77.)
Bayern München | Eintracht Frankfurt |
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Die Wiedergeburt der Eintracht Bravo, Eintracht Frankfurt! Mit einer überragenden Leistung deklassierten die Frankfurter im Münchener Olympiastadion den FC Bayern mit 3:0 (1:0) Toren. Innerhalb von 90 Minuten wurde aus dem Abstiegskandidaten Eintracht wieder eine Mannschaft, die jeden Gegner schlagen kann. Innerhalb von 90 Minuten wurde aus dem angeblichen Fehleinkauf Stepanovic ein Mann von absoluter Spitzenklasse. Und innerhalb von 90 Minuten wurde schließlich aus dem Meisterschaftsanwärter Bayern München ohne Franz Beckenbauer ein Durchschnittsteam. Neben Stepanovic überragten bei einer guten Mannschaftsleistung Bernd Hölzenbein, der sein 100. und 101. Tor schoß, sowie Gert Trinklein als Libero, Wolfgang Kraus als Müller-Bewacher und Jupp Koitka. Den ersten Treffer der Eintracht hatte Bernd Nickel erzielt. Die Bayern gehen ohne Franz Beckenbauer schweren Zeiten entgegen. Das zeigte diese Begegnung. Die Eintracht aber ging am Ende unter jubelnden „Lorant, Lorant"-Rufen vom Platz. In vier Spielen hat der neue Coach die imponierende Bilanz von 6:2 Punkten mit der Mannschaft erreicht. Mit dem „letzten Aufgebot" war die Frankfurter Eintracht nach München gekommen. Nach Peter Reichel fiel auch im Freitag-Training Karlheinz Körbel aus. Die Schmerzen am Knöchel waren zu stark. So mußte Wolfgang Kraus die schwere Aufgabe übernehmen, Gerd Müller zu bewachen. Und auf der Auswechselbank saßen neben Torhüter Wienhold nur noch die Amateure Dörr und Simon. Doch auch die Bayern hatten ein großes Handikap: Franz Beckenbauer saß wegen seiner Leistenzerrung nur auf der Reservebank. Für ihn kam Franz Roth in die Mannschaft, Schwarzenbeck spielte Libero. Die Eintracht begann keineswegs wie ein krasser Außenseiter, sondern eher wie eine Mannschaft aus dem oberen Tabellendrittel. Sie spielte frech auf, hatte keinerlei Furcht vor den großen Namen der Bayern und gestaltete die Begegnung ausgeglichen. Angetrieben wurden die Frankfurter in dieser Phase nicht nur durch ihre sonstigen Spielträger Grabowski oder Nickel, sondern vor allem auch durch Dragoslav Stepanovic. Der jugoslawische Nationalspieler zeigte im Olympia-Stadion seine beste Leistung bei der Eintracht, glänzte mit großem Laufpensum und herrlichen Pässen. Schon nach zwei Minuten hätte die Eintracht führen können. Nach einer Grabowski-Ecke rettete Horsmann erst in letzter Sekunde vor dem einschußbereiten Bernd Hölzenbein Obwohl Kraus Müller messerscharf und eisenhart bewachte, erspielte sich der Bayern-Torjäger in der Folgezeit einige gute Chancen. Doch jedesmal scheiterte er an Jupp Koitka, so auch in der 24. Minute, als er nach einem Hoeneß-Paß völlig allein am Elfmeterpunkt an den Ball kam. Doch Müller trat über das Leder, und Koitka bannte die Gefahr. Die Eintracht legte danach ihren letzten Respekt ab, konterte mit schnellen Vorstößen aus der Abwehr über ein konzentriertes Mittelfeld zu den fleißigen Stürmern Wenzel und Hölzenbein. So überraschte es keinen, als nach genau einer halben Stunde das 0:1 fiel. Mit einem schulmäßigen Paß hatte der aufgerückte Wolfgang Kraus am rechten Flügel Weidle freigespielt. Und dessen genaue Flanke verwandelte der bis dahin sehr nervös wirkende Bernd Nickel mit dem rechten Fuß unhaltbar für Sepp Maier. Nun hörte man auch die etwa tausend Fans aus Frankfurt, die ihre Mannschaft stürmisch feierten, und „Zugabe, Zugabe" forderten. Und fast wäre die Zugabe gelungen. Nach einer Flanke von Stepanovic und einem anschließenden Schuß von Hölzenbein konnte Horsmann gerade noch auf der Linie klären. Die Bayern wurden nun immer schwächer, sie kamen mit der Raumdeckung der Eintracht offensichtlich nicht zurecht. In den entscheidenden Momenten fegten die Eintracht-Abwehrspieler, allen voran Wolfgang Kraus und Gert Trinklein, immer wieder dazwischen. Und da auch Helmut Müller Nationalstürmer Karlheinz Rummenigge im Griff hatte und Jupp Koitka einen sicheren Eindruck machte, geriet die Eintracht bis zur Pause nicht mehr in Gefahr. Deutlich zu sehen, daß bei den Bayern besonders die Ideen von Franz Beckenbauer fehlten, und daß Dettmar Cramer und seine Mannschaft mit der Mittelfeldrolle von Stepanovic nichts anzufangen wußten. Das Halbzeitergebnis aus Karlsruhe hatte die Bayern in der Pause offensichtlich gedopt. Sie stürmten vom Anpfiff weg mit allen Mannen Richtung Koitka-Tor, daß es einem um die Eintracht angst und bange werden konnte. Doch die sonst oft brüchige Abwehr stand. Gerd Trinklein zeigte als Libero eine ebenso imponierende Leistung wie Roland Weidle und Wolfgang Kraus als Vorstopper gegen Gerd Müller. Und die Konter der Eintracht saßen immer noch. Immer stärker wurde nun im Angriff Rüdiger Wenzel, der an seine besten Zeiten anknüpfte und von Torstensson nicht mehr zu halten war. Riesiges Pech für Wenzel, als sein Kopfball nach genau eine Stunde nur an die Querlatte prallte. Sepp Maier hätte keine Chance mehr gehabt. Die Bayern versuchten immer wieder durch die Mitte ihr Glück. Sie ließen ihren Linksaußen Karlheinz Rummenigge im wahrsten Sinn des Wortes links liegen. Gegen die Nationalspieler spielte inzwischen Amateur Rainer Dörr, nachdem Helmut Müller mit einer Knieverletzung vom Platz mußte. Und nach 73 Minuten nahm die Sensation in München dann endgültig ihren Lauf. Wieder konnten die Bayern Stepanovic nicht stoppen, sein Paß erreichte Rüdiger Wenzel, der von Horsmann im Strafraum umgesäbelt wurde. Schiedsrichter Horstmann entschied ohne zu zögern auf Elfmeter. Und Bernd Hölzenbein konnte sich seinen Wunsch erfüllen, sein 100. Bundesliga-Tor ausgerechnet gegen Sepp Maier zu schießen. Hölzenbein täuschte Maier und verwandelte halbhoch ins rechte Eck. Von da ab war das Münchner Olympia-Stadion auf den Rängen und auf dem Platz fest in Frankfurter Hand. „Eintracht, Eintracht" hallte durch das Stadionrund und die Mannschaft spielte nicht wie ein Abstiegskandidat, sondern nun wie ein Meisterschaftsfavorit. Alles lief, jeder Trick klappte und es fiel sogar das 3:0. Wieder war es Stepanovic, der den Treffer einleitete. Er paßte zu Nickel, von Nickel kam der Ball zu Hözenbein und der zog unwiderstehlich davon. Mit einem herrlichen Schuß ließ er Maier keine Chance. Nach dem 100. gleich das 101. Tor. Das hätte sich Hölzenbein wohl nicht träumen lassen. In den letzten Minuten beherrschte Eintracht dann die großen Bayern souverän. Ohne Beckenbauer wurden die Münchener nun allen Regeln der Kunst auseinandergenommen.
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