Eintracht Frankfurt - 1. FC
Köln |
DFB-Pokal 1973/1974 - Viertelfinale
4:3 n.V. (2:2, 1:0)
Termin: 16.02.1974
Zuschauer: 28.000
Schiedsrichter: Walter Horstmann (Groß Escherde)
Tore: 1:0 Bernd Hölzenbein (25.), 2:0 Thomas Rohrbach (61.), 2:1 Wolfgang Overath (69.), 2:2 Heinz Flohe (73.), 3:2 Bernd Hölzenbein (93.), 3:3 Wolfgang Overath (99.), 4:3 Bernd Hölzenbein (108.)
Eintracht Frankfurt | 1. FC Köln |
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Trainer | Trainer
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Kopfstoß und Zuhälter
Seit die Eintracht 1964 im Finale dem TSV 1860 München in einer Hitzeschlacht unterlegen war, ist sie im DFB-Pokal nur im Jahr 1970 über das Achtelfinale hinausgekommen, wo sie allerdings im Viertelfinale vor eigenem Publikum eine schmerzliche 0:3-Niederlagen gegen den späteren Pokalsieger Kickers Offenbach erlitt. Gegner der Kickers im Endspiel war der 1. FC Köln, der seinerseits für die Eintracht – jeweils im Waldstadion – im Jahr 1968 und 1971 im Achtelfinale die Endstation bedeutete. Beim letzten Mal zogen die Kölner ins Finale ein, wo sie Bayern München unterlagen, 1968 konnten sie am Ende den Wettbewerb sogar gewinnen konnte. Aus dieser ersten Begegnung ist beim heutigen Pokalduell, bei dem es um den Einzug ins Halbfinale geht, aufseiten der Eintracht mit Bernd Nickel nur ein Spieler dabei, bei den Domstädtern sind es mit Weber, Simmet, Overath und Löhr deren vier. Vom Aufeinandertreffen vor drei Jahren, als die Kölner im Wiederholungsspiel mit 4:1 als Sieger vom Platz gingen, sind mit einer Ausnahme alle Torschützen dabei: Nickel, Simmet und der zweimal erfolgreiche Flohe. Parits, der damals zum 2:1 für die Kölner traf, seit Sommer 1972 für die Eintracht stürmt und in dieser Spielzeit nach einer Verletzung nicht in Tritt gekommen ist, steht nicht in der Anfangsformation der Frankfurter, obwohl er im Achtelfinale in Kassel mit seinen beiden Toren das Erreichen der nächsten Runde möglich gemacht hat. Die Eintracht ist gewarnt und das nicht nur, weil in den fünf Begegnungen beider Vereine im DFB-Pokal seit 1960 noch nie die Heimmannschaft den Sieg davon getragen hat: Die Kölner sind neben den Bayern "die Mannschaft der Stunde" in der Bundesliga und haben nach den Münchnern die beste Bilanz der letzten Wochen aufzuweisen. Seit der 1:2-Niederlage bei der Eintracht zum Rückrundenauftakt hat die Elf von Trainer Cajkovski alle fünf Bundesligaspiele gewonnen und dabei eine Tordifferenz von 18:6 erzielt. "Frankfurt ist gut, aber nur Bayern und wir sind Extra-Klasse", tönt Cajkovski vor der Partie mehr als selbstbewusst. Sein Trainerkollege Weise ist für solche Sprüche wie immer nicht zu haben. Er hält sich sogar in Sachen Aufstellung bedeckt: "Fast alle Verletzten sind im Training, doch vor Samstag weiß ich nicht, wer spielt." Die Frage ist aber auch, wie hart die Auseinandersetzung von den Kontrahenten geführt wird. Bundestrainer Helmut Schön, der auch dieses Mal zu Gast zu Waldstadion ist, eilte im Januar in der Halbzeitpause aufgescheucht in die Kölner Kabine, um sich nach seinen angeschlagenen Nationalspielern zu erkundigen: "Es steht hier zuviel auf dem Spiel. Die Partie ist so hart, dass ich ein bisschen Angst bekam." Und heute fragt Jürgen Grabowski eineinhalb Stunden vor dem Anpfiff einen Journalisten: "Also, sehen wir uns nach dem Spiel?" "Ja, sehen wir uns nach dem Krieg", lautet die Antwort, die aber nicht ganz ernst gemeint ist.
In den ersten Minuten gleicht die Partie nicht einmal ansatzweise einer Auseinandersetzung, die sich anderer als fußballerischer Mittel befleißigen würde, auch wenn beispielsweise Weber Hölzenbein mit der vom Kölner Nationalspieler gewohnten Härte attackiert. Die Eintracht spielt überlegen, ohne allerdings einen entscheidenden Stich setzen zu können. Zu diesem verhilft den Gastgebern der Kölner Kapitän Overath, dem ein lässiger Absatz-Kick missglückt. "Ich wollte den Ball für Cullmann liegenlassen", erklärt Overath seien folgenschweren Fauxpas, der nicht den Mitspieler, sondern Jürgen Grabowski findet. Dessen formidabler Steilpass erreicht Hölzenbein, und der schließt den Angriff in der 25. Minute mit einem Flachschuss zum 1:0 ab.
Nach Hölzenbeins Führungstreffer spielen die Frankfurter ihren Gegner förmlich an die Wand und nun zeigt sich, dass die strategisch wichtige Schaltzentrale in beiden Teams heute bei der Eintracht besser besetzt ist. Die Frankfurter Spielgestalter Grabowski und Hölzenbein überragen ihre Kölner Gegenüber Overath und Flohe um einiges. Es ist aber nicht allein der bestechenden Form Grabowskis und der Leistungssteigerung Hölzenbeins zu verdanken, sondern auch den lauf- und einsatzbereiten Kraus und Körbel, die gegen die beiden Kölner Mittelfeldregisseure wertvolle Wachdienste verrichten. Besonders Overath wird von Kraus so gut wie nichts gestattet. Die einzige Schwäche der Gastgeber besteht in ihrer Chancenverwertung. Wie so oft in dieser Spielzeit lassen Weises Schützlinge einfach zu viele Tormöglichkeiten aus. Köln hat allerdings außer einem sehenswerten Freistoß von Overath in diesem Durchgang nicht viel zu bieten. Nach der Halbzeitpause kommt Cajkovski mit reichlich verbissener Miene aus der Kabine: "Ich habe gemacht große Gardinenpredigt. Wir noch nicht am Ende. Warten Sie’s ab", sagt er und es klingt wie eine Drohung. Tatsächlich wird seine Elf nun lebendiger und endlich auch offensiver. Overath, der sich bislang tief fallen ließ, um der Beschattung durch Kraus zu entgehen, stößt nun weiter nach vorne und treibt seine Kameraden mit schnellen Pässen in Richtung des Frankfurter Tores. Dieses Feuer brennt jedoch nicht länger als das der Leidenschaft bei einer Urlaubsbekanntschaft und die Eintracht übernimmt wieder das Ruder. Hölzenbein hat Pech mit einem Schuss, der am Pfosten landet und auch Reichel ist kein größerer Erfolg vergönnt. Grabowski, dessen Tricks und Körpertäuschungen, mit denen er Hein und andere Kölner serienweise ins Leere schickt, statt aus Biebrich auch von der Copacabana stammen könnten, setzt Reichel mit einem präzisen Pass ein. Doch nach dem Spurt des schnellen Außenverteidigers landet der folgende Schuss wieder nicht im Netz, sondern erneut nur am Pfosten des Kölner Kastens.
Nach 61 Minuten ist es dann aber soweit und die Frankfurter können sich – wenig genug – endlich über das 2:0 freuen: Rohrbach köpft eine maßgenaue Flanke von Grabowski ein, Torhüter Welz kommt zu spät und boxt ins Leere. Wer nun aber glaubt, die Eintracht hätte mit diesem Tor den Sack zugemacht, der irrt. Die Gäste fangen wieder an, sich zu wehren, zumal auch Overath spürt, dass Kraus’ Kräfte nach dessen Mittwoch-Spiel in Malta langsam nachlassen. Ohne den Atem des bissigen Youngsters im Nacken bekommt der Kölner Kapitän die Zeit und den Raum, den er für sein Spiel benötigt. Es ist aber nicht nur Kraus, der abbaut, auch die Schritte Weidles beginnen kürzer zu werden. Mittelstürmer Dieter Müller, der immer wieder nach links ausweicht, gelingt es nun sich der Kontrolle der Frankfurter Verteidiger besser zu entziehen. Und vom linken Flügel aus leistet er in der 69. Minute auch die Vorarbeit für den Anschlusstreffer durch Overath, als er in den Strafraum flankt, wo Flohe per Kopf den Ball auf seinen Mannschaftsführer ablegt. Overath vollstreckt mit einem Schuss, der Wienhold keine Abwehrchance lässt – so schnell kommt kein Torwart der Welt auf den Boden. Neben Overath und Müller steigert sich Simmet besonders und gleicht so aus, dass Löhr in dieser Partie nicht so spritzig wirkt wie zuletzt. Die Gäste drängen auf den Ausgleich und sie müssen nicht besonders lange auf ihn warten. Nur vier Minuten nach dem ersten Treffer lassen die Kölner den zweiten folgen. Wieder ist es Dieter Müller, der das Tor vorbereitet. Schütze ist dieses Mal Flohe, dessen harter Schuss ins kurze Eck Wienhold ein zweites Mal bezwingt.
Der FC ist jetzt drauf und dran, auch noch in Führung zu gehen. Torhüter Wienhold hat alle Hände voll zu tun. Trainer Weise bemerkt, dass seine Elf wackelt und bringt in der 78. Minute den laufstarken Kalb für den nachlassenden Kraus. Tatsächlich übersteht die Eintracht die letzte Viertelstunde in der regulären Spielzeit auch ohne ein drittes Gegentor und das Spiel geht in die Verlängerung. Trainer Weise wechselt zum zweiten Mal und bringt Bernd Nickel für Weidle ins Spiel. Der lange verletzte und zwischenzeitlich deswegen auch verzagte Nickel hat nach seiner Fußoperation endlich wieder den Anschluss geschafft. Nickel ist auch an der ersten bemerkenswerten Aktion in der Verlängerung beteiligt. In der 93. Minute gibt es am Strafraum der Kölner Freistoß für Frankfurt. Schiedsrichter Horstmann hat die Mauer der Gäste nach einigem Hin und Her auf den rechten Abstand gebracht, als Simmet wieder einen Schritt nach vorne macht. In jenem Moment, da Horstmann Simmet bedeutet, zurückzugehen, führen die Frankfurter den Freistoß aus. Grabowski spielt den Ball über Nickel zu Hölzenbein, der zur erneuten Führung der Eintracht trifft. Nun ist die Aufregung der Kölner groß, weil man durch Horstmanns Geste gegenüber Simmet das Spiel noch nicht wieder freigegeben glaubte. Konopka rennt den zum Anstoß der Mittellinie entgegen strebenden Unparteiischen hinterher, kreuzt dabei den Weg von Kliemann und kommt zu Fall. Der Kölner vermutet eine Absicht, geht Kliemann schimpfend entgegen und zieht den Frankfurter am Trikot. Kliemann – gute 20 Zentimeter größer als sein Gegenüber – stößt unvermittelt mit dem Kopf zu und Konopka liegt ein weiteres Mal am Boden, dieses Mal steht er jedoch nicht wieder auf. Konopka hat eine klaffende Platzwunde über dem linken Auge davon getragen. Es scheint eine kleine Ewigkeit zu vergehen, bis eine Trage gebracht und der verletzte Spieler vom Feld, auf dem es nun natürlich hoch hergeht, geschafft wird. Der fällige Platzverweis für beide Akteure bleibt aus, weil sich die ganze Geschichte im Rücken des Schiedsrichters abgespielt hat. "Er packte mich an der Gurgel - da verbeugte ich mich", ist Kliemanns erste, reichlich beschönigende Version der Tat. Josef Bläser, der in dieser Spielzeit kaum über den Status des Ersatzspielers hinaus gekommen ist, ersetzt Konopka, was sicher eine Schwächung der Gästeabwehr bedeutet. Diese hat aber nach dem 3:2 weniger zu tun, denn die Kölner berennen ob der angeblich erlittenen Ungerechtigkeit beim Frankfurter Führungstor voller Ingrimm Wienholds Heiligtum. Fünf Minuten sind seit Hölzenbeins Treffer vergangen, da narrt Overath drei Frankfurter und knallt das Leder aus 12 Metern in den Torwinkel – 3:3. Trainer Cajkovski bekommt dieser wunderschöne Treffer nicht so recht, denn er rennt so schnell ihn seine kurzen Beine tragen auf die Frankfurter Bank zu, um dort zu drohen: "Jetzt soll der Kliemann nur nach Köln kommen!" Der aufgebrachte Trainer ist kaum zu bremsen und muss von den Ordnern auf seinen Platz zurückgedrängt werden. Ein Unentschieden nach 120 Minuten würde aber in der Tat ein Wiederholungsspiel in Köln bedeuten. Doch darauf verspüren die Eintrachtspieler keine Lust. Wer glaubt, die Frankfurter Elf würde nach den Enttäuschungen der letzten Wochen bei diesem Spielverlauf den Kopf hängen lassen, sieht sich überrascht. Die launische Diva wird zur wilden Furie und zeigt fletschend ihre strahlenden Zähne. Der elegant heraus gespielte Triumph, nach dem es eine Stunde lang ausgesehen hat, war nur der erste Akt. Im zweiten und letzten Akt zieht die Diva ihr Ballkleid aus, um die harten Bandagen eines Boxers anzulegen, der sich auf den finalen Schlag vorbereitet. Anstelle eines flatternden Nervenkostüms beweisen Weises Schützlinge einen unbezwingbar scheinenden Willen. Es grenzt fast schon an Besessenheit, wenn beispielsweise Körbel, der wegen seiner Knieschmerzen am liebsten nur noch humpeln würde, seinen Gegenspieler Flohe in Grund und Boden rennt. Flohe tritt zur zweiten Hälfte der Verlängerung auch nicht mehr an, Herbert Neumann soll ihn ersetzen.
Doch Neumann ist es nicht, der die Partie entscheidet. Es ist Bernd Hölzenbein, der den entscheidenden Hieb setzt, von dem sich die Kölner kein weiteres Mal erholen. Das Tor zum Siegtreffer schildert der Schütze selbst so: "Als Nickel den Ball hatte, startete ich. Nickel passte sofort, eine hundertstel Sekunde später und ich wäre ins Abseits gelaufen. So aber war ich an Cullmann und Weber vorbei, umspielte noch Torwart Welz und schoss." 4:3. Dabei bleibt es, die Eintracht ist im Halbfinale, nach einer Begegnung, die eines Endspiels würdig gewesen wäre! Die Kölner sind natürlich nach dem Schlusspfiff nachhaltig erregt und suchen die Schuld für ihre Niederlage verständlicherweise beim Unparteiischen. Auf dem Weg in die Kabinen knurrt Cullmann den Schiedsrichter an: "Da steht er drei Meter daneben und sieht nichts." "So schlecht gepfiffen!" blafft Overath und seine Stimme klingt dabei noch höher als üblich. "Konopka war mindestens sieben Minuten lang bewusstlos. Was Kliemann gemacht hat, gehört sich einfach nicht für einen Fußball-Profi", empört sich auch Kölns Trainer Cajkovski. "Kliemann stellte mir ein Bein", rechtfertigt Konopka seinen Disput mit Kliemann, während der die Sache anders gesehen hat: "Aus Wut sah er mich nicht und stolperte über meinen Fuß, ohne dass ich mich rührte." "Konopka wollte mir an die Gurgel", versucht der "Funkturm" seinen Kopfstoß zu erklären: "Da habe ich ihm eine Kopfnuss verpasst. Glatte Notwehr." "Natürlich tut mir’s jetzt leid", räumt er immerhin ein: "Bei mir fiel einfach die Jalousie runter." Die Bewusstlosigkeit will er Konopka allerdings nicht abnehmen: "Aber so schlimm kann es doch nicht sein, denn ich hatte das Gefühl, auf Pudding zu stoßen. Ob da nicht etwas Schau dabei war?" Wie auch immer, fest steht, dass die Drohung, die Cajkovski
nach dem 3:3 ausgesprochen hat, für die Eintracht kein Thema ist,
wie Vizepräsident Ernst Berger erklärt: "Er hat sich nach
dem Spiel bei uns entschuldigt. Damit ist der Fall vergessen." Nicht
vergessen ist "der Fall" bei Heinz Flohe. "Beim nächsten
Spiel in Köln hetze ich dir alle Zuhälter auf den Hals"
oder "Wenn der Frankfurter Kliemann nach Köln kommt, schicke
ich ihm die Zuhälter auf den Hals. Dem geht es genauso wie Krauthausen,
dem in Köln der Kiefer brach", wird der Kölner wahlweise
in den Gazetten zitiert. Das wiederum ruft den DFB-Kontrollausschuss auf
den Plan, der dem Kölner einen Brief schickt, in dem man ihn auffordert,
zu den kolportierten Aussagen Stellung zu nehmen. "Es kann durchaus
sein, dass der Kontrollausschuss den Kölner Nationalspieler hart
bestraft", kündigt DFB-Sprecher Koltzenburg an. Es bleibt bei
der Ankündigung. "Eintracht war eine Stunde lang die bessere Mannschaft. Nach dem 2:1 haben wir sehr stark gespielt und konnten vielleicht noch bis zur Verlängerung gewinnen", sagt Cajkovski, der im Gegensatz zum Januar dem siegreichen Gegner Respekt zollt: "Die junge Mannschaft der Frankfurter, von der man gesagt hat, sie hält nicht durch, hat ihr Können gezeigt und mit einem Tor mehr verdient gesiegt. Nur Kliemann durfte das nicht machen. Er hat Konopka mit dem Kopf umgerannt, ohne Ball, und Konopka war bewusstlos. Flohe habe ich wegen einer Zerrung ausgewechselt." "Die Spieler stehen jetzt noch unter der Wirkung des ungeheuren Stresses", bittet Trainer Weise um Verständnis für die aufgeheizte Stimmung. "Wir haben vielleicht glücklich, aber bestimmt nicht unverdient gewonnen. Ich möchte die starke Leistung unserer Außenverteidiger, die in Hamburg nicht gut aussahen, herausstreichen", lobt der Trainer weiter: "Von Hölzenbein habe ich diese Leistung fast erwartet. Er war der beste und unermüdlichste im Training. Anerkennung muss ich auch Karl Heinz Körbel zollen, der 120 Minuten mit einer Bänderprellung und mit großen Schmerzen durchstand. Er hat bis Freitag jetzt trainingsfrei." Auch ein anderer erfährt Lob, sogar aus höchstem Munde. "So gut habe ich den Jürgen schon lange nicht mehr gesehen. Jürgen Grabowski hat gestern eines seiner besten Spiele überhaupt geboten", schwärmt Bundestrainer Schön. "Es war das beste Spiel, das Grabowski je für die Eintracht geliefert hat", sagt Ernst Berger und präzisiert: "Sein bestes Spiel in neun Jahren, seit er bei der Eintracht ist." "Er hat gedribbelt, er hat geschafft, er hat geschossen, er hat nie aufgesteckt, er ist bissiger geworden. So will ich ihn haben", ist Schön vom Kapitän der Eintracht begeistert, der selbst an der linken Eckfahne im eigenen Strafraum noch aussichtslos scheinenden Bällen hinterher rannte. "Ich war topfit, da ist es gut gelaufen", bleibt Grabowski bescheiden und antwortet auf die Frage, ob er glaube, nun auch bei den Länderspielen in Italien und Spanien dabei zu sein: "Ja, doch schon." Gesprächiger wird er, als es um die Leistung seiner Mannschaft geht: "Die beste Heimpartie der Saison. In unserem Spiel ist wieder Pfeffer. Der Sieg war nicht nur für den Pokal, sondern auch für die Bundesliga enorm wichtig: Er stärkt die Moral für den Endspurt in der Meisterschaft."
"Mit dieser Leistung ist Hölzenbein noch nicht aus dem WM-Kader", vergisst Schön den dreifachen Torschützen nicht, obwohl er das 4:3 nur noch am Autoradio erlebte: "Hölzenbein hatte ein Formtief. Aber ich habe immer gesagt: Er ist deswegen nicht weg vom Fenster. Für Barcelona und Rom steht er jetzt auf Abruf bereit." "Mit den drei Toren habe ich mir ja was Schönes eingebrockt. Jetzt muss ich für den Rest der Saison Mittelstürmer spielen. Doch dagegen wehre ich mich mit Händen und Füßen", mault Hölzenbein, dem eine andere Rolle vorschwebt: "Als offensiver Mittelfeldspieler nach vorn stoßen, das behagt mir." "Für das Geld, das die Eintracht für Kliemann bekommt, soll sie einen ordentlichen Mittelstürmer kaufen", fordert er, denn – und das ist der Wermutstropfen in der Frankfurter Feierlaune - Kliemanns Abschied von der Eintracht wird nach dem Sieg bekanntgegeben. Auf die Frage, wie der wichtige Abwehrspieler doch noch gehalten werden könne, hat Hölzenbein eine klare Antwort: "Stellt mal eine Sammelbüchse auf." Ernst Berger, der die Trennung zum Saisonende verkündet, bestreitet, dass für Kliemann der finanzielle Aspekt im Vordergrund steht: "Kliemann will nach vier Jahren nach Berlin zurück. Hertha hat einen neuen Trainer und sucht einen Nachfolger für Luggi Müller. Wir haben alles versucht, Uwe Kliemann zu halten, haben aber letztlich Verständnis für seinen Entschluss." Berger erklärt weiter, dass der Eintracht bereits ein offizielles Schreiben Herthas vorliege. "Jetzt werden wir mit Hertha über die Ablösesumme in einen freundschaftlichen Clinch gehen." "Wir sind interessiert, doch es gab noch keine konkreten Verhandlungen", schränkt Hertha-Vizepräsident Winfried Tromp ein, der von der angeblichen Forderung der Eintracht in Höhe von 600.000 DM gehört hat: "Es dürfte ja bekannt sein, dass bei uns das Stürmer-Problem vordringlich ist." Grabowski suchte – nachdem er Kenntnis von Kliemanns bevorstehenden Abschied erlangt hatte - in Gesprächen mit dem Vorstand zu retten, was noch zu retten war: "Aber da es nicht an finanziellen Differenzen lag, war nichts mehr zu machen und Uwe nicht umzustimmen. Der Eintracht kann man jedenfalls inzwischen nicht den Vorwurf machen, sie hätte geschlafen." Kliemann selbst sagt zu seinem keineswegs überraschenden Entschluss: "Er ist mir nicht leicht gefallen. Hätte mir ein anderer Verein als die Hertha ein Angebot gemacht, dann wäre ich bei der Eintracht geblieben. Schade nur, dass ich nun das Pokalfinale mit der Eintracht nicht mehr mitmachen kann", bedauert er vorausschauend, denn im Moment steht die Eintracht ja erst im Halbfinale. Der Wechsel zur Hertha steht für ihn fest: "Ich bin dazu entschlossen, weil ich in meiner Heimatstadt Berlin sesshaft werden will. Ich glaube auch, dass es klappt." Gleichzeitig gibt Ernst Berger bekannt, dass die Verträge mit Peter Reichel, Günter Wienhold und Karl-Heinz Körbel um jeweils zwei Jahre, der Vertrag mit Dr. Peter Kunter um ein weiteres Jahr verlängert wurde. Ob Wienhold und Körbel Amateure bleiben oder Lizenzspieler werden, müsse noch mit dem DFB geklärt werden. Bis März sollen auch mit Thomas Rohrbach, Wolfgang Kraus und Helmut Müller Gespräche geführt und Entscheidungen getroffen werden. Mit Wolfgang Kraus, dem einige Angebote anderer Clubs vorliegen sollen, will man bereits in den nächsten Tagen reden. Thomas Parits und Raimund Krauth werden die Eintracht dagegen verlassen. (rs)
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