Eintracht Frankfurt - VfL Bochum

Bundesliga 1973/1974 - 22. Spieltag

3:1 (1:0)

Termin: Sa 02.02.1974, 15:30 Uhr
Zuschauer: 15.000
Schiedsrichter: Heinz Quindeau (Ludwigshafen)
Tore: 1:0 Karl-Heinz Körbel (15.), 2:0 Jürgen Grabowski (58., Foulelfmeter), 2:1 Werner Balte (60., Foulelfmeter), 3:1 Jürgen Kalb (64.)

 

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Eintracht Frankfurt VfL Bochum

 


  • Werner Scholz
  • Dieter Versen
  • Erwin Galeski
  • Harry Fechner
  • Hartmut Fromm
  • Hans Walitza
  • Michael Lameck
  • Heinz-Werner Eggeling
  • Werner Balte
  • Michael Eggert
  • Reinhard Majgl

 

Wechsel Wechsel
  • Franz-Josef Laufer für Michael Eggert (58.)
Trainer Trainer
  • Heinz Höher

 

 

Unter Druck

Die Niederlage in Stuttgart schmerzt, die Tabellenführung wurde an die Bayern verloren und die Eintracht rutschte auf Rang 3 ab. Dabei hatte die Rückrunde doch - zumindest nach den Ergebnissen - ähnlich verheißungsvoll begonnen wie die Vorrunde. Dennoch hat man seit Wochen das Gefühl, dass die Eintracht lange über ihre Verhältnisse gespielt hat, Teile der Mannschaft nicht die für eine Meisterschaft notwendige Klasse besitzen und sich die Gegner immer besser auf den Frankfurter Angriffswirbel eingestellt haben.

Heute kommt nun mit dem VfL Bochum eine Mannschaft ins Waldstadion, die zwar auswärts noch nichts Bewegendes gezeigt hat, die den Frankfurtern jedoch in der Hinrunde überflüssigerweise immerhin einen Zähler abgerungen hat. Revanche hin, Wiedergutmachung her – die Punkte müssen heute im Waldstadion bleiben, damit die Eintracht den Anschluss an die Münchner Bayern nicht verliert. Weise traut folgender Elf den doppelten Punktgewinn zu: im Tor Wienhold, in der Abwehr mit Trinklein, Kliemann sowie den beiden Außenverteidigern Müller und Reichel, im Mittelfeld Körbel, Weidle, Kalb und im Sturm Rohrbach, Grabowski und Hölzenbein im Zentrum. Gegenüber der Niederlage in Stuttgart ist Parits, mit dem der Trainer im Sturm wahrlich genug Geduld bewiesen hat, nicht mehr dabei. Dafür ist Gert Trinklein nach seiner Sperre und Verletzungspause neu in der Mannschaft. Trinklein übernimmt Körbels Part in der Verteidigung, während Körbel wieder ins Mittelfeld aufrückt. Hölzenbein schließlich wird von dort anstelle von Parits in das Sturmzentrum geschickt.

Weises Schachzüge scheinen aufzugehen. Von Beginn an dominiert die Eintracht das Spiel und zeigt den Westdeutschen, wer Herr im Haus ist. Die Gäste aus dem Revier stehen dem furiosen Frankfurter Auftakt nahezu hilflos gegenüber, die Frankfurter Führung kann nur eine Frage von Minuten sein. So ist es auch. Nach genau einer Viertelstunde muss VfL-Keeper Scholz zum ersten Mal hinter sich greifen. Karl-Heinz Körbel haut aus 22 Metern einen Mordshammer auf das Bochumer Gehäuse, den man ihm nicht unbedingt zugetraut hätte. Der Ball zischt unhaltbar für Scholz zum verdienten 1:0 unter die Latte und wird erst vom Tornetz aufgehalten.

Das ist Balsam für die Nerven der 15.000 Zuschauer. Diese Führung muss doch jetzt genug Sicherheit geben, um die tapfer kämpfenden, aber bieder spielenden Bochumer mit einer ordentlichen Packung zurück in den Kohlenpott zu schicken. Nun, bieder mögen die Bochumer sein, blöde sind sie hingegen nicht. Auf Weises Trick, Mittelfeldmann Roland Weidle das Trikot mit der Nummer 9 zu verpassen, während Mittelstürmer Hölzenbein mit der 6 aufläuft, fallen die Westdeutschen nicht herein.

Die Eintracht erspielt sich allerdings auch ohne Tricks und doppelten Boden genug Chancen, um bereits vor der Pause für klare Verhältnisse sorgen zu können. Doch sie tut es nicht. Wie fast in der gesamten bisherigen Saison verstehen es die Riederwälder nicht, ihrer spielerischen Überlegenheit mit Toren Ausdruck zu verleihen. Chance auf Chance versieben die Frankfurter. Und mit jeder vergebenen Chance werden die Spieler unsicherer und die Zuschauer unzufriedener. Die Ansprüche in Frankfurt sind im "Umfeld" wieder einmal schneller gestiegen, als das Leistungsvermögen der Mannschaft.

Schade, dass vergessen wird, wie überraschend der Vorstoß der Frankfurter an die Bundesligaspitze gekommen ist, nachdem vorher mit nahezu identischem Team nur ein Mittelfeldplatz erreicht werden konnte. Fünf Jahre unter Erich Ribbeck, mit drei achten Plätzen und einem Abstiegskampf, sind im kollektiven Bewusstsein offensichtlich bereits verdrängt. Dabei hätte die immer nervöser werdende Eintracht nun jede Art von Unterstützung bitter nötig. Die Last des Siegenmüssens scheint die Akteure in Schwarz-weiß zu lähmen und das Spiel der Eintracht offenbart erstaunliche Schwächen.


Grabowski gibt Majgl
das Nachsehen

Nur einer allein ist dem gestiegenen Druck gewachsen und beweist erneut seine Klasse, die höchsten Ansprüchen genügt und mit einem Wort beschrieben werden kann: meisterlich! Grabowski ist überall, bietet sich an und ist trotz hartnäckiger, aber letztlich erfolgloser Bewachung immer anspielbar. Immer wieder entzieht sich der Kapitän der Eintracht der Bewachung seines Gegenspielers Fechner, der wie seine Kameraden Versen und Majgl Gelb sieht. Eine Szene ist beispielhaft für die Ohnmacht von Grabowskis Kontrahenten: Der Frankfurter Kapitän ist kraftvoll und energisch mit raumgreifenden Schritten in den Bochumer Strafraum eingedrungen, den Ball eng am Fuß führend und den Blick in den Raum richtend, während Majgl mit gesenktem Blick und offenem Mund tollpatschig hinterher stolpert.

Als der oft verkrampft wirkende Hölzenbein in der 58. Minute bei einem Alleingang von Lameck nur noch mit einem Foul im Strafraum gestoppt werden kann, stellt Grabowski auch seine Nervenstärke unter Beweis und verwandelt einen Elfmeter zur endlich beruhigenden 2:0-Führung. Die Nervenberuhigung hat allerdings nicht lange Bestand. Die einzige gefährliche Sturmspitze der Bochumer, Eggeling, wird von Kliemann im Frankfurter Strafraum völlig unnötig zu Fall gebracht und Balte schießt den fälligen Strafstoß zum Anschlusstreffer in den Kasten der Eintracht. Wienhold ist hier chancenlos, der sonst so zuverlässige Torhüter lässt sich aber in diesem Spiel manchmal von der Hektik der Kollegen anstecken.

Die erneute Furcht vor einem Bochumer Ausgleich ist jedoch rasch beendet. Jürgen Kalb erzielt nur vier Minuten nach Baltes Elfmetertor nach einer Flanke von Rohrbach per Kopf das 3:1. Der VfL, bei dem sich der nach einem bösen Foul von Kliemann angeschlagene Torjäger Walitza oft ins Mittelfeld zurückfallen lässt, hat nicht die Mittel, um diesen Rückstand aufzuholen. Jürgen Grabowski bietet alles auf, um die Führung auszubauen. Mal spielt er zentimetergenaue Pässe in die Spitze, um das Angriffspiel schnell zu machen, mal zieht er das Spiel klug auseinander, um neue Räume zu schaffen. Dass diese Aktionen nicht mit weiteren Toren belohnt werden, liegt nicht an Grabowski. Es bleibt bis zum Schlusspfiff beim 3:1.


Scholz klärt vor Rohrbach

Ungetrübt ist die Freude über den Sieg nicht, denn in der 78. Minute musste der starke Libero Trinklein wegen einer neuerlichen Verletzung ausgewechselt werden - dieses Mal hat es ihn nicht am rechten, sondern an der Kapsel des linken Knöchels erwischt. Rekonvaleszent Nickel ist auch noch nicht wieder einsatzfähig, "... aber ich habe wieder Hoffnung. Die Schmerzen sind endgültig abgeklungen. Und wenn ich jetzt wieder voll ins Training einsteigen kann, bin ich bald wieder in Form."

Nach dem Spielende beschäftigt die Eintrachtfans aber auch zwei andere Fragen: Wird Weises Elf dem ständig steigenden Druck eines Meisterschaftskandidaten standhalten können und wer löst das Mittelstürmerproblem? Hölzenbein konnte es heute (noch) nicht, Parits kann es seit Monaten nicht und Nickel leidet immer noch an den Folgen seiner Verletzung. Auf Grabowski schmalen Schultern ruhen alle Hoffnungen der Anhängerschaft, doch allein wird Grabowski die Meisterschale nicht an den Main zurückholen können. Auf Schützenhilfe anderer kann man auch nicht zählen, wie das 4:1 des Tabellenführers Bayern München in Wuppertal zeigt. "Wir müssen es allein schaffen", sagt der verletzte Trinklein trotzig: "Wir haben noch einiges drauf, obwohl es gegen Bochum nicht immer danach aussah."

Selbstverständlich kommt auch der "Kicker" nicht umhin, Jürgen Grabowski in die "Elf des Tages" zu berufen. Die wieder einmal famose Vorstellung des Frankfurter Ballkünstlers bringt ihm seine fünfte Nominierung ein. Was wäre die Eintracht ohne ihren Denker und Lenker? Der Kapitän reißt seine Mannschaft mit und manchmal wie heute auch ein Spiel aus dem Feuer.

Frankfurt macht einen Platz gut und ist nun hinter den Bayern Tabellenzweiter; Bochum bleibt 14. "Wenn Eintracht stark war, dann lag das doch vor allem an unserer Nervosität und Unerfahrenheit", lautet das Fazit des enttäuschten Bochumer Trainers Höher. Allerdings versagten den Stürmern beider Teams die Nerven und selbst Torjäger Walitza wartet weiter auf sein achtes Tor in dieser Saison. "Weiß der Teufel, woran es liegt", klagt er, "zehnmal habe ich in dieser Saison schon das Holz getroffen. Heute hätte ich fast gewettet, dass es klappt - aber wieder nichts."

Auch die Frankfurter haben ihr Mittelstürmerproblem. Der Versuch, es mit Bernd Hölzenbein zu lösen, schlug fehl. "Ich habe keine andere Wahl", sagt Trainer Weise, "Hölzenbein ist unser gefährlichster Stürmer. Aber er übertreibt es mit seiner Ruhe." Dabei hatte Hölzenbein im Laufe der Woche noch von Bundestrainer Schön eine besondere Motivation erhalten: "Als Herr Schön bei mir anrief und sagte, dass ich weiterhin zum Aufgebot der Nationalelf gehöre, bin ich vor Freude an die Decke gesprungen", erzählt Hölzenbein: "In dieser Stimmung hätte ich eigentlich eine bessere Leistung von mir erwartet." Trainer Weise erklärt sich die Leistung seiner Elf so: "Der Leistungsdruck, der Stress des Siegenmüssens, schlägt bei uns in Verkrampfung um." Er kritisiert aber auch die Verspieltheit seine Mannschaft, die es zuweilen an Gradlinigkeit vermissen lässt: "Es wird bis zur Unmöglichkeit gedribbelt. Und um den Ball einfach wegzuschlagen - dazu ist sich die Eintracht wohl zu fein."

Am nächsten Spieltag muss die Eintracht an die Elbe reisen, wo sie gegen den HSV die Tabellenführung verteidigen will. Gespannt sein darf man auf den früheren Eintrachtakteur Horst Heese, der nach Querelen mit dem damaligen Trainer Ribbeck zur Rückrunde der Saison 72/73 zum HSV wechselte. Ob dem kantigen Blonden wohl erneut ein Tor gegen seine früheren Mitspieler gelingen wird? (rs)


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