Werder Bremen - Eintracht Frankfurt |
Bundesliga 1972/1973 - 26. Spieltag
2:0 (1:0)
Termin: Sa 24.03.1973, 15:30 Uhr
Zuschauer: 15.000
Schiedsrichter: Wilfried Hilker (Bochum)
Tore: 1:0 Per Röntved (31.), 2:0 Werner Weist (63.)
Werder Bremen | Eintracht Frankfurt |
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Fehlendes Format Es ist die "Bild", die am Tag des Auswärtsspiels der Eintracht mal wieder einen Spieler bei der Eintracht ins öffentliche Gespräch bringt. "Die Frankfurter haben sich bei mir gemeldet. Aber es wurde nichts Endgültiges vereinbart", wird Georg Volkert dort zitiert. Das Interesse der Eintracht an einem Linksaußen käme nicht überraschend, nachdem Ender Konca die Eintracht vorzeitig verlassen hat. Als sich die Frankfurter vor zwei Jahren um Georg Volkert bemühten, gab er den Hessen allerdings einen Korb, weil er nicht zu einem Abstiegskandidaten wechseln wollte. Große Aufregung herrscht wegen dieser Nachricht nicht. Es ist eben nur eine weitere dieser Transferspekulationen, bei denen bekanntlich allzu selten tatsächlich etwas Handfestes heraus kommt. Greifbar sind dagegen die aktuellen Probleme der Eintracht. So ist den Frankfurtern in der Rückrunde ihre Auswärtsschwäche treu geblieben, hinzu gekommen ist eine monatelange Verletzungsmisere. Wie man heute beim Tabellennachbarn in Bremen ohne die torgefährlichen "drei Musketiere" Grabowski, Hölzenbein und Nickel zu einem Erfolg kommen kann, ist denn auch die Frage, auf die Eintracht-Trainer Ribbeck eine Antwort finden muss. "Was soll ich nur machen?" stöhnt Eintracht-Trainer Erich Ribbeck vor dem Spiel: "Mir fehlt praktisch ein kompletter Angriff. Da kann man nur versuchen, mit einer Defensiv-Taktik gut über die Runden zu kommen." Ribbeck formiert die Mannschaft deshalb um: Vorstopper Kliemann rückt ins Mittelfeld vor, Außenstürmer Weidle agiert dagegen zurückgezogen, so dass die Frankfurter mit einem 4-4-2-System beginnen. Kliemann und Weidle werden im Mittelfeld durch Kalb und Kraus ergänzt, während im Sturm der in dieser Saison weit hinter den Erwartungen zurück gebliebene Parits gemeinsam mit dem zu Saisonbeginn verpflichteten Krauth sein Glück versucht. "Funkturm" Kliemann agiert als eine Art zweiter Libero vor Trinklein. Die beiden sollen nach Ribbecks Plan die zuweilen nach vorne stoßenden Bremer Abwehrspieler übernehmen und so ein Bremer Übergewicht vermeiden. Dieser Plan geht leider nur teilweise auf. Trinklein erledigt seine Aufgabe ohne Fehl und Tadel, Kliemann dagegen bekommt es mit dem Bremer Per Röntved zu tun, der dem Ex-Berliner an Körpergröße nicht unterlegen und an Zweikampfstärke in diesem Spiel sogar überlegen ist. Im Abwehrzentrum teilt Thomas Rohrbach im Duell gegen den Werderaner Mittelstürmer Weist Kliemanns Schicksal und hat ein ums andere Mal das Nachsehen. Zudem ist Kliemann mit seiner zusätzlichen Aufgabe schlicht überfordert: Der neue Frankfurter Publikumsliebling soll nach Ribbecks Wunsch auch für Schwung im Offensivspiel der Hessen sorgen, in dem er sich bei Ballbesitz ins Angriffsspiel einschaltet. Was in Trainer Ribbecks Kopf funktioniert haben mag, scheitert auf dem Platz. Kliemanns Stärken liegen in der Defensive und beim Kopfballspiel, ein Spielmacher ist "der Lange" sicher nicht. Kliemann benötigt zu viel Zeit, um von der Abwehr auf den Angriff umzuschalten. Es gelingt ihm nicht, den vom Trainer gewünschten Druck auf die gegnerische Defensive auszuüben. Im Gegenteil: Kliemann verschafft der Bremer Hintermannschaft ungewollt immer wieder die Pausen, die die Norddeutschen brauchen, um sich bei den Angriffen der Eintracht zu formieren. Angesichts der sommerlichen Temperaturen sind die Männer von der Weser über das verschleppte Tempo der Frankfurter Angriffsbemühungen sicher nicht unglücklich, die 15.000 Zuschauer dagegen über das lahme und ereignisarme Spiel schon. Nach 20 Minuten muss Horst-Dieter Höttges wegen einer alten Muskelverletzung passen, die ihm wieder Probleme bereitet. Das verletzungsbedingte Ausscheiden von Bremens Nationalverteidiger macht sich für die Werderaner jedoch nicht negativ bemerkbar. Die Frankfurter liefern ein Querpassfestival, wo ein schneller Pass in die Spitze Not tun würde. Wenn sich die Riederwälder dann doch einmal zu einem Steilpass hinreißen lassen, wird dieser sichere Beute der Bremer Abwehrspieler. Die "drei Musketiere" sind einfach nicht zu ersetzen, die Genialität und die Dribblings von Grabowski fehlen den Hessen ebenso unübersehbar wie die dynamischen Antritte des wendigen Hölzenbein und die zentimetergenauen Pässe des schussgewaltigen Nickel. Thomas Parits ist zwar anwesend, aber auch heute nur ein Schatten des Stürmers der vergangenen Saison und bei Zembski in den allerbesten Händen. Die Frankfurter Hoffnung trotz der Angriffsschwäche wenigstens einen Punkt mit an den Main nehmen zu können, zerschlägt sich bereits nach etwas mehr als einer halben Stunde. Es ist Kliemanns Gegenspieler Röntved, der seine Dominanz gegenüber dem Frankfurter mit dem Führungstreffer unterstreicht. Eine Flanke von Assauer köpft der Däne in der 31. Minute zur 1:0-Führung der Gastgeber ein. Dabei ist und bleibt das Spiel eine traurige Angelegenheit. An Fehlpässe hat es keine Not, an vernünftigen Kombinationen dagegen schon. In Mittelfeld und Angriff herrscht auf beiden Seiten Funkstille, die auch von den Gastgebern nur selten unterbrochen wird. Dass dann der einen Monat lang verletzte Weist bei seiner Rückkehr aus bester Schussposition den Ball weit über das Gehäuse von Dr. Kunter jagt, bringt das Publikum erst recht zur Weißglut, zumal Weists Sturmpartner die die Butter erst recht nicht vom Brot ziehen: Görts wirkt nervös, Laumen müde. "Ich verstehe das nicht. Meine Spieler wollen es wohl nach den Siegen gegen Köln und zuvor bei Schalke 04 heute besonders gut machen. Vielleicht liegt es aber auch an den warmen Temperaturen", ist Trainer Piontek ratlos. "Es hatte keinen Zweck mehr", hat wenigstens Höttges eine Erklärung, wenn auch nur für seine Auswechslung. "Es ist eine Zerrung im rechten Bein, die mir bereits seit dem Spiel gegen Köln am Dienstag zu schaffen macht. Ich habe in der letzten Woche nicht trainiert." Sein Mitwirken beim Länderspiel am 28. März hält er aber für möglich: "Ich hoffe, dass mir Masseur Deuser noch helfen kann." Bei der Eintracht ist jede Hoffnung vergebens, denn ihr ist heute nicht zu helfen. Bis in die zweite Halbzeit sind die Gäste vom Main mit der knappen Führung der Gastgeber gut bedient. Werner Weist allein hätte das Ergebnis schon deutlich höher schrauben müssen. Thomas Rohrbach ist nur auf dem Papier Weists Widersacher – auf dem Rasen hat der Frankfurter seinem Bremer Kontrahenten kaum etwas entgegenzusetzen. Es ist also nur die logische Konsequenz dieses einseitigen Duells, dass Weist irgendwann eine seiner Chancen nutzen wird. In der 63. Minute ist die Frage nach dem Zeitpunkt des Treffers von Weist beantwortet. Kamp tritt noch über den Ball, dann ist Weist zur Stelle. Der ausgezeichnete Dr. Kunter hat sich lange erfolgreich gewehrt, nun ist auch er machtlos. Ribbeck bringt wenige Minuten später Wirth für den passablen Reichel und kurz darauf noch Schämer für den wirkungslosen Krauth, doch eine Ergebnisverbesserung will auch dem routinierten ehemaligen Stürmer Schämer nicht gelingen, der seine Karriere als offensiver Außenverteidiger ausklingen lässt. Auch nach 90 Minuten heißt es 2:0 für Werder. Damit hat die Eintracht von den letzten acht Gastspielen an der Weser sieben verloren … Der Bremer Sieg ist hochverdient. Der Norddeutschen Lohn ist ein Platztausch in der Tabelle mit den besiegten Frankfurtern: Werder ist neuer 11. und die Eintracht steht an Bremens Stelle nun auf Platz 12, hat aber auch ein Spiel weniger ausgetragen als Werder. Bremens Trainer Piontek bittet derweil die Journalisten um Verständnis für das verkrampfte Spiel seiner Mannschaft: "Wir wollten unbedingt die Punkte heimfahren, um aller Abstiegssorgen ledig zu sein." "Das Ergebnis geht in Ordnung", gibt Erich Ribbeck zu, weil es wenig Sinn ergibt, das Offensichtliche abzustreiten: "Wir wurden halt doch bös’ eingeschnürt." "Wir haben im Augenblick zu wenige bundesligareife
Spieler. So viele Verletzte kann keine Mannschaft verkraften", klagt
Ribbeck ohne Rücksicht auf seine Schützlinge, die schon in drei
Tagen im Halbfinalhinspiel des Ligapokals die Grundlage für das Weiterkommen
schaffen sollen, aber von ihrem Trainer auf Amateurstatus zurückgestuft
werden. Nicht einmal vor Österreichs Nationalspieler Parits macht
der Coach in seiner Suche nach Rechtfertigung halt: "Parits als einzig
übriggebliebene Spitze war so stumpf, dass man auch bei ihm nicht
von Bundesligaformat sprechen kann." (rs) |