Eintracht Frankfurt - Fortuna Düsseldorf

Bundesliga 1972/1973 - 21. Spieltag

2:1 (2:0)

Termin: Sa 10.02.1973, 15:30 Uhr
Zuschauer: 20.000
Schiedsrichter: Herbert Lutz (Bremen)
Tore: 1:0 Bernd Nickel (10.), 2:0 Thomas Rohrbach (39.), 2:1 Hans Schulz (62.)

 


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Eintracht Frankfurt Fortuna Düsseldorf

 


  • Wilfried Woyke
  • Fred Hesse
  • Werner Lungwitz
  • Werner Kriegler
  • Klaus Senger
  • Klaus Budde
  • Gerd Zewe
  • Dieter Herzog
  • Peter Biesenkamp
  • Hans Schulz
  • Reiner Geye

 

Wechsel Wechsel
Trainer Trainer
  • Heinz Lucas

 

Im Höllentempo

"Wir haben in Kaiserslautern erstmals in dieser Saison ein Auswärtsspiel gewonnen, aber man soll eigentlich gar nicht so viel drüber reden. Sonst entsteht der Eindruck, dass das etwas Einmaliges war", schreibt Erich Ribbeck vor dem Heimspiel gegen Fortuna Düsseldorf in der Sportzeitung der Eintracht und hofft, eine Wende eingeleitet zu haben: "Der Anfang ist gemacht." "Pech ist, dass wir ausgerechnet vor dem Spiel gegen Düsseldorf besondere Sorgen um verletzte Spieler haben. So brauchen wir gegen so einen starken Gegner, der ja bisher weniger Punktspiele verloren hat als die Bayern, nicht nur die Kampfkraft jedes einzelnen, sondern auch eine kräftige Unterstützung des Publikums. Einen starken Publikumsandrang wünsche ich mir besonders für das schwere Spiel am Samstag", lautet Ribbecks Aufruf, den er den Fans schmackhaft zu machen versucht, in dem daran erinnert, worum es geht: "Nach wie vor ist es unser Ziel, auf den 5. Platz der Abschlusstabelle zu kommen. Nachdem in Kaiserslautern, wo das Siegen besonders schwer ist, vielleicht ein Knoten platzte, ist das nicht unmöglich."

Die Personalsorgen Ribbecks sind allerdings tatsächlich nicht gering. Grabowski, Parits und Nickel sind angeschlagen, Lutz hat nach seiner Operation noch beträchtlichen Trainingsrückstand und Körbel ist mit der DFB-Jugend für eine Woche in Israel. Nach dem Verkauf von Heese und Konca herrscht also besonders im Angriff die Not. Aus diesem Grund hat sich Trainer Ribbeck am Montag mit Grabowski, Parits und Nickel aufgemacht und Erich Deuser in Düsseldorf einen Besuch abgestattet. Deusers feinfühlige Finger weiß nicht nur die DFB-Auswahl zu schätzen und auch dieses Mal ertasten sie eine Diagnose, die als zuverlässig gelten darf. Danach hat Grabowski einen "feinen Riss im linken Unterschenkel, an jener Stelle, wo die Muskelfaser in die Sehne übergeht", Parits leidet unter einem "Riss an der Muskelhülle und Amateur Nickel unter knorpelartigen Rückständen im oberen Sprunggelenk am rechten Fuß. Ein Stützverband hier, Salbe, Massage und Saugglocke dort", schreibt der "Kicker", bringen erste Linderung und am Dienstag alle drei zurück auf das Trainingsgelände am Riederwald. Während Nickel und Parits mit Vorsicht in die Übungen des Mannschaftstrainings einsteigen, bleiben Grabowski nur leichte Bewegungen. Grabowski muss nicht nur die Partie gegen die Fortuna, sondern auch das Münchner Länderspiel gegen Argentinien abschreiben. Bei der Eintracht fürchten nun einige, dem ersten Auswärtssieg der Saison könnte die erste Niederlage im Waldstadion seit Juni 1971 folgen.

"Wir holen uns wieder einen Punkt", ist Düsseldorfs Trainer Lucas trotz des 1:1 zuletzt zu Hause gegen Schalke optimistisch. Kein Wunder, denn die Düsseldorfer haben in dieser Saison erst zwei Niederlagen erlitten – eine in Schalke und die zweite bei den Bayern. Die Bayern, die in dieser Runde bereits vier Niederlagen auf dem Konto haben, wären über etwas Schützenhilfe aus Frankfurt, wo sie selbst unterlegen waren, sicher nicht unglücklich. Die Fortuna ist bislang ihr einziger ernstzunehmender Verfolger im Rennen um den Titel. Drei Punkte Rückstand haben die Düsseldorfer auf den Deutschen Meister, aber auch ein Spiel weniger ausgetragen.

Wenn der Rückstand auf die Bayern bis zur Begegnung mit dem Meister am 31. Spieltag nicht aussichtslos ist, hätte die Lucas-Elf gute Chancen den bisherigen Durchschnittsbesuch von rund 28.000 Zuschauern mit einem vollen Rheinstadion weiter in die Höhe zu treiben, zumal mit Borussia Mönchengladbach und dem MSV Duisburg jetzt nacheinander zwei zugkräftige Gegner kommen. Die Rheinländer wollen ohnehin lediglich so lange wie möglich im "Schlepptau" der Münchner bleiben und versuchen, einen Platz unter den ersten fünf zu behalten. Und zu früh sollte man die Fortunen nicht abschreiben. Diesen Fehler haben einige Journalisten bereits nach dem 2:2 gegen die Eintracht in der Hinrunde gemacht, als den Düsseldorfern ein "Absinken" vorhergesagt wurde. Danach gab es mit zehn Spielen ohne Niederlage die längste Erfolgserie aller Klubs in dieser Saison.


Josef Hofmeister in Aktion

Das Waldstadion ist kurz vor Spielbeginn nahezu ausverkauft, was allerdings dem Umstand zu verdanken ist, dass die Hälfte der Tribünen wegen des Umbaus gesperrt sind und nicht zur Verfügung stehen. Ein Blick auf die Aufstellung der Eintracht verrät, dass Bernd Nickel mit von der Partie ist, Thomas Parits jedoch nicht. Jürgen Grabowski hat auf der Tribüne neben Bundestrainer Helmut Schön Platz genommen. Schön will einen von Grabowskis Rivalen um die Position des Rechtsaußen in der DFB-Auswahl unter die Lupe nehmen: Reiner Geye.

Der hat unter den Augen des ebenfalls anwesenden DFB-Spielausschuss-Vorsitzenden Walter Baresel in der 4. Minute die erste Chance seiner Mannschaft. Der Rechtsfuß muss allerdings mit links abziehen, was ihm nicht bekommt – er tritt in den Boden. So elegant die Bewegungen des antrittsschnellen Außenstürmers sind, hier hat er gerade eine weniger gute Figur gemacht. Das ist für die Düsseldorfer umso bedauerlicher, als es sich hier um ihre für lange Zeit einzige Torchance gehandelt hat. Es spielt nur eine Mannschaft und die heißt Eintracht Frankfurt.

Die Gastgeber legen ein geradezu unglaubliches Tempo vor, das sie unmöglich über 90 Minuten durchhalten können. Aber so lange sie in dieser Geschwindigkeit spielen, werden ihnen die so oft für ihre Spiel- und Kampfkraft gerühmten Rheinländer nichts entgegen zu setzen haben: Der Frankfurter Sturmlauf ist wie ein Orkan, der auf Bambushütten trifft.

Zum ersten Mal schlägt es in der von Torhüter Woyke gehüteten Hütte in der 10. Minute ein. Roland Weidle, der Spezialist für die besonders weiten Einwürfe, schleudert den Ball von der Außenlinie bis auf die Höhe des Fünfmeterraums in den Strafraum des Gegners. Dort erreicht das Leder maßgenau das linke Schussbein der Nummer 9, die die Eintrachtfans "Dr. Hammer" nennen und es steht 1:0. Erich Deuser sei Dank - Bernd Nickel kann spielen und er hat getroffen.

Was Nickel heute alles mit Ball - und auch dem Gegner – anstellt, ist allein das Eintrittgeld wert. Nickels Spitzname wird der Gewalt seiner Schüsse gerecht, doch nicht seiner Fußballkunst, die nichts weniger ist als großartig. Seine Nebenleute stehen ihm in dieser ersten halben Stunde des Spiels aber nur wenig nach. Mit schnellen Wechseln und steilen Durchbrüchen an den Flügeln, mit gekonnten Kombinationen, die von einem Mittelfeld mit Hölzenbein, Rohrbach, Kalb und Weidle inszeniert werden, um pausenlos den Angriff in Szene zu setzen, dominieren die Frankfurter ihren Gegner so sehr, dass man fast Mitleid mit den Gästen empfindet.

Das 2:0
Vollbracht - das 2:0
durch Rohrbach

Nach 25 Minuten lässt das Unwetter, das über die Fortuna hereingebrochen ist, etwas nach, doch weiterhin sorgt das überlegene Mittelfeldspiel der Eintracht für eine Reihe von Chancen, die die Hausherren leider nicht zu nutzen verstehen. Immer wieder ist Düsseldorfs Bester, Torhüter Woyke, im Weg. Bis zur 39. Spielminute, denn da passt Hölzenbein steil auf den schnellen Rohrbach, den keine Verteidiger bremsen und auch Woyke nicht mehr aufhalten kann – Rohrbach vollendet clever zum 2:0.

Von Düsseldorf ist in dieser ersten Halbzeit in der Offensive wenig zu sehen. Geye sorgt für die beiden einzigen Andeutungen einer Fortuna-Chance, einmal mit einer scharfe Flanke von rechts und dann mit einem raffinierten Kopfball von links fast von der Torlinie. Doch beide Male findet sich im Zentrum niemand, der Geyes Vorarbeit vollenden könnte.

In der Kabine der Düsseldorfer ist es für die Fortunen nicht weniger ungemütlich, als zuvor auf dem Platz: Trainer Lucas macht seinen Spielern die Hölle heiß, der sie gerade entkommen zu sein schienen. Doch auch Ribbeck sind die zwei Treffer bis zur Pause nicht genug: "Dieses Höllentempo war geplant. Jetzt müssen wir nur noch über die Runden kommen, denn nach der Pause ist Fortuna immer stärker. Hoffentlich reicht es …"

Das Bangen des Eintracht-Trainers ist berechtigt. Die Düsseldorfer wollen die Wende und sie wollen sie mit aller Macht. Die Frankfurter zahlen nun den Preis für ihren stürmischen Ritt im ersten Durchgang, der Raub an den eigenen Kräften lässt lediglich noch einen hinhaltenden Widerstand zu, der nur von wenigen Entlastungsangriffen unterbrochen wird. Der Tabellenzweite spielt jetzt seine Karten aus und schießt aus allen Lagen, so dass plötzlich der zuvor noch unterbeschäftigte Dr. Kunter im Frankfurter Tor im Mittelpunkt des Geschehens steht.

Geye, der von dem fast eine Dekade älteren Schämer bewacht wird, taucht immer öfter gefährlich vor dem Kasten der Eintracht auf. Es ist nicht Geyes stärkste Partie, aber auch nicht seine schwächste. Es fällt auf, dass er sich öfter empfindsam an die Waden fasst, als es notwendig erscheint. In der Umgebung des heimischen Stadions unter den Anfeuerungsrufen der eigenen Anhänger fühlt sich Geye sicher wohler und ist dort auch zu anderen Leistungen fähig.

An den imponierenden Auftritt seines Mannschaftskameraden Hans Schulz reichen heute weder Geye noch ein anderer Düsseldorfer heran. Jürgen Kalb bekommt den Fortunen in dieser zweiten Halbzeit nicht mehr unter Kontrolle. Schulz, der 1965 mit Werder Bremen Deutscher Meister wurde, bevor ihn Uwe Seeler zum HSV lockte und so ein Engagement bei Hannover 96 verhinderte, hat in dieser Bundesligasaison drei Tore erzielt – je eines gegen den HSV, Hannover und Werder Bremen. In der 62. Minute trifft er nun auch gegen eine Mannschaft für die er bisher nicht gespielt hat und auch nie spielen sollte: mit einem gefühlvollen Heber überwindet er Dr. Kunter.

Es ist noch fast eine halbe Stunde zu spielen und der Vorsprung der Eintracht ist trotz der famosen ersten Halbzeit auf ein Tor geschrumpft. Schlimmer noch, die Eintracht zahlt den Tribut für das von Ribbeck angeordnete "Höllentempo" und wirkt wie ein K.o.-geschlagener Boxer, dessen Gehirn lediglich noch nicht registriert hat, dass die Beine ihn nicht mehr aufrecht und vom Boden fern halten können. Zwei Mal ist es Dr. Kunter, der reaktionsschnell abwehrend zu Boden geht, um seiner Mannschaft genau dieses Schicksal zu ersparen. Die Eintracht ist eine Beute, die die Düsseldorfer Jäger ausweglos in die Enge getrieben haben, und die jetzt nur weiter darauf hoffen kann, dass es ihren Häschern nicht gelingt, den finalen Schuss zu setzen.

Die Situation für die Eintracht verschlechtert sich weiter, denn in der 73. Minute muss der überragende Nickel wegen einer Verletzung ausscheiden. Raimund Krauth kommt für Nickel in die Partie, doch ersetzen kann den Frankfurter an diesem Nachmittag keiner seiner Mitspieler. Mit Ach und Krach sowie einigem Geschick hält die Abwehr der Eintracht den knappen Vorsprung, Ribbecks Elf taumelt dem Schlusspfiff des Schiedsrichters geradezu entgegen.

Fast ist es geschafft, zwei Minuten sind noch zu spielen. Der verletzte Kapitän Grabowski steht neben dem FDP-Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Mischnick hinter dem Drahtzaun unten am Spielfeldrand - die Fortuna drängt. "Zum Thommy" ruft Mischnick viel lauter als im Bundestag, als könnte Rohrbach allein das Spiel über die Zeit bringen, während Grabowski äußerlich die Ruhe bewahrt. Trainer Ribbeck sitzt längst nicht mehr auf der Bank, er steht nur noch und schreit unentwegt aufs Spielfeld, was in diesen Augenblicken bei seinen Spielern ebenso wenig ankommt, wie die Aufforderung Mischnicks. Da fällt Geye in der vorletzten Spielminute die letzte Chance seiner Mannschaft zu. Wie zu Beginn der Begegnung muss er allerdings erneut mit links schießen … und knallt den Ball überhastet über das Tor.

"Wenn der Rainer sich da ein bisschen Zeit gelassen hätte", trauert Düsseldorfs Trainer Lucas nach dem Spiel Geyes später Ausgleichschance hinterher. Jürgen Grabowskis Antwort auf die Frage "wie hat denn der Geye gespielt?" fällt knapp aus: "Net schlecht." "Aber auch nicht sehr stark?", hakt der Journalist nach. "So kann man es auch sagen", wimmelt ihn der Eintracht-Kapitän ab. "Wir machen keinen Rummel um Geye", weist Trainer Lucas einige Herren der Presse zurecht: "Alles, was er geworden ist, wurde er durch die Leistung der Mannschaft."

"Erst nach der Pause waren wir die echte Fortuna", legt Lucas den Fokus auf seine Elf, die er in der Pause deutlich zur Ordnung gerufen hat: "Wir hatten doch Kondition genug." Aber Lucas erkennt auch: "Selbst eine noch so hervorragende zweite Halbzeit konnte die verschlafene erste Hälfte nicht wettmachen." Der Frankfurter Erfolg fiel dennoch hauchdünn aus, aber Bernd Hölzenbein, der sich mit Wadenkrämpfen herumschlagen musste, macht deutlich, warum die Eintracht sich diesen knappen Sieg am Ende doch verdient hat: "So hab' ich mich noch nie gequält."

Die Fortuna bleibt Tabellenzweiter und die Eintracht zu Hause unbesiegt. Sie rückt von Platz 10 auf Platz 9 vor und Platz 7 ist in die Reichweite, denn immer noch hat die Eintracht ein Spiel weniger ausgetragen. In Bochum gilt es nun den Trend aus den letzten beiden gewonnenen Spielen zu bestätigen. (rs)

 

 


 

Eine starke Halbzeit reicht zum Sieg

Mit dem Schwung des Auswärtssieges in der Vorwoche entzaubert die Eintracht nach dem Tabellenführer München im Oktober nun im Februar auch den Tabellenzweiten aus Düsseldorf.

Technisch sicherer Kombinationsfußball und temporeiche Angriffsaktionen stürzen die Fortunen von einer Verlegenheit in die andere. Die Führung durch Nickel (10.) nach Roland Weidles Spezialeinwurf bis in den 5-Meter-Raum gibt früh die nötige Sicherheit, so dass in der weiteren Folge mit sicherem Passspiel ganz in Ruhe die Lücke in der Düsseldorfer Abwehr gesucht werden kann. Kurz vor dem Ende der 1. Halbzeit ist es dann so weit: In der 39. Spielminute passt Hölzenbein steil auf Tommy Rohrbach, der vorbei an allen Verteidigern keine Mühe hat, den stärksten Düsseldorfer, Torhüter Woyke zu überwinden und zum 2:0 einzuschießen.

Nach der Pausenansprache von Trainer Lucas besinnt sich die Fortuna auf ihre Fähigkeiten, erzielt durch Schulz, dessen Kreise Jürgen Kalb nun nicht mehr entscheidend einengen kann, in der 62. Spielminute den Anschlusstreffer und drängt bei nachlassenden Kräften der Eintracht mit Macht auf den Ausgleich. Trinklein und Kliemann aber verriegeln den Zugang zum Strafraum und Dr. Kunter hält mit zwei Glanzparaden den Sieg fest.

Mit den beiden Heimpunkten bleibt die Eintracht zu Hause unbesiegt und springt von Platz 10 auf Platz 9 in die erste Tabellenhälfte. (ae)


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© text, artwork & code by fg




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