1. FC Köln - Eintracht Frankfurt |
Bundesliga 1972/1973 - 14. Spieltag
3:1 (1:0)
Termin: Di 21.11.1972, 20:00 Uhr
Zuschauer: 10.000
Schiedsrichter: Jan Redelfs (Hannover)
Tore: 1:0 Hennes Löhr (43., Foulelfmeter), 1:1 Thomas Parits (68.), 2:1 Heinz Flohe (69.), 3:1 Hennes Löhr (83., Foulelfmeter)
1. FC Köln | Eintracht Frankfurt |
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Das letzte Aufgebot Als Nachfolger des entlassenen Gyula Lorant hatte man für den 1. FC Köln einige Kandidaten auf der Liste, doch das der Sportlehrer Rudolf "Rudi" Schlott am 1. Juli 1972 den interimsweise tätigen Rolf Herings ablösen und Trainer der "Geißböcke" werden würde, kam dann doch überraschend. Dabei ist Schlott in der Bundesliga durchaus kein unbeschriebenes Blatt, nachdem er einige Jahre als Assistent von Hennes Weisweiler bei Borussia Mönchengladbach tätig gewesen ist. Doch in Köln mag man es ja sonst gern eine Nummer größer, wie die Verpflichtung des argentinischen Stürmers Ricardo-Horacio Neumann zeigt. Ein Ersatz für den an den Gladbacher Bökelberg zurückgekehrten Bernd Rupp ist der mit großem Tamtam präsentierte Neumann aber bislang nicht: Während Rupp in der letzten Saison mit 16 Treffern bester Kölner Schütze war, kommt Neumann nur auf eine einzige Einwechslung am 4. Spieltag, die ihm eine Viertelstunde Bundesligaluft bescherte. Was jedoch der schillernde Neumann an Erfolgs- und Leistungsnachweisen vermissen lässt, bescherte der ruhige und sachliche Schlott dem Kölner Anhang nach der Auftaktniederlage in Stuttgart: Bis auf Platz vier hat er den FC vor diesem Spieltag geführt. Der nächste Gegner der Eintracht ist dabei enorm heimstark: 11:1 Punkte bei 16:5 Toren lautet die bisherige Saisonbilanz, die nur durch den amtierenden Meister Bayern München übertroffen wird. "Dabei ist mein Fußbruch halb so schlimm", will Trainer Ribbeck denn auch vor dem Spiel seiner auswärtsschwachen Eintracht in Köln nicht über eigene Probleme klagen, "doch neben Weidle und Lutz fallen mir kurzfristig noch Nickel, der im Training einen Pressschlag gegen den Knöchel erhielt, Rohrbach mit einer Virusinfektion und Kalb mit hohem Fieber aus." Die Not bei den Hessen ist groß, wie der Trainer an einem Beispiel belegt: "Ich musste den jungen Amateur Kraus von seiner Lehrstätte aus direkt nachholen lassen, um überhaupt noch zwei Auswechselspieler auf die Bank zu bekommen." Auf der sitzen neben Kraus nur noch Ersatztorhüter Wienhold und Krauth. Hofmeister ist aufgrund seines Platzverweises im Ligapokal immer noch nicht spielberechtigt. Bei dieser Personalsituation ist es eigentlich selbstverständlich, dass die gesunden Horst Heese und Gert Trinklein in der Startelf stehen. Dennoch muss der Trainer vor dem Anpfiff Gerüchten entgegentreten, die ihm unterstellen, er würde die beiden unzufriedenen Spieler nur bringen, um ihren Marktwert vor dem beabsichtigten Verkauf der beiden zu steigern: "Zum einen stehen mir keine anderen Spieler zur Verfügung, die ich für sie einsetzen könnte und vor allem aber wäre es doch unklug, nicht stets die beste Mannschaft aufzustellen, die ich habe." "Heese verkaufen wir ohnehin nicht", bekräftigt Ribbeck: "Er hat noch einen gültigen Vertrag, der er erfüllen muss." Bei Trinklein sieht Ribbeck die Sache anders: "Wenn Trinklein unbedingt weg will, soll er gehen - sofern er einen Verein findet, der seine Ablöse bezahlen kann." Stichwort Ablösesumme: Bei Ender Konca scheint der Transfer zu seinem Heimatverein, der den Stürmer zurück in die Türkei holen will, an der Höhe der Ablöse zu scheitern. Die Eintracht würde den sympathischen Stürmer, der in Frankfurt fußballerisch nicht heimisch wurde, gerne ziehen lassen. Das Spiel beginnen die Frankfurter, bei denen Schämer und Konca neu ins Team gekommen sind, an diesem Abend betont defensiv. Die Eintracht packt ihre Aufgabe gar nicht übel an. Köln kann aus dem Mittelfeld keinen Druck aufbauen und die Außen der Rheinländer verhalten sich viel zu passiv. Heese gegen Overath und Körbel gegen Flohe sind die entscheidenden Bremsklötze für das Spiel der Kölner. So ist es überraschenderweise die Eintracht, die zu den ersten guten Chancen kommt. Aber der durchgelaufene Reichel hat Schwierigkeiten bei der Ballannahme, vergibt so eine günstigere Schussposition und bietet Torwart Welz dadurch die Möglichkeit, seinen Versuch zu parieren. Lothar Schämer tritt bereits nach sechs Minuten einen Freistoß, der Welz geschlagen sieht. Der Ball trifft jedoch nur den Pfosten des Kölner Tores, das unter der Wucht des unheimlich hart geschossenen Balles erzittert wie Espenlaub. Acht Minuten später hat Kliemann dann eine weitere gute Chance für die Hessen. Sechs Meter vor dem Tor kommt der "Funkturm" zum Schuss, doch Kliemann ist zu unkonzentriert und der Ball fliegt über den Kasten. Die Gäste bleiben gefährlich. Der überzeugende Grabowski, der auch kämpferisch zu gefallen weiß, sowie der agile Hölzenbein stoßen immer wieder in die Lücken der anfälligen Kölner Deckung und sorgen für Gefahr. Hölzenbein vernachlässigt durch seine Vorstöße allerdings etwas die Deckungsarbeit. Weitaus unangenehmer fällt Ender Konca mit unschönen Fouls auf, die der in dieser Spielzeit torlose Stürmer eigentlich nicht nötig hat. Den Kölnern spielt dann eine Verletzung in die Hände: Horst Heese, der sich schon nach fünf Minuten eine Oberschenkelzerrung zugezogen hat, muss nach 29 Minuten vom Platz. Ribbeck hat keine Wahl: Er muss den blutjungen Wolfgang "Scheppe" Kraus bringen. Obwohl sich Kraus sehr bemüht, fehlt den Riederwäldern der kampfkräftige Heese im Mittelfeld sehr. Immer mehr gewinnen die Domstädter vom Rhein die Oberhand. Sie benötigen allerdings eine Elfmeterentscheidung des unsicheren Schiedsrichters Redelfs, um zwei Minuten vor der Halbzeit durch Löhr in Führung zu gehen. Konca hatte Konopka zu Fall gebracht. Die Frankfurter Abwehr um den überragenden Libero Trinklein und den im Zentrum sicheren Kliemann steht auch nach der Pause. Reichel beherrscht Lauscher, Löhr kann gegen Kliemann nichts ausrichten, und Schämer bietet Glowacz die Stirn und einen großen Kampf. Im Angriff ist schon eher der wunde Punkt der Gäste zu finden. Zwar liefert Grabowski Fleißarbeit am laufenden Meter und Parits ist gegen die alten Kölner Kollegen agil wie lange nicht mehr, doch Hölzenbein bleibt matt und Konca ist ein Ausfall. Was soll Trainer Ribbeck tun? In der Offensive hat er nur noch Krauth als Alternative. Ribbeck verspricht sich von dessen Einwechslung wohl keine positiven Impulse und so nimmt er eine Umstellung im Mittelfeld vor. Fünf Minuten nach Wiederanpfiff beauftragt er Kraus anstelle von Körbel mit der Bewachung von Kölns Spielmacher Overath. Eine Fehlentscheidung. Overath ist dem unerfahrenen Kraus an Raffinesse überlegen und vom Frankfurter Eigengewächs kaum zu bremsen. Bei aller optischen Überlegenheit der Westdeutschen fehlen in der Hektik ihres manchmal überhasteten Spiels die klaren Züge. Bezeichnend ist, dass der erst 19-jährige Grabowski-Bewacher Konopka zum Motor des Kölner Spiels wird. Überraschend fällt aber auch in der 68. Minute der Ausgleich für die Eintracht. Thomas Parits gelingt an alter Wirkungsstätte ein herrliches Tor. Die Freude allerdings ist nur von kurzer Dauer. Im Gegenzug gelingt Heinz Flohe ein ebenso sehenswerter Treffer mit einem Schuss genau in den Winkel. Ein Sonntagsschuss am Dienstagabend. Die Gäste stemmen sich gegen die drohende Niederlage. Grabowski bietet sich nach einer missglückten Abwehr von Welz die Chance zum erneuten Ausgleich, doch sein Schuss aus der Drehung wird an die Latte gelenkt. Die Eintracht gibt nicht auf, aber der Wille ist in größerem Maß vorhanden, als die für die Umsetzung notwendige Kraft. Die schwindenden Frankfurter Energiereserven wissen die Kölner anfangs nicht recht zu nutzen, doch dann gelingt es Overath sieben Minuten vor dem Ende mit einer unschönen Aktion den Schlusspunkt einzuleiten: Im Duell mit Körbel lässt sich der Nationalspieler fallen und der schlechteste Mann auf dem Platz fällt ebenfalls – und zwar herein. Schiedsrichter Redelfs entscheidet erneut auf Strafstoß, den wiederum Löhr sicher verwandelt. Der gute Dr. Kunter ist auch bei diesem Treffer machtlos. Beide Trainer sprechen in ihren Kommentaren nach dem Spiel zuerst vom zweiten Kölner Tor. "Der Sonntagsschuss von Flohe war praktisch der Sieg", meint Kölns Coach Schlott. und auch Erich Ribbeck findet in diesem sehenswerten Treffer im psychologisch ungünstigsten Moment den Schlüssel für die neuerliche Auswärtspleite. "Es war demoralisierend." "Mit unserem letzten Aufgebot war nicht mehr drin", ist Ribbeck überzeugt. Der Trainer, der nach dem Spiel mit seinem Gipsfuß, den ihm sein Abwehrhüne Kliemann in der letzten Woche im Training verpasste, vom Platz humpelt, ist deshalb von seiner Truppe auch nicht enttäuscht: "Ich kann meiner Mannschaft kaum einen Vorwurf machen, in Köln verloren zu haben. Immerhin haben alle gekämpft. Zudem hätten wir mit etwas Glück in Führung gehen können und dann wäre das Spiel anders gelaufen." "So frech habe ich ihn noch nie gesehen", ist Ribbecks Gegenüber Schlott vom Auftreten seines ehemaligen Spielers Parits positiv überrascht. Der so gelobte Österreicher kann sich einen Seitenhieb auf seinen aktuellen Trainer Ribbeck nicht verkneifen: "In den vergangenen Wochen wurde ich als Linksaußen gestellt. Da lief alles daneben. Heute war ich wieder Mittelstürmer und gleich gelang mir mein zweites Saisontor." Ein Sonderlob von Ribbeck erhält der Kapitän der Frankfurter: "Gerade weil Grabowski von Natur aus mehr ein spielerischer Typ ist, muss man ihm seine kämpferische Leistung hoch anrechnen." Grabowski bleibt gewohnt bescheiden: "Die Kölner haben schwer geholzt. Da mussten wir halt mithalten." Die Eintracht rutscht nach dieser Niederlage in der Tabelle
um einen Rang von 10 auf Platz 11, Köln macht einen Platz gut und
liegt auf der dritten Position. Um in der Tabelle nicht weiter abzusinken,
muss die Eintracht die anhaltende Auswärtsmisere auf der "Baustelle"
Waldstadion mit Siegen ausgleichen. Das wird schon am nächsten Samstag
nicht einfach: Borussia Mönchengladbach ist zu Gast. (rs) |