Olympiaauswahl Ungarn - Eintracht Frankfurt

Freundschaftsspiel 1972/1973

1:0 (0:0)

Termin: 15.08.1972 in Palma de Mallorca
Zuschauer: 12.000
Schiedsrichter:
Tore: 1:0 Uwe Kliemann (83., Eigentor)

Endspiel um die "IV Trofeo International de Futbol"


>> Spielbericht <<

Olympiaauswahl Ungarn Eintracht Frankfurt

  •  

 


 

Wechsel
Wechsel
Trainer
Trainer

 

Uwe im Pech

Nach dem überzeugenden Sieg gegen Espanyol Barcelona steht die Eintracht im Endspiel des internationalen Fußballturniers von Palma de Mallorca, dem "Trofeo International de Futbol". Gegner ist die ungarische Olympiaauswahl, die durch einen 2:1-Sieg über die Gastgeber ins Finale eingezogen sind.

Am späten Dienstagabend treffen die beiden Mannschaften aufeinander, und die Vereinself leistet der Nationalmannschaft nicht nur erfolgreich Gegenwehr, sondern bietet dem Publikum auch einen offenen Schlagabtausch. Dass dieser über weite Strecken ausgeglichen verläuft, spricht für die Spielstärke der Frankfurter Eintracht. 12.000 Zuschauer, darunter mindestens 2.000 deutsche Touristen, bereuen ihr Kommen nicht und spenden beiden Mannschaften häufig Beifall auf offener Szene.

Dabei muss die Elf von Trainer Ribbeck nicht nur auf den an der Achillessehne operierten Wirth verzichten, sondern auch auf die drei Olympiaamateure der Eintracht: Kalb, Nickel und Wienhold. Darüber hinaus ist nach 22 Minuten der nächste Spieler zu beklagen, den die Eintracht in diesem Turnier durch eine Verletzung verliert. Nachdem im Spiel gegen Barcelona der neu verpflichtete Nachwuchsmann Körbel vorzeitig ausscheiden musste, erwischt es nun mit Bernd Hölzenbein einen der wichtigsten Spieler bei den Frankfurtern. Krauth kommt für Hölzenbein, die Elf ist wieder vollzählig, doch das Lazarett der Frankfurter will und will nicht kleiner werden.

In der 32. Minute hat die Eintracht dennoch eine vorzügliche Gelegenheit, gegen den Favoriten in Führung zu gehen. Grabowski ist im Strafraum von den Beinen geholt worden und der Unparteiische trifft die korrekte Entscheidung: Elfmeter. Es gibt zwar in Fußballerkreisen die Faustregel, dass der Gefoulte den Strafstoß nicht schießen soll, doch statistisch untermauern lässt sich diese Empfehlung nicht. Der Kapitän der Eintracht tritt also selbst zur Vollstreckung an, schüttet aber mit der Ausführung des Elfmeters Wasser auf die Mühlen derer, die es lieben, hinterher zu behaupten, dass sie es ja vorher schon gewusst hätten. "Grabi" lässt es bei seinem Schuss an der bei einem Elfmeter notwendigen Härte fehlen, was dem ungarischen Torwart die genutzte Möglichkeit eröffnet, den Ball wegfausten zu können. Schade, diese Torchance hat Grabowski fast leichtfertig ausgelassen. Große Spieler müssen eben nicht auch nervenstarke und sichere Elfmeterschützen sein.

Die Ungarn, die mit dem gesamten olympischen Aufgebot in Palma erschienen sind, wirken auch in der zweiten Halbzeit spielerisch elegant, enttäuschen aber im Abschluss. Von der Elf, die als amtierender Olympiasieger bei den Spielen in München gesetzt ist und sich nicht qualifizieren musste, hatte man im Angriff doch etwas mehr erwartet.

Um dieses Spiel und damit das Turnier zu gewinnen, benötigen die Ungarn daher fremde Hilfe. Die wird ihnen durch den überragenden Uwe Kliemann zuteil. Der "Funkturm" entscheidet das Finale, indem er in der 83. Minute einen hohen Flankenball mit dem Kopf abzuwehren versucht. Was dem baumlangen Berliner sonst mühelos gelingt, geht diesmal in die Hose, weil ins eigene Tor. Dr. Kunter ist völlig überrascht und kann den Einschlag nicht verhindern. Diesen Rückstand holt die Eintracht in der Schlussphase nicht mehr auf, die Ungarn bringen den knappen Vorsprung sicher über die Zeit.

"Pech für Kliemann. Er war der beste Mann auf dem Platz", erzählt Trainer Ribbeck am Telefon den daheimgebliebenen Journalisten des Boulevards. Was die Journalisten und die Fans wie der DFB erst später erfahren: Horst Heese wurde im Turnier wegen einer Rangelei des Feldes verwiesen. Der DFB erhält erst Wochen später Kenntnis von der Roten Karte und sperrt Heese für zwei Spiele.

Für die Eintracht geht es einen Tag später über einen Umweg Richtung Heimat. Bevor sie am Samstag um 15.30 Uhr am Bornheimer Hang gegen Kaiserslautern wieder um Ligapokal-Punkte spielen, treten sie zwei Tage nach der Finalniederlage gegen die Ungarn um 20 Uhr in Brüssel gegen den SC Anderlecht an.


Nachtrag

Auch in ihrem zweiten Spiel auf Mallorca hatte es die Eintracht mit einem erstklassigen Gegner zu tun. "Für uns ist die bundesdeutsche Elf Favorit", erklärte der ungarische Auswahltrainer Rudolf Illovszky nach dem Turniersieg seiner Mannschaft auf Mallorca in Hinblick auf das olympische Fußballturnier. "Wenn es darauf ankommt, sind die deutschen Ländermannschaften immer da." Natürlich rechnen wir uns auch Medaillenchancen aus. Außerdem werden noch die DDR sowie Polen und natürlich die UdSSR eine Rolle spielen."

Illovszky kann man prophetischen Gaben nachsagen: Die DFB-Auswahl verliert beim Olympischen Fußballturnier zwar das entscheidende Spiel gegen die DDR in der Schlussphase mit 2:3 und verpasst das Spiel um den dritten Platz, für das man hätte gewinnen müssen. Doch die restlichen vier vom ungarischen Trainer genannten Mannschaften erringen die Medaillen. Die UdSSR und die DDR trennen sich im Spiel um den dritten Platz 2:2 nach Verlängerung und erhalten beide Bronze. Auf diese Medaillen fällt nur der Schatten, dass beide Teams in der Verlängerung keine Anstalten mehr machten, das Spiel zu gewinnen. Ein Elfmeterschießen war nicht vorgesehen, beide Mannschaften hatten bei einem Unentschieden ihre Medaille sicher.

Die Ungarn ziehen mit 9:2 Toren und 5:1 Punkten – nur gegen Brasilien muss man sich beim 2:2 die Punkte teilen – in die Zwischenrunde ein. Dort qualifizieren sie sich mit 8:1 Toren und 6:0 Punkten für das Endspiel. Im Finale unterliegt der Titelverteidiger dann nach einer 1:0-Führung durch zwei Treffer des Torschützenkönigs des Turniers, Kazimierz Deyna, knapp der Auswahl Polens mit 1:2. (rs)

>> Spieldaten <<

 

© text, artwork & code by fg