Eintracht Frankfurt - Borussia
Mönchengladbach |
Bundesliga 1971/1972 - 27. Spieltag
3:0 (1:0)
Termin: Sa 08.04.1972, 15:30 Uhr
Zuschauer: 36.000
Schiedsrichter: Dietrich Basedow (Hamburg)
Tore: 1:0 Jürgen Grabowski (23.), 2:0 Horst Heese (60.), 3:0 Bernd Hölzenbein (66.)
Eintracht Frankfurt | Borussia Mönchengladbach |
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Trainer | Trainer
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Viel Herz, wenig Kopf und neue Freunde Des einen Freud’, des anderen Leid: Während bei der Eintracht heute der schmerzlich vermisste Jürgen Grabowski wieder mittun kann, fällt beim amtierenden Meister Borussia Mönchengladbach der Kopf der Mannschaft, Günter Netzer, mit einer Knöchelverletzung aus. Allerdings bleibt abzuwarten, in welcher Verfassung der Eintrachtkapitän auflaufen wird. In der gesamten Rückrunde kam er wegen der Verletzung aus dem Dezember des Vorjahres lediglich in zwei Spielen zum Einsatz, wobei er gegen Düsseldorf bereits nach 54 Minuten erneut verletzt ausgewechselt werden musste. Mit der Fohlen-Elf kommt der zweitstärkste Sturm der Liga an den Main, wo sie auf eine der – nach Gegentoren – schwächsten Abwehrreihen des Oberhauses trifft. Die drei bisherigen Aufeinandertreffen der beiden Teams in dieser Saison waren auch jeweils torreiche Begegnungen. Die Frankfurter verloren beide Spiele auf dem Bökelberg (2:6 in der Hinrunde sowie das Hinspiel im DFB-Pokal mit 2:4) und konnten lediglich das Pokal-Rückspiel im Waldstadion mit 3:2 für sich entscheiden – was jedoch nicht zum Weiterkommen reichte.
Zum Spiel: Zu Beginn sind die heimstarken Frankfurter trotz Netzers Ausfall nicht in der Lage, das Spiel an sich zu reißen. Im Gegenteil: Die Jungtalente der Gladbacher sind es, die gefällig aufspielen und immer einen Schritt schneller sind als ihre Gegner. Bei der Eintracht ist Nickel ohne Bindung zum Spiel, und Horst Heese kann als Mittelstürmer keinen Druck auf die Gladbacher Innenverteidigung ausüben. Besonders fällt im Vergleich zu den letzten Wochen jedoch Roland Weidle ab. Weidle, der sich – fast als Fehleinkauf abgestempelt – nach Grabowskis Verletzung am 17. Spieltag in der Mannschaft etablierte, überzeugt seitdem mit einer mannschaftsdienlichen Spielweise, einer Pferdelunge und einigen Toren. Am linken Flügel kommt er aber heute überhaupt nicht zurecht. Vom Frankfurter Offensivspiel gibt es denn auch fast nichts Positives zu berichten, wenigstens kann der wiedergenesene Grabowski mit einigen schönen Dribblings gefallen. Es ist kein Durchkommen gegen die Gladbacher, die ebenso oft mit sieben Mann in der Abwehr stehen, wie sie mit dem gleichen zahlenmäßigen Aufgebot stürmen. Der Meister des letzten Jahres ist die elegantere und beweglichere Mannschaft, die Spielvorteile und auch die besseren Chancen hat. Zur Führung fehlt es nur an einem: den Trefferqualitäten ihrer Angriffsspitzen Heynckes und le Fevre - den heimstarken Gladbachern ist bereits in den letzten beiden Auswärtsspielen kein Tor gelungen.
Diese Qualität, die den Gladbacher Spitzen zurzeit auf fremden Plätzen abgeht, hat ein Spieler der Eintracht: Jürgen Grabowski. Der Kapitän ist der Schütze, der das überraschende Führungstor für die Heimmannschaft erzielt. Grabowski profitiert dabei von einem Missverständnis zwischen Wittkamp und Borussen-Keeper Kleff, nachdem Lothar Schämer, der in drei Wochen 32 wird und aufspielt wie in seinen besten Tagen, den Ball in den Strafraum gelöffelt hat. "Grabi" spritzt dazwischen und spitzelt den Ball vor dem am Boden liegenden Wittkamp aus kurzer Distanz unter Kleff hindurch ins Tor. Grabowski, der nach seiner langen Verletzungspause um den Anschluss kämpft, schießt um ein Haar sogar noch das 2:0, als er, von Weidle eingesetzt, schon alle versetzt hat, im letzten Moment aber noch nach außen abgedrängt wird. Unter den Augen des DFB-Trainers Jupp Derwall ist es in der ersten Halbzeit jedoch vor allem Bernd Hölzenbein, der der Gladbacher Defensive Probleme bereitet. "Holz" ist in bestechender Verfassung und der agilste Eintracht-Angreifer. "Er ist für höhere Aufgaben reif", meint sein Trainer Ribbeck mit gutem Grund über Bernd Hölzenbein: "Nun ja, der hat jetzt gegen die Ungarn wenigstens mit in der B-Mannschaft gespielt, aber der Hölzenbein ist so stark wie irgendeiner, der seit Jahr und Tag in die Auswahlmannschaft berufen wird." Bei den Gladbacher kommt zum Rückstand auch noch weiteres Pech hinzu: Bleidick hat sich nach einem Zusammenprall mit Nickel am Sehnerv verletzt und muss ausgewechselt werden. Hans-Jürgen Wloka kommt für ihn zur zweiten Halbzeit in die Partie. Zu deren Beginn legt die Eintracht los, als wolle sich der Rest der Mannschaft nicht nur in die Herzen der Zuschauer, sondern ebenfalls in Jupp Derwalls Notizbuch spielen. In der 53. Minute wechselt Trainer Ribbeck Dieter Ungewitter für Weidle ein, um den Druck auf die Gladbacher noch zu verstärken. Ungewitter ist sehr bemüht, ausschlaggebend ist aber die Leistungssteigerung bei Bernd Nickel, der im zweiten Abschnitt zu älter Stärke zurückfindet, und bei Horst Heese, der endlich den erwarteten Rammbock in der Sturmmitte gibt. Sichtbares Ergebnis des neuen Frankfurter Elans sind ein Pfosten- und ein Lattenschuss kurz hintereinander. Erst scheitert Schämer am Gebälk des Gladbacher Gehäuses, dann Horst Heese. Heese, der vorher bereits eine Chance ungenutzt gelassen hat, muss sich nach 58 gespielten Minuten Pfiffe anhören.
Aber die Laune des Publikums ist so wankelmütig, wie die der Glücksgöttin Fortuna. Nach einer Stunde flankt Rohrbach von rechts, Kleff läuft heraus, doch Heese ist schneller und stößt mit langem Bein den Ball ins Netz. Heese musste sich also nicht lange über die verpassten Gelegenheiten grämen und die Sympathien der Eintrachtfans sind dem Schützen des erlösenden 2:0 ebenfalls sicher. Der bereits zu Beginn der zweiten 45 Minuten befürchtete Gladbacher Sturmlauf bleibt aus. Die Schritte der Gladbacher Jungspunde, die dieses Spiel so eifrig und flink begonnen hatten, werden immer kürzer und langsamer. Durch die Reihen der ersatzgeschwächten Gäste schleicht Ermüdung, ihr Opfer wird die Konzentration der Weisweiler-Truppe. Zudem bleibt Gladbachs Doppelspitze, Heynckes und Le Fevre, weiterhin stumpf – an Lutz in seinem 200. Bundesligaspiel und Reichel ist für die beiden kein Vorbeikommen. Lutz als Vorstopper und Trinklein als Libero sind heute ein reibungslos funktionierendes Gespann. Auf Frankfurter Seite wühlt sich Rohrbach immer wieder nach vorne, und Grabowski überrascht alle mit einer nicht für möglich gehaltenen Kondition. Immer stärker wird die Eintracht, Nickel geht immer mehr aus sich heraus, Hölzenbein mischt prächtig mit. Ihm ist es auch vorbehalten, in der 66. Minute seine Leistung zu krönen. Nach einer Flanke von Nickel angelt Heese Kleff den Ball weg, und Hölzenbein tritt das Leder in die Maschen.
Dieses 3:0 fällt in Anbetracht der ersten Halbzeit doch zu hoch aus, aber die Gladbacher Gäste sind nun nicht mehr in der Lage, das Ergebnis wenigstens einer kosmetischen Korrektur zu unterziehen. In der 78. Minute kommt bei der Eintracht noch Karl-Heinz Wirth für Friedel Lutz zum Einsatz, aber Auswirkungen hat das auf die Schlussphase nicht mehr. Die Gladbacher können sich trotz der Niederlage auf dem dritten Tabellenplatz halten. Die Eintracht verbessert sich um zwei Plätze und liegt nun wieder auf Rang fünf, der zur Teilnahme am UEFA-Cup berechtigt. Warum Bernd Hölzenbein vom "Kicker" an diesem Spieltag nicht in die "Elf des Tages" berufen wird, bleibt das Geheimnis des Sportmagazins. Friedel Lutz darf sich dagegen über die erste Nominierung dieser Saison freuen, während Grabi in seinem 20. Ligaeinsatz bereits seine siebte Berufung erhält. Jupp Derwall, Helmut Schöns Assistenztrainer, hat die Nationalspieler beobachtet und gibt den Gladbachern sein Urteil mit auf den Weg nach Hause: "Die Borussen haben mit viel Herz, aber wenig Kopf gespielt." Gladbachs Trainer Hennes Weisweiler stimmt dem DFB-Trainer zu: "Uns hat heute die ordnende Hand Günter Netzers gefehlt. Wir haben nach der Halbzeit zu planlos angegriffen und damit der Eintracht glänzende Möglichkeiten zum Kontern gegeben. Zwei der drei Tore waren allerdings unmöglich. Dann fabriziert unser Libero Wittkamp noch zwei halbe Eigentore - schöner Mist." In der Tat scheint dem Ex-Schalker Wittkamp die Verstrickung in den Bundesliga-Bestechungsskandal an die Nerven gegangen zu sein. Nicht einig werden sich die Trainer Weisweiler und Ribbeck in der Beurteilung des Spiels. Weisweiler meint, dass seine Mannschaft die bessere erste Halbzeit gehabt habe, während sein Kontrahent für diese Phase dem Gegner nur einräumt, "fast gleichwertig" gewesen zu sein. Und in der zweiten Halbzeit - so Weisweiler - sei seine Mannschaft zu planlos angerannt und hätte der Eintracht diese Kontermöglichkeiten gegeben. "Nach dem 2:0 ist uns doch fast alles gelungen, da gab es die tollsten Spielzüge", analysiert Ribbeck. Im Gegensatz zum klaren Sieg der Eintracht ist man geneigt, hier von einem Remis zwischen beiden Trainer zu sprechen. Weisweiler dürfte mit seiner Einschätzung des ersten Durchgangs, Ribbecks mit seiner des zweiten dem Geschehen auf dem Platz am nächsten kommen. "Ich freue mich, dass Grabowski nach seiner Verletzungspause schon wieder gut mitspielen konnte", versichert Ribbeck glaubhaft und zeigt sich optimistisch: "Mit diesem 3:0 gewann die Eintracht neue Freunde." "Unser Ziel ist nach wie vor der UEFA-Cup", sagt der Eintracht-Trainer. Zufriedenheit herrscht indes bereits bei Schatzmeister Gerhard Jakobi: 36.000 zahlende Zuschauer haben rund 220.000 Mark in die bedürftige Eintracht-Kasse gebracht. Die Aufarbeitung des Bundesligaskandals geht derweil in die nächste Runde. Nach dem Urteil des Sportgerichts des DFB wird nach Arminia Bielefeld als zweiter Verein Rot-Weiß Oberhausen aus der Fußball-Bundesliga ausgeschlossen, außerdem erhält Vereinspräsident Peter Maaßen ein lebenslängliches Funktionärsverbot. Am Samstagabend bestraft das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes den Bielefelder Lizenzspieler Waldemar Slomiany mit Lizenzentzug und Sperre auf Dauer. Das Sportgericht schließt sich mit diesem Urteil dem Antrag des Kontrollausschussvorsitzenden Hans Kindermann an. Mit Lizenzentzug, zehn Jahren Sperre und einer Geldbuße von 2.500 Mark bestraft das Sportgericht außerdem den Duisburger Bundesligaspieler Gerhard Kentschke.
Das Urteil gegen Peter Maaßen und Rot-Weiß
Oberhausen wird keinen Bestand haben. Maaßen wird später vom
7. Juli 1972 bis 6. Juli 1974 gesperrt, Oberhausen wird die Lizenz nicht
entzogen. Kentschke wird am 1. August 1973 begnadigt, Slomiany bis 31.
Juli 1974 gesperrt. (rs)
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