Eintracht Frankfurt - FC Schweinfurt
05 |
DFB-Pokal 1971/1972 - 1. Hauptrunde, Rückspiel
6:1 (2:0)
Termin: 14. 12. 1971
Zuschauer: 3.000
Schiedsrichter: Max Klauser (Vaterstetten)
Tore: 1:0 Thomas Parits (21.), 2:0 Peter Reichel (44.), 3:0 Bernd Nickel (46.), 4:0 Bernd Nickel (52.), 5:0 Horst Heese (58.), 6:0 Roland Weidle (62.), 6:1 Willi Drozdek (73.)
Eintracht Frankfurt | FC Schweinfurt 05 |
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Eine Formsache ".. demnächst sind die Rückspiele im Pokal. Hoffentlich hört nächstes Jahr diese Vernichtung des Pokalgedankens auf. Man hat den Pokal getötet", schreibt der Journalist Richard Kirn, der von Anfang an Stellung gegen den neuen Austragungsmodus im DFB-Pokal bezogen hat. Und nach den Hinspielen der ersten Runde fühlt sich Kirn zu Recht umfassend bestätigt: "Drastischer könnte der ganze Unsinn der neuen Pokal-Regelung gar nicht bewiesen werden wie am letzten Wochenende. Natürlich brachten sich die Bundesligamannschaften auf den Feldern der Regionalligen vor Eifer nicht um. Wozu denn auch: spätestens in den Rückspielen würde man es den Siegern vom Samstag schon zeigen, wo Barthel den Most holt. Muss man es nochmals sagen, dass der Cup-Gedanke umgebracht worden ist? Das Reizvolle an Pokalspielen ist die Chance, die sie dem Kleineren gibt ..." In der Tat hätten nach dem alten Modus Bayern München, Eintracht Frankfurt und Hannover 96 bereits die Segel streichen müssen. Doch so haben die geschlagenen Erstligisten im Rückspiel vor eigenem Publikum die Gelegenheit die Verhältnisse wieder gerade zu rücken. Und wer zweifelt daran, dass es ihnen ebenso gelingen wird, wie Düsseldorf, Dortmund, Bochum und Stuttgart, die sich in den Hinspielen bei den Amateuren mit einem Unentschieden begnügten? So wirkt Trainer Ribbecks Aufforderung an seine Elf etwas aufgesetzt: "Es muss gekämpft werden, sonst schaffen wir es nicht!" Ob er wohl ernsthaft daran glaubt, die wackeren Amateure könnten mit dem 1:0-Sieg aus dem Hinspiel im Rücken zum Stolperstein für die Eintracht werden? Im Tor steht allerdings Ersatzkeeper Siegbert Feghelm anstelle von Dr. Kunter. Feghelm hat Mitte März bei der 1:4-Niederlage in Schalke sein letztes Pflichtspiel bestritten und ihm dürfte die Spielpraxis fehlen, die er sich offensichtlich heute holen soll. Außerdem kehrt Trinklein in die Abwehr zurück, während Rohrbach wieder im Sturm zu finden ist. Jürgen Grabowski fehlt wegen seiner im letzten Bundesligaspiel erlittenen Knöchel- und Bänderverletzung, der für "Grabi" eingewechselte Kalb muss heute jedoch erneut auf der Bank Platz nehmen. Dagegen kommt der gegen den MSV enttäuschende Roland Weidle zu seinem dritten Pflichtspieleinsatz für die Eintracht. Vor nur 3.000 Zuschauern, die dem Regionalligisten wohl auch keine Pokalsensation zutrauen, beginnen die Gastgeber wie gewünscht offensiv. Besonders Thomas Parits, der im Hinspiel so auf sich allein gestellt war, dass man befürchten musste, aus dem Stürmer könne innerhalb der 90 Minuten ein vereinsamter Mensch werden, kann sich in dieser Partie über mangelnde Unterstützung nicht beklagen. Und in der 21. Minute darf Parits das nachholen, was ihm in Schweinfurt versagt blieb: das Toreschießen. Das Ergebnis aus dem Hinspiel ist damit egalisiert. Doch auch dieser Gleichstand ist nur eine vorübergehende Erscheinung. Eine Minute vor Ende der ersten Halbzeit erzielt Peter Reichel mit seinem zweiten Pflichtspieltor für die Eintracht das 2:0, zwei Minuten nach der Pause erhöht Bernd Nickel auf 3:0. Der Widerstand der Gäste ist nun endgültig gebrochen, an eine Wende glauben die bis hierhin tapfer kämpfenden Amateure nun nicht mehr. Auch der ehemalige Eintrachtspieler Helmut Kraus kann in den Abwehrreihen der Gäste nicht mehr für Ordnung sorgen. Die Defensive der Schweinfurter bricht in sich zusammen, wie ein Staudamm, der wegen zu vieler Löcher und Lücken die Wassermassen nicht länger zurückhalten kann. Nur sechs Minuten nach seinem ersten Treffer erzielt "Dr. Hammer" das 4:0. Erich Ribbeck hat genug gesehen und gibt den Männern aus der zweiten Reihe eine Chance. Zuerst kommt Manfred Diehl in der 56. Minute für Karl-Heinz Wirth zu seinem zweiten Pflichtspieleinsatz für die Eintracht, Jürgen Kalb darf dann zwei Minuten später für Bernd Hölzenbein auf den Platz. Über ihre Wechselspiele vergessen die Hessen aber auch das Torschießen nicht: Nur eine Minute ist Kalb auf dem Platz, als Horst Heese das fünfte Tor für die Gastgeber erzielt. Das halbe Dutzend macht dann Roland Weidle weitere drei Minuten später voll, es ist sein erstes Pflichtspieltor für seinen neuen Verein. Etwas mehr als eine Stunde im Waldstadion reicht Schweinfurts Torhüter Böhm. Mit den Nerven weit vor Spielschluss am Ende wird er gegen Dieckmann ausgetauscht. Alles Weitere ist nun nur noch eine Formalität. Schiedsrichter Max Klauser könnte auch abpfeifen, denn die Eintracht lässt es jetzt gut sein und von ihrem Opfer aus der Regionalliga ab. Das kommt eine gute Viertelstunde vor dem regulären Spielende durch Willi Drozdek sogar noch zum Ehrentreffer, der das Debakel für die Amateure vielleicht etwas erträglicher macht. Bis auf einen Regionalligisten müssen, wie Richard Kirn es befürchtet hat, alle Amateure die Segel streichen. Fortuna Köln und Holstein Kiel, die wie Schweinfurt im Hinspiel knapp siegreich geblieben sind, gehen gegen Bayern München (0:6) und Hannover 96 (1:7) mit Mann und Trainer unter. Immerhin muss Kaiserslautern gegen Wuppertal in die Verlängerung und kann sich erst nach dem Elfmeterschießen das Weiterkommen sichern. Die einzige Überraschung gelingt jedoch Kickers Offenbach, die nach einem 1:1 im Heimspiel, in Dortmund mit 3:0 gewinnen. Eine Sensation ist indes auch das nicht. Abgesehen davon, dass die Offenbacher mit einem absolut bundesligatauglichen Kader, in dem sogar mit Siegfried Held ein aktueller Nationalspieler steht, um den Aufstieg in die 1. Liga spielen, ist der BVB in eben jener Liga ein Abstiegskandidat. Auf Platz 15 stehend sind die Dortmunder zuvor im Heimspiel gegen den Tabellenvorletzten aus Hannover nicht über ein 1:1 hinausgekommen und haben bei den Bayern eine rekordverdächtige 1:11-Schlappe hinnehmen müssen. Keine Überraschung also, dass es auch beim BVB kommt, wie es nicht kommen muss, aber in der Fußballbundesliga seit ihrer Einführung schon 45 Mal passiert ist: Der Trainer wird entlassen. Eine Woche nach dem Aus im Pokal gibt Borussia Dortmund Trainer Horst Witzler den Laufpass. Wie üblich hat man sich angeblich in beiderseitigem Einvernehmen getrennt. Witzler erklärt jedoch wenig missverständlich: "Ich lasse mich finanziell nicht abspeisen. Ich verlange die Zahlung der vollen Bezüge bis Saisonende. Jetzt gehe ich erst einmal, vier Wochen zum Ski-Urlaub. Im nächsten halben Jahr übernehme ich keinen neuen Verein." Horst Witzler ist in dieser Saison nach Robert "Zapf" Gebhardt (Werder Bremen) und Helmuth Johannsen (Hannover 96) der dritte Trainer, der vorzeitig gehen muss. An der Eintracht hat es zumindest bei Witzler und Johannsen nicht gelegen – gegen Dortmund und Hannover wurde auswärts jeweils mit 1:3 verloren. Die 1. Runde des DFB-Pokals ist übrigens lediglich sportlich abgeschlossen, am "grünen Tisch" dagegen noch nicht. Fortuna Düsseldorfs Gegner in der nächsten Pokalrunde steht noch nicht fest, obwohl die Hertha mit einem 3:0 gegen Schalke 04 die 1:3-Hinspielniederlage mehr als wettgemacht hat. Schalke hat Protest gegen die Wertung des Ergebnisses eingelegt, weil der im Zusammenhang mit der Manipulation der Bundesligapartie zwischen Bielefeld und Berlin mit einer Vorsperre belegte, aber noch nicht verurteilte Herthaner Zoltán Varga mitgespielt hatte. Zuvor hatte Hertha BSC mit einer einstweiligen Verfügung vor einem Berliner Gericht erreicht, dass Varga im Pokal auflaufen durfte. Der DFB muss nun entscheiden, ob er dem Protest Schalkes wegen Vargas Mitwirken stattgibt. Fest steht bereits, dass die Eintracht sich über Weihnachten und den Jahreswechsel in wärmere Gefilde begeben wird – nach Griechenland. Die drei stärksten griechischen Clubs sollen dann Gegner der Frankfurter Eintracht sein. Am 29. Dezember sollen die Hessen gegen PAOK Saloniki, am 6. Januar gegen Panathinaikos Athen und am 12. Januar gegen Olympiakos Piräus antreten. Das wurde nach zweitägigem Besuch eines amerikanischen Spielevermittlers am Riederwald endgültig vereinbart. "Mehr aber noch nicht", sagt Eintracht-Geschäftsführer Jürgen Gerhardt: "Möglicherweise macht die Mannschaft am 2. Januar oder 9. Januar noch einen Abstecher in die Türkei." Der beabsichtigte Trip nach Zypern findet dagegen wahrscheinlich nicht statt. Am 27.12. wird noch einmal trainiert, am 28. ist Abflug, am 13.1. Rückflug. 16 Spieler wird die Eintracht mitnehmen. Jürgen Grabowski ist spielenderweise nicht mit von der Partie, soll auf Bitten der Gastgeber aber dennoch mitreisen. "Grabis" Bein ist nach Bellas Foul eingegipst, der Gips soll aber 1972 nicht erleben, wenn es nach dem Kapitän der Eintracht geht. "Bis zum Jahresende" soll der Gips runter, "aber vielleicht geht es schon ein paar Tage früher", hofft Grabowski. Doch ob er mit Gipsbein die Reise seiner Kameraden vom 28. Dezember bis 13. Januar mitmachen kann, ist sehr fraglich, meint Jürgen Gerhardt: "Das soll der Arzt entscheiden. Denn die Reise soll den Heilungsprozess keinesfalls verzögern."
Zoltán Varga wird wegen der Beteiligung am Bundesliga-Skandal neben diversen anderen Hertha-Spielern in Deutschland vom 23. Januar 1972 bis zum 30. Juni 1974 gesperrt und muss 15.000 DM Geldbuße zahlen. Außerdem annulliert das DFB-Sportgericht das DFB-Pokal-Rückspiel der Hertha und wertet das Spiel mit 2:0 für Schalke. Die sportlich ausgeschiedenen Schalker gewinnen am Ende gar den DFB-Pokal, was mehr als kurios anmutet. Denn während des gesamten Wettbewerbs, also auch gegen die Hertha, sind Schalker Spieler im Einsatz, die wie Varga in den Bundesligaskandal verwickelt sind, aber erst nach der Saison gesperrt werden können, weil sie zuvor hartnäckig und sogar unter Eid ihre Beteiligung leugnen. Selbst im Pokalfinale wirken mit Klaus Fichtel, Rolf Rüssmann, Herbert Lütkebohmert, Heinz van Haaren, Reinhard Libuda und Klaus Fischer sechs Spieler mit, die später wegen der Manipulation des Spieles gegen Bielefeld gesperrt werden. (rs)
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