Eintracht Frankfurt - MSV Duisburg |
Bundesliga 1971/1972 - 17. Spieltag
2:1 (2:0)
Termin: Sa 11.12.1971, 15:30 Uhr
Zuschauer: 9.000
Schiedsrichter: Horst Herden (Hamburg)
Tore: 1:0 Bernd Nickel (18., Foulelfmeter), 2:0 Bernd Hölzenbein (25.), 2:1 Rainer Budde (49.)
Eintracht Frankfurt | MSV Duisburg |
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Tiefgefroren und unberechenbar Die letzten beiden Spiele waren für die Eintracht alles andere als erfolgreich. Zuerst verlor die Diva vom Main mit 1:3 beim Tabellenletzten in Hannover und danach das Hinspiel der ersten Runde des DFB-Pokals bei den Amateuren aus Schweinfurt. Wiedergutmachung ist angesagt und das kann als versöhnlicher Abschluss der Hinrunde nur ein Heimsieg gegen den MSV Duisburg sein. Dazu beitragen soll der zu Saisonbeginn vom VfB Stuttgart an den Main gewechselte Roland Weidle, der nach seinem Einsatz im Pokalspiel in Schweinfurt am letzten Samstag nun auch zu seinem ersten Bundesligaspiel für die Frankfurter kommt. Er soll Ender Konca ersetzen, der auch heute fehlt. Nickel und Grabowski sind dagegen wieder dabei, dafür müssen Trinklein und Kalb auf der Bank Platz nehmen. Die Eintracht ist von Beginn an spielbestimmend. Besonders gut tut der Frankfurter Offensive Bernd Nickel, der zum ersten Mal nach seinem Platzverweis in Stuttgart wieder mit von der Partie ist. Seine langen Pässe reißen die Duisburger Deckung immer wieder auf und Bernd Hölzenbein nutzt die entstehenden Lücken mit seinen Sprinteinlagen.
Zum Führungstreffer benötigen die Frankfurter aber trotz ihrer Überlegenheit die Hilfe des Schiedsrichters. In der 18. Spielminute trifft Herr Herden aus Hamburg die erste einer Reihe von umstrittenen Entscheidungen und gibt Strafstoß für die Eintracht, als Kentschke den vorbei dribbelnden Grabowski mit einem Rempler im Strafraum zu Fall bringt. Der Elfmeterschütze vom Dienst – Jürgen Kalb – sitzt nur auf der Bank, deswegen tritt der schussgewaltige Bernd Nickel an. Dr. Hammer lässt Danner im Tor des MSV keine Chance. 1:0 für die Hessen. Sieben Minuten später ist es wiederum Grabowski, der am zweiten Tor beteiligt ist. Seinen Freistoß köpft Bernd Hölzenbein zur verdienten 2:0-Führung der Frankfurter ein. Bis zur Pause lassen die Hessen nichts mehr anbrennen und beherrschen Spiel und Gegner klar. Kurz nach Wiederanpfiff überrascht der MSV die Eintracht: In der 49. Minute erzielt Rainer Budde auf Vorarbeit von Johannes Linßen den Anschlusstreffer für die Duisburger. Die Eintracht trauert nun den vergebenen Chancen der ersten 45 Minuten nach, als man die Meidericher fast nach Belieben dominierte.
In der zweiten Halbzeit lässt die Leistung der Eintracht wieder einmal spürbar nach. Das Spiel der Eintracht leidet auch darunter, dass Jürgen Grabowski wegen einer Fußverstauchung ausgewechselt werden muss. Er hat eine seiner großen Szenen, wird aber von Bella schwer am Knöchel getroffen, als er eine Flanke schlägt, knickt um und liegt dann neben dem Duisburger Tor. Für ihn kommt in der 58. Minute Jürgen Kalb. Die Duisburger steigern sich im zweiten Durchgang im Vergleich zur ersten Halbzeit deutlich. Immer wieder treibt der Verteidiger Heidemann die Zebras an und nach vorne, wo der MSV allerdings mit Klaus Wunder nur einen wirklichen Klassestürmer besitzt. In der Frankfurter Deckung häufen sich dennoch die Fehler und die Zuschauer werden langsam ungeduldig. Bald sind die ersten Pfiffe im Waldstadion zu hören ... Auch wenn nach vorne bei den Gastgebern nicht mehr viel geht, hinten hält der in dieser Runde oft kritisierte Friedel Lutz die Abwehr gut zusammen. Reichel und Wirth behalten gegen Budde und Kentschke die Oberhand, Rohrbach hat zwar mit Wunder einige Mühe, aber zu klaren Einschussgelegenheiten kommt auch Duisburgs Torgarantie nicht. Da nutzt alles Tempo, alle Dynamik im Spiel des MSV nicht, wenn am Ende keine Chancen dabei herausspringen. Dr. Kunter bleibt in seinem Kasten nicht beschäftigungslos, aber Außergewöhnliches muss er nicht vollbringen, um den Ausgleich zu verhindern. In der Offensive kommen von Hölzenbein, der unter leichter Grippe leidet, noch die meisten Impulse, bei Nickel spürt man hingegen doch die Pause. Und Parits findet – im Sturm nach Grabowskis Ausfall auf sich allein gestellt - in Pirsig und Rettkowski Gegenspieler, mit denen nicht gut Kirschen essen ist. Die beiden kernigen Burschen verursachen so eine Serie von Freistößen, aus denen die Eintracht aber keinen Nutzen zu ziehen vermag.
Während die Duisburger keinen Mann auswechseln, weil sie sich am Zug glauben, und durch eine Änderung der Formation nicht aus dem Rhythmus kommen wollen, müssen die Frankfurter einen zweiten Mann vom Platz nehmen: Linksaußen Weidle scheidet mit einem Wadenkrampf aus. Der Schwabe wirkte bei seinem Punktspieldebüt für die Eintracht doch sehr nervös und konnte nicht recht überzeugen. Trinklein kommt für Weidle in die Partie und gliedert sich sofort in die Defensive ein, um den Sieg über die Zeit zu bringen. Die Eintracht übersteht die Duisburger Drangperiode mit mehr Glück als Geschick und dank der Harmlosigkeit der Gäste im Abschluss. Ribbecks Elf steuert auf den Sieg zu und in der 82. Minute ist Thomas Parits sogar auf dem Weg zum 3:1. Im letzten Moment wird der Eintrachtstürmer jedoch von Michael Bella mit einem klaren Foul am Torschuss gehindert. Die Pfeife von Schiedsrichter Herder bleibt trotz der Notbremse des Duisburgers zur Überraschung aller stumm. Der MSV rutscht nach dieser Niederlage vom 12. auf den 14. Platz. Die Eintracht verbessert sich zum Ende der Hinrunde vom 9. auf den 8. Rang und ist hinter Schalke 04 das heimstärkste Team der Liga. Auch im Angriff sind die Riederwälder stark: Mehr als die 34 Treffer der Riederwälder haben nur die drei Teams an der Tabellenspitze. In der internen Rangliste der Eintracht schiebt sich Dr. Hammer dank seines Elfmetertores mit nun 7 Treffern auf Platz 1. Jürgen Kalb und Bernd Hölzenbein folgen mit je einem Treffer weniger und Jürgen Grabowski sowie Thomas Parits kommen auf je 5 Tore. Diese Ausgeglichenheit ist sicher eine Stärke der Eintracht, weil sie schwer auszurechnen ist. Andererseits fehlt der Mannschaft vom Main ein echter Torjäger. Die Anzahl der Gegentreffer (35) und die mickrigen drei Auswärtspunkte sind außerdem eher die Ausbeute eines Abstiegskandidaten - nur drei Mannschaften holten auf fremden Plätzen weniger Zähler als die Eintracht. Der sichere Mittelfeldplatz ist somit den zwei Gesichtern der Diva vom Main geschuldet. Da die Frankfurter in den letzten sieben Spielen 11:3 Punkte holen konnten, darf man der Rückrunde dennoch durchaus mit einer gesunden Portion Optimismus entgegen sehen. Besonders wenn man daran denkt, dass es erst vor zwölf Monate her ist, dass man am Riederwald die rote Laterne in der Winterpause im Schrank verstauen musste. Von derlei sachlichen Überlegungen sind die Gäste nach der vermeidbaren Niederlage und den – allerdings auf beiden Seiten - umstrittenen Schiedsrichterentscheidungen naturgemäß weit entfernt. Besonders MSV-Präsident Tiefenbach ist - ob des Elfmeterpfiffes in der ersten Halbzeit - auch nach Spielende immer noch erbost und bescheinigt dem Schiedsrichter eine Leistung, die "das Letzte vom Letzten" gewesen sei. Tiefenbach übersieht dabei in seinem Zorn, dass die Leistungen der Spieler der des Schiedsrichters in nichts nachstanden. "Was meine Mannschaft wirklich zu bieten hatte, zeigte sie nach der Pause, als wir uns neu gesammelt hatten. Nach dem Anschlusstor hatten wir die Eintracht klar im Griff", lobt Duisburgs Trainer Faßnacht seine Truppe und hat im Gleichklang mit seinem Vereinspräsidenten den Schuldigen ausgemacht: "Der Elfmeter hat uns das Konzept verdorben. Wenn solche Entscheidungen gefällt werden, verfälscht das den Sinn des Fußballspiels", erregt sich Faßnacht, der die Journalisten ernsthaft Glauben machen will, dass ihm solch ein Elfmeter in seiner Laufbahn noch nicht untergekommen sei. Das wirkt bei allem Verständnis für die aufgebrachten Gäste von der Wedau so übertrieben wie der Angriff Tiefenbachs auf den Hamburger Schiedsrichter Herden: "Solche Leute haben auf dem Platz nichts verloren." Gewiss, es war kein Elfmeter der deutlichen Sorte, aber Erich Ribbeck meint nicht zu Unrecht: "Solche Elfmeter mussten wir auch schon hinnehmen. Auch einmal in Duisburg. Es gleicht sich alles aus." "Das war eine unmögliche Elfmeter-Entscheidung. Dadurch wurde das Spiel schon früh entschieden, die Leistung des Schiedsrichters war einfach undiskutabel, schimpft Faßnacht ungebremst weiter: "Ein solcher Elfmeter ist doch wohl einmalig. Kentschke sagte, er habe Grabowski gar nicht berührt." Nun, der Glaube ist des Menschen Himmelreich. Und er glaubt, was er will, und sei es noch so wenig im Einklang mit dem, was er sehen kann oder gesehen hat. "Wir hätten einen Punkt doch verdient gehabt", hadert Faßnacht verständlicherweise auch mit dem Ergebnis, "in der zweiten Hälfte waren wir klar die Besseren. Ein Unentschieden wäre gerechter gewesen." "Es zeigte sich aber, dass man Duisburg nicht unterschätzen soll und dass die Mittelfeldspieler von Duisburg einen enormen Dampf haben", bestätigt Trainer Ribbeck: In der letzten halben Stunde zeigten die Duisburger sogar, dass sie spielen können." Es soll ein Lob sein, gleichzeitig aber auch Anklage für den Gast, der anstelle von Zement in der Abwehr auf harte Bandagen im Zweikampf setzte. "Es war ein Sieg, der hart, ja vielleicht zu hart erkämpft wurde, aber unser Sieg war trotzdem verdient, denn wir haben früh genug die Entscheidung erzwingen können. Dieser Gegner liegt uns noch immer wie Tiefgefrorenes im Magen", stöhnt der Trainer der Eintracht, der weiß, dass seine Mannschaft hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist. "Wer alles in Rechnung stellt, der muss mit einem glatten Heimsieg rechnen. Doch rechnen kann man gegen Duisburg nicht", philosophiert der Trainer als wenig überzeugender Hobbymathematiker, "für mich war es das erwartet schwere Spiel." Verständnisschwierigkeiten bereitet ihm allein die Tatsache, dass das überzeugende Spiel der Eintracht in der ersten Halbzeit später derart auseinanderbrechen konnte: "Das war unnötig", meint er. Überflüssig aus Frankfurter Sicht war natürlich auch das folgenschwere Foul am Kapitän der Eintracht. "Bella hat Grabowski voll am Knöchel getroffen. Die Verletzung von Grabowski trifft uns sehr schwer", klagt Ribbeck vorausschauend. "Der Duisburger hat mich mit den Stollen am Knöchel getroffen und dabei bin ich nach außen umgeknickt - das hat furchtbar wehgetan. So laut habe ich danach wohl noch nie geschrien", schildert Grabowski die Szene: "Ich wusste sofort, dass ich raus musste, dass ich nicht mehr auf dem Platz bleiben konnte. Das Dumme ist, dass ich wahrscheinlich am Mittwoch im Pokalspiel gegen Schweinfurt nicht mitspielen kann." Am Tag nach dem Spiel wird nach einer Röntgenaufnahme das Ausmaß der Verletzung bekannt: Blutergüsse beiderseits des Fußes, Verstauchung, Gelenkkapselriss und teilgerissene Bänder. "Ich kann nur noch humpeln", sagt "Grabi", dem bis Mittwoch Bettruhe verordnet und ein Zinkleimverband angelegt wurde: "Am Donnerstag gehe ich zum Arzt und dann, wird sich zeigen, wie schwer die Bänderverletzung ist. Ein Glück, dass jetzt Pause herrscht." (rs)
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