Eintracht Frankfurt - 1. FC Kaiserslautern

Bundesliga 1971/1972 - 11. Spieltag

1:0 (1:0)

Termin: Sa 16.10.1971, 15:30 Uhr
Zuschauer: 16.000
Schiedsrichter: Gerd Hennig (Duisburg)
Tore: 1:0 Horst Heese (43.)

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Eintracht Frankfurt 1. FC Kaiserslautern

 


  • Josef Elting
  • Günther Rademacher
  • Dietmar Schwager
  • Hermann Bitz
  • Fritz Fuchs
  • Josef Pirrung
  • Jürgen Friedrich
  • Klaus Ackermann
  • Wolfgang Seel
  • Karlheinz Vogt
  • Idriz Hosic

 

Wechsel Wechsel
  • Günther Reinders für Josef Pirrung (60.)
Trainer Trainer

Das Schauspiel des Hexers

Nach der 2:6-Abfuhr unter der Woche bei der Mannschaft der Stunde in Mönchengladbach steht die Eintracht nur noch auf Tabellenplatz 12. Wieder einmal müssen die Riederwälder auf ihre Heimstärke hoffen, um das Abrutschen in den Tabellenkeller zu verhindern. Keine leichte Aufgabe gegen den Tabellenfünften aus Kaiserslautern, den die Frankfurter nur drei Tage nach dem Debakel auf dem Bökelberg im Waldstadion empfangen.

Doch wie ein angeschlagener Boxer scheint die Eintracht nach Niederschlägen besonders gefährlich zu sein und das Waldstadion wird gerade dann zu einer Festung. Eine Festung, die die Lauterer seit Einführung der Bundesliga nur ein einziges Mal stürmen konnten – im Mai 1965 gelang ihnen ein 2:1-Sieg. Auch aus diesem Grund hat die Pfälzer ihr guter Tabellenplatz keineswegs überheblich werden lassen. Vorstopper Dietmar Schwager, der wie Friedel Lutz auf Frankfurter Seite beim einzigen doppelten Punktgewinn der Gäste bereits auf dem Platz stand, gibt sich zurückhaltend: "Ein Punkt wäre für uns schon erfreulich."

Die Taktik, die sich der Lauterer Trainer Dietrich Weise ausgedacht hat, überrascht dennoch ein wenig. Immerhin ist die Truppe aus der Pfalz mit der Empfehlung eines 2:0-Sieges gegen Köln an den Main gereist. Die Gäste beschränken sich jedoch darauf, das Spiel möglichst langsam zu machen, um dem gefürchteten Frankfurter Sturmwirbel zu entgehen.

Die Eintracht, bei der gegenüber dem Spiel in Gladbach Bundesligadebütant Stahl und Kalb durch Heese und Wirth ersetzt werden, hat Kaiserslautern dementsprechend gut im Griff. Lediglich "Atze" Friedrich, der in den 6oern selbst bei der Frankfurter Eintracht gespielt hat, kommt zu einer Chance für die Gäste. Doch Friedrichs Schuss aus etwa 14 Meter Entfernung entschärft Torwart Dr. Kunter in der 12. Minute gekonnt.

Die Eintracht passt sich dem schwachen Spiel der Lauterer an, die 16.000 Zuschauer bekommen alles andere als eine sehenswerte Partie geboten. Dass die Eintracht dennoch zu einer ganzen Reihe guter Torchancen kommt, verwundert fast, einen Vorteil können die Gastgeber daraus aber nicht ziehen. Der beste Spieler der Pfälzer, Keeper Elting, verhindert mit einigen Glanzparaden einen Rückstand seiner Mannschaft.

Farbe bringt im Grunde nur der Schiedsrichter ins Spiel. Der hält Trinklein die Gelbe Karte unter die Nase, weil sich die Nummer Vier der Frankfurter am gegnerischen Strafraum ein Foul leistet. Hoffentlich bereut der Libero mit den langen, bauschigen Koteletten diese Tat in dieser kampfbetonten Begegnung nicht noch.

Kampf ist nämlich in der Tat Trumpf. So sinkt der wackere Recke schlechthin, Horst Heese, nach 37 Minuten zu Boden. Nach einem Zusammenprall mit Fuchs bleibt der 27jährige Kämpe auf dem Rasen liegen. Doch der Liebling der Frankfurter Fans gibt nicht auf, zumal er von den Rängen durch lautstarke Sprechchöre zum Weitermachen aufgemuntert wird. Heese ignoriert forthin die schmerzhafte Fußverletzung, die er sich eben zugezogen hat, und marschiert einfach weiter.


Heeses Kopfball zum 1:0

Und manchmal ist der Fußball gerecht. Besonders in den Momenten, in denen er die belohnt, die nicht aufgeben. So wie Heese in der 43. Minute belohnt wird, als sich Elting und seine Abwehr endlich doch geschlagen geben müssen. Nach dem zehnten Frankfurter Eckball durch Grabowski springt Heese einen Kopf höher als sein Gegenspieler Rademacher und köpft den Ball unter den beeindruckten Augen des die Szenerie beobachtenden Konca zur Führung für die Eintracht ein.

"Ich weiß auch nicht, woran das liegt", ist Kaiserslauterns Trainer Weise ratlos und kritisiert die gezeigten Leistungen beider Mannschaften: "Unser Spiel - aber auch das der Frankfurter - ist alles andere als schön." "Es läuft nicht viel zusammen", bestätigt ihn sein Kollege Ribbeck, hat jedoch den Grund bereits ausgemacht: "Meine Mannschaft findet nicht den richtigen Rhythmus, aber es liegt daran, dass die Pfälzer das Tempo bewusst allzu sehr verlangsamen." Kaiserslauterns Kapitän Friedrich meint indes, einen anderen Grund gefunden zu haben: "Ich glaube, wir sind viel zu nervös."

Woran es auch liegen mag, es liegt wohl auch in der zweiten Halbzeit daran. Das Spiel wird im Allgemeinen nicht besser und das der Hessen im Besonderen trotz der Führung nicht überzeugender. Nickel gelingen einige gute Pässe aus dem Mittelfeld, der stets von zwei Mann bewachte Grabowski sorgt mit einigen Dribblings für Unruhe in der Pfälzer Deckung und Heese sowie Ender glänzen mit ihrem unermüdlichen Einsatz. Unter dem Strich agiert die Eintracht jedoch zu planlos, um dem ersten Tor ein weiteres folgen zu lassen.

Die Lauterer, die nach dem Rückstand kommen müssen, sind nicht in der Lage, die eine oder andere Unsicherheit in der Frankfurter Deckung zu nutzen. Zu harm- und einfallslos sind die Pfälzer im Angriff. Die wenigen brauchbaren Chancen macht der gut aufgelegte Eintracht-Torhüter Dr. Kunter zudem allesamt zunichte.

Der leicht angeschlagen ins Spiel gegangene Lauterer Kapitän Friedrich versucht, das Ruder noch einmal herumzureißen. Aber es gelingt ihm ebenso wenig wie Hosic, Ordnung in das Spiel seiner Elf zu bringen. Heese gelingt dagegen um ein Haar das 2:0. Der Kopfball, den er in der 63. Minute auf das Tor von Elting jagt, ist fast schon hinter der Linie, doch da wirft sich Schwager dazwischen and klärt mit dem Kopf.

Immerhin bleibt positiv festzuhalten, dass die Defensive der Eintracht zu Hause deutlich besser steht als auswärts. Gerade die Umstellung mit Lutz und Trinklein scheint sich zu bewähren. Trinklein versieht den Posten als Libero recht anständig, wobei die Eintracht-Abwehr von den Lauterern diesmal auch herzlich wenig gefordert wird. Lutz spielt wieder einmal Vorstopper und hat Lauterns Torjäger Vogt klar im Griff. Das gilt auch für den sicheren "Kalla" Wirth, der nach bislang lediglich fünf Einwechslungen sein erstes Ligaspiel von Beginn an in dieser Saison bestreiten darf. Auf der anderen Frankfurter Abwehrseite macht Thomas Rohrbach allerdings erneut nicht den beständigsten Eindruck, ohne jedoch Schaden anzurichten.


Trinklein muss vorzeitig
zum Duschen

Für Aufregung sorgt in diesem enttäuschenden Spiel lediglich der Schiedsrichter, der die beiden Mannschaften bei ihren schwachen Leistungen offensichtlich nicht allein lassen möchte. Sein Opfer wird der bedauernswerte Gert Trinklein: Friedel Lutz bringt mit einem Fehler den bis dahin völlig abgemeldeten ehemaligen Torschützenkönig Vogt in Position. In der 68. Minute ist Karlheinz Vogt auf dem Weg zum Eintracht-Tor. Lutz schnappt ihn am Trikot, um ihn aufzuhalten. Ein klarer Freistoß, den Vogt auch sofort zugesprochen bekommt. Der wütende Pfälzer ist dadurch aber nicht zu beruhigen und gestikuliert wild, was den bisher unbeteiligten Trinklein auf den Plan ruft. Brust an Brust stehen sich die zwei Streithähne unversöhnlich gegenüber und erinnern an zwei Halbstarke, die dem Anderen klarmachen wollen, dass diese Straße nicht groß genug für beide ist. Als Blicke und Worte nicht mehr ausreichen, um den anderen zu überdrohen, rempelt Trinklein Vogt leicht mit der Brust. Warum Vogt sich fallen lässt und den Anschein erweckt, er würde in Kürze nicht nur das Spielfeld, sondern auch diese Welt verlassen, wird sein Geheimnis bleiben. Ebenso wie es des Schiedsrichters Geheimnis bleiben wird, warum er Trinklein nach diesem harmlosen Einsatz ohne zu Zögern in die Kabine schickt ... Vogt, der den Spitznamen "Hexer" trägt, weil er die Bücher von Edgar Wallace liebt, hat vielleicht den einen oder anderen Kriminalroman zu viel gelesen. "Ich habe nichts getan!" bedeutet Trinklein beim Verlassen des Platzes seinem Trainer Ribbeck, in dem er fragend beide Arme weit ausbreitet.

Nicht viel zu tun hat trotz der numerischen Unterlegenheit der Eintracht auch weiterhin Dr. Peter Kunter. Mühe machen ihm nur zwei Freistöße von Hosic, die durch die von ihm gestellte Mauer fliegen. Der Zweite davon unterzieht Kunter direkt nach Trinkleins Platzverweis einer Prüfung, die er aber bravourös besteht.

Glück hat die Eintracht allerdings, dass Schiedsrichter Hennig offenbar Angst vor der eigenen Courage bekommt. Bernd Nickel steigt gegen seinen ehemaligen Mannschaftskameraden Jürgen Friedrich recht hart ein, doch einen zweiten Platzverweis auszusprechen, traut sich Herr Hennig nicht. Nickel bekommt eine Gelbe Karte und mit dieser ist er bestens bedient. Die Gelbe Karte sieht auch der Lauterer Fuchs als gerechten Lohn für seinen wenig zimperlichen Umgang mit Jürgen Grabowski.

Der Schiedsrichter zieht sich aber dennoch ein weiteres Mal den Unmut der Frankfurter Zuschauer zu. Hosics eishockeyähnlichen Rempler gegen Heese an der Strafraumgrenze der Gäste ahndet Hennig nicht und lässt das Spiel mit einem Eckball fortsetzen. Die Geduld der Eintrachtfans mit dem Schiedsrichter, die schon mit Trinkleins Platzverweis auf eine nicht zu bestehende Probe gestellt wurde, ist nun endgültig zu Ende, zumal der Eckball nichts einbringt, sondern nur dazu führt, die entsprechende Statistik am Ende auf 18:4 zu erhöhen.


Schwager mit gestrecktem Bein gegen Parits, rechts Elting

Die optische Überlegenheit der Eintracht gegen eine schwache Pfälzer Mannschaft lässt sich auch anhand solcher Vergleiche dokumentieren, besser machen aber auch derlei Zahlenspiele die Partie nicht. Dabei herrscht bei der Eintracht an Chancen kein Mangel. Die besten Schüsse - besonders von Nickel, Parits und Grabowski aber auch vom etwas verbesserten Ender – werden jedoch die Beute des besten Mannes im Lauterer Team, Josef Elting. Dem kommen bis zum Ende der Partie außer Schwager auch noch Reinders und der Amateur-Nationalspieler Bitz zu Hilfe, der gar zwei Mal auf der Linie rettend eingreift.

Beim Schlusspfiff von Hennig steht es immer noch 1:0 für die Eintracht. Auch wenn die Gemüter sich wegen der einen oder anderen Schiedsrichterentscheidung noch nicht beruhigt haben, ist sicher, dass sich an diese Partie bald niemand mehr erinnern wird. Gesprächsbedarf haben trotz des Sieges aktuell nur etliche aufgebrachte Eintrachtfans, die von der Polizei mit einem Gitter vom Tribüneneingang ferngehalten werden. Aus ihren Gesängen und Schlachtrufen spricht wenig Sympathie für den Unparteiischen und es kommt auch nichts dabei heraus, was gegenüber einer interessierten Nachwelt erhaltenswert und überlieferungswürdig wäre. Die Unverbesserlichen, die noch lange nach Spielende - wahrscheinlich getrieben von einer papstähnlichen Gewissheit der eigenen Unfehlbarkeit - vor der Tribüne ausharren, um dem Unparteiischen vielleicht doch noch an den Kragen gehen zu können, warten glücklicherweise vergebens. Hennig ist - geleitet und beschützt von der Polizei - längst in Sicherheit und damit geht es zurück zum Sport.

"Es war kein berauschendes Spiel", bestätigt Erich Ribbeck nach dem Spiel den Eindruck der Zuschauer und der Journalisten, gibt den "Schwarzen Peter" aber sogleich an die Gäste weiter: "Kaiserslautern hat das Tempo verschleppt, da konnte kein gutes Spiel aufkommen." "Wir können innerhalb einer Woche keine zwei Spiele verkraften", nimmt Trainer Weise seine Elf in Schutz, räumt aber ein: "Mit der Mannschaftsleistung des 1. FC Kaiserslautern bin ich gar nicht zufrieden." Später habe ich zur Manndeckung aufgefordert und zum Stürmen gerufen. Aber es wurde nicht befolgt", hadert Weise mit dem Schlussspurt seiner Pfälzer. In einem Punkt sich beide Trainer aber einig: Es war ein "verdienter Sieg der Eintracht!"

Die klettert durch diesen Sieg in der Tabelle vom 12. auf den 11. Platz, während Lautern zwei Plätze einbüßt und auf Rang 7 abrutscht. Frankfurts Heimstärke bleibt beachtlich. Von den letzten fünf Heimspielen gewann die Eintracht vier, und die auswärts oft bedenklich wackelnde Abwehr bekam nur ein einziges Gegentor - beim Unentschieden gegen die Hertha.

In einer Woche startet die Eintracht auf der Bielefelder Alm beim Tabellenvorletzten den sechsten Versuch in dieser Saison, auf des Gegners Platz den ersten Punkt zu erringen. Die Arminia sieht sich derweil seit dem heutigen Tag im Bundesligaskandal neuen Anschuldigungen ausgesetzt. Eintracht Braunschweig soll für einen Sieg über die abstiegsbedrohten Oberhausener von Arminia Bielefeld 170.000 Mark verlangt haben. Bereits vor dem Spiel wurden von einem Mittelsmann im Auftrag der Bielefelder in Braunschweig angeblich 80.000 Mark hinterlegt, die nach dem Unentschieden von Braunschweig nur zur Hälfte zurückgezahlt worden seien. (rs)

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