Eintracht Frankfurt - Werder Bremen

Bundesliga 1971/1972 - 3. Spieltag

4:0 (1:0)

Termin: Sa 28.08.1971, 15:30 Uhr
Zuschauer: 18.500
Schiedsrichter: Ewald Regely (Berlin)
Tore: 1:0 Thomas Parits (7.), 2:0 Jürgen Kalb (58., Foulelfmeter), 3:0 Jürgen Grabowski (73.), 4:0 Jürgen Grabowski (77.)


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Eintracht Frankfurt Werder Bremen

 


  • Günter Bernard
  • Rudolf Assauer
  • Horst-Dieter Höttges
  • Dieter Zembski
  • Arnold Schütz
  • Werner Weist
  • Peter Dietrich
  • Carsten Baumann
  • Herbert Laumen
  • Willi Neuberger
  • Werner Görts

 

Wechsel Wechsel
  • Karl-Heinz Kamp für Carsten Baumann (58.)
  • Jürgen Weber für Werner Weist (73.)
Trainer Trainer
  • Robert Gebhardt



Überragender Grabi demontiert Bremens Millionentruppe

Das seit Jahren berüchtigte zweite Heimspiel der Saison! Seit Gründung der Bundesliga ist es der Eintracht nicht gelungen, das zweite Spiel vor eigenem Publikum für sich zu entscheiden. Im Gegenteil, bis auf die Vorsaison, als es ein mageres 1:1 gegen die Arminia aus Bielefeld gab, wurde in unschöner Regelmäßigkeit jedes zweite Heimspiel einer neuen Saison verloren. Eine Serie, deren Fortsetzung den Bremern nur allzu recht wäre. Immerhin wurden vier der jeweiligen Bezwinger der Eintracht am Ende der Saison Meister.

Die Meisterschaft ist ein Ziel, das sich Werder mit namhaften und teuren Neuverpflichtungen wie Willi Neuberger und Herbert Laumen durchaus selbst gesetzt hat. An den ersten beiden Spieltagen enttäuschte die hochgewettete Millionentruppe jedoch mit Unentschieden in Köln und gegen Lautern. Saisonübergreifend betrachtet blieb Werder seit dem 8. Mai in sechs Ligaspielen sieglos und konnte zudem auswärts seit 237 Minuten keinen Torerfolg mehr verbuchen. Schon in den ersten Spielminuten zeigt sich, dass eine Ansammlung von teuren Spielern keine geschlossene Mannschaftsleistung garantiert. Die Elf von der Weser wirkt alles andere als eingespielt, und ihr fehlt jegliche Harmonie.


Parits auf dem Weg zum 1:0

Die Eintracht erspielt sich dagegen von Beginn an eine ganze Reihe hochkarätiger Chancen. Folgerichtig schießt der starke Parits die Frankfurter in der 7. Minute in Front. Über 40 Meter führt ihn sein Sprint, bevor er am Ende seines Sololaufs auch noch den Bremer Torhüter Bernard umspielt und mit einem Schuss ins lange Eck das 1:0 erzielt. Und schon eine Minute später saust ein Ball vom Absender Konca auf das Bremer Heiligtum, die Gäste kommen nicht zum Luftholen. Das bleibt auch so, denn das Frankfurter Mittelfeld mit Kalb, Nickel und Hölzenbein verdient sich Bestnoten und setzt immer wieder geschickt das Angriffstrio mit Parits, Konca und Grabowski in Szene.


Jürgen Grabowski
in Galaform

Jürgen Grabowski hat einen wahren Sahnetag erwischt und ist von den Bremern einfach nicht zu halten. Dabei erhielt Grabis Gegenspieler Zembski eine Woche zuvor im Heimspiel gegen die Lauterer noch die beste Note in der Abwehr der Norddeutschen und überragte dort Höttges um Längen. Doch an diesem Tag zeigt Grabi seinem Gegenspieler deutlich dessen Grenzen auf. Zembski kann Grabowski in keiner Phase des Spiels bremsen und der grandios aufspielende Frankfurter Nationalspieler stürzt die Werder-Abwehr von einer Verlegenheit in die andere. Der seine Defensivaufgaben etwas vernachlässigende Nickel steht seinem Kapitän in der 21. Minute an Offensivkraft in nichts nach und scheitert mit einem seiner Prachtschüsse nur an der Latte, den Nachschuss setzt Parits über das Tor.

In der Defensive offenbart aber auch die Eintracht wie schon in den ersten beiden Saisonspielen Schwächen. Werder ist an diesem Tag jedoch einfach nicht in der Lage, aus diesen Schwächen Kapital zu schlagen. Der läuferisch überragende Dietrich leistet sich zu viele Fehlpässe und Willi Neuberger fehlt die Bindung zum Bremer Spiel. Bei Neuberger kommt das nicht überraschend - immerhin musste er wegen der Streitigkeiten um seinen Wechsel zwischen dem BVB und Werder 10 Wochen pausieren. Der Leidtragende der fehlenden mannschaftlichen Geschlossenheit ist im Bremer Sturmzentrum Herbert Laumen, der völlig auf sich allein gestellt ist.

Die Gäste können von Glück reden, dass sie nur mit 0:1 zurückliegen. In der 43. Minute knallt Ender den Ball aufs Bremer Tor und Bernard kann den Schuss nur abklatschen. Wieder erhält Parits die Chance zum Nachschuss und diesmal schießt er nicht über das Tor, allerdings auch nicht in den Kasten - er trifft den Werder-Torhüter.

Werders Torhüter Bernard schüttet zur Halbzeit bei seinem Vorgesetzten, Trainer Gebhardt, sein Herz aus: "Die schlafen vor mir alle. Ich hätte ja schon sechs Dinger im Kasten haben können." Doch was soll der Trainer tun? Er kann nur die Überlegenheit der Frankfurter anerkennen, wehren muss sich seine Elf schon alleine: "Die Eintracht-Führung ist verdient, spielerisch und auch nach Chancen." Man kann der Eintracht eigentlich nur einen einzigen Vorwurf machen: die mangelhafte Chancenverwertung. Trainer Ribbeck geht deshalb auch mit einem mulmigen Gefühl in den zweiten Durchgang, schließlich brach seine Mannschaft gegen die Kölner im ersten Heimspiel auch ein, als das 3:0 nicht fallen wollte. Und diesmal führt seine Elf nur mit einem einzigen Tor.

Die Bedenken des Eintracht-Trainers erweisen sich allerdings als unbegründet. Die Frankfurter beginnen in der zweiten Halbzeit dort, wo sie in der ersten Halbzeit aufgehört haben: mit Sturmläufen auf das Bremer Tor. Die Abwehrspieler Reichel und Trinklein erhöhen den Druck auf die Norddeutschen, in dem sie sich immer wieder in das Angriffsspiel ihrer Mannschaft einschalten. Bernd Nickel zeigt wieder einmal seine Begabung für die Mittelfeldrolle, Bernd Hölzenbein sorgt mit seinen schnellen Sprints in die Lücken der Bremer Deckung für Gefahr und Jürgen Kalb rennt, als verfüge er über zwei Lungen.

Jürgen Kalb erhält für seinen unermüdlichen und mannschaftsdienlichen Einsatz auch den gerechten Lohn: In der 58. Minute foult Schütz Parits im Strafraum, Kalb tritt zum Elfmeter für die Adler an und verwandelt nervenstark. Der Bremer Schlussmann Bernard, der im Spiel ungewöhnlich unsicher scheint und viele Bälle fallenlässt, hat gegen Kalbs Schuss keine Chance. Bernard hat sich vom Schützen aus gesehen für die rechte Ecke entschieden, doch Kalb hat die andere gewählt.


Grabowskis 4:0

Die Eintracht behält das Heft des Handelns weiter in der Hand. Der immer gefährliche Parits stellt Rudi Assauer vor unlösbare Probleme und "Pico" Schütz, der Bremer Libero, bringt angesichts des überragenden Grabowski keine Ordnung in seine Abwehrreihen. Lediglich Ender Konca fällt im Sturm der Eintracht etwas ab und wird in der 71. Minute von Horst Heese ersetzt. Zwei Minuten später sorgt Jürgen Grabowski im Strafraum auf Pass von Parits mit einem Flachschuss für die endgültige Entscheidung. Auch den Schlusspunkt setzt der beste Spieler auf dem Platz: In der 77. Minute narrt Grabi wieder einmal seine Gegenspieler, bis er allein vor Bernard steht, und schießt dann aus wenigen Metern in die linke Ecke zum 4:0-Endstand ein.

Am Ende sind die Werderaner mit dem 0:4 noch gut bedient. Leicht hätte der Sieg der Adler noch höher ausfallen können: Neben den zahlreichen guten Einschussmöglichkeiten trafen Nickel, Heese und Grabowski leider nur die Latte des Bremer Tores. Trainer Ribbeck sah das gute Spiel seiner Mannschaft nach dem ersten Durchgang deshalb auch durchaus noch mit gemischten Gefühlen: "Ich bin noch mit Angst in die Pause gegangen, nicht, weil die Bremer auch gefährlich waren, sondern vor allem, weil wir so viele Chancen bis dahin ausgelassen hatten."

Bremens Trainer Gebhardt sieht sich und seine Elf trotz der klaren und deutlichen Niederlage noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen: "Und dann hatten die Frankfurter sogar noch Pech, sie hätten uns mit sieben, ja acht Dingern nach Hause schicken können. Wir hätten uns nicht beklagen können." Besonders nach Grabowskis Treffern befürchtete er das Schlimmste: "Zu diesem Zeitpunkt deckte keiner mehr seinen Mann." Eine solch "katastrophale Deckung", einen solchen "Trümmerhaufen" will Gebhardt in seinen 19 Trainerjahren noch nie gesehen haben und beklagt ernsthaft, dass ihm "teure Leute geholt" wurden, die er nun "praktisch erst einmal präsentieren" musste: "Das war eine Enttäuschung auf der ganzen Linie. Da nehme ich keinen meiner Spieler aus. Ich bin völlig geknickt."

Eintracht-Trainer Ribbeck zeigt Verständnis für seinen frustrierten Kollegen: "Ich weiß, wie lange es dauert, ehe sich nur ein neuer Spieler eingefügt hat, und Werder hat eine halbe neue Mannschaft." Im Trainer-Lamento über die hausgemachten Bremer Probleme kommt allerdings die beeindruckende Leistung der Frankfurter Elf um ihren "Gala-Grabi" deutlich zu kurz. Dabei ist auch bei der Eintracht nicht alles eitel Sonnenschein, Ender Konca blieb erneut weit hinter den hohen Erwartungen zurück. "Ich habe Geduld mit ihm, hoffentlich haben sie die Frankfurter auch", sagt Ribbeck. Konca soll die Zeit bekommen, sich anzupassen. Die Frage bleibt offen, ob er dann noch der Stürmer sein wird, den man verpflichtet hat, und ob Konca überhaupt einen anderen Fußball spielen will.

Mit diesem deutlichen Sieg verbessert sich die Eintracht in der Tabelle vom 16. auf den 9. Platz, während die Bremer von Rang 10 auf 14 rutschen. Jürgen Grabowski ist für die nächste Aufgabe guten Mutes: "Wenn wir am Dienstagabend in Dortmund ähnlich gut spielen, wie in der zweiten Halbzeit gegen Bremen, müsste ein Unentschieden möglich sein!" (rs)


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