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1860 München - Eintracht Frankfurt |
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Bundesliga 1969/1970 - 28. Spieltag
1:1 (0:0)
Termin: Mi 22.04.1970, 20:00 Uhr
Zuschauer: 23.000
Schiedsrichter: Heinz Aldinger (Waiblingen)
Tore: 1:0 Wilfried Kohlars (65.), 1:1 Wilhelm Huberts (72.)
1860 München | Eintracht Frankfurt |
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Was mag denn das bloß sein? Vor dem Schicksalsspiel gegen Eintracht Frankfurt erklärte Bimbo Binder, Trainer des TSV 1860 München: „Wir haben noch einen Trick auf Lager, mit dem wir die Eintracht überraschen wollen. Ein Trick, der mit der Mannschaftsaufstellung zusammenhängt. Die werden sich wundern, wenn wir auf den Platz kommen. Wir werden sie vollkommen durcheinanderbringen.“ Na bitte, lassen wir uns überraschen. Fredy Heiß muß verletzt zuschauen.
1860 hat nach dem 1:1 gegen Frankfurt kaum noch Chancen Es sieht so aus, als sei es aus: Der TSV 1860 München, vor vier Jahren noch deutscher Fußballmeister, scheint der Wegbegleiter von Alemannia Aachen in die Regionalliga zu werden. Den jüngsten Ausrutscher leistete man sich nach dem 0:1 gegen Bremen nun mit einem 1:1 gegen Eintracht Frankfurt. Nur ein Wunder kann 1860 jetzt noch retten. Man kann nur auf einen Seitensprung von Essen, Hannover und Duisburg spekulieren und muß die beiden restlichen Spiele In Duisburg und zu Hause gegen Essen gewinnen. Doch die gestrige Vorstellung vor 23.000 Zuschauern war nicht dazu angetan, auch nur den leisesten Funken Hoffnung zu wecken. Zu umständlich in der Spielanlage, zu saft- und kraftlos. Da konnte Bayern-Bomber Gerd Müller auf der Tribüne nur mit dem Kopf schütteln: „Ich verstehe diesen mangelnden Einsatz überhaupt nicht“, Max Merkel, Ex-Trainer bei 1860, braungebrannt, als Gast aus Sevilla anwesend, konnte es ebenfalls nicht fassen. Drei Chancen in den ersten 45 Minuten — das war alles, was bei der Fußballkunst der Mannen von Bimbo Binder heraussprang. Die Eintracht verlegte sich auf Spielverzögerung und war damit in jeder Sekunde gefährlich. Als Grabowski In der 60. Minute mit einer Muskelverletzung vom Platz mußte und der Exmünchner Wachsmann für den bis dahin besten Mann auflief — da schnupperte 1860 Morgenluft, Erfolgreich: Nach 63 Minuten gelang Kohlars im Nachschuß das 1:0. Die Freude dauerte jedoch nur 10 Minuten. Dann verwandelte Huberts einen von Zeiser an Nickel verschuldeten Foulelfmeter. Nur 10 Minuten konnte 1860 hoffen.
Das dürfte die Vorentscheidung im Abstiegskampf der Bundesliga gewesen sein. Der TSV 1860 München gab gegen Eintracht Frankfurt mit dem 1:1 einen wichtigen Punkt ab und ist nur noch durch ein Wunder zu retten, denn die ebenfalls gefährdeten Hannover 96 (5:0 gegen Alemannia Aachen) und MSV Duisburg (0:2 in Oberhausen) benötigen aus zwei ausstehenden Spielen nur noch einen Punkt, Rot-Weiß Essen sollte aus vier Nachholspielen (davon drei zu Hause) die drei Punkte holen, die zum Klassenerhalt ausreichen. Und 1860 führte schon mit 1:0 Die 23.000 hielten den Münchner „Löwen“ auch am Mittwochabend nochmals die Treue und die Daumen. Aber was sich in der ersten Halbzeit des Spieles gegen Eintracht Frankfurt ereignete, kann an Dramatik kaum noch übertroffen werden. Die Münchner begannen beinahe im WM-System mit fünf Stürmern und hatten entgegen ihrer ursprünglichen Einstellung zu Bimbo Binders Geheimrezept ihre Zuflucht genommen und Hiller als Linksaußen, Keller als Halbstürmer, Reichenberger für den verletzten Heiß als Rechtsaußen und in die Verteidigung Lex aufgestellt. Lex und der im Mittelfeld operierende Kroth waren in der ersten Halbzeit die treibenden Kräfte der Münchner, die immer wieder versuchten, die Angriffsreihe anzuwerfen, die aber zu überhastet operierte. Während die Eintracht, bei der Kunter im Tor wieder sehr sicher wirkte und vorn Grabowski in der ersten Viertelstunde zusammen mit dem sehr starken Heese seine besten Momente hatte, kombinationssicherer war, wirkten die Münchner im Angriff wieder zu zerfahren. Dennoch hatten sie Riesenpech. In der zwölften Minute zog Kroth verwirrend für den Gegner zur Angriffsmitte, feuerte aus 20 m einen Bombenschuß ab, der an den Pfosten krachte. Dann stieg ein Schuß von Lex, nachdem Fischer von Verteidiger Bellut blockiert worden war, über das Tor der Eintracht. In der 41. Minute dann hing Fischer seinen Verfolger Bellut großartig ab, zog ganz allein zur Mitte und traf für die Münchner zu allem Unheil zum zweiten Male den Pfosten. Es war zum Weinen! Nach der Pause hatten die Münchner Schuhmacher für den in der ersten Halbzeit sehr schwachen Reichenberger ins Spiel genommen. Und wie eine Erlösung kam in der 65. Minute das 1:0 für die Münchner. Kroth, mit Lex bester Spieler der Münchner, schoß aus 20 Metern, und dem sonst so sicheren Dr. Kunter entfiel das Leder. Da war Abstauber Kohlars da und schoß zum vielbejubelten 1:0 ein. Ein Tor, das durch die Sonderaktion, eine Sammlung, bei Münchner Einzelpersonen und Firmen, mit 7200 Mark prämiiert wurde. In der 63. Minute war allerdings bei den Frankfurtern Grabowski durch Wachsmann ersetzt worden. Bei seinem Abgang bekam der Frankfurter Nationalspieler vom objektiven Publikum Beifall. Aber die 60er sollten sich ihrer Führung nicht lange erfreuen. Nachdem Horst Schmidt in der 72. Minute neu für den noch leicht verletzten Kroth ins Spiel gekommen war und Schmidt selbst einige gute Kombinationszüge einleitete, unterlief Zeiser im Strafraum der Münchner ein Foulspiel. Nickel, der Frankfurter Linksaußen, hatte das Leder bereits an ihm vorbeijongliert. Da griff Zeiser zur Selbsthilfe und hielt seinen Gegner fest. Schiedsrichter Aldinger diktierte Elfmeter, den Huberts unter den Pfiffen der 23.000 zum „süddeutschen Harakiri“ und 1:1 einsandte.
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