Hertha BSC Berlin - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 1969/1970 - 30. Spieltag

2:0 (0:0)

Termin: Sa 04.04.1970, 15:30 Uhr
Zuschauer: 30.000
Schiedsrichter: Paul Kindervater (Köln)
Tore: 1:0 Lorenz Horr (69.), 2:0 Arno Steffenhagen (84.)

 


>> Spielbericht <<

Hertha BSC Berlin Eintracht Frankfurt

  • Volkmar Groß
  • Bernd Patzke
  • Uwe Witt
  • Tasso Wild
  • Peter Enders
  • Lorenz Horr
  • Karl-Heinz Ferschl
  • Jürgen Weber
  • Wolfgang Gayer
  • Arno Steffenhagen
  • Franz Brungs

 


 

Wechsel
Wechsel
Trainer
  • Helmut Kronsbein
Trainer

 

 

Erfolglos defensiv

Wie du mir, so ich dir. Nach dieser Devise spielte gestern Eintracht Frankfurt vor 30.000 Zuschauern im Olympia-Stadion gegen Hertha BSC, die ihr in Frankfurt mit einer „Mauerpartie“ ein 1:1 abgetrotzt hatte. Für die Frankfurter allerdings ging das Berliner Erlebnis nicht so erfreulich aus. Sie verloren 0:2 (0:0).

Der Eintracht-Strafraum glich für mehr als eine Stunde einem proppenvollen Liebesgabenpaket — rotschwarz eingewickelt, eine Überraschung neben der anderen für Hertha. Wohin die Berliner auch blickten, wohin sie auch rannten, wohin sie auch den Ball schlugen — mindestens ein Frankfurter war immer zur Stelle. Als die Blauweißen der Raserei schon nahe waren, fiel endlich das erlösende Tor. Horr erzielte es nach 69 Minuten beinahe ununterbrochenen Sturmlaufs mit einem angeschnittenen Freistoß. Der Ball schwebte hoch über eine dichte Spielertraube ins lange Eck. Zum erstenmal war Frankfurts Mann mit den tausend Händen, Torhüter Dr. Kunter, nicht im Bilde gewesen. Vorher hatte er den Berlinern in der für die Zuschauer schon beängstigenden Art fast sämtliche Zähne gezogen.

Beim zweiten Treffer Herthas sechs Minuten vor Schluß, durfte sich Zahnarzt Dr. Kunter allerdings unschuldig fühlen. Ein Schuß von Steffenhagen prallte vom Körper des Nationalspielers Lutz ab — unerreichbar für den schon in die Schußrichtung gestarteten Torhüter. Da war es überstanden für Hertha, deren Trainer Kronsbein noch zur Pause aufgeregt gestöhnt hatte: „Gegen diesen Abwehrblock ist ja nicht anzukommen.“

Es gelang schließlich doch, und so wurde im 13. Heimspiel der elfte Sieg für Hertha, die diesmal ohne Kapitän Altendorff auskommen mußte. „Atze“ hatte noch ein Andenken vom letzten Mittwochspiel — einen dicken Knöchel.

Die Frankfurter, die sich schon auf einen Punktgewinn gefreut hatten, kamen bedrückt in die Kabine. Trainer Ribbeck hatte zur Pause gehofft: „Wenn wir das 0:0 halten, bin ich zufrieden. Aber wir müssen unsere Konterchancen in der zweiten Halbzeit besser nutzen.“ Am Ertrag hat es gemangelt, die Versuche waren allerdings gut. So mußte Herthas Torhüter Groß praktisch den Sieg sichern, als er in der 65. Minute einen Bombenschuß des allein davongetrabten Frankfurters Kalb mit Blitzreaktion parierte, und zwei Minuten später einen Schuß des besten Eintracht-Stürmers Grabowski aus dem hohen Eck angelte.

Die Freude der Berliner über den Sieg kam spät, dabei hätte es schon nach drei Minuten soweit sein können. Da hob Brungs den Ball über Dr. Kunter hinweg ins Netz, aber Schiedsrichter Kindervater erkannte auf Abseits.

Nach überstandenem Bangen strahlte Hertha-Trainer Kronsbein: „Das wäre geschafft! Die Tore waren ja überfällig, und ich denke, daß wir nun im Kampf um den zweiten Tabellenplatz berechtigte Hoffnungen anmelden können.“

Allerdings wird selbst gegen Mannschaften, die noch auf Herthas Programm stehen, das Leben schwer für die Berliner. Denn gegen Eintracht zeigte sich erneut, wie schwer es Hertha fällt, einen in der Abwehr massiert spielenden Gegner auseinanderzunehmen.

 


 

Hetze fordert Opfer

Auch ohne ihren Motor Altendorff, der wegen Verletzung fehlte, gestaltete Hertha BSC souverän das Spiel gegen eine Eintracht, die durch ihre eindeutige defensive Haltung enttäuschte. Eine Mannschaft, die eine Reihe begabter Spieler in ihren Reihen hat, die über eine Mischung Jugend— Routine verfügt und einen gesicherten Mittelplatz innehat, sollte mehr um ihren spielerischen Ruf bemüht sein, als sie es im Olympia-Stadion für nötig hielt. In der ersten Halbzeit wagten sich die Frankfurter nur selten über die Mittellinie, mehrere Male standen bei heiklen Situationen alle zehn Feldspieler Eintrachts im eigenen Strafraum. Da hatte es Hertha schwer, sich gegen solche massive Abwehr durchzusetzen.

Eines allerdings gelang der Eintracht unbedingt, sie vermied fast 70 Minuten einen Verlust und ließ Herthas Stürmer ungewollt schlecht aussehen. Warum spielte Eintracht bar jeden Selbstbewußtseins so defensiv? Legt Trainer Ribbeck nach vielen auswärtigen Mißerfolgen Wert darauf, möglichst ein Unentschieden herauszuwirtschaften? Die Hetze der letzten Wochen erforderte ihre Opfer und die Zuschauer honorieren — vermutlich zurecht — nicht diese Anhäufung von Spielen.

Selbst die eifrigsten Hertha-Anhänger murrten ob solcher inhaltslosen, weil lange torlosen Leistung. Sie hatten die erneute Freude eines Hertha-Sieges, doch sie wollten offenbar eine schöne und erfolgreiche Leistung erleben. (Kicker)

 

 

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