Werder Bremen - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 1969/1970 - 26. Spieltag

3:2 (1:1)

Termin: Sa 07.03.1970, 15:30 Uhr
Zuschauer: 12.000
Schiedsrichter: Alfred Ott (Rheinbrohl)
Tore: 0:1 Horst Heese (18.), 1:1 Bernd Lorenz (28.), 2:1 Heinz-Dieter Hasebrink (72.), 3:1 Ole Björnmose (76.) 3:2 Dieter Zembski (81., Eigentor)

 


>> Spielbericht <<

Werder Bremen Eintracht Frankfurt

  • Günter Bernard
  • Josef Piontek
  • Herbert Meyer
  • Heinz Steinmann
  • Dieter Zembski
  • Ole Björnmose
  • Heinz-Dieter Hasebrink
  • Bernd Lorenz
  • John Danielsen
  • Horst-Dieter Höttges
  • Werner Görts

 


 

Wechsel
Wechsel
Trainer
  • Fritz Rebell
Trainer

 

 

Werders Griff nach dem Strohhalm

Werder hat den rettenden Strohhalm entdeckt und mit der Kraft der Verzweiflung ergriffen: Ausgerechnet gegen die seit neun Spieltagen unbesiegte Eintracht aus Frankfurt fighteten die abstiegsbedrohten Werderaner, als ginge es um ihr Leben. Mit 3:2 (1:1) fegten sie die Gäste aus dem Weser-Stadion.

Dabei tanzte zuerst alles nach der Pfeife von Eintracht Frankfurt: Petrus, der Fußball-Schreck, versah das Weser-Stadion schnell noch mit einer hübschen weißen Decke — ganz nach dem Geschmack der Frankfurter Techniker. Und Schiedsrichter Ott aus Rheinbrohl pfiff die Partie drei Minuten früher an — auch ganz nach dem Geschmack der Gäste, denn sie wollten unbedingt den 17.35-Uhr-Zug nach Frankfurt erwischen.

Ja, und dann schien die Eintracht auch ganz schnell für klare Verhältnisse zu sorgen. Dirigiert von Jürgen Grabowski wirbelten die seit 9 Spieltagen unbesiegten Hessen die Werderaner durcheinander, als hätten sie es mit Anfängern zu tun. Selbst Werder-Torhüter Bernard, der „Held von Mönchengladbach“, ging im allgemeinen Durcheinander unter: Völlig unnötig verließ er in der 17. Minute sein Tor und bot es damit Frankfurts Sturmspitze Heese förmlich zum Torschuß an — 0:1! Doch schon 10 Minuten später war es mit dem Frankfurter Zauber vorbei: Steinmann knallte auf Dr. Kunters Kasten, der kleine Bernd Lorenz fegt dazwischen — 1:1.

Und weil ein „Unglück“ selten allein kommt: In der 29. Minute grätschte Dr. Kunter dem durchgebrochenen Björnmose entgegen, rettete, blieb aber mit schmerzverzerrtem Gesicht liegen: Bänderverletzung im Knie. Feghelm blieb keine Zeit sich warmzumachen — er mußte direkt ins Feuer. In das Feuer, das die plötzlich entfesselten Bremer jetzt aus allen Rohren aufs Frankfurter Tor losließen. Eintracht-Präsident Rudi Gramlich schickte verzweifelte Blicke gen Himmel: „Nicht zu fassen — die beginnen wie die Weltmeister, und nach dem ersten Rückschlag brechen sie zusammen. Nach einem Gegentor darf man nicht derartig abfallen.“

Wer diese Bremer heute sah, hat jedoch Verständnis dafür. Sie hielten genau das, was Horst-Dieter Höttges vor Spielbeginn versprochen hatte: „Für uns beginnt jetzt die große Jagd. Wir können uns keine Niederlagen mehr leisten — deshalb wird gekämpft bis zum Umfallen!“ Trotzdem mußten sie bis zur 74. Minute auf den Lohn ihrer Mühe warten. Hasebrink knallte nach der 27. Ecke zum hochverdienten 2:1 für Werder ein.

Jetzt hatten die Bremer „Blut geleckt“. Höttges, der Vorstopper, trieb seine Mannschaft nach vorne, und die „Werder-Werder-Chöre“ aus 8000 Kehlen donnerten den Frankfurtern entgegen, als peitschten 80.000 Zuschauer die Werderaner an. Huberts und Lutz, die bis dahin ihre Abwehr noch einigermaßen zusammenhalten konnten, wurden nun von Werder ebenso überrollt wie ihre Kameraden. Wie ein Racheengel stürzte sich Hasebrink in die Flanken, fegte Björnmose in die Lücken. Das 3:1 war nur eine Frage von zwei Minuten. 76. Min.: Görts flankte, Björnmose war zur Stelle — Feghelm geschlagen.

Daß die Frankfurter schließlich doch noch auf 3:2 herankamen, war weniger ihr Verdienst als die Schuld von Bernard. In der 81. Minute ließ er sich von Lindemann verladen, und Zembski, der zu retten versuchte, konnte den Ball nur noch ins eigene Netz lenken.

 


 

Danielsens gute Tat

Denkwürdig war an diesem Spiel, daß der vom Publikum mit „Görts raus“ kritisierte eigensinnige Werder-Stürmer in der 70. Minute verärgert den Platz verlassen wollte, dann aber von dem überlegten Danielsen am Kurzschluß gehindert wurde. Danielsen forderte das Volk zu Beifall auf und erreichte den Ruck, der Werder noch mehr nach vorn trieb. Die Bremer mußten erneut auf Schütz, Schmidt und Windhausen verzichten und erfreuten wiederum mit einer starken Kampfleistung. Der schon in Mönchengladbach gezeigte Einsatzwille konnte konserviert werden. Wieder waren die jungen Meyer und Zembski so prächtig eingestellt, so verbissen und respektlos, daß Heese und Grabowski ziemlich wirkungslos blieben.

Da auch Höttges wieder aufzuräumen verstand, kamen die Frankfurter Stürmer über gute Ansätze nicht hinweg. Sie riskierten einfach zu wenig. Werder hat die Eintracht niedergekämpft und höher schlagen können. Was allein von Hasebrink, Björnmose, Görts und Lorenz an reellen Chancen vergeben wurde geht auf keine Kuhhaut und erklärt auch Werders mißliche Lage.

Es fehlt der Elf an Kaltblütigkeit und eben an der Klasse, einen Vorsprung auszubauen. Als dem temperamentvollen Zembski das Eigentor passierte, war Werder noch in Gefahr. Der Eintracht waren die drei Spiele der Woche offenbar über ihre Kraft gegangen. Die Frankfurter begannen sehr selbstbewußt und auch technisch gewandt. Aber sie hatten keinen Dampf drauf, An dem Mißgeschick, Dr. Kunter durch Verletzung (vermutlich Innenbandschaden) in der 30. Minute zu verlieren, kann die zu große Passivität nicht gelegen haben; denn auch auf Feghelm war Verlaß. Das war übrigens auch die Meinung von Rudi Gramlich. (Kicker)

 

>> Spieldaten <<





© text, artwork & code by fg