Eintracht Frankfurt - Bayern München

Bundesliga 1969/1970 - 20. Spieltag

2:1 (0:0)

Termin: Di 03.03.1970, 20:00 Uhr (Nachholspiel, ursprünglich angesetzt auf 24.01.1970)
Zuschauer: 38.000
Schiedsrichter: Klaus Ohmsen (Hamburg)
Tore: 1:0 Gert Trinklein (56.), 1:1 Gerd Müller (57.), 2:1 Bernd Nickel (75.)

 


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Eintracht Frankfurt Bayern München

 


  • Sepp Maier
  • Werner Olk
  • Franz Beckenbauer
  • Georg Schwarzenbeck
  • Peter Pumm
  • Gerd Müller
  • Franz Roth
  • Dieter Brenninger
  • Herwart Koppenhöfer
  • Rainer Ohlhauser
  • Karl-Heinz Mrosko

 

Wechsel
Wechsel
  • Helmut Schmidt für Karl-Heinz Mrosko (61.)
Trainer Trainer

 

 

Frankfurter Rasen zu glatt für Bayern

Eintracht Frankfurt besiegte den deutschen Meister auf eisfreiem Platz verdient 2:1

Was lange währt, wird endlich gut. Und so wurde aus der launischen Dame Eintracht Frankfurt eine seriöse Figur. Elfmal in der gleichen Mannschaftsaufstellung, zum neunten Male ungeschlagen — Meister Bayern München merkte es. Vor 40.000 Zuschauern wurden die Münchner im Bundesliga-Nachholspiel 2:1 (0:0) geschlagen auf den Heimweg geschickt.

Tapp, tapp, wie übervorsichtige Einbrecher auf großer Beutejagd, so zogen die hochdotierten Bayern-Stars über den schnee- und eisfreien Rasen. Erklärte Manager Robert Schwan: „Na ja, diese Bodenverhältnisse sind für uns noch ungewohnt. Wir sind fast nur Schneematsch gewöhnt.“ Und selbstbewußt wie selten gaben die Frankfurter den Fußball-Ton an. Die Abwehr stand wie eine deutsche Eiche, und im Angriff zeigte Wirbelwind Grabowski, was man mit Österreichs Nationalverteidiger Pumm alles anstellen kann.

Jubelte der sonst zurückhaltende Frankfurter Trainer Erich Ribbeck: „Man muß unserer Abwehr schon ein ganz großes Lob ausstellen.“ Kritischer meinte aber Bundestrainer Helmut Schön: „Na ja, die Frankfurter können glänzen, wenn die Bayern eben nur mit zwei Spitzen spielen.“

Die optische Überlegenheit der Frankfurter schien sich in der 56. Minute auch ausgezahlt zu haben. Nach langer Flanke von Friedel Lutz knallte Trinklein unter Frankfurter Freudengesängen das 1:0. Jedoch — wie gewonnen, so zerronnen. Denn schon eine Minute später schaffte das bayerische Torwunder Müller auf Freistoß Ohlhauser das 1:1 und sein 26. Saisontor. Bayern-Verteidiger Werner Olk stellte fest: „Das 1:1 kam zur rechten Zeit. Aber ich muß auch sagen, so gut habe ich die Eintracht selten gesehen.“

So gut? Es kam noch besser. Denn in der 70. Minute köpfte Nickel nach Ecke von Grabowski das 2:1. Ausgleichende Gerechtigkeit könnte man sagen. Als nämlich Beckenbauer in der 64. Minute ein eindeutiges Handspiel im Strafraum unterlief, schwieg die Schiedsrichter-Pfeife des Hamburgers Ohmsen aus unverständlichen Gründen.

 


 

Biegen und Brechen

Die Münchner Bayern sind in Frankfurt stets gern gesehene Gäste, denn sie locken immer viele Zuschauer an und lassen meistens auch Punkte bei der Eintracht. So auch diesmal. 38.000 Besucher an einem frostigen Winterabend stopften mit ihrem Obolus ein beträchtliches Loch in der leeren Kasse des Frankfurter Bundesligavereins. Und der 2:1-Sieg der Gastgeber bestätigte auch den zweiten Teil der Erwartungen.

Bis zur Pause freilich sah es nicht danach aus. Zwar dominierten die Gastgeber bereits im Mittelfeld, aber wieder zeigten sich die alten Fehler: Pässe, die nicht an den Mann kamen (Trinklein), Dribbelkunststückdien, die um eine Spur zu spät abgeschlossen wurden (Grabowski) und mangelnde Konzentration in entscheidenden Augenblicken (Nickel).

Dagegen schienen die Bayern die besseren Einzelkräfte zu haben: einen die Abwehr souverän beherrschenden Beckenbauer und einen brandgefährlichen Müller bis zum Schluß. Doch der Meister fühlte sich zu sicher. Müllers postwendender Konterschlag nach dem Frankfurter Führungstreffer bestätigte ihn darin. Aber dann machten die Frankfurter das Spiel schneller, zogen ihre Pässe quer übers ganze Feld, und damit wurden die Bayern Mitte der zweiten Halbzeit in der eigenen Hälfte förmlich eingeschnürt. Beckenbauer kam kaum noch aus dem Strafraum heraus, Ohlhauser nur selten über die Mittellinie, und von den beiden Angriffsspitzen war Brenninger zermürbt durch den haargenau und unnachsichtig deckenden Wirth, mußte Müller sich selbst die Spur einer Chance gegen eine ganze Kette von Jagdhunden erkämpfen. Das machte auch den robusten Bayern-Bomber vom Dienst so fertig, daß er in der 85. Minute, als er Frankfurts erneuten Führungstreffer ausgleichen konnte, nicht mehr die nötige Konzentration besaß. (Kicker)

 


 

Heese boxte sich durch

Eintracht Frankfurts Mittelstürmer hatte es anfangs nicht leicht. Aber auch Techniker brauchen Kämpfertypen in ihren Reihen.

Horst Heese ist ein Mann, an dem die Frankfurter Zuschauer vielleicht auch die Journalisten ein wenig gutzumachen haben. Als der 24jährige zu Beginn der Saison aus Wuppertal an den Main kam und nach etlichen Wochen sein Debüt in der ersten Mannschaft gab, waren die Fußballfans schnell fertig mit ihrem Urteil: ein Mann, der technisch zu wenig auf dem Kasten hat, ein Mann, der nicht zum Eintracht-Stil paßt.

Als Trainer Erich Ribbeck trotz allem an dem Neuling festhielt, kam auch er beträchtlich in das Schußfeld der Kritik. Aber der Coach wußte warum. Er ließ nicht locker, weil er nicht nur keinen besseren, sondern weil er überhaupt keinen Mittelstürmer hatte. Aber selbst als der Blondschopf mit der Nummer 9 seine ersten Tore schoß und köpfte, wirkte er wie ein Fremdkörper im Fluß der Kombinationen. Doch nun begann der Wuppertaler nicht nur Pässe anzunehmen, sondern auch selber zu spielen. Und so wurde nach und nach das eine oder andere Vorurteil abgebaut. Beileibe nicht alle, aber doch einige.

Vielleicht würde man auf den Rängen des Waldstadions dem Neuling aus Wuppertal noch etwas mher achten, wenn man mehr von ihm wüßte. Wüßte, daß er stets der Fröhlichsten einer ist und längst von seinen neuen Kameraden akzeptiert wird; daß er es nie übelgenommen hat, wenn ihn der Trainer anfangs schon nach einer halben Stunde oder spätestens in der Pause aus dem Spiel nahm; daß er den Lizenzspielervertrag unterschrieb, obwohl er vorher als gelernter Facharbeiter und Spezialist im Akkord mehr verdiente nur weil er es „einmal wisse wollte“, ob er dazu taugt.

 


 

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