Eintracht Frankfurt - Hertha BSC Berlin

Bundesliga 1969/1970 - 13. Spieltag

1:1 (0:0)

Termin: Sa 15.11.1969, 15:30 Uhr
Zuschauer: 23.000
Schiedsrichter: Hans-Joachim Weyland (Oberhausen)
Tore: 0:1 Jürgen Weber (58.), 1:1 Gert Trinklein (60.)

 


>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt Hertha BSC Berlin

 


  • Volkmar Groß
  • Bernd Patzke
  • Uwe Witt
  • Tasso Wild
  • Karl-Heinz Ferschl
  • Wolfgang Gayer
  • Peter Enders
  • Jürgen Weber
  • Hans-Joachim Altendorff
  • Arno Steffenhagen
  • Franz Brungs

 

Wechsel Wechsel
  • Hermann Bredenfeld für Hans-Joachim Altendorff (46.)
Trainer Trainer
  • Helmut Kronsbein

 

 

Ich lief so viel wie noch nie!

„Ich sollte das Feld von hinten aufrollen. Deshalb spielte ich mit der Nummer 10. Deshalb holte ich mir viele Bälle aus der eigenen Abwehr. Ich traute mir diese Aufgabe zu, weil ich glaube, an Kraft gewonnen zu haben.“ Der Mann, der das sagte, ist Jürgen Grabowski. Wir bedachten ihn für sein Spiel gegen Hertha mit der Note 1.

Jürgen spielte seine Rolle wirklich „sehr gut“. Grabowski ging auf die Flügel, schoß mindestens zwei Drittel der insgesamt 20 Eintracht-Ecken. „Und doch nur ein Tor?“ fragte ich ihn. „Das ist eben unsere Schwäche. Vor der Pause hätten mindestens schon zwei Kopfballtore fallen müssen.“ Von den Toren, die mit den Füßen geschossen werden mußten, sprach er nicht. Und doch sind das die Schwächen der Eintracht. Sie hat keine Schützen! Die Eintracht spielte seit langem nicht so gut — und verlor einen wichtigen Punkt. Gegen 1860 hatte sie schwach gespielt — und gewonnen.

 


 

Sturmlauf gebremst

Die beste Eintracht dieser Saison mußte zufrieden sein, nicht zu verlieren. Sie stürmte, als wollte sie Hertha überrennen. Sie spielte, wie sie seit Monaten nicht mehr spielte. Und doch hatte sie Glück, daß nach Herthas Konter zum 1:0 ein bißchen zuviel Glücksgefühl die Berliner für 60 Sekunden unaufmerksam werden ließ und dem 0:1 postwendend das 1:1 folgte. 20 Ecken gegen Hertha, 80 Minuten massiver Druck gegen sie. Und doch nur ein Weitschußtor. Das spricht dafür, wie gut die Hertha-Abwehr ist und wie schußschwach die Eintracht-Spitzen, denen Grabowski, diesmal innen postiert, aber doch meist aus der zweiten Reihe oder von den Flügeln angreifend, viele Wege öffnete, und denen die Huberts-Pässe schußreif auf die Füße fielen.

Grabowski war der Mann, der Hertha irritierte, verwirrte. Für Enders war es unmöglich, ihn zu bremsen, Ferschl kam da schon besser zurecht. Grabowski lief dreimal soviel wie Libuda vor Wochen an gleicher Stelle, erzielte auch die weit größere Wirkung. Außer dem Kamikaze-Kopfballer Heese weiß jedoch niemand mit Grabowskis Flanken etwas anzufangen.

Hertha kam schwerer in Tritt, weil sie das schwere Turiner Spiel noch spürte. Ihr fehlte wiederum das konstruktive Mittelfeldspiel. Gayer, Steffenhagen mußten sich ihre Bälle von zu weither holen. Drei, vier Riesenchancen Frankfurts angelte Tormannriese Gross mit seinen Polypenarmen wer-weiß-wie-noch aus den Ecken. Wenn der Hertha-Keeper nur einen besser zum Mann plazierten Abstoß besäße … Brungs war bei Lutz in bester Obhut, Frankfurts Talent Kalb rannte viel, fast zuviel, vergaß oft das Spiel und den Torschuß. Daß bei beiden die Kräfte nachließen — kein Wunder nach solchen tempogeladenen 90 Minuten.

 


 


Warten auf die Tore!

Eintracht Frankfurt fehlen weiterhin die entschlossenen Torschützen

Nennen wir das Kind bei den Zahlen: 12:14 Punkte sind weniger als erhofft, aber mehr als befürchtet. Der Punktstand gleicht aufs Haar dem des Vorjahres. Die Tordifferenz (damals noch Torverhältnis) weicht nur wenig voneinander ab: 1968: 17:19; heute 19:22. In nur einem Spiel schoß Eintracht mehr als zwei Tore: Beim kurios-furiosen 4:3 gegen den Tabellenletzten 1860 München. Der Eintracht fehlen die Männer, die Tore schießen. Tore köpfen — das kann zumindest Horst Heese. Aber auch das wird sich bei den Gegnern bald herumgesprochen haben.

Alte Füchse beißen schärfer. Frankfurt hat im Angriff zu wenig alte Füchse. Gegen Hertha gab es 20 Ecken und 25 Chancen — und doch nur ein Tor. Das ist zu wenig — auch wenn noch so gut gespielt wird. Und die Eintracht spielte am letzten Samstag gut. So gut, wie seit Monaten nicht mehr. In der Tabelle aber zählen nur die Tore!

Nicht auszudenken, wenn Grabowski einmal ausfiele. Nie war er so wertvoll wie heute! Mir schien, als sage ihm die Rolle aus der zweiten Reihe zu spielen, besonders zu. Der Weg zum Tor allerdings wird für ihn dann noch weiter. Um Tore zu machen, eilt Schämer mit nach vorn. Doch die Kraft, die früher für ein Spiel reichte, langt heute oft nur noch für eine Stunde. Eintracht, zur Totalverjüngung strebend, kann zufrieden sein, noch Routiniers wie Lutz, wie Huberts, wie Schämer zu haben. Ganz ohne Alte geht die Chose nicht.

Noch warten die Frankfurter auf ihren ersten Auswärtssieg. Er ist nötig, um die Balance in der Tabelle zu halten. Drei Punkte büßte sie daheim schon ein. Und in der Rückrunde muß sie nach Schalke, nach Mönchengladbach, nach Essen, nach Köln, nach Dortmund. Die meisten von ihnen haben dann eine Rechnung mit Eintracht zu begleichen.

Wiederholen wir: In 13 Spielen schoß die Eintracht einmal kein Tor (Kaiserslautern), siebenmal nur ein Tor, viermal zwei Tore. Zu wenig, um sich von den Sorgen zu befreien.

 

 

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