Borussia Mönchengladbach - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 1968/1969 - 29. Spieltag

2:3 (1:2)

Termin: Sa 19.04.1969, 15:30 Uhr
Zuschauer: 15.000
Schiedsrichter: Günter Linn (Altendiez)
Tore: 1:0 Herbert Laumen (10.), 1:1 Bernd Nickel (18.), 1:2 Wilhelm Huberts (37.), 2:2 Herbert Laumen (52.), 2:3 Dieter Lindner (79.)

 

>> Spielbericht <<

Borussia Mönchengladbach Eintracht Frankfurt

  • Wolfgang Kleff
  • Helmut Kremers
  • Erwin Spinnler
  • Berti Vogts
  • Hartwig Bleidick
  • Horst Köppel
  • Herbert Wimmer
  • Erwin Kremers
  • Winfried Schäfer
  • Günter Netzer
  • Herbert Laumen

 


 

Wechsel
  • Klaus Ackermann für Erwin Kremers (46.)
Wechsel
Trainer
  • Hennes Weisweiler
Trainer

 

 

Das Talent Kalb

Eine spielerisch kluge Eintracht machte der Borussia am Bökelberg mehr Schwierigkeiten als jeder andere Gegner im letzten halben Jahr. Sie gewann durch ein umstrittenes Tor elf Minuten vor Schluß, als der allgemein schwache Schiedsrichter den Rempler gegen Borussenhüter Kleff vor der Abwehr eines Flankenballes ignorierte.

Beide Mannschaften hatten gute Torchancen: die Borussen gleich zu Beginn und in ihrer starken Drangperiode nach dem Wechsel, die Frankfurter in ihrer guten halben Stunde vor Halbzeit und in den letzten Spielminuten, als noch ein Ball von Kalb durch Kleff an die Latte gefaustet wurde. Frankfurt wirkte als Mannschaft geschlossener, kontrollierte über weite Strecken Tempo und Spielanlage. Die Abwehr hatte mehr Übersicht, die Mittelfeldachse Kalb / Hölzenbein hielt die Wirksamkeit von Netzer, der nach vierwöchiger Pause noch nicht voll da war, und Schäfer in Grenzen.

Der Frankfurter Angriff war durch die schnellen Dribbelkünstler Grabowski und Nickel stets gefährlich. Vogts und Bleidick meldeten ihre Gegenspieler erst spät ab, dann aber immer gründlicher. Vorstöße aus der eigenen Abwehr waren eine wirkungsvolle Verstärkung des Frankfurter Angriffs, sie brachten nicht von ungefähr zwei Tore ein. Mönchengladbachs brillanter Start dauerte nicht lange. Laumen ist wieder ein gefährlicher Mann geworden, mit dem Lindner seine liebe Not hatte. Doch dann zog die Eintracht die Zügel an, die Borussenabwehr fand keine Bindung, und der 2:l-Pausenvorsprung löste keine großen Diskussionen aus, weil beide Frankfurter Tore herrlich herausgespielt waren. Als dann Borussia zwar schnell das 2:2 machte, überlegen wurde, ohne gegen die zeitweilig mit allen Spielern verteidigende Eintracht etwas weiteres auszurichten, da konnten bald wieder die Eintracht-Spitzen auf die Reise gehen und schafften noch die unerwartete Entscheidung.

Tore

1:0 Laumen (10., Kopfball nach Flanke von E. Kremers über Kunter hinweg), 1:1 Nickel (18., aus Torraumnähe nach Solo Grabowskis), 1:2 Huberts (37., mit langem Schuß in die linke Ecke nach Zuspiel von Grabowski), 2:2 Laumen (52., in die linke Ecke, nach schwach abgewehrtem Eckball und Paß Wimmers), 2:3 Lindner (79., nach Flanke Hölzenbeins und rempeln des Borussentorwarts Kleff durch zwei Frankfurter vor der Ballannahme).

Stimmen

In der Kabine Borussias war einige Niedergeschlagenheit unverkennbar. Das verrät auch Hennes Weisweilers Bemerkung: „Für uns ist ja jetzt nichts mehr drin!" Borussias Trainer vermißte das Fehlen des letzten kämpferischen Bisses: „Der wäre nötig gewesen, um weiter groß mitzuspielen! „Als in der Pause E. Kremers gegen Ackermann ausgetauscht wurde, weil ihm die Pockenimpfung für die Japan-Reise Schwierigkeiten bereitete, hätte Weisweiler am liebsten auch H. Kremers gegen Milder gewechselt: „Aber ich mußte abwarten, ob ich den 13. Mann nicht für eine eventuelle Verletzung benötigen würde."

Erich Ribkeck gab zu, daß die Eintracht in der Gladbacher Drangperiode Glück gehabt hatte, und mahnte bei aller Freude zur Zurückhaltung: „Wir sind noch nicht aus dem Schneider! Den heutigen Sieg halte ich für verdient. Als wir in die Defensive gedrängt wurden, wußten wir uns mit Erfahrung zu retten. (Kicker)

 


Wieder aufatmen

Mit dem 3:2-(2:1-)Sieg im Stadion am Bökelberg wahrten die Ribbeck-Schützlinge nicht nur ihren Nimbus in Bundesligaspielen gegen Borussia Mönchengladbach noch unbesiegt zu sein, sie holten auch zwei wichtige Punkte im Kampf gegen den Abstieg. Nickel (18.) und Huberts (36.) vor sowie Lindner (78.) nach dem Wechsel erzielten die Treffer für die Riederwälder. Laumen hatte seine Elf in der 10. Minute in Führung sowie in der 52. zum vorübergehenden 2:2-Ausgleich gebracht. Überragender Spieler auf dem Feld war zweifellos der junge Kalb, der im Mittelfeld Netzer die Schau stahl und dabei immer wieder im Strafraum der Gladbacher für die Alarmstufe 1 sorgte.

Die Gladbacher, diesmal ganz in Rot, ließen von Anbeginn keinen Zweifel daran, daß sie nach einer Niederlage und zwei Unentschieden im vierten Zusammentreffen am Bökelberg zum erstenmal den Rasen als Sieger verlassen wollten. Und die Eintracht-Abwehr, in der nach langen Wochen erstmals wieder in einem Bundesligamatch Kapitän Dieter Lindner stand, mußte höllisch aufpassen.

Bereits in der zweiten Minute parierte Kunter einen Weitschuß von Spinnler, nur vier Minuten später zeichnete sich der Zahnarzt bei einer 18-m-Bombe von Koppel und einem nachfolgenden Laumen-Kopfball aus. Doch in der zehnten Minute konnten die rund 15.000 Zuschauer, denen vor Spielbeginn rund 60 Minuten lang mit heißem Beat eingeheizt worden war, das Führungstor der Weisweiler-Schützlinge bejubeln. Eine Flanke von links wurde immer länger, Kunter, der vor dem Spiel eine Viertelstunde lang von Jusufi und Abbe auf hohe Bälle trainiert worden war, tauchte unter dem Leder hinweg, und der agile Laumen stieg hoch. Sein 12. Saisontor bedeutete zugleich die 1:0-Führung.

Die Riederwälder, die das Mittelfeld zu diesem Zeitpunkt weitgehend den Borussen überlassen mußten, konterten aber. In der 18. Minute isl das von der kleinen Frankfurter Kolonie freudig begrüßte Ausgleichstor. Grabowski spazierte auf der rechten Seite durch die Gladbacher Abwehr, zog das . Leder von der Auslinie, zu dem ungedeckten Nickel, und gegen dessen plazierten Schuß war kein Kraut gewachsen.

Die Eintracht kam nach diesem Treffer besser ins Spiel. Sie agierte selbstbewußter und erzwang eine Partie mit offenen Rollen. Kleff bekam nun alle Hände voll zu tun. In der 25. Minute rettete er an der 16-m-Grenze mit Kopfball vor Nickel, in der 30. entschärfte er eine Kraus-Bombe, in der 34. wehrte er einen Nickel-Kopfball ab.

Den zweiten Eintrachttreffer aber, drei Minuten später, konnte er nicht verhindern. Doppelpaß zwischen Huberts und Grabowski, und gegen den satten, plazierten 16-m-Schuß des Österreichers ins rechte untere Eck war der Danner-Ersatz machtlos. Alles in allem gesehen war die Führung der Frankfurter zur Pause durchaus verdient. Kalbs großartige Mittelfeldarbeit — er spielte wesentlich wirkungsvoller als Netzer — wußte ebenso zu gefallen wie die blitzschnellen Attacken der Spitze Nickel und Grabowski.

Aus den Kabinen kamen beide Mannschaften mit je einem neuen Linksaußen: Bei den Frankfurtern stürmte nun Bellut für Kraus, bei den Gastgebern Ackermann für Erwin Krämer.

Die diesmal in weißen Trikots und schwarzen Hosen angetretenen Gäste suchten nun so rasch wie möglich einen Treffer zu erzielen, um die endgültige Entscheidung herbeizuführen — und mußten prompt in der 52. Minute den Ausgleich hinnehmen. Vorausgegangen war ein relativ harmloser Schuß von Spinnler, den Kunter, um auf Nummer Sicher zu gehen, über das Tor faustete. Der Eckball aber, von Wimmer getreten, kam zu Netzer, der mit dem Kopf Laumen bediente. Gladbachs Kapitän ließ sich diese Chance nicht entgehen.

Die Eintracht verteidigte nun in der Folge vielbeinig, oft standen nur noch Grabowski und Nickel im Gladbacher Strafaum. Aber die Riederwälder verteidigten auch geschickt und mit Cleverness. Die größte Chance der Gladbacher, doch noch zum dritten Tor zu kommen, hatte in der 67. Minute Netzer, der mit einem jener gefürchteten 18-Meter-Freistöße Kunter prüfte. Dieser aber konnte mit einer tollen Parade den genau ins obere Eck plazierten Ball doch noch zur Ecke ablenken.

Und als es schon so aussah, als hätten sich beide Mannschaften mit dem Unentschieden abgefunden, da schlug Hölzenbein in der 78. Minute von links eine Flanke, Kleff setzte sich nicht energisch genug in Aktion und Lindner drückte das Leder zum w 3:2 in die Maschen. Wer nun geglaubt hatte, die Gladbacher würden mit allen Mitteln nun versuchen, ihre letzte Chance auf die Meisterschaft noch zu nutzen, der sah sich getäuscht. Das Spiel der Rheinländer ließ in den letzten zehn Minuten jeglichen Zusammenhalt vermissen.

Stimmen zum Spiel

Eintracht-Trainer Erich Ribbeck: „Das war der Sieg, auf den wir so lange gewartet haben. Ich freue mich über den Gewinn der zwei Punkte aus einem zweifachen Grund: Zum einen weil wir sie im Kampf gegen den Abstieg so dringend nötig haben, zum anderen, weil es ein Erfolg der gesamten Mannschaft war. Nur ein Beispiel: Auch die Spitzen Grabowski und Nickel verstärkten, als es erforderlich wurde, die Abwehr. Das nenne ich Teamwork."

Borussia-Trainer Hennes Weisweiler: „Ich bin mit dem Spiel meiner Mannschaft gar nicht zufrieden. Sie hat heute keinerlei kämpferische Tugenden gezeigt. Wenngleich ich auch sagen muß, daß mich die Riederwälder auf Grund ihrer Moral beeindruckten. Ein 2:2 hätte meines Erachtens eher dem Spielverlauf entsprochen. Das dritte Tor hätte Schiedsrichter Linn nicht geben dürfen, da Torhüter Kleff von zwei Frankfurtern regelwidrig angegangen wurde." (Abendpost-Nachtausgabe)

 

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