Eintracht Frankfurt - Werder
Bremen |
Bundesliga 1968/1969 - 24. Spieltag
2:1 (1:1)
Termin: Sa 01.03.1969, 15:30 Uhr
Zuschauer: 10.500
Schiedsrichter: Karl Niemeyer (Bad Godesberg)
Tore: 1:0 Jürgen Kalb (4.), 1:1 Bernd Rupp (14.), 2:1 Hermann-Dieter Bellut (61.)
Eintracht Frankfurt | Werder Bremen |
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Trainer | Trainer
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Es darf weiter gezittert werden! Frankfurt bringt sich selbst zum Zittern. Die Eintracht braucht für ein Tor mindestens vier klare Chancen. Ihr fehlt der Mann, der vor dem gegnerischen Tor explodiert. Der Wunderknabe des Pokal-Donnerschlages gegen Dortmund, Bellut, ist längst entzaubert und wieder auf das Maß zurückgesetzt, das ihm nun mal gesteckt ist. Bellut fehlt das Gefühl, dorthin zu laufen, wo etwas geschehen könnte. Es fehlt ihm auch die Gabe, den Ball kurz am Fuß zu führen. Sonst wäre die Eintracht 60 Sekunden nach dem 1:0 durch das 2:0 von allen Sorgen erlöst gewesen. Was vor allem nutzen Flanken eines gegen Höttges gut aufgelegten Grabowski? Die Frankfurter erreichten keinen einzigen Kopfball, sie springen nicht einmal nach den Bällen. Dann könnten sie sich eigentlich die Flanken schenken. Die Frankfurter, einmal berühmt dafür, den Ball laufen zu lassen, laufen heute zu viel mit dem Ball. Bremen machte das besser (nur zu selten), wie bei der Blitzstafette zum 1:1. Die Schlußoffensive Werders kam auch zu spät, wenn sie ihr beinahe durch Rupp (der aus kurzem Winkel den Ball so schwach schoß, daß Tilkowski noch die Hände heranbekam) auch noch das 2:2 gebracht hätte. Die Angst lähmt ihr Spiel, den Mut zum Risiko. Einige Bremer müssen zu oft und zu viele Kunstpausen einlegen. Eintrachts beste Pässe (meist für den Gegner verdeckt, kaum erkennbar) kamen von Huberts, der es spürt, wann er sich ins Spiel einschalten muß, der aber mindestens dreimal vergeblich nach vorn lief, weil der Ball nicht zu ihm zurückkam. Er sollte aber selbst auch einmal schießen, wenn er in Strafraumnähe ist. An Schützen hapert es der Eintracht. Auch Bechtold traut sich nicht mehr viel zu, sein Verdienst lag darin, Lorenz öfter in die Abwehr gedrängt zu haben als dem Bremer wohl lieb war. Jusufi kämpft um einen Stammplatz. Er ist der alte Balltreiber geblieben. Je näher er dem gegnerischen Tor kommt, desto mehr verliert er an Wirksamkeit. An Emsigkeit war er von keinem zu überbieten. Aber ob das allein einen Mittelfeld-Platz garantiert, Da ist Kalb ein anderer Typ. Heute schon für die Eintracht wertvoller. Der junge Mann, spielerisch fast ein wenig Huberts kopierend, läuft und läuft, spielt gescheit, setzt sich und andere in Position. Frankfurts Abwehr gewann die meisten Zweikämpfe. Könnten Wirth, Lutz und auch Schämer nur noch genauer abspielen! Durch schlechte Pässe brachten sie sich häufig um den eigenen Lohn. Bremen besaß die gefährlicheren Flügel, aber zu wenig Möglichkeiten und Ideen, sie in Szene zu setzen. Schweighöfer als Spitze ist keine Lösung. Er hat oft mehr Schwierigkeiten mit sich selbst als mit dem Ball. Für die Torhüter war es ein undankbares Spiel. Es gab für sie keine Gelegenheit, sich ins Licht zu setzen. Denn die Stürmer schossen selten und schossen schlecht. So sah es Schön Bundestrainer Helmut Schön rühmte das weiträumige und steil angelegte Flügelspiel der Bremer: „Da hatte es die Eintracht schwer, die zwar technisch besser war, aber meistens zu engmaschig spielte." Bremens Trainer Fritz Langner prophezeite am Schluß: „Alles zu nervös. Sonst hätte wohl Rupp die Mordschance kurz vor Schluß nicht ausgelassen. Ribbeck: „Jusufi hatte, als er nach dem Höttges-Foul am Boden saß, eine zentimeterlange Rißwunde! (Kicker)
Schwaches Spiel Mit Zittern, Zagen und Stottern wurden die beiden wichtigen Punkte eingefahren. Ein Glückstor von Bellut in der 61. Minute rettete die Frankfurter Eintracht. Kalb hatte in der 4. das 1:0 geschossen, Rupp in der 14. ausgeglichen. Doch die „alten Herren" von Werder wurden in der letzten halben Stunde noch einmal energisch. Lutz und Kalb waren diesmal die besten Frankfurter und werkelten kräftig am Sieg mit. Jusufi, freudig begrüßt, war fast nur in den Offensive zu sehen, doch der große Wurf gelang auch ihm nicht. Gut war das Spiel vor 10.000 Zuschauern gewiß nicht. Doch die Eintracht war etwas bissiger und verdiente sich damit die Punkte. Mit einem Donnerschlag des jungen Kalb begann die Partie recht vielversprechend. Willi Huberts hatte ihn mit einem Musterpaß in den Strafraum geschickt (4. Min.). Drei Chancen folgten für Bellut. Wirth und besonders Bechtold. der nach einem hochprallenden Freistoß an der Werder-Mauer vorbeigeprescht war, dann aber neben das Tor zielte. Doch die Herrlichkeit währte nur zehn Minuten. Dann hatte Rupp beim ersten durchdachten Werder-Angriff schon ausgeglichen. Prächtig der Paß von Björnmose zu Görts, noch schöner die Flanke, und am allerschönsten, wie Rupp in die Flugbahn hineinhechtete. Die Jagd für die Eintracht, die nach einer Viertelstunde so erfolgversprechend aussah, begann neu. Und bei Werder war gar kein Interesse, eine Parforcejagd daraus werden zu lassen. Die Bremer schalteten ganz bewußt auf Bedächtigkeit, schubsten am liebsten den Ball ihrem Torwart Bernard zu, kehrten ihre Routine heraus, und am Lack der Eintracht wurden immer dickere Kratzer sichtbar. Grabowski übertrieb sein Privatduell mit Höttges, tat sich dabei selbst einmal weh, doch ein noch stärkeres Opfer wurde Jusufi. den der Nationalverteidiger dann voll traf, so daß auf den Rängen die Erregung aufkam. Bellut und Nickel hingen bei Schütz und Schmidt fest im Knoten. Bechtolds Prachtpässe wurden ungenauer. Das Gedrängel der Kalb und Jusufi wurde immer wirrer. Auch Huberts fand keine offenen Gassen mehr. Die Bremer allerdings waren kaum schwungvoller. Friedel Lutz stand besonders sicher und fing die Grünhosen in Serie auf. Die Sprints von Görts und Rupp gingen selten der Ziellinie entgegen, und so breitete sich der Eindruck im Stadion aus, daß hier wirklich zwei Mannschaften aus den Tabellentiefen aufeinandertrafen. Von perfekten, begeisternden Zügen war wenig zu sehen, Chancen blieben mehr bei der Eintracht. Grabowski schoß den knallgelben Pullover von Bernard an, als der ihm den Winkel verkürzte. Nickels einziger Schuß strich vorbei — und auch der beste, den Bellut zuwege brachte. Aber dann hing die Eintracht immer wieder auf den Bremsklötzen, die Lorenz, Schütz, Steinmann, Höttges und Ferner bewußt ausgebreitet hatten. Werder schien energischer, als es wieder begann. Offenbar war in der Kabine die Meinung verbreitet, diese Eintracht sei an diesem Tag doch zu packen. Aber nach fünf Minuten waren die Gäste wieder abgeblockt. Die schönste Chance von Schweighöfer war vertan. Und dann eröffneten sich die ^Möglichkeiten für eine Weile wieder auf der anderen Seite. Kalb und Bellut lagen nach einer Ecke vor Bernard und spitzelten nach dem Ball, den der Torhüter dann doch noch irgendwie erwischte. Bellut schoß, nach einer prächtigen Flanke von Bechtold, die Grabowski mit dem Kopf weitergelenkt hatte, Torwart Bernard an. Und es gab manche Hakelei im Bremer Strafraum, wo zwar die Feuerchen loderten, aber die große Flamme nicht ausbrach. Doch die 61. Minute brachte der Eintracht das große Glück: Friedel Lutz, in der Abwehr überragender Mann an diesem 0 Tag, war weit nach vorn geprescht, hatte geflankt. Bellut schoß trotz Bedrängnis von Piko Schütz. Wohl konnte Bernard das Leder noch mit den Fingerspitzen berühren — aber nicht aufhalten. Ein glückliches Tor zwar, aber weil die Eintracht doch etwas aggressiver war, wenn auch nicht besser, war es nicht unverdient. Doch in der letzten Viertelstunde kam das große Bangen, denn Werder Bremen, angetrieben von Lorenz und Björnmose, schaltete endlich den Gang höher, spitzelte gefährliche Sachen im Frankfurter Strafraum. Und vier Minuten vor Schluß schoß Görts am leeren Tor vorbei, aber schon im Gegenzug hatte Grabowski eine ähnliche Chance vertan. So blieb es beim 2:1. Die Trainer-Meinung Erich Ribbeck (Eintracht): „Es "gab wieder viel zu zittern, aber ich freue mich trotzdem, und eigentlich war das Zittern nicht nötig, wenn wir unsere Chancen zu einem 2:0 oder 3:0 genutzt hätten. Auf jeden Fall ist es verdient, und mit der kämpferischen Einstellung, auch von Jusufi, bin ich zufrieden. Kalb und Lutz waren vielleicht heute die Besten bei uns!" Fritz Langner (Werder): „Spielerisch war die Eintracht besser, hatte auch mehr Druck in ihrem Spiel, aber ein Unentschieden wäre nach unseren Chancen auch möglich gewesen." (Abendpost-Nachtausgabe)
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