Eintracht Frankfurt - 1. FC
Kaiserslautern |
Bundesliga 1968/1969 - 14. Spieltag
2:2 (1:1)
Termin: Sa 09.11.1968, 15:30 Uhr
Zuschauer: 11.500
Schiedsrichter: Horst Herden (Hamburg)
Tore: 0:1 Bernd Windhausen (30.), 1:1 Walter Bechtold (35., Handelfmeter), 2:1 Walter Bechtold (48.), 2:2 Otto Geisert (60.)
Eintracht Frankfurt | 1. FC Kaiserslautern |
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Ohne Mut und heißen Atem Nur wenige Zuschauer gingen vor der letzten Sekunde. Nicht, weil sie sich nicht trennen konnten, sondern weil sie das Gefühl hatten, daß ihnen Ihre Frankfurter Eintracht etwas schuldig geblieben war: den Endspurt. Herrjeh, was war in früheren Jahren in den letzten zehn Minuten oft los gewesen, wenn die Eintracht ihren Heimsieg noch nicht daheim hatte. Da wurde gerannt und gerüttelt, da wurden die größten Gegner In ihrer Ecke festgenagelt. Da kämpfte man sich die Lunge aus dem Leib. Aus und vorbei! Obwohl der 1. FC Kaiserslautern mit der reinen Spielkunst ebenfalls nicht auf bestem Fuß stand, gelang es ihm ohne besondere Schwierigkeiten, die temperamentlose Jagd der Frankfurter nach dem Siegestreffer durch Verzögerungskombinationen meistens schon in den Ansätzen im entschärfen. Aber es war nicht nur der Endspurt, auf den das Publikum vergeblich wartete. Noch mehr wartete es auf den heißen Atem, ohne den man im Fußball nicht gewinnen kann. Der zweite Punkt ging vor allem deshalb verloren, well die Eintracht ein mutloses Spiel spielte. Sie hatte auch diesmal wieder brillante Szenen, wenn auch selten genug, aber sie hatte keinen einzigen brillanten Mann. Wenn etwas von Belang geschah wie die beiden Tore, die Lattenschüsse von Huberts und Nickel, der Schuß Bechtolds aus freier Position auf die Fäuste des bravourösen Torhüters Schnarr, dann war es jedesmal das Produkt einer überraschenden Mehrpersonen-Aktion, zu deren Wirkung die Abwehr der Pfälzer durch haarsträubende Mißverständnisse Erhebliches beitrug. Was mit spielerischen Mitteln nicht gelang, gelang überhaupt nicht. „Ich habe manchmal den Eindruck", klagte Trainer Ribbeck nachher, „daß Jeder froh ist, wenn er den Ball möglichst schnell weitergeben kann." Keiner wagte eine mitreißende Tat; keiner den langen Spurt in Richtung Tor. Der Eintracht fehlten profilierte Persönlichkeiten, die sich zur Not auch einmal allein durchschlagen, wenn es gemeinsam nicht klappen will. Die Jungen sind noch zu jung und dazu außerdem durch die Fülle des Programms (Kalb absolvierte in den letzten 14 Tagen fünf Partien) überfordert. Die „Alten" sind vielleicht schon zu alt dazu, und auch an ihnen gingen die Strapazen zweier „englischer Wochen" mit fünf Punkte- und einem Messepokal-Fight in Turin nicht spurlos vorüber. Das völlige Fehlen von solistischen Effekten machte die Angriffszüge der Frankfurter selbst für eine Durchschnittsabwehr wie die der Pfälzer vorhersehbar. Und wenn in dieser pfälzischen Abwehr trotzdem einmal alles wackelte, dann stand immer noch jener Torhüter Schnarr aufrecht, dessen gezielten Faustparaden den Kenner mit der Zunge schnalzen ließen. Flüchtiger Glanz im Angriff So mußten schon außergewöhnliche Dinge passieren, damit die Frankfurter wenigstens die beiden Tore für das Unentschieden zusammenbrachten. Der Schiedsrichter mußte, als Rehagel im Vorbeigehen mit der Hand an den Ball kam, einen Elfmeter gegen die Lauterer verhängen, den er wahrscheinlich nie gegeben hätte, wenn ihm nicht kurz vorher ein elfmeterreifes Foul an Nickel entgangen wäre. Und zwei übernervöse Lauterer Deckungsrecken mußten sich gegenseitig über den Haufen rennen, um Hölzenbein freie Fahrt und Gelegenheit zu einem akkuraten Paß in die Laufrichtung der Innenstürmer zu geben. In beiden Fällen vollstreckte Walter Bechtold ohne viel Aufhebens. Er hat auf dem Weg zum wahren Bechtold nunmehr doch einige Fortschritte gemacht. Flüchtigen Glanz nahmen die Angriffszüge der Frankfurter jedoch nur dann an, wenn Huberts in den Mittelpunkt der Szene rückte; aber Huberts ist nun mal kein Kraftmeier. Als das Verfolgungsrennen um das dritte Tor begann, gingen seine Kräfte ebenso zur Neige wie die Kräfte Kalbs, der trotz leichter Schwächeerscheinungen im Mittelfeld immer noch mehr bewerkstelligte als sein vielgerühmter Gegenspieler „Atze" Friedrich, den die Stammkunden des Waldstadions als dynamischen Kämpfer in Erinnerung hatten. Nickels Erfolge im Zweikampf litten darunter, daß er sie zu sehr als sein persönliches Eigentum betrachtete, das er auch selbst auswerten wollte. Lotz dachte nicht mit, und Hölzenbein verlor beträchtlich an Wirkung, als er nach dem Wechsel Lotz auf Rechtsaußen ablöste. Die Mannschaft wurde ergänzt durch einen Bellut, der vergebens versuchte, den Mittelfeld-Hölzenbein würdig zu vertreten. Geiserts Schuß übertraf alles Der erwartete Sieg gegen die Pfälzer wäre dennoch gelungen, wenn in der Abwehr der Eintracht Ruhe geherrscht hätte. So aber genügte schon ein hoher Tormann-Abschlag in Richtung Windhausen, um Verwirrung zu stiften, zumal der kleine Wirth im Luftkampf gegen den langen Mittelstürmer auf verlorenem Posten stand. (Ribbeck: „Das war natürlich vorauszusehen, und deshalb sollte Lutz bei Abschlägen zu Windhausen gehen, aber das hat einmal nicht so recht geklappt.") Die Verwirrung wurde gefördert durch einen zwar attraktiven, aber zwischen seinen Aufgaben hin und hergerissenen Jusufi der sich entweder von seinem direkten Gegner Kentschke bis an die gegenüberliegende Eckfahne mitschleifen ließ oder im alten Stil selbst marschierte. Die Pfälzer brauchten nur das freie Aufmarschgebiet auf der rechten Seite der Eintrachtabwehr zu nutzen, um gefährlich zu werden. Sie taten es mit dem Mut zu Einzelaktionen, an dem es der Eintracht mangelte. Hier sprintete Geisert auch dem zweiten Treffer seiner Mannschaft entgegen, ohne auf nennenswerte Gegenwehr zu stoßen und peitschte noch vor der Strafraumgrenze einen Flachschuß ins Netz, der alle Schüsse übertraf, die man in diesem Spiel von einem Eintrachtstürmer gesehen hatte. Einen zu schwach abgewehrten Friedrich-Freistoß benutzte der in der Aufregung ungedeckte Windhausen eine knappe halbe Stunde vorher zum 1:0 für seine Mannschaft. Lindners Ruhe fehlte Dazwischen detonierte ein Schuß Hasebrinks neben
dem erstarrten Kunter am Pfosten. Vorstöße von Rehagel und
Koppenhöfer aus dem Mittelfeld häuften sich. Zwei Lauterer,
Kentschke und Windhausen, verwickelten sich, als jeder Widerstand überwunden
war, vor Aufregung gegenseitig in einen Zweikampf, statt den Ball über
die Linie zu schieben. Niemand auf beiden Seiten — ob Abwehrspieler
oder Stürmer — vermochte im Strafraum einen klaren Gedanken
zu fassen. Daran änderte auch die befriedigende Leistung des Friedel
Lutz nur wenig, der sich als Libero sichtlich wohler fühlte als sonst,
wenn er den Mann decken muß. Die jähe Unberechenbarkeit seiner
Aktionen jedoch war am wenigsten geeignet, die flackernde Unruhe in seiner
Umgebung zu vermindern. Hierzu hätte sich wahrscheinlich Lindners
abgeklärter Stil mehr geeignet; aber Lindner saß, geschwächt
von einer gerade überstandenen Grippe, auf der Tribüne.
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