Eintracht Frankfurt - Borussia
Dortmund |
Bundesliga 1968/1969 - 8. Spieltag
1:1 (0:0)
Termin: Sa 28.09.1968, 15:30 Uhr
Zuschauer: 15.000
Schiedsrichter: Ewald Regely (Berlin)
Tore: 1:0 Lothar Schämer (57.), 1:1 Siegfried Held (67.)
Eintracht Frankfurt | Borussia Dortmund |
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Wechsel
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Trainer | Trainer
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Hilflos vor dem Tor Der etwas bedrückte Abgang von Erich Ribbeck und der selbstsichere Auftritt des polternden Oswald Pfau besagte alles. Eintrachts Trainer trauerte dem verlorenen Funkt nach, Dortmunds Coach freute sich wie ein Schneekönig. „Sie müssen sehen, wie glücklich die Spieler über diesen Punkt sind. Er zählt mehr als unser Unentschieden in Hannover. Denn in Frankfurt sind wir ja meistens mit Packungen abgezogen", sprudelte der Mann heraus, dem man gerade vorher am Fernsehmikrofon harte Fragen nach der Lage des Vereins stellte. Erich Ribbeck sprach kurz vorher von einer schweren Saison der Eintracht. Ihn und das Frankfurter Stammpublikum drückt das Fehlen eines Torschützen. Seit dem ersten Spiel gegen Hertha BSC schoß kein Eintrachtstürmer mehr ein Feld-Tor. Diesmal war Schämer der Schütze vom Dienst. Auf dem Eintracht-Konto steht ein Treffer pro Spiel. Das ist zuwenig, um ohne Sorgen über die Runden zu kommen. Die „Bremer Besetzung" enttäuschte en bloc keineswegs. Sie bestimmte die Richtung des Spiels, kam zu 16:4 Eckbällen und zu genügend Chancen, um den Sieg noch vor Siggi Helds prächtigem Ausgleichstor in der 67. Minute heimzufahren. An Kampfgeist hat es ebensowenig wie an guten Kombinationen gefehlt. Der einzige Schütze aber war Schämer. Er jagte Wessel einen Freistoß auf den Bauch, den der Torwart nicht festhalten konnte, zwei Nachschüsse knapp vorbei und schließlich den Ball nach einer guten Stunde von weit ins kurze Toreck. Unterwegs lenkte Trimhold das Leder leicht aus der Richtung, und Wessel landete bei Rückkehr in die Ecke auf dem Kreuz. Den Weg hatte Dieter Lindner mit einem Solo freigemacht, bei dem vier Dortmunder ausgespielt wurden. „Wir sind nicht clever genug, um das 1:0 zu halten", klagte Ribbeck. Er hatte alles getan, um die Sturmspitzen Borussias zu bremsen. Jusufi wurde zu Held, Keifler zu Emmerich abkommandiert. Für Emmerich, das so zahm gewordene enfant terrible Dortmunds, hätte es keiner Sonderbewachung bedurft, im Fall Held war Jusufi sehr angebracht. Der Nationalspieler überstrahlte alle übrigen Stürmer auf dem Feld. Er trat immer wieder an, auch wenn er noch so viele Zweikämpfe gegen Jusufi verloren hatte. Oswald Pfau traf die richtige Feststellung: „Unser 1:1 fiel zu einem Zeitpunkt, als Held allmählich die Oberhand gegen Jusufi gewann." Im Augenblick des Ausgleichs verpaßten zwei Eintrachtler auf der rechten Seite den richtigen Moment des Eingreifens gegen Neuberger, und Jusufi kam in der Mitte um einen, halben Schritt zu spät gegen Held. Dieser zog aus 17 Metern, ohne zu fackeln, ab und traf genau in den oberen Torwinkel. Ein Tor, wie es in Frankfurt Erinnerungen an die letzte Saison hervorrief. Bechtold und Huberts erzielten von dieser Art ein gutes halbes Dutzend. Im Augenblick fehlt aber einer, der dem Ball im Torraum des Gegners noch den letzten Dreh gibt. Das brachte weder Hölzenbein noch sein Nachfolger Lotz, noch sonst jemand fertig. Mindestens dreimal hatte Jürgen Grabowski von den Seiten her die gesamte Dortmunder Deckung aufgerollt und den Ball vors Tor gehoben oder geschoben. Meistens war niemand zur Stelle. Drei Minuten vor Schluß, als die Kugel ganz sachte einen halben Meter vor die Torlinie rollte, warf sich Lotz ins Leere. Einfacher konnte der Weg zum Sieg nicht mehr sein. Lotz spielte allerdings nur in den letzten zehn Minuten für Hölzenbein, der vielversprechend begann, doch dann wieder zerfahren wirkte und bald nicht mehr zu sehen war. Grabowski zwängte sich, ähnlich bewundernswert wie Held, gegen den langen Brakelmann, der oft das Bein stehenließ, unentwegt nach vorn und legte viele Wege frei. Doch Grabowski und Nickel als einzige wirkliche Sturmspitze waren natürlich gegen die Überzahl der routinierten Borussen im Dortmunder Hinterland fast völlig auf sich selbst angewiesen. „Ich will den Sturm nicht in Schutz nehmen, aber es fehlt an der Unterstützung aus dem Mittelfeld", klagte Ribbeck. Er war zum erstenmal von Bellut wirklich enttäuscht und meinte, auch Kalb habe in Bremen stärker gespielt. Kalb stärker als Bellut Immerhin waren die Zuschauer mit dem direkt und klug spielenden Kalb an diesem Tag zufriedener als mit Bellut oder Huberts, der immer noch unter seiner Knöchelverletzung leidet und kaum einen Schuß wagt. Da Keifler sich mit der Beschattung von Emmerich begnügte, mußten Jusufi und Schämer mit ihren Vorstößen für das Feuer im Eintrachtspiel sorgen. Daß diese ständigen Rochaden zum gegnerischen Strafraum von Mitte der zweiten Halbzeit an beginnen, ihre Spuren zu hinterlassen, und der Gegner mehr zum Zug kommt, war oft genug schon der Fall. Wenn es zu diesem Zeitpunkt 2:0 oder 3:0 gestanden hätte, was leicht möglich war, wäre der Kräfteverschleiß der beiden großen Stützen wohl nicht mehr ins Gewicht gefallen. Zum Glück für Schämer und die Eintracht war Borussia-Rechtsaußen Trimhold ähnlich wie Emmerich mit einem Fuß zu kontrollieren und Neuberger bei aller Schnelligkeit kaum eine Gefahr. Willi Sturm, vor der Pause Dortmunds größter Fehlschütze aus der zweiten Linie, setzte sich weit nach hinten ab um Kalb zu stören. „Diese Eintracht", so meinte ein Dortmunder Journalist, "hätte Borussia früher im Rückwärtsgang erledigt." Er vergaß, daß diese Borussia noch im Frühjahr von der Eintracht im Schongang 4:1 besiegt wurde, ohne Bechtold! Und Dortmunds Trainer Pfau mußte bestätigen, daß der Schild des Europapokalsiegers 1966 doch viele Kratzer aulweise. Am Dienstag im Messepokalspiel gegen Wacker Innsbruck
will der Eintracht-Trainer nach neuen Möglichkeiten suchen. Er wird
Lutz einsetzen. Aber die Sorgen gehen nicht um die Abwehr, die von Lindner
prächtig zusammengehalten wird, sondern um Stürmer. Da Abbe
mit einer Leistenverletzung für drei Wochen ausfällt, ist der
Kreis noch kleiner geworden.
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