Werder Bremen - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 1968/1969 - 7. Spieltag

0:1 (0:0)

Termin: Sa 21.09.1968, 15:30 Uhr
Zuschauer: 17.000
Schiedsrichter: Dr. Gerd Siepe (Köln)
Tore: 0:1 Hermann-Dieter Bellut (50.)

 

 

>> Spielbericht <<

Werder Bremen Eintracht Frankfurt

  • Günter Bernard
  • Josef Piontek
  • Horst-Dieter Höttges
  • Helmut Schimeczek
  • Arnold Schütz
  • Kurt Roder
  • Max Lorenz
  • Gerhard Zebrowski
  • Werner Görts
  • Diethelm Ferner
  • Ole Björnmose

 


 

Wechsel
  • Bernd Schmidt für Arnold Schütz (46.)
  • Bernd Rupp für Gerhard Zebrowski (69.)
Wechsel
Trainer
  • Fritz Langner
Trainer



Arbeitssieg im Weserstadion

Die Eintracht zeigte'keine überschäumende Begeisterung; eher war eine tiefe innere Befriedigung zu erkennen. Erleichterung darüber, daß die psychologische Belastung siegloser Spieltage endlich abgeworfen wurde. Denn Aachen, Braunschweig, Bayern München hatten tiefere Spuren bei Spielern und Trainer hinterlassen als die meisten es wahrhaben wollten. Die Eintracht siegte, nicht mit einer himmelstürmenden Leistung; in der augenblicklichen Verfassung wird man auf kontinuierliche Hochform sicher noch einige Zeit warten müssen.

Vieles wirkt noch kantig in der Anlage, unausgegoren in der Gestaltung. Dieses 1:0 im Weserstadion vor 20.000 Zuschauern war mehr der Erfolg taktischer Direktiven, meist konsequent befolgt und mit einem vorbildlichen Eifer aller zum Sieg umgemünzt. Aus der Defensive heraus wurde ein Gegner bezwungen, der, vom 4:1-Erfolg über München 1860 vier Tage zuvor beflügelt, im Husarenritt die Frankfurter Festung einnehmen wollte. Mit Brachialgewalt setzte er dort an, wo kluges Taktieren notwendig gewesen wäre. Vehemenz stand an Stelle von Überlegungen, und als dieser euphorische Start nicht zum Erfolg führte, machte sich Unruhe und Planlosigkeit breit. Die Eintracht aber, wohl ab und zu schwankend, hielt allem Ansturm stand, werkelte nach schwachem Beginn konsequent bis zum Schlußpfiff und verdiente sich, vielleicht etwas glücklich, letztlich aber auf Grund einiger guter Chancen nicht ganz unverdient, diesen zweiten Saisonsieg, den ersten auf fremdem Platz, den ersten in Bremen in der Bundesliga überhaupt.

Gegenüber dem Bayern-Spiel hatten die Riederwälder umgestellt. Keifler verteidigte für Wirth, Kalb rückte für Kraus in die Mannschaft. Erstmals also kamen bei der Eintracht die drei Amateure zusammen zum Einsatz. Für den 20jährigen Jürgen Kalb war es nach dem soliden Innsbrucker Part das Bundesligadebüt. Ein erfolgreiches, mit jenen Einschränkungen selbstverständlich, die eine solche Premiere für einen jungen Spieler mit sich bringt. Das Prädikat „gut" von Trainer Ribbeck verdiente er sich zu Recht. Kalb war 90 Minuten lang unermüdlich in Bewegung, mit erstaunlich großem Aktionsradius. Die Akzente lagen natürlich bei den Abwehraufgaben; für Ferner gab es nicht allzu viel zu bestellen. Im Angriff rackerte Kalb redlich; manch Brauchbares war zu sehen.

Vieles erstickten die Bremer mit Härte. Hölzenbein kämpfte bei Piontek meist vergeblich dagegen an, Grabowski mühte sich verzweifelt gegen die Kompromißlosigkeit eines „Pico" Schütz. Die Werder- Abwehr stand eisern, rücksichtslos gegen sich selbst, unerbittlich gegen den Gegner. Damit wurde die Wirkung der drei Frankfurter Angriffsspitzen erheblich beschnitten, zumal sich die Mittelfeldspieler meist in den hinteren Reihen orientierten und Ihre Vorstöße mehr sporadischer Natur waren. In der eigenen Hälfte aber wurde das Fundament zum Sieg gelegt, mit einem fehlerlosen Kunter und einem selten konsequenten Lindner,- dem die Rolle des Ausputzers besonders gut liegt. Er mußte zuweilen Schwerstarbeit leisten, denn so hundertprozentig klappte die Manndeckung der Gäste nicht immer. Vor allem wenn Zebrowski zu seinen Attacken ansetzte, dann war Jusufi — zumindest am Anfang — arg in Bedrängnis.

Die Soli des schnellen Bremer Linksaußen beunruhigten die Eintracht. Aber seine gefährlichen Aktionen wurden in der Regel überhastet und völlig kopflos abgeschlossen; Zebrowski fehlte einfach der Überblick. Den hatte auf dem rechten Flügel Görts bei einigen Szenen; im großen und ganzen aber war er bei Schämer gut aufgehoben.

Die Flügelstürmer waren die gefährlichsten der Platzherren, da der vom Münchner Spiel her noch an der Augenbraue lädierte Björnmose gegen Bellut keine Chance hatte, Nachwuchstalent Roder an Keifler nicht vorbeikam und Lorenz, trotz starker Momente, zu langsam war und einige Querpässe zu viel fabrizierte. In den ersten 30 Minuten hätte das aber trotzdem noch gereicht, denn da sah alles bei Bremen noch um einige Nuancen besser aus — und die Eintracht, nervös, zögernd und langsam in den Aktionen, wirkte schwächer Aber weder Görts noch Zebrowski konnten zu diesem Zeitpunkt ihre Chancen nützen.

Bei Kunters Rettungstat gegen Zebrowski in der 22. Minute wollte man allerdings im Bremer Lager einen Elfmeter gesehen haben. In dieser Phase schien es nur eine Frage der Zeit, wann Werders Kampfmaschine den Gast überrollen würde. Aber irgendwie mußte es die Eintracht gespürt haben, daß beim Gegner der zündende Funke fehlte, sie löste sich aus der Umklammerung, schnell, aber ohne besonderes Aufsehen. Erste Möglichkeiten von Huberts und Bellut zeigten, daß mit ihr zu rechnen war. Bellut, der eine prächtige Partie lieferte, kam im Angriff immer besser zur Geltung. Huberts Spiel wurde gestaltend, Jusufi bekam Zebrowski in den Griff und konnte sich wieder Ausflüge nach vorn erlauben, Nickel hatte gegen Schimeczeck und später Schmidt gute Szenen.

Die Eintracht wurde selbstbewußter. Trainer Ribbeck hatte von einer anderen Bremer Elf gesprochen, doch dieser fehlte das Format des Münchner Spiels. Beim Eintracht-Tor hielt trotzdem Fortuna ihr Füllhorn auf. Fünf Minuten nach dem Wechsel schlug Schämer aus halblinker Position einen 40-m-Freistoß, Bernard leistete sich einen Fehlgriff und Bellut köpfte ein. Werder konterte wild und wütend, Görts und Zebrowski stellten Kunter erneut auf die Probe — aber Hektik konnte Klugheit im Bremer Angriffsspiel nicht ersetzen, so daß sich die Frankfurter Abwehr ohne größeren Schaden aus der Affäre zog.

In der 69. Minute Schickte Trainer Langner Rupp ins Gefecht, von dem es zuvor noch verlautet hatte, er sei wegen einer Verletzung nicht einsatzbereit. Eine Wunderwaffe wurde er nicht. Wirth, eine Minute vorher für den humpelnden Jusufi ins Spiel gekommen, behielt stets klaren Kopf. Bis zur 92. Minute mußte die Eintracht noch bangen; dann war die Überraschung perfekt.

Es war ein Arbeitssieg, mit zählbaren Glanzpunkten auf beiden Selten. 10:6 hieß das Eckenverhältnis für die Bayern vor einer Woche beim Unentschieden, 8:2 diesmal für Werder beim Eintracht-Sieg — das Konzept ist klar zu erkennen. In Bremen dürfte der Anzug für kommende Spiele angemessen worden sein, nicht maßgeschneidert und ohne weltmännische Eleganz, aber solide und den Proportionen angepaßt.

Stimmen zum Spiel

Trainer Langner (Werder Bremen): „Die Partie hätten wir in der ersten Halbzeit entscheiden müssen, als einige gute Chancen leichtsinnig versiebt wurden. Zuletzt ließ überraschend auch die Kondition zu wünschen übrig. Ich bin nach diesem Spiel restlos enttäuscht. Nach den guten Leistungen gegen 1860 hatte ich fest mit einem Sieg gerechnet."

Trainer Ribbeck (Eintracht): „Werders Härte behagte natürlich unseren Spielern nicht. Da zudem von Anfang an das Schwergewicht in der Abwehr lag, kamen die Stürmer nicht voll zur Geltung. Den Sieg halte ich auf Grund der besseren Torchancen für verdient. Huberts gefiel mir besser als im Spiel gegen die Bayern. Kalb hat sich in seinem ersten Bundesligaspiel bewährt."

 

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