Eintracht Frankfurt - 1860 München

Bundesliga 1967/1968 - 33. Spieltag

2:1 (2:1)

Termin: Sa 18.05.1968, 15:30 Uhr
Zuschauer: 15.000
Schiedsrichter: Gerd Siepe (Köln)
Tore: 1:0 Jürgen Friedrich (25.), 2:0 Bernd Hölzenbein (26.), 2:1 Alfred Heiß (45.)

 


>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt 1860 München

 


  • Petar Radenkovic
  • Hans-Günther Kroth
  • Rudolf Steiner
  • Rudolf Zeiser
  • Hans Reich
  • Peter Grosser
  • Zeljko Perusic
  • Alfred Heiß
  • Manfred Wagner
  • Rudolf Brunnenmeier
  • Wilfried Kohlars

 

Wechsel
Wechsel
Trainer Trainer
  • Albert Sing

 

Der Maschendraht wurde nicht benötigt

Freundlicher Abschied Frankfurts von der Bundesligasaison beim 2:1 der Eintracht gegen München 60 • Huberts in seinem Element • Entscheidung in der ersten Halbzeit

Frankfurts Fußballzuschauer mußten erstmals über den Zaun schauen, um ihr Bundesligavergnügen zu genießen. Er war gerade noch zum letzten Heimspiel fertiggeworden, der Maschendrahtvorhang zum Schutz der Spieler und des Schiedsrichters, den man bei mancher heißen Schlacht der Vergangenheit schmerzlich vermißt hatte. Mit der Erprobung seiner Widerstandsfähigkeit dürfte es allerdings noch einige Monate Weile haben. Diesmal wurde er nicht benötigt. Frankfurts Abschiedsfest von der Bundesligasaison 67/68 verlief freundlich und ohne Bitterkeit wie ein Methodistentreffen im amerikanischen Mittelwesten. Das Publikum freute sich über die kleinsten Geschenke; Trainer Schwarte freute sich, daß seine Mannschaft trotz der späten Stunde noch immer „agil" bei der Sache gewesen sei, und räumte erst auf Befragen ein, daß das Tempo nach der Pause etwas nachgelassen habe, die Spieler tätschelten sich gegenseitig den Rücken, wenn bisweilen doch einmal ein Foul dazwischenkam.

Das Ganze hätte die reine Wonne sein können, wenn die erste Halbzeit zuletzt und die zweite zuerst abgerollt wäre. So jedoch lagen die schönsten Stellen dieses süddeutschen Holiday-Derbys beim Schlußpfiff schon zu weit zurück, um noch ganz frisch zu sein. Der Uebergang von der Hochsaison vor zur Nachsaison nach der Pause kam etwas zu plötzlich. Mehr auszusetzen, wäre unangemessen. Man soll nie etwas wichtiger nehmen, als es ist.

Daß sich Huberts in diesem Klima wohl fühlt wie ein junger Pudel — wem sagt man das! Daß mit Jusufi der innere Rechtsaußen durchgeht — wer weiß es nicht! Daß Blusch keine Gelegenheit ausläßt, um Gas zu geben — klarer Fall. Sogar den eher schüchternen Hölzenbein stach der Hafer. Oefter denn je scharwenzelte er mit dem Ball am Fuß durch die Reihen. Die Techniker fanden nahezu ideale Bedingungen vor. Die Arbeiter hatten es schwerer, ins Auge zu fallen. Dennoch konnte man es dem Jürgen Friedrich an den Schuhen ablesen, wie sehr ihm daran gelegen war, seinen wahren Wert zu zeigen. Mit Eifer war auch Wolfgang Solz bei der Sache, der für den verletzten Nickel an der Spitze spielte. Daß viel Liebesmüh vergebens war, nahm ihm kein Vernünftiger übel. Seit seinem letzten Punktspiel bis zur zweiten Fußverletzung floß allerhand Wasser den Main hinunter. Andere Rekonvaleszenten beginnen noch weiter unten.

Vielleicht kam die 2:0-Führung für die Frankfurter zu leicht und zu schnell. Vielleicht wußten sie zu früh, daß ihnen dieser Sieg nicht zu nehmen war. Jedenfalls schaffte Jusufi die Rückwärtskurve nach seinen Vorstößen auf einmal nicht mehr so rasant wie am Anfang, und Hölzenbein, der mit rührender Hingabe jeden Angriff des Gegners und jeden Angriff des eigenen Sturmes mitgemacht hatte, blieb mit zunehmender Zeit mehr und mehr auf halber Strecke stecken. Die ersten Anzeichen eines leichten Ermattens. Es lag nicht an Konditionsschwierigkeiten. Es lag einfach daran, daß die Sechziger den Frankfurtern nicht genug abforderten.

Der große Grosser hatte seine besten Momente in der gemüßigten Zone des Mittelfelds. Perusic arbeitete eine Menge; aber Konstruktives kam nur selten dabei heraus. Brunnenmeier stampfte mit der Einfalt eines Trakeners in ausgetretenen Pfaden. Und so hatte die Eintrachtabwehr im Grunde nur auf Kohlars und Zeiser aufzupassen. Einmal lief der Ball über mehr als ein Dutzend Stationen durch die Reihen der Sechziger, ohne daß sich der Gefahrengrad für Tilkowski nennenswert veränderte. Die Münchner spielten in ihren besten Momenten Ringelreihen, die Frankfurter spielten in ihren mäßigsten immer noch Fußball. Das war der Unterschied, der den Sieg der Frankfurter rechtfertigte.

Radis mißlungene Show

Lediglich zwei Situationen forderten nach dem Wechsel Aufmerksamkeit heraus. In der 73. Minute bombte Huberte dem das Spielchen — wie schon in Braunschweig — wieder großen Spaß machte, auf Radis Tor. Von der Faust des Münchner Torhüters sprang der Ball Lotz vor das Knie, der mit Radi kollidierte. Huberts zweiter Versuch als lachender Dritter mißglückte jedoch, weil er den Oberkörper beim Schuß nach hinten drehte. Die einzige Münchner Chance — wobei das Wort „Chance" fast übertrieben ist — resultierte aus einem Heiß-Schuß, für den aber Lindner zehn Meter vor dem eigenen Tor seinen Kopf opferte und ein mehrminütiges Schwindelgefühl in Kauf nahm.

Ansonsten spielten sich die torreifen und zu Toren führenden Szenen sowie Radenkovics übliche Schau im ersten Durchgang ab. Der Jugoslawe brach bei seinem Auftritt in der 25. Minute derart ein, daß ihm die Lust an weiteren Einlagen gründlichst verdorben wurde: Friedrich, wie immer einer der Fleißigsten, nahm einen abgewehrten Ball 18 Meter vor dem Tor auf und schoß direkt. Radi hätte den Ball mit einer ausgestreckten rechten Hand im Stehen greifen können, doch er benutzte diese Hand — während der Ball gemütlich ins Tor flog — zum Reklamieren. Seiner Ansicht nach stand Oskar Lotz in diesem Moment abseits, doch einmal geht Sicherheit vor Spekulation und zum anderen befand sich der Riederwälder weit außerhalb der Schußlinie und griff überhaupt nicht ins Spiel ein.

30 Sekunden später setzte sich Solz, der im übrigen von Reich völlig zugedeckt wurde, einmal durch, Steiner fälschte den Ball zu Hölzenbein ab, der Radi erneut bezwang. Hölzenbein machte mit diesem Tor seinen Fehler wieder gut, als er wenig vorher, nachdem Steiner über den Ball gedroschen hatte, frei zum Schuß kam und vorbeizielte, weil er den Außenrist statt den Innenrist gegen den Ball stemmte.

Vor dem Doppelschlag zum 2:0 ergaben sich für die Eintracht bereits etliche Tormöglichkeiten, doch zweimal hatte Schämer, der zusammen mit Blusch und Jusufi hauptsächlich in den ersten 30 Minuten zur Offensive aus dem Hinterhalt blies, persönliches Pech, weil er den Ball aber mit dem rechten Fuß schlagen mußte, dieser Fuß aber „nur" Normalkraft besitzt. Jusufis Flanken blieben ebenso erfolglos wie Bluschs Bomben, die allerdings in letzter Zeit schon wesentlich näher am gegnerischen Tor explodieren als früher einmal. Wenn die Münchner angriffen, so taten sie das zumeist über den kleinen Perusic, ihrem besten Spieler, der mit Grosser gemeinsam die Mittelfeldpflichten sorgfältig erfüllte. Doch die Wirkung der Münchner Angriffsreihe blieb dennoch um viele Grade bescheidener als die der Eintracht, da die Verteidiger Kroth und Steiner einem Vergleich mit Jusufi und Schämer nicht im entferntesten standhielten. Vom stürmenden Verteidiger hielten die „Löwen“ so gut wie nichts.

Ihre beiden tollsten Chancen hatten die Gäste nach dem 0:2. Die eine — drei Riederwälder mußten auf der Linie gleich zweimal hintereinander klären — blieb ungenutzt, die andere führte, fast mit dem Pausenpfiff, zum Anschlußtreffer. Wagner flankte zu Grosser, der nur die Latte traf, und Heiß schoß den zurückspringenden Ball unter Tilkowskis zu langsam fallenden Körper über die Linie. (Frankfurter Rundschau vom 20.05.1968)

 

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