Eintracht Braunschweig - Eintracht
Frankfurt |
Bundesliga 1967/1968 - 32. Spieltag
0:0
Termin:Sa 11.05.1968, 15:30 Uhr
Zuschauer: 8.900
Schiedsrichter: Walter Eschweiler (Bonn)
Tore: ./.
Eintracht Braunschweig | Eintracht Frankfurt |
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„Nur ein Spiel!" meinte der Schiedsrichter Eintracht Frankfurts 0:0 in Braunschweig hätte ein Sieg sein können • Zuschauer lachten eigene Elf aus und bejubelten die Gäste • Bluschs Schuß verschwand auf den Rängen Zwei Minuten vor dem Ende ging ein Schuß von Peter Blusch mitten unter die Zuschauer. Die hielten den Ball fest, winkten mit den blau-gelben Fahnen verneinend ab, als Verteidiger Grzyb das Leder für den Einwurf anforderte, johlten genießerisch und proklamierten symbolhaft den Abbruch des Spiels mit dieser Mini-Demonstration. Als der Schiedsrichter einen neuen Ball verlangte, kam der alte doch wieder angeflogen. Die 8863 zahlenden Gäste brauchten diesen Vorfall, um wenigstens ein erfreuliches Thema auf dem Nachhauseweg zu haben. Selten waren sie von ihrer Mannschaft so enttäuscht worden wie in diesem Spiel. Schon nach zehn Minuten fingen die ersten an, über die Braunschweiger Eintracht zu lachen und der Frankfurter Eintracht Beifall auf offener Szene für fußballerische Delikatessen zu zollen. Freilich, die Frankfurter spielten nur schön und schossen keine Tore, aber die Braunschweiger Zuschauer hätten viel darum gegeben, wenn ihre Mannschaft als Aequivalent wenigstens einen technisch sauberen Fußball — wie die Riederwälder — geboten hätte. Die Frankfurter machten das Angebot, als obersten Grundsatz des Tages die Schönspielerei zu stellen, schon in den ersten Minuten. Zwar streiften in dieser Anfangsphase tolle Schüsse von Blusch, Schämer und Lindner nur knapp am Gehäuse von Ersatz-Torwart Oeller, dem besten Braunschweiger, vorbei, doch die übrigen Aktionen sprachen klar dafür, daß die Frankfurter ihren Gegner zum „Sommerspielchen", wie Eintracht-Präsident Rudi Grämlich die Begegnung zur Pause titulierte, einladen wollten. Die Braunschweiger nahmen das Angebot auch dankend an, vergaßen jedoch, daß sie sich diese Art Fußball nicht leisten können. Das stellte auch der Leiter der Lizenzspielerabteilung der Braunschweiger, Heinz Graßhof, heraus: „Unsere Mannschaft muß kämpfen, wenn sie gut aussehen will. In technischer Hinsicht waren die Frankfurter klar besser, und sie hätten 2:0 gewinnen müssen — sowohl nach Chancen als auch nach dem Spielverlauf." Johannsen: „Ulsaß, geh' doch!" So aber hatten die Braunschweiger nur in Oeller einen Spieler mit durchschnittlichem Niveau. Ausputzer Schmidt, der den verletzten Base auf diesem Posten vertrat, kam am ehesten in der Leistung an Oeller heran, doch zu einem Bäse-Spiel, nicht nur zerstören, sondern auch mit langen Spurts und langen Pässen den Sturm auf Trab bringen war Schmidt nicht in der Lage. Ulsaß bereitete seinen Fans die größte Enttäuschung. Dabei wurde er nicht einmal messerscharf gedeckt. Friedrich und Blusch wechselten sich in der Bewachung ab. Wenn Ulsaß vorderste Spitze spielte, kümmerte sich Blusch um ihn, wenn er sich etwas ins Mittelfeld zurückzog, nahm sich Friedrich seiner an. Uebertrieben jedoch hat keiner von beiden seine Aufgabe. Ulsaß war aber in derartiger Unterform, daß selbst Trainer Johannsen, der sonst ruhig am Spielfeldrand sitzt, aus der Haut fuhr und In die Arena brüllte: „Geh doch, Ulsaß!" Nach dem Spiel stellte sich ein blasser Helmut Johannsen den Journalisten. Er war deprimiert, aber trotz seiner großen Niedergeschlagenheit noch objektiv: „Es gibt keine Entschuldigung: weder Bäses Fehlen noch das Spiel in Kopenhagen am Donnerstag. Die Mannschaft war einfach schwach. Der einzige Trost ist, daß es sehr selten vorkommt, meine Mannschaft so zu sehen." Hölzenbeins große Chancen Jeder Spieler der Riederwälder war auf seinem Posten stärker als der jeweilige Braunschweiger Kollege. „Wir haben schön gespielt", sagte Elek Schwartz nachher, und er war zufrieden. Die versäumten Tore entschuldigte er mit der Feststellung: „Unseren jungen Spieler müssen noch Erfahrungen sammeln." Hölzenbein hätte innerhalb von zwei Minuten die Partie allein entscheiden können. In der 36. Minute traf er einen Flankenball von Lindner, der in der ersten Halbzeit kräftig mitstürmte, nicht voll, und kurz darauf verpaßte er einen flachen Rückpaß von Lotz kläglich. Hölzenbein spielte zu diesem Zeitpunkt bereits im Zentrum, weil Nickel nach einer halben Stunde verletzt ausschied, Racky als Linksaußen in die Mannschaft kam und Hölzenbein deswegen in die Mitte beordert worden war. Die Frankfurter arbeiteten vor allem im ersten Durchgang, als Huberts die Spielerei noch Spaß machte und Schämer wieder tolle Schüsse abfeuerte, große Gelegenheiten heraus. Friedrich, in den ersten 45 Minuten einer der besten Spieler auf dem Platz, in den zweiten 45 Minuten der beste Spieler auf dem Platz, strebte einmal allein auf Oeller zu, ließ sich dann aber von Kaack noch abdrängen. Bluschs Solo endete auf halblinker Position, als er zum Schuß ansetzen wollte. Jusufi marschierte erst nach der Pause auf vollen Touren. Er und Friedrich überbrückten den Großteil der zweiten Hälfte, in der es die Frankfurter noch ruhiger angehen ließen, mit herrlichen Aktionen, wobei Jusufi — von Lotz wunderbar eingesetzt — beinahe das Siegestor geglückt wäre. Sein Schuß aus zehn Metern Entfernung aber strich fünfzig Zentimeter am langen Eck vorbei. Nur eine Braunschweiger Gelegenheit Die Braunschweiger hatten eine einzige Torgelegenheit — und die war nur mit einer Riederwälder Chance mittlerer Güte vergleichbar. Saborowski, wie die meisten seiner Kameraden ein glatter Ausfall, wurde zwei Minuten vor dem Wechsel freigespielt, doch der Winkel war so spitz, daß sein Schuß nur mit viel Glück den Weg ins Tor gefunden hätte. Berg war so schlecht, daß er für jede gelungene Aktion sarkastischen Beifall erhielt. Kraus tat mit seinen Abwehrkünsten das übrige, um Bergs Tausch mit Polywka perfekt zu machen. Bergs beste Szene zeigte sich bei einem tollen Schuß, wobei er jedoch einen eigenen Spieler traf. Polywkas Einsatz war für Braunschwelg risikolos, denn schlechter als Berg konnte er nicht sein. Er war allerdings auch nicht besser. Oskar Lotz vergab kurz vor Schluß noch eine gute Gelegenheit, als er eine Flanke von Racky, der nicht allzu viel zeigte, mit dem Kopf aus fünf Metern Distanz auf Oeller verlängerte. Nachher war Lotz mit Huberts zusammen in der Kabine der fröhlichste. „Mit dem indirekten Freistoß für Braunschweig in der zweiten Halbzeit war ich nicht einverstanden", kritisierte Lotz den Bonner Schiedsrichter Eschweiler hinterher beim gemeinsamen Abtrocknen. „Nehmen Sie es nicht so genau. Es ist alles nur ein Spiel", lautete die Antwort. Eschweiler konnte von Glück sagen, daß beide Mannschaften die Begegnung nur als Spiel — und nicht als Kampf — auffaßten. Seine Entscheidungen, die ohnehin schon seltsam genug waren, hätten katastrophale Folgen haben können. (Frankfurter Rundschau vom 13.05.1968)
Gefährlicher Nickel schied zu bald aus Pfeifkonzerte und Gelächter —- so wurde die Vorstellung der Braunschweiger Eintracht gegen den Namensvetter aus Frankfurt quittiert. Daß in nur ganz wenigen Fällen die Aktionen ineinandergriffen, lag ganz gewiß nicht am Fehlen von Maas und der beiden im Cardiff-Länderspiel verletzten Wolter und Bäse. Für Wolter hütete Öller das Tor nahezu tadelsfrei. Schmidt, diesmal „Libero", fehlte wohl die Übersicht und die Dynamik Bases, er lag mit seiner Leistung aber immer noch über dem Schnitt der Mannschaft. Am ärgsten trieb es Berg. Er machte in fast allen Situationen das Falsche. Nach 67 Minuten nahm ihn Trainer Johannsen aus der Mannschaft. Und auf jenen Positionen, von denen aus das Braunschweiger Spiel hätte geplant und gestaltet werden müssen, ließen Ulsaß und Dulz die Frische vermissen, um sich in Szene setzen zu können, aber auch die Braunschweiger Angriffsspitzen blieben zu schwach, um sich in Einzelaktionen gegen ihre Kontrahenten durchzusetzen. Auch die Frankfurter besaßen einen harmlosen Angriff, dessen gefährlichster Mann, der Amateur Nickel, mit einer Knöchelverletzung schon nach 33 Minuten ausscheiden mußte. Aber die Mannschaft zeigte wenigstens Harmonie, kombinierte streckenweise gefällig und war viel perfekter in der Beherrschung des Balles. Friedrich zählte zu ihren stärksten Kräften. Er beherrschte Ulsaß nach Gefallen. Huberts hatte nur Anfangs Vorteile gegen Dulz, dann brannte sein Ehrgeiz auf Sparflamme. Die Deckung arbeitete konsequent, ohne an diesem Tag freilich große Mühe zu haben, die Braunschweiger Stürmer auszuschalten. Braunschweigs enttäuschtes Publikum wird diese Partie schnell vergessen und gemerkt haben, wie dringend notwendig „Blutzufuhr" ist. Man setzt auf den Stuttgarter Weiß in der kommenden Saison und auf Bernd Dörfel, mit dessen Wechsel vom HSV zur Eintracht man noch immer rechnet. (Sport-Magazin vom 13.05.1968)
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