Eintracht Frankfurt - Borussia Mönchengladbach

Bundesliga 1967/1968 - 31. Spieltag

3:1 (0:1)

Termin: Sa 27.04.1968, 15:30 Uhr
Zuschauer: 24.000
Schiedsrichter: Bruno Schulz (Berlin)
Tore: 0:1 Herbert Wimmer (41.), 1:1 Jürgen Friedrich (66.), 2:1 Wilhelm Huberts (82.), 3:1 Lothar Schämer (87.)

 


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Eintracht Frankfurt Borussia Mönchengladbach

 


  • Volker Danner
  • Erwin Spinnler
  • Berti Vogts
  • Egon Milder
  • Heinz Wittmann
  • Günter Netzer
  • Peter Dietrich
  • Klaus Ackermann
  • Rudolf Pöggeler
  • Herbert Wimmer
  • Herbert Laumen

 

Wechsel Wechsel
  • Erwin Kremers für Rudolf Pöggeler (67.)
Trainer Trainer
  • Hennes Weisweiler

 

Weisweiler legte eigene Torfabrik lahm

Defensive Mönchengladbacher / Vogts gegen Nickel, Dietrich gegen Huberts — und doch ein Riederwälder Sieg / Eintracht Frankfurt —Borussia Mönchengladbach 3:1 (0:1)

Als die Massen anrollten, sprach alles von Mönchengladbach. Als sie heimwärts zogen alles von der Frankfurter Eintracht, die das Spiel in der letzten halben Stunde vor dem Versanden gerettet hatte. In der Torfabrik vom Niederrhein liefen, wie immer in Frankfurt, alle Räder rückwärts. Schon beim Stande von 0:0 begann die Mannschaft, die noch Meister werden wollte, ihren Strafraum Meter für Meter zu verbarrikadieren. Sie verlor schließlich in erster Linie deshalb, weil sie nichts wagte. Man merkte, daß ihr Trainer seit vielen Jahren im Hauptberuf Dozent an einer Hochschule ist. Hennes Weißweiler hatte offenbar zuviel über diese Partie nachgedacht. Das Spiel seiner Leute litt unter des Gedankens Blässe. Nachher stand er mit hochrotem Kopf unter den schweigenden Journalisten und suchte nach Erklärungen. Er sprach von dem Versagen seines rechten Verteidigers Spinnler, von Fehlpässen im Mittelfeld, mit denen die Vorgeschichte der Eintrachttreffer begonnen hätte, er beklagte die Schnitzer von Laumen, der beim Stande von 1:1 zwei dicke Torchancen jämmerlich versiebte, und er sprach von dem Jammer, daß seine Mannschaft immer dann versage, wenn es darauf ankomme. Er sprach von „Atze" Friedrich, der der Angstgegner von Günter Netzer sei und erblickte in diesem Zweikampf das Geheimnis der Mißerfolge seines Teams gegen die Frankfurter überhaupt. Er sprach von diesem und jenem. Nur nicht von seinen eigenen Fehlern, mit denen er den Frankfurtern erst auf die Sprünge half.

Den Mann, der das Spiel der Mönchengladbacher schon so oft in schweren Stunden trotz allem wieder nach vorn peitscht, den sehnigen Nationalspieler Berti Vogts, verdammte Weißweiler 90 Minuten lang zum Sonderbewacher Bernd Nickels; seinen wertvollsten Mittelfeldtransporter, den aus Frankfurt stammenden Dietrich, setzte er auf Huberts an. Den Spieler, von dem alles abhängt, seinen Günter Netzer, stationierte er so tief im Hintergrund, daß die Verbindung zu Torjäger Laumen nie zustande kam. Hennes Weißweiler spielte nicht mit Spielern aus Fleisch und Blut, sondern mit Schachfiguren, die die Züge ihres Meisters auswendig gelernt hatten. Es waren ausnahmslos Defensivzüge. Eine defensive Torfabrik aber ist ein Widerspruch in sich. Weißweiler jedoch schien mit Blindheit geschlagen. Der Führungstreffer durch Wimmer kurz vor dem Wechsel bestärkte ihn noch in seiner Zaudertaktik. Das Halbzeitergebnis von Aachen, wo der 1. FC Nürnberg bereits mit 0:2 zurücklag, bewog ihn zu dem Entschluß, auch die letzten Risiken auszuschalten. Weißweiler wollte nun nichts weiter, als den 1:0-Vorsprung seiner Mannschaft über die Zeit zu bringen.

Er machte an diesem Tage falsch, was nur falsch zu machen war. Mit ihrer Zurückhaltung züchteten sich die Mönchengladbacher geradezu die Gefahren für ihr Tor. Sie schafften Jusufi und Schämer freie Bahn. Sie achteten nicht darauf, daß an der Peripherie ihrer verklumpten Abwehr, der gescheite Hölzenbein immer munterer wurde und auf der anderen Seite Oskar Lotz mehr und mehr Zweikämpfe gegen Spinnler für sich entschied.

Der Eintracht schien zunächst gar nicht so danach, sich unter der brütenden Sonne für diesen Sieg verrückt zu machen. Aber die in den eigenen Fesseln schmachtenden Mönchengladbacher nährten quasi die Schlange an ihrem Busen. Schon der erste Biß dieser Schlange war tödlich. Als Friedrich mit Anlauf in einen Huberts-Freistoß hineinsprang und den Ball aus einer Massenversammlung heraus ins verlassene Tor köpfte, stand es zwar erst 1:1; aber die Eintracht hatte im Grunde schon gewonnen. Denn jetzt entschloß sich Weißweiler wiederum zu einer Maßnahme, die sich als falsch herausstellen sollte. Der Hochschul-Dozent dozierte später selbst darüber. „Ein Unentschieden hätte uns nichts genützt. Also mußte ich den Angriff zahlenmäßig verstärken. Ich schickte den Stürmer Kremers auf das Feld und nahm den Abwehrmann Pöggeler für ihn heraus." Damit ebnete er den Frankfurtern endgültig den Sieg. Seine Sturmspitzen Laumen und Wimmer, der sich noch am besten hielt, sein Linksaußen Ackermann waren bereits zu müde, um die Verstärkung durch einen frischen Mann überhaupt zu registrieren. Seine Abwehr war nun nur noch eine Normalabwehr, in der sich Berti Vogts obendrein derart in seinen Auftrag, auf Nickel aufzupassen, verbohrte, daß sich der Spielraum für die übrigen Eintrachtspieler entscheidend vergrößerte.

Berti Vogts konnte trotz seiner Nibelungentreue nicht verhindern, daß Nickel in dem verdünnten Abwehrbereich nun doch hin und wieder freikam und auch die gefühlvolle Vorlage gab, die Huberts mit einem gezielten Spannschuß zum 2:1 verwertete. Beim 3:1 von Schämer kurz vor Schluß, einem in die kurze Ecke gerissenen Schuß nach verbissenem Spurt gegen Spinnler, hatten die Männer vom Niederrhein schon aufgegeben.

Sie erfüllten die Erwartungen nur in den ersten zehn Minuten und in einer kurzen Phase des Aufbäumens kurz nach dem 1:1. Sie enttäuschten, obwohl die Riederwälder den Mann, der die Tore als Halbfabrikate nach vorn schickt, obwohl sie Netzer frei herumlaufen ließen wie jeden Dutzend- Fußballer obwohl die Eintrachtabwehr den Fall keineswegs allzu schwer nahm, und obwohl Helmut Kraus in der Verbindung eine Anlaufzeit brauchte, um sich wenigstens als unangenehmer Störenfried für den Gegner bemerkbar zu machen. Mit der Bewachung Netzers hatte er nichts zu tun. Als er nach dem 1:1 von Bellut abgelöst wurde, war nicht viel verloren und nicht viel gewonnen. (Elek Schwartz: „Ich wollte nach dem Tausch Pöggeler gegen Kremers mit unserem Tausch nur die Parität herstellen Warum soll der Gegner einen frischen Mann mehr haben?".)

Das Ganze war ein Sieg der intelligenten Frankfurter Improvisationsfußballer gegen elf an der falschen Strippe hängende Marionetten. (Frankfurter Rundschau vom 29.04.1968)

 

Weisweiler: Friedrich ist Günter Netzers Angstgegner

Bei Mönchengladbach gab es manche Merkwürdigkeit. Zunächst einmal vergeudete Trainer Weisweiler das Talent Vogts, seinem wertvollsten Mann in der Abwehr, mit der Spezialüberwachung des jungen Nickel, anstatt die Schnelligkeit und Kampfkraft des Nationalspielers zu Vorstößen aus der Abwehr einzusetzen. Dann aber vermochte der 1:0-Vorsprung zur Pause — übrigens ein Geschenk für die Gäste — und die Nachricht von der Aachener 2:0-Führung gegen Nürnberg, dem Tabellenzweiten durchaus nicht jenen Elan einzuimpfen, um die große Chance wahrnehmen zu können. Entscheidend dabei war allerdings, daß der unermüdliche Friedrich im Mittelfeld den Mönchengladbacher Strategen Netzer einfach nicht zur Entfaltung kommen ließ. Das wirkte sich derart aus, daß Mittelstürmer Laumen in der 36. Minute die erste brauchbare Netzer-Vorlage erhielt, sich gegen Lindner und Blusch durchsetzte und den ersten gefährlichen Schuß aufs Eintrachttor abfeuerte. Dann lange Zeit nichts mehr. Der junge Ackermann, trotz der Nr. 11 meistens auf dem rechten Flügel stürmend, um dem listigen Jusufi aus dem Wege zu gehen, brachte auch gegen Schämer wenig zustande. Wimmer, der es dann also mit dem trickreichen jugoslawischen Eintracht-Verteidiger zu tun hatte, schaffte auch nur das überraschende Fünrungstor als Folge eines Mißverständnisses in der Eintracht-Deckung.

Dann drängten die Frankfurter, die schon vor der Pause 6:2 Eckbälle herausgeholt hatten, fleißig weiter, und nach dem Ausgleich durch Friedrich bekam auch Huberts mehr und mehr Spaß am Spiel. Das 2:1 besorgte er selber. Dann hatte er Danner schon ausgespielt, blieb aber doch noch an dem auf dem Boden liegenden Torhüter hängen und versuchte den Ball blind mit Absatzkick ins leere Tor zu befördern. Als das mißlang, revanchierte er sich mit einer weiteren Vorlage zu Schämer, der mit Bombenschuß schließlich den Sieg endgültig sicherstellte. Hier sah die Mönchengladbacher Abwehr gar nicht mehr gut aus. Erstaunlich aber vor allem, daß dieser auch zahlenmäßig so sichere Sieg den Frankfurtern mit einer Verlegenheits-Dreierspitze geglückt war, in der auch Bundeswehrsoldat Walter Bechtold noch fehlte. Allerdings, die Tore fielen nach Schüssen aus der zweiten Reihe. Die Frankfurter verstanden es also weitaus geschickter als der prominente Gegner, ein hier wie dort weitgehend praktiziertes 4-3-3 mit dem nötigen Dynamit auszustatten.

Ein Lob für Kraus

Bundestrainer Helmut Schön verließ schon zehn Minuten vor Schluß eilig die Tribüne im Waldstadion. Von seinen Mönchengladbachs Nationalspielern hatte er nicht viel zu sehen bekommen. Trainer Hennes Weisweiler fand den Eintrachtsieg etwas zu hoch, aber durchaus in Ordnung: „Beim 1:1 schickte ich Kremers für den schwachen Pöggeler aufs Feld, um nun mit vier Sturmspitzen das Spiel noch einmal In die Hand zu bekommen, aber das ging schief." Nachdenklich legte er dann den Kernpunkt der Niederlage klar: „Friedrich ist derjenige Spieler in der Bundesliga, der mit unserem Günther Netzer am besten fertig wird. So unangenehme Gegenspieler gibt es, da kann man nichts machen!"

Kollege Eick Schwartz war glücklich darüber, daß nach dem blamablen 1:5 von Köln nun wieder die Sonne für seine Mannschaft lachte: „Sie haben heute gesehen, daß die Kölner Schlappe nicht durch mangelnde Kondition zustande kam." Das ergänzten die anwesenden Journalisten durch die Anmerkung: „Nein, sondern durch die unverständliche Omnibusanfahrt wenige Stunden vor dem Spiel in der Mittagshitze." Trainer Schwartz lächelnd: „Dazu keinen Kommentar." Dann betonte er noch, daß ihm Kraus im Mittelfeld als Zerstörer gut gefallen habe. (Sport-Magazin vom 29.04.1968)

 

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