1. FC Köln - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 1967/1968 - 30. Spieltag

5:1 (3:0)

Termin: Sa 20.04.1968, 15:30 Uhr
Zuschauer: 13.000
Schiedsrichter: Gerhard Schulenburg (Hamburg)
Tore: 1:0 Wolfgang Overath (13.), 2:0 Jürgen Jendrossek (37.), 3:0 Heinz Flohe (44.), 4:0 Heinz Flohe (56.), 4:1 Bernd Hölzenbein (77.), 5:1 Hannes Löhr (90.)

 


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1. FC Köln Eintracht Frankfurt

  • Milutin Soskic
  • Fritz Pott
  • Anton Regh
  • Wolfgang Weber
  • Matthias Hemmersbach
  • Wolfgang Overath
  • Heinz Flohe
  • Heinz Hornig
  • Carl-Heinz Rühl
  • Heinz Simmet
  • Hennes Löhr

 


 

Wechsel
  • Jürgen Jendrossek für Carl-Heinz Rühl (25.)
Wechsel
Trainer
  • Willi Multhaup
Trainer

 

Niemand stellte Kölns Star Wolfgang Overath

Mutiger Beginn und trauriges Ende / Nickels Chancen und Bronnerts Abseits-Rekord / Erich Ribbeck erlebte die andere Eintracht /1. FC Köln—Eintracht Frankfurt 5:1 (3:0)

Erich Ribbeck kennt jetzt die ganze Wahrheit. Der neue Trainer der Eintracht wird bei seinem Amtsantritt um Mitte Juli nicht mehr ausschließlich von den Eindrücken ausgehen, die er vor zweieinhalb Wochen beim Gala-Abend gegen den VfB Stuttgart einfing, denn er hat die 90 heißen Minuten im Müngersdorfer Stadion erlebt. Er kennt jetzt zum mindesten die Konturen der beiden Eintracht-Gesichter. Ribbeck weiß um die Spannweite zwischen den beiden Polen. Die Eintracht von Köln war eine Eintracht mit mäßig disziplinierter Abwehr, extrem harmlosem Angriff, einem Huberts voller Unlust und durchsetzt mit Männern, die bis zur 90. Minute noch nicht kapiert hatten, wie den besessenen Kölnern beizukommen war. Daß die Eindrücke etwa nach einer Stunde korrigiert wurden und die Frankfurter nun das Feld beherrschten, hatte nichts mit Ermüdung auf der einen und Ermunterung auf der anderen Seite zu tun. Die Kölner folgten lediglich dem Befehl, nichts mehr zu riskieren. Ihre Ernte war ja in der Scheuer; sie müssen am Dienstagabend wieder gegen eine Eintracht spielen, dann gegen die aus Braunschweig um den Einzug in das Pokal-Halbfinale.

Der Star in Müngersdorf war Wolfgang Overath. Nach zwölf Minuten schoß er das erste Tor. Vorausgegangen war eine leichte Frankfurter Ueberlegenheit. Rühl schlug vom rechten Flügel her einen Diagonalpaß an den linken Flügel. Overath startete in die Vorlage hinein und schoß direkt. Kein normales Tor überraschte die Eintracht, sondern ein Blitz schlug in diesem Augenblick ein. Keine fünf deutschen Stürmer hätten diesen Treffer erzielt. Typisch und beunruhigend für die Eintracht war freilich, daß sich in diesem Bereich niemand befand, der den Star der Kölner Elf wenigstens gestört hätte. Nach 22 Minuten stand die Partie beinahe 1:1.

Nickel hatte alles aus dem Weg gespielt, was noch stören konnte. Soskic lag im Gras, zur Kapitulation bereit, und der junge Mann gedachte nun das Werk zu vollenden, doch er zielte den Ball über das Tor, das von einem Feldspieler noch geschützt wurde. Ein gezielter Kick mit dem Innenrist wäre weniger effektvoll, dafür aber erfolgreicher gewesen. Von diesem Augenblick an bibberten die Nerven. Die Freunde bibberten mit. Racky war von Weber mit üblem Foul darauf hingewiesen worden, daß auch Küken keine Privilegien genießen. Bronnert hatte längst das Abseits-Duell mit dem Schiedsrichter und den Gegnern begonnen. Er freute sich über die tollsten Chancen, doch etwa zehnmal vor der Pause und noch öfter nach dem Wechsel kam prompt der Pfiff, aber Bronnert kapierte nicht und ließ sich von den Kölnern in eine Falle nach der anderen locken. Schließlich ließ er es sein, übertrieb aber die Vorsicht nun so weit, daß er sich im Mittelfeld versteckte.

Die Chance, die Nickel vergab — in der zweiten Halbzeit wiederholte sich die Szene — und die Bälle, die Bronnert verschenkte, hatten die Parität nach Toren zu guter Zeit herstellen können. So aber schmolz die Aussicht, bis zur Halbzeit auf Tuchfühlung zu bleiben, mit dem Kopfball-Treffer Jendrosseks zum 2:0 dahin, und das 3:0 Flohes nach einer exakten Vorlage Overaths glich schon einer unwiderruflichen Entscheidung. Was später kam, ein Kopfball Flohes, der Gegentreffer Hölzenbeins und ganz zuletzt noch das Tor durch Löhr, war Anhängsel, entsprach Zufällen und Pannen und war nicht mehr wichtig. Die Entscheidung reifte vor der Pause.

Den Frankfurtern fehlte Bechtold wie noch nie. Die Nickelchancen — das wäre Futter für ihn gewesen. Die Freistöße, die Schämer in die Mauer schmetterte — hier hätte ein Bechtold schlaue Kurven an den Hindernissen vorbei gefunden. Huberts fand keinen Mann, mit dem er spielen konnte. So oft er sich mit Racky einließ, startete der einen Versuch an der Seitenlinie und wurde irgendwann von Pott eingeholt. Wollte er Bronnert anspielen, dann stand der im Abseits. Versuchte er sich mit Nickel, dann scheiterte der an Weber oder an Hemmersbach. Huberts schaltete bald den kleinen Gang ein und spielte die Bälle gelassen zum Nebenmann. Die Verantwortung war er los.

Der Nebenmann Friedrich rotierte vor dem Wechsel wie kein zweiter. Weniger Rotation wäre wichtig gewesen, denn die Wirkung im Vorwärtsspiel blieb bescheiden, und sein sogenannter Gegenspieler, der 20-jährige Flohe, durfte sich, wie Overath, in der Tiefe des Feldes tummeln, ohne an die Leine genommen zu werden. Der offene Schlagabtausch endete mit klaren Vorteilen für die Kölner, weil sie die um Längen besseren Stürmer hatten. Ganz überraschend ging der Zweikampf zwischen Hornig und Jusufi mit klaren Vorteilen für den Kölner aus, aber auch Hornig lebte erst auf in einer Umwelt, in der alles für ihn getan wurde, und Jusufi bebte unter den Schwächen seiner Umgebung.

So oft der Jugoslawe nach vorne drängte, spaltete sich die Abwehr, weil niemand an seine Stelle rückte. Flohe und Overath peitschten hier die Vorlagen hin. Zwei Kölner Tore fielen nach Hornig-Flanken. Jeweils war Jusufi abwesend und kein anderer für diesen Bereich zuständig. Schließlich blieb Jusufi auf seinem Platz, um nicht für alles verantwortlich gemacht zu werden, und nun fehlte dem Sturm der gewohnte Druck von rechts. Die Kölner hatten erreicht, was sie wollten.

Daß Blusch gegen den Schützenkönig Löhr ein so großes Spiel spielte, ließ die Beklemmung nicht verschwinden. Blusch wird ja im nächsten Jahr ein Kölner sein. Sein Gegner machte es ihm leicht, prächtig auszusehen, denn er verstolperte auch zwei Chancen, die trotz Blusch gewachsen waren, in ähnlichem Stil wie drüben Nickel. Daß Schämer die Ordnung in seinem Bereich halbwegs aufrecht erhielt und daß Lindner ein paar Konfliktfälle im Torraum noch klärte, hatte nur Einfluß auf die Höhe des Ergebnisses. Es hätte schlimmer werden können.

Ein paar Schwächen Tilkowskis, unter anderem beim vierten Tor, und ein paar mutige Attacken Hölzenbeins, der für Racky aufs Feld kam, paßten zum Bild einer zerrissenen Mannschaft, die so fröhlich begann und so traurig unterging. Bei den Kölnern war alles anders. Der große Overath ignorierte die Hitze, der fixe Hornig spielte stärker als Racky und Lotz zusammen, und Männer wie Pott und Regh demonstrierten, daß die altmodische Manndeckung durchaus ihren Sinn haben kann. (Frankfurter Rundschau vom 22.04.1968)

 

Eintrachts Mittelfeldspieler überfordert

Der 1. FC Köln ist für das Pokal-Wiederholungsspiel am Dienstagabend gegen Eintracht Braunschweig gut gerüstet. Noch nie sahen wir die Frankfurter so schwach. Mitentscheidend für die klare Niederlage war, daß weder Huberts (in der ersten Hälfte) noch später Friedrich ein Mittel fand, den glänzend aufgelegten Overath auszuschalten. Der Spielmacher des 1. FC Köln hat trotz verhältnismäßig kurzer Anlaufzeit nach seiner Verletzung wieder die Bestform erreicht. Zusammen mit dem jungen Flohe, der ebenfalls nach einer Verletzung auch konditionell erstaunlich stark geworden ist, drückte der Nationalspieler der Begegnung seinen Stempel auf. Sein Führungstor war große Klasse, seine Pässe wieder mustergültig.

Vielleicht hätten die Kölner noch mehr Treffer erzielt, wenn nicht Hannes Löhr ein völliger Ausfall gewesen wäre. Der Torschützenkönig verpaßte so viele klare Gelegenheit daß er sich Pfiffe der Zuschauer gefallen lassen mußte. Daß er doch noch zu „seinem Tor" kam, war einer schwachen Abwehr von Tilkowski zuzuschreiben. In der Deckung der Kölner wirkte Weber wieder souverän. Auch die beiden Außenverteidiger Pott und Regh haben sich gesteigert.

Die Frankfurter besaßen zwar einige gute Tormöglichkeiten, doch zeigte sich vor allem Nickel als ein Meister im Auslassen der besten Gelegenheiten. Einmal hatte er sogar Soskic schon ausgespielt, schoß dann aber so schwach, daß Regh den Ball noch wegköpfen konnte. Vielleicht kann man dem versagenden Frankfurter Angriff noch zugute halten, daß er sehr wenig Unterstützung aus dem Mittelfeld erhielt.

Trainer Willi Multhaup spendete seiner Mannschaft insgesamt ein Lob. Seine einzige Einschränkung: „Nur Hannes Löhr müßte sich noch erheblich steigern!" Multhaup meinte, daß das Spiel trotz der Hitze vor allem im ersten Durchgang sehr gut war. „Wenn man allerdings einmal 4:0 führt, ist es verständlich, daß der Elan nachläßt. Übrigens mußte der Schiedsrichter kurz vor Schluß noch einen Elfmeter für uns geben, als Lindner einen Kopfball von Löhr mit ausgestreckten Armen abwehrte. Rühl macht eine Sehnenscheidenentzündung zu schaffen. Ich hoffe jedoch, daß er am Dienstagabend in» Pokalspiel gegen Braunschweig dabei sein kann."

Eintracht-Trainer Elek Schwartz lobte Wolfgang Overath: „Einen besseren Spieler als ihn habe ich am Mittwoch beim Länderspiel gegen die Schweiz nicht gesehen. Aber auch Flohe ist ein ausgezeichneter Techniker. Unglaublich sein Arbeitspensum! Wir hätten zwei Tore mehr erzielen können, aber besonders Nickel war ein Pechvogel."

DFB-Trainer Karlheinz Heddergott: „Flohe und Jendrossek werden demnächst in der Juniorenelf zum Zuge kommen. Jendrosseks Treffer zum 2:0 war großartig."

Erich Ribbeck (RW Essen), künftiger Trainer von Eintracht Frankfurt: „Es ist mir einfach unverständlich, wie man Overath soviel Spielraum lassen kann! Trotz der Hitze war es ein gutes Spiel." (Sport-Magazin vom 22.04.1968)

 

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