Hamburger SV - Eintracht Frankfurt |
Bundesliga 1967/1968 - 29. Spieltag
0:1 (0:0)
Termin: Sa 06.04.1968, 15:30 Uhr
Zuschauer: 17.000
Schiedsrichter: Jürgen Schumann (Berlin)
Tore: 0:1 Jürgen Friedrich (67.)
Hamburger SV | Eintracht Frankfurt |
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Uwe Seeler mußte Jürgen Friedrich verfolgen Solide Riederwälder Leistung reichte zum verdienten l:0-(0:0-)Sieg über Hamburger SV Keine Chance für die Dörfels und „Bubi" Honig / Entscheidung nach 67 Minuten Die Freude im Eintracht-Lager war nicht überschäumend, doch man würdigte den Sieg. Präsident Rudi Gramlich konnte es unmittelbar nach dem Schlußpfiff nicht treffender sagen: „Das Beste an der ganzen Sache sind die beiden Punkte." Auch Trainer Elek Schwartz gab sich gelassen. Großzügig gestand er dem HSV ein moralisches Remis zu. Freilich es war kein berauschendes Spiel, beileibe keine fußballerische Delikatesse. Aber immerhin verstand es die Eintracht, sich aus einer schon verfahrenen Angelegenheit noch einen guten Abgang zu verschaffen. Das allerdings konnten die Hamburger von ihrer Elf ganz und gar nicht behaupten. Der HSV verlor nicht, weil er einige dicke Chancen versiebte, diesem HSV fehlte zum Sieg einfach die Moral. Und da hatte die Eintracht doch einiges mehr zu bieten! Ausfälle im Stile der beiden Dörfels, eines Dieckmann oder gar eines Egon Horst gab es tu den Reihen der Frankfurter nicht. Die Riederwälder hatten durchweg biedere brave Handwerker, allesamt nicht ohne Fehl und Tadel, aber im Endeffekt dennoch verläßlich. Vor allem, sie kannten keinen Respekt vor großen Namen. Wie selbstsicher benahm sich ein Jürgen Friedrich gegen Hamburgs Fußballidol Uwe Seeler. Sie operierten als unmittelbare Gegenspieler, und ihre Wege kreuzten sich im Mittelfeld. Dabei fühlte sich der Frankfurter durchaus nicht als zweiter Mann und war sich für die ausschließliche Bewachung des Nationalspielers viel zu schade. Er wollte es genau wissen, wer wem zu folgen habe. Und als Seeler glaubte, er sei der Wichtigere, bewies ihm Friedrich genau das Gegenteil. Das geschah in der 67. Minute und brachte die Entscheidung. Als in dieser Phase Bechtold eine Anspielstation suchte, vergaß Friedrich seinen namhaften Konkurrenten und setzte sich in Trab. Prompt kam Bechtolds Paß, und dieses Duett endete mit Friedrichs goldenem Tor. Für Oezcan gab es da überhaupt keine Chance, so sicher bestand Friedrich das Duell Aug' in Aug'. HSV — Angst vor Nickel Friedrichs Beurteilung steigt, wenn trotz seiner absoluten Gleichwertigkeit auch für Uwe Seeler viel Anerkennung verbleibt. Der „Dicke" ist noch immer ein Arbeitstier ersten Ranges. An seinem Fleiß und seinem Eifer müßte sich eigentlich eine ganze Mannschaft aufrichten können. Aber nicht der HSV von diesem Samstag! Die anderen Recken bleiben höchst bescheiden. Dem Willi Schulz zum Beispiel genügte es, bei dem jungen Amateur Nickel zu bleiben und dort in den Zweikämpfen gelegentlich kleine Siege zu feiern. Für Nickel eine kaum erwartete Aufwertung. Er zeigte sich ihr würdig. Wenn ihm auch spektakuläre Erfolge nicht gelangen, so zeugte ein überraschender 30-Meter-Schuß, den Oezcan nur mit Mühe an die Latte boxte, vom Selbstvertrauen des Halblinken. Daß aber ein so erfahrener Mann wie Willi Schulz fast 90 Minuten nichts anderes tat, als ihn zu bewachen, sollte Nickel helfen, auch noch die letzten Hemmungen über Bord zu werfen. In den Bereichen von Walter Bechtold glückten, der Eintracht die tiefsten Einbrüche, da der Ex- Aschaffenburger Horst sehr oft auf der Strecke blieb. Hätten sich die beiden Außenstürmer besser ins Mannschaftsspiel eingefügt, vielleicht wäre es nicht beim einzigen Abschluß durch Friedrich geblieben. Am Unken Flügel versuchte es Racky auf eigene Faust, aber einige gelungene Dribblings brachten nur optische Effekte. Auf der anderen Seite wurde Oskar Lotz nur äußerst selten bei vernünftigen Dingen gesichtet. Seinen Unternehmungsgeist zermürbte der eisenharte Kurbjuhn schon nach einigen Derbheiten. Bei solchen Gegebenheiten mußte wieder einmal mehr die Deckung die Hauptlast der Ereignisse übernehmen, Sie tat es zwar nicht mit Auszeichnung, aber sie hielt dicht. Ordnung ist in ihre Reiben gekommen, daran gibt es keinen Zweifel. Fehler münzen sich nicht mehr gleich in Tore um, es finden sich Nebenmänner, die Pannen bereinigen. Man hat vor Tilkowski wieder einen letzten Mann postiert, und in Hamburg war er bitter nötig. Für Dieter Lindner blieb Arbeit in Hülle und Fülle. Fehlerfreier Tilkowski Fehlerlos arbeitete eigentlich nur Tilkowski, der Ruhe und Sicherheit ausstrahlte. Alle anderen machten sich die Sache nicht allzu schwer. Animiert wurden sie freilich von der erschreckenden Harmlosigkeit der HSV-Stürmer. Sogar Lindner patzte einige Male, wenn er nicht gerade einen Leichtsinnsfehler seiner Umgebung ausbügeln mußte. Mutig wie immer stürzte sich Blusch ins Gefecht gegen Hessens ausgewanderten Sohn Hönig. Dem ehemaligen Geißenheimer imponierte die geballte Kraft des Peter Blusch gar nicht, und so konnte er für seine guten Kritiken der letzten Zeit wenig tun. Blusch hatte ihn so sicher in den Fängen, daß sich der Riederwälder einige Unachtsamkeiten leisten konnte. Die Werte der Außenverteidiger steigern sich bestimmt wieder bei der Bekämpfung stärkerer Gegenspieler. Sie stellten sich allzu sehr auf das Niveau der Brüder Dörfel ein, und dieses war doch mehr als dürftig. Bei der Leichtigkeit ihrer Aufgabe hätten Jusufi und Schämer mehr erreichen können. Huberts hat fast immer das Glück, Gegenspieler zu finden, die es auf körperliche Kraftproben nicht ankommen lassen. Dieses Mal wetteiferte er mit Krämer um den Großen Preis der Supertechniker. Die Vorurteile wogten hin und her. Gut sahen sie beide aus in diesem edlen Wettstreit, für die Entscheidung aber konnte keiner was beitragen. Dazu hätte es härterer Anstrengungen bedurft. Für die Eintracht brachte Hamburg zwar keine Steigerung
der erfolgreichen Entwicklung, wohl aber eine Bestätigung des Reifeprozesses.
Wenn dann am Ende noch ein Sieg steht, sollten einige Unebenheiten schnell
vergessen werden. (Frankfurter Rundschau vom 08.04.1968)
Riesenchancen ‚versiebt‘ Der Kampf um die „Tabellenführung" der Bundesliga-Rückrunde hinterließ einen faden Nachgeschmack. Eine Stunde lang war es trotz einiger technischer Feinheiten auf Frankfurter Seite ein müde dahinplätscherndes Treffen, das erst mehr Farbe bekam, als die Hessen unverhofft ein Tor geschossen hatten. Der Frankfurter Sieg war am Ende schmeichelhaft, denn die Mannschaft zeigte gewiß nicht das. was sie aus dem unteren Tabellendrittel nach oben geführt hatte und ihr zuletzt so großes Lob eintrug. Ähnlich war es beim HSV. Er scheint sein Pulver völlig verschossen zu haben, als er sich mit elf Spielen ohne Niederlage aus dem Abstiegssog entfernte. Ohne überzeugend zu wirken, hatten die Hamburger nämlich gegen die keineswegs sattelfeste Frankfurter Abwehr ein halbes Dutzend Chancen. Drei davon ließ allein Dieckmann aus, der sich mit bekanntem Eifer zwar in Schußposition brachte, aber zwischen der 62. und 64. Minute dreimal versagte. Dabei hatte er das Glück, daß ihm kein Frankfurter auf den Füßen stand, weil Huberts nicht im Traum daran dachte, dem Hamburger zu folgen. Aber auch Krämer (74.) und Kurbjuhn (78.) versiebten zwei Riesenchancen. Was der HSV bisher in der Rückrunde als stärkste Waffe mit auf den Platz brachte und was auch im Europapokal demnächst (24. April und 1. Mai?) gegen Cardiff City notwendig sein wird, ließ er diesmal vermissen: die absolute Bereitschaft zum Tempospiel und kämpferischen Einsatz. Die spielerischen Mittel genügten trotz Krämer und Hönig nicht, um den in dieser Hinsicht besser bestückten Frankfurtern beizukommen. Es war auch keine Wende mehr zu erzwingen, als Uwe Seeler die Position im Mittelfeld aufgab und wieder zur Sturmspitze wurde. Die Zeiten sind vorbei, in denen der HSV-Kapitän mit seinen Torschüssen allein den Sieg aus dem Feuer reißen kann. Dazu sind die Deckungssysteme heute zu vielbeinig und dicht Am Ball sicherer, im Kombinationsspiel etwas ideenreicher und doch nur noch ein einziges Mal mit einer echten Torchance durch Bechtold (73.), konnten die Frankfurter von Glück sagen, daß ihnen eine Unaufmerksamkeit der sonst recht sicheren Hamburger Deckung den Siegestreffer erlaubte. Nicht die zweifellos veranlagten jungen Stürmer Racky, Nickel und Bechtold fielen besonders ins Auge, sondern der wuchtige Blusch als Innenverteidiger. Ohne die ihm nachgesagte übertriebene Härte bereinigte er manche Gefahr und sorgte obendrein für weite Pässe. Lindner waltete im Abwehrzentrum mit der Umsicht eines Routiniers. Im Mittelfeld verdiente sich der fleißige Friedrich mit dem Siegtor selbst seinen Preis. Huberts wirkte technisch brillant, aber auch reichlich behäbig. HSV-Trainer Kurt Koch nannte das Kind sofort beim Namen: „Wer so viele Torchancen vergibt, kann nicht gewinnen. Einige unserer Spieler brauchen eine Zwangspause, um sich zu besinnen, sonst sind wir bald wieder dort, wo wir vor einem halben Jahr gestanden haben. Aber der Vorwurf gilt nicht nur den versagenden Schützen, sondern auch der Abwehr, die sich beim Siegtor der Frankfurter verschaukeln ließ." Eintracht-Trainer Eick Schwartz meinte es ehrlich, als er sagte: „Als der HSV in den letzten 20 Minuten ehrgeizig zum Endspurt ansetzte, hatte er das Unentschieden gewiß verdient." Das gesamte Spiel schnitt in seiner Beurteilung nicht gut ab: „Beide Mannschaften spielten so nervös, daß das Niveau darunter litt. Die Angst vor einem Gegentor schien panisch zu sein. Mit unserer Leistung kann ich nicht ganz zufrieden sein, weil vor allem das Sturmspiel nicht flüssig lief. Aber man sehe sich unsere jungen Burschen an und auf der Gegenseite die routinierten Füchse des HSV. (Sport-Magazin vom 08.04.1968)
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