Karlsruher SC - Eintracht Frankfurt |
Bundesliga 1967/1968 - 27. Spieltag
0:1 (0:0)
Termin: Sa 23.03.1968, 15:30 Uhr
Zuschauer: 12.000
Schiedsrichter: Wilfried Hilker (Bochum)
Tore: 0:1 Heiko Racky (58.)
Karlsruher SC | Eintracht Frankfurt |
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Rackys Volltreffer Nach dem Ausscheiden aus dem DFB-Pokal gegen den 1. FC Köln reduzieren sich die Ambitionen der Eintracht für diese Saison darauf, in den verbleibenden Ligaspielen den Aufwärtstrend der letzten Wochen fortzusetzen. Mit 24:26 Punkt und dem 13. Platz befindet man sich acht Spieltage und neun Spiele (das Nachholspiel gegen den VfB Stuttgart steht noch aus) vor Schluss der Punktrunde zwar im Niemandsland der Tabelle, den einen oder anderen Platz aufwärts soll es aber noch gehen. Für eine gewisse Betriebsamkeit sorgen allerdings die mittelfristigen Planungen. So muss ein Nachfolger für den zum Saisonende scheidenden Trainer Elek Schwartz gefunden werden. Kolportiert wird, dass man unter anderem Interesse an der Beschäftigung des kürzlich bei Hannover 96 entlassenen Horst Buhtz habe, der freilich auch beim 1. FC Köln im Gespräch ist. Zudem gilt es, für die drei Wochen nach dem letzten Ligaspiel gegen Schalke am 7. Juni bis zum Beginn des dreiwöchigen Urlaubs der Lizenzspieler ein Spielprogramm zu finden, das dem Schatzmeister einige Mark in die Kassen spült. Klar ist bislang nur die Teilnahme am Alpenpokal, der für die zweite Junihälfte terminiert ist und in dem die Eintracht als Titelverteidiger antritt. Planungen ganz anderer Art beschäftigen den heutigen Gegner Karlsruher SC. Zwar haben die Badener aus den letzten beiden Spielen gegen Neunkirchen (5:1) und beim Hamburger SV (0:0) drei Punkte geholt, den Klassenerhalt bei einem aktuellen Punktekonto von 13:39 und sieben Zählern Rückstand auf den rettenden 16. Platz noch in Erwägung zu ziehen, traut sich beim Tabellenletzten aber kaum jemand. Parallelen mit der Eintracht zeigen sich insoweit, dass auch der KSC mit der Trainerfrage beschäftigt ist. Allerdings hat man damit schon sehr früh in der Saison begonnen und bereits im Oktober letzten Jahres den Übungsleiter Paul Frantz entlassen, um es mit Georg Gawliczek zu versuchen. Dessen Engagement am Wildpark endete dann im Februar '68, und nachdem Herbert Widmayer in zehn Tagen kaum Zeit blieb, den Trainerstuhl auch nur lau anzuwärmen, wurde als Interimslösung bis zum Saisonende Bernhard Termath installiert. Die Frage ist nun: Wer trainiert den KSC in der nächsten Saison? Während der KSC gegenüber der Aufstellung beim Remis im Hamburg lediglich Verteidiger Klaus Slatina aus der Mannschaft nimmt und dafür Willi Dürrschnabel nominiert, kommt die Eintracht gänzlich ohne Änderungen aus und läuft mit derselben Elf auf, die am Dienstag vergeblich versuchte hatte, das Pokalviertelfinale zu erreichen. Auf der Bank halten sich Torwart Feghelm, Wirth und Hölzenbein bereit. Im Wildparkstadion herrscht unter den 12.000 Zuschauern Abschiedsstimmung vom Fußball der ersten Liga, denn selbst die unverbesserlichen Optimisten unter den Fans glauben kaum noch an den Verbleib in der 1. Liga. Die Anhänger der Badener erwarten von ihrer Mannschaft allerdings, dass sie sich einen guten Abgang verschafft, um die Bundesliga erhobenen Hauptes verlassen zu können. Dazu beitragen soll ein Sieg gegen die Eintracht, die aufgrund der beiden Ligaspiele bei den Bayern und gegen Dortmund sowie den beiden Pokalspielen gegen den 1. FC Köln gerade zwei strapaziöse Englische Wochen hinter sich gebracht hat. "Jungs, spielt gelöst", gibt Trainer Bernie Termath seiner Elf mit auf den Weg, "dann spielt ihr gut." Und schon bald nach Spielbeginn merkt man den Karlsruhern auch den Willen an, dieses Spiel zu gewinnen. Über die Außen Zaczyk und Hausser, die ihren direkten Gegenspielern Jusufi und Schämer das Leben schwer machen, läuft das KSC-Spiel nach vorne. Doch die zahlreichen Flanken finden in der Mitte keine Abnehmer, denn die Innenverteidigung mit Lindner und Blusch einschließlich Torhüter Tilkowski ist heute das Prunkstück der Eintracht. Insbesondere Blusch liefert eine gute Partie gegen Christian Müller ab, er neutralisiert durch seinen harten und engagierten Einsatz den Sturmführer des KSC, auf den das Angriffsspiel der Gastgeber zugeschnitten ist. Finden dennoch einmal Bälle den Weg in den Strafraum der Gäste, die dem defensiven Innentrio der Eintracht entgehen, sorgt die Harm- und Hilflosigkeit der Karlsruher Stürmer dafür, dass kein Treffer fällt. Damit wird auch die Crux der gesamten Spielzeit deutlich: Ganze 26 Treffer hat der KSC bislang in ebenso vielen Bundesligaspielen erzielt und weist so nicht nur punktemäßig die schlechteste Erfolgsbilanz aller 18 Vereine auf. Nimmt man die Angriffsbemühungen der Gastgeber zumindest wahr, ist vom Eintracht-Sturm dagegen kaum etwas zu sehen. Zwar findet Huberts im Mittelfeld alle künstlerischen Freiheiten vor, die er für seine bevorzugte Spielweise benötigt, da sein Kontrahent Herrmann nur selten auf Tuchfühlung geht. Zwar schuftet Dobat, der Gegenspieler von Friedrich, wie besessen, präsentiert sich dabei aber meist überhastet und zudem glücklos, so dass sich Friedrich wiederholt ins Angriffsspiel einschalten kann. Die beiden Frankfurter Mittelfeldmotoren finden aber im Sturm kaum Anspielstationen, die die ihnen zugedachten Bälle sinnvoll verwerten. Die Flügel Lotz und Racky hängen in der Luft, Nickel ist der Kräfteverschleiß durch die vielen Spiele der letzten Wochen deutlich anzumerken, Bechtold hat nach seiner Verletzung noch nicht wieder zur alten Form zurückgefunden. Trotz dieser unrühmlichen Angriffsleistungen steht Karlsruhes Gehäuse einige Male heftig unter Beschuss. Sogar Latte und Pfosten müssen herhalten, um einen Treffer zu verhindern. Doch die Scharfschützen kommen aus den hinteren Reihen und heißen Schämer und Blusch. Zwei Minuten vor dem Halbzeitpfiff ist Blusch dann einmal nicht zur Stelle und Müller gibt Tilkowski im Eintracht-Tor mit einem Schuss die Möglichkeit, sich auch einmal auszuzeichnen. Diese Chance lässt der Gästekeeper sich nicht entgegen und dreht den Schuss noch um den Pfosten. KSC-Spieler Herrmann, nicht als Prahler bekannt, nimmt diese Gelegenheit zum Anlass und macht den Seinen zur Pause Mut: "Mit mindestens einem Tor gewinnen wir." Doch Willy Huberts Replik offenbart nicht nur den Wiener, sondern auch Fußballsachverstand: "Ja, ja, brav spielen's schon und auch gut, aber eine Chance haben’s keine." Nach dem 0:0 zur Pause werkeln die Karlsruher auch in der zweiten Hälfte ebenso engagiert wie teilweise dilettantisch weiter. Chancen werden verstolpert, die über die 90 Minuten angesammelten 15 Ecken - die Eintracht kommt auf ganze 2 - verpuffen ergebnislos. Die Riederwälder haben zwar weniger Spielanteile, ist aber bei ihren wenigen Angriffen gefährlicher - und vor allem effizienter.
Es läuft die 58. Minute. Von Huberts läuft das Leder über Nickel als Steilpass an die seitliche Strafraumgrenze zu Racky. Der junge Linksaußen ist von fast an der Eckfahne, als er aus vollem Lauf ebenso herzhaft wie überraschend abzieht, so dass viele Zuschauer erst beim Ausbeulen des Tornetzes wahrnehmen, dass sein Schrägschuss eben unter dem Lattenkreuz zur Führung für die Gäste im KSC-Tor eingeschlagen ist. Der KSC gibt nicht auf, Hausser und Zaczyk treten eine mustergültige Flanke nach der anderen vor das Gästetor, doch dort herrscht in den eigenen Reihen eine Abschlussschwäche, die vor Augen führt, warum es den KSC nicht in der ersten Liga hält. Dobat wird beispielsweise bestimmt bis in alle Ewigkeit keine Antwort auf die Frage finden, wie er nur zwei Minuten nach Rackys Treffer aus eineinhalb Metern Torentfernung mit einem buchstäblich kopflosen Kopfball das Leder überhastet neben den Kasten setzten konnte. Aber er ist in guter Gesellschaft: Hauser kann es nicht besser und auch Müller tritt drei Meter vor dem Tor mit der Hilflosigkeit eines Neugeborenen auf.
Mit dem knappen Vorsprung im Rücken beschränken sich die Riederwälder nun auf die reine Ergebnisverwaltung. Blusch verzichtet gänzlich darauf, sich in Offensivaktionen einzuschalten, den KSC-Spielern ist ihre Frustration über die ausgelassenen Chancen und die Bestrafung hierfür durch das Gegentor deutlich anzumerken. So halten sich sehenswerte Aktionen auf dem Spielfeld bis zum Abpfiff in engen Grenzen. Letztlich fährt die Eintracht mit minimalem Aufwand zwei Punkte in dieser wenig berauschenden Partie ein. Wohltuend realistisch sind die Kommentare beider Trainer nach dem Spiel. So stellt Eintracht-Trainer Elek Schwartz fest: "Ich bin froh, dass wir zwei Punkte gewonnen haben, denn wir hatten höchstens einen verdient. Immer wenn’s gegen den KSC geht, wird meine Mannschaft irr vor Angst. Der KSC hat mich etwas enttäuscht, denn früher war er zu Hause kampfstärker." Verständlicherweise enttäuscht ist dagegen Karlsruhes Interimstrainer Termath: "Es ist einfach unbegreiflich, wie eine Mannschaft so viele Torchancen auslassen kann. Spielerisch und taktisch war der KSC besser gerüstet, aber die Tore kann der Trainer nicht auch noch schießen. Das Ergebnis ist für mich deprimierend, denn wenn man bei einer solchen Überlegenheit verliert, tut das weh." Ungetrübt ist aber auch bei Schwartz die Freude nicht: "Wir hätten lieber im Pokalspiel gegen Köln gewonnen und heute verloren." (fgo/rs)
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