Bayern München - Eintracht
Frankfurt |
Bundesliga 1967/1968 - 25. Spieltag
3:0 (0:0)
Termin: Sa 09.03.1968, 15:30 Uhr
Zuschauer: 13.500
Schiedsrichter: Hans Radermacher (Siegburg)
Tore: 1:0 Gerd Müller (70.), 2:0 Gerd Müller (74.), 3:0 Gustav Jung (78.)
Bayern München | Eintracht Frankfurt |
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Die Hand des Peter Blusch Für beide Kontrahenten ist die heutige Partie der Start in eine Englische Woche. Während die Eintracht nächsten Dienstag ihr DFB-Pokalspiel in Köln gegen den 1. FC nachholt und am darauffolgenden Samstag die Dortmunder Borussen im heimischen Stadion am 26. Spieltag der Bundesliga empfängt, steht für die gastgebenden Bayern am Mittwoch das Viertelfinalrückspiel im Europapokal der Pokalsieger gegen den FC Valencia an (Hinspiel 1:1), ehe es am Samstag zur Bundesligapartie nach Mönchengladbach geht. Aus der personellen Not macht Trainer Schwartz bei der Aufstellung seiner Mannschaft eine Tugend und setzt beim FC Bayern München das Experimentieren mit jungem Gemüse fort. Nach Hölzenbein, der inzwischen regelmäßig bei den Profis zum Einsatz kommt, feiert mit Bernd Nickel der nächste hoffnungsvolle Kicker der Eintracht-Amateure seine Bundesligapremiere - und zwar bereits in der Startelf, in der Solz, für den Lotz auf den linken Flügel rückt, seinen Platz räumen muss. Mit nur 13.500 Zuschauern ist der Andrang im städtischen Stadion an der Grünwalder Straße eher überschaubar, als Schiedsrichter Hans Radermacher aus Siegburg die Partie um 15:30 Uhr anpfeift. Viel mehr Besucher, das wird dann schnell klar, hat dieses Spiel auch nicht verdient, denn es gestaltet sich nur selten unterhaltsam. Die Bayern sind zwar überlegen, doch das Spiel nimmt kaum Fahrt auf und Chancen bleiben Mangelware. Die Eintrachtabwehr steht gut gestaffelt, die Übergabe klappt reibungslos. So wird Gerd Müller von Blusch im Strafraum abgemeldet, zieht sich der Nationalmittelstürmer weiter zurück, drängt ihn Friedrich in eine unbedeutende Statistenrolle. Wenig kommt auch vom zweiten Innenstürmer Ohlhauser und den Außen der Gastgeber. Jusufi kann Brenninger an der Seitenlinie ein ums andere Mal ablaufen, Schämer hat es gegen Jung zwar schwerer, geht aber zumindest als knapper Punktsieger aus dem Duell hervor. In der 20. Minute kommt Beckenbauer nach Zusammenwirken mit Müller im Strafraum zu Fall, doch der Schiedsrichter hat kein strafstoßwürdiges Foul ausmachen können. Als die Frankfurter den ersten Ansturm der Bayern glücklich abgewehrt haben, kontern sie sehr energisch. So muss Maier weit häufiger eingreifen als Tilkowski. Doch die Eintracht-Schüsse, meist aus größerer Entfernung abgefeuert, bringen den Münchner Schlussmann nicht in Verlegenheit. Im Mittelfeld bewegen sich mit Koulmann und Huberts zwei Männer mit ähnlicher Spielanlage, die sich als Techniker und Regisseure und nicht als Kämpfer und Renner verstehen. Die Beiden gehen sich weitgehend aus dem Weg, spielen lieber quer als steil und schaffen es so trotz des eher betulichen Spieltempos nicht, merkliche Impulse zu setzen.
Muss die intakte Eintracht-Defensive immerhin noch wachsam sein, um Drängeleien vor ihrem Tor zu Raritäten werden zu lassen, so ist der Münchner Deckung auch diese kleine Sorge genommen. Gefährliche Stürmer haben die Riederwälder nämlich nicht zu bieten. Nickel liefert zwar ein ordentliches Debüt ab, kann aber keine Akzente setzen. Auch Hölzenbein, der nach dem Seitenwechsel vom ebenso wirkungslosen Bronnert abgelöst wird, fehlen hierzu Erfahrung und physische Stärke. Bechtold ist bemüht, hat aber in 'Bulle' Roth einen unerbittlichen Gegenspieler. Und Oskar Lotz verzweifelt am Verteidiger Kupferschmidt dermaßen, dass er nach der Pause von Trainer Schwarz auf den anderen Flügel geschickt wird, um festzustellen, dass auch Schwarzenbeck am heutigen Tag eine Nummer zu groß für ihn ist. Der offensiv stärkste Mann ist noch Friedrich, der freilich auch mit Abwehraufgaben betraut ist und sich daher nicht allzu häufig in die Angriffsversuche einschaltet. Nach einer faden ersten Hälfte geht es auch zu Beginn der zweiten höchst mittelmäßig zur Sache. Fast hat man den Eindruck, die beiden Mannschaften haben einen Burgfrieden geschlossen und sich auf ein schmuckloses Unentschieden geeinigt, was der Eintracht, ihrer Taktik und ihrem Ziel, einen Punkt aus München mitzunehmen äußerst zupass käme. Die Eintracht spielt immer wieder in die Breite anstatt auf dem schweren, seifigen Boden durch Steilpässe die clevere Deckung der Bayern aufzureißen. Müller und Ohlhauser verpassen gute Gelegenheiten, doch dann nimmt das Verhängnis in der 68. Minute seinen Lauf. Als Blusch dem antrittsschnellen Jung nachsetzt, gerät der Frankfurter Innenverteidiger ins Straucheln und bekommt den stollenbewehrten Schuh des Bayern-Rechtsaußen auf seine Hand. Nachdem die Situation geklärt ist, lässt sich Blusch deswegen an der Außenlinie behandeln. Was folgt, sind die Minuten des Gerd Müller, der bislang dank der guten Defensivarbeit von Blusch und Lindner kaum in Erscheinung getreten ist und von den heimischen Fans auf der Tribüne bereits mit Pfiffen bedacht wurde. Doch nun ist er hellwach und kann - in Abwesenheit seines direkten Gegenspielers Blusch und eines anderen Eintrachtlers, der sich ihm annimmt - in abseitsverdächtiger Position einen Steilpass von Olk mit der Brust annehmen und sein Drehschuss landet zum 1:0 für die Bayern im Netz. Wer meint, aus Schaden werde man klug, kann an diesem Nachmittag nicht die Eintracht meinen. Denn nur drei Minuten nach der Bayern-Führung geht der kurzzeitig zurück ins Spiel gekommene Blusch erneut vom Feld, um sich hinter dem Tor einen Verband um die verletzte Hand anlegen zu lassen. Erneut segelt eine Flanke von Brenninger in den Frankfurter Strafraum, erneut ist "kleines dickes Müller" frei, und erneut trifft er - diesmal mit dem Kopf zum 2:0. Diese Fehlerdoublette können die Eintrachtspieler nicht verkraften. Zwar versucht man nun, offensiver zu Werke zu gehen, viel will dabei aber nicht gelingen. Im Gegenteil, der Gastgeber nutzt das größere Platzangebot in des Gegners Hälfte, um die Partie in der letzten Viertelstunde eindeutig zu dominieren. Endgültige Klarheit über den Sieger dieses Spiels herrscht dann ab der 78. Minute nach einem Sololauf von Jung. Der Rechtsaußen nimmt einen Pass von Koulmann tief im Mittelfeld auf, läuft Schämer davon, spielt Lindner aus, lockt Tilkowski aus dem Tor und schließt mit dem 3:0 ab. Die letzten Minuten brausen die Bayern mit Volldampf und durch offene Türen dem Schlusspfiff entgegen, können aber keinen weiteren Treffer erzielen. Rosarot sind vermutlich die imaginären Brillen, die sich beide Trainer vor ihren Äußerungen zu dieser größtenteils tempo- und klassearmen Partie auf die Nasen setzen. Während Elek Schwartz das Spiel als "gut, schnell und spannend" klassifiziert, geht Bayern-Trainer Zlatko Cajkovski, der seinen Spitznamen 'Tschik' - Stummel - aufgrund seiner geringen Körpergröße von nur 164 Zentimetern verpasst bekommen hat, im Lob seiner Mannschaft sogar noch weiter und vermeldet, "Meisterliches" gesehen zu haben und strahlt, als er von der 2:3-Heimniederlage des Tabellenführers aus Nürnberg gegen Schalke erfährt: „Habe ich nicht gesagt, dass meine Chance auf Meisterschaft noch kommen wird?“ „Wir haben gut gespielt, und hätten auch ein Unentschieden verdient gehabt“, sagt Elek Schwartz mit betrübtem Gesicht: „Aber wir hatten Pech, dass Blusch leicht am Arm verletzt wurde und bei den ersten beiden Toren jeweils am Spielfeldrand behandelt werden musste. Der Sieg der Bayern geht jedoch in Ordnung, denn sie haben ihre Chancen besser genutzt. Man darf Müller eben keinen Augenblick aus den Augen lassen.“ (fgo/rs)
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