Eintracht Frankfurt - Hannover
96 |
Bundesliga 1967/1968 - 24. Spieltag
3:0 (1:0)
Termin: Sa 02.03.1968, 15:30 Uhr
Zuschauer: 12.500
Schiedsrichter: Gerd Hennig (Duisburg)
Tore: 1:0 Walter Bechtold (33.), 2:0 Wilhelm Huberts (73.), 3:0 Siegfried Bronnert (83.)
Eintracht Frankfurt | Hannover 96 |
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Das Versagen der Stürmerstars Nach dem Spiel bei Alemannia Aachen muss die Eintracht eine Zwangspause von 14 Tagen einlegen, da das auf den 21. Februar terminierte Achtelfinale im DFB-Pokal beim 1. FC Köln aufgrund mehrstündigen Regens vor dem Spiel wegen schlechter Platzverhältnisse abgesagt wurde. Nachgeholt werden soll die Partie am 12.März. Fest steht freilich schon, wer der Gegner des Siegers aus dieser Partie im Viertelfinale sein wird: Eintracht Braunschweig. Am 2. März folgt schließlich mit dem mit dem Bundesligaheimspiel gegen Hannover 96 der nächste Pflichtspieltermin. Es ist das Aufeinandertreffen zweier Mannschaften, die bislang die eigenen Erwartungen nicht erfüllen konnten. Während die Eintracht spätesten nach der Niederlage in Aachen weiterhin aufmerksam den Tabellenkeller im Auge behalten und vor allem punkten muss, um nicht auf einen der beiden Abstiegsränge zu rutschen, sind in Hannover die Ansprüche höher. Dort wurden die Rufe derer erhört, die, wohl getrieben von den berechtigten Ängsten, nach der Meisterschaft der Braunschweiger Eintracht in der letzten Saison endgültig im Rennen um den führenden Verein Niedersachsens distanziert zu werden, den eher biederen, soliden und grauen Club der Landeshauptstadt ... ... zu einem schillernden und erfolgreichen Vorzeigeverein des deutschen Profifußballs zu machen gedenken. Sogar das Wort 'Meisterschaft' ist zu vernehmen. Auf dem Weg dorthin scheinen sich die Verantwortlichen allerdings verrannt zu haben. Zwar weist man vor der Partie in Frankfurt mit 24:22 Punkten ein Habenkonto auf und rangiert nur vier Punkte hinter dem Tabellenzweiten aus Mönchengladbach - zufrieden ist man beim Neunten der letzten Saison aber nicht. So wurde Trainer Horst Buhtz Mitte Februar nach einer 1:3-Niederlage bei Borussia Neunkirchen entlassen und Karl-Heinz Mülhausen als sein Nachfolger installiert. Für Mülhausen ist die Position des Übungsleiters bei den Hannoveranern freilich kein Grund, sich nach einer Bleibe an der Leine umzusehen, denn für die nächste Saison wurde bereits mit dem derzeit noch für den FC Bayern München tätigen Zlatko Cajkovski der nach einschlägigen Medien "bestbezahlte deutsche Trainer" verpflichtet. Auch bei Spielereinkäufen hatte man sich zu Beginn der Saison nicht zurückgehalten und mit dem Jugoslawen Skoblar sowie dem Mönchengladbacher Heynckes zwei zwar prominente, aber alles andere als preiswerte Stürmer eingekauft. Das erklärte Ziel des 96er Präsidenten Strothe - "Wir müssen etwas tun, um für die Zuschauer attraktiv zu werden" - wurde damit allerdings verfehlt. Sowohl Heynckes als auch Skoblar spielen bislang eine eher enttäuschende Runde, und die Hannoveraner nutzen den Samstag lieber zu Spaziergängen am Maschsee als zu einem Besuch des Niedersachsenstadions. So konnte Hannover 96 zum Beispiel zum Heimspiel vor rund sechs Wochen gegen den FC Bayern München, in anderen Stadien ein Publikumsmagnet, gerade einmal 11.500 zahlende Gäste begrüßen. Zum nächsten Heimspiel gegen den Karlsruher SC kamen dann 7.000 ... Gegenüber dem 2:2 im letzten Heimspiel gegen den Hamburger SV hat Mülhausen mit Straschitz, Breuer, Poulsen und Heynckes gleich vier neue Spieler für seine Startelf nominiert. Kontinuierlicher geht es dagegen beim Gastgeber aus Frankfurt zu. Weiterhin harrt die Eintracht auf die Rückkehr von Leistungs- und Hoffnungsträgern wie Lutz, Kunter, Keifler und Grabowski. Für die 90 Minuten gegen Hannover schickt Trainer Schwartz dieselbe Startelf aufs Feld, die die Niederlage in Aachen zu verantworten hatte. Zehn dieser elf Spieler sind das, was man als 'gebrannte Kinder' bezeichnen könnte und waren bei zumindest einem der bisher sieben vergeblichen Versuche auf dem Feld, gegen die 96er einen Bundesligasieg einzufahren. Nur Nachwuchsstürmer Hölzenbein geht unbelastet durch derartige Erinnerungen in die Partie. Nach den Wetterkapriolen der letzten Wochen dürfen sich die knapp 13.000 Zuschauer im Frankfurter Waldstadion an diesem Samstag über die Sonne freuen, die Platz und Ränge bescheint. Und nicht nur die wohlige Wärme bereitet den Zuschauern Spaß, so denn sie Anhänger der Heimmannschaft sind. Denn die Eintracht ergreift die Initiative. Die erste Chance des Spiels eröffnet bereits in der 4. Minute Lindner, der seine Rolle als letzter Mann in der ersten Hälfte offensiv interpretiert und einige Male geradewegs nach vorne stürmt. Doch sein Pass in den Strafraum führt nur zu einem Tohuwabohu vor dem Hannoveraner Tor und nicht zum erhofften Treffer. Skoblar spielt seinen ersten gescheiten Pass nach 10 Minuten. Hannover beschränkt sich fast ausschließlich auf die Defensivarbeit, was der Eintracht zwar eine deutliche Feldüberlegenheit beschert, die eher technik- als kampfstarken Stürmern der Frankfurter aber in die ungeliebten Zweikämpfe treibt. Besonders schwer tun sich dabei die Außen Oskar Lotz, der in Rainer Stiller einen aufmerksamen Gegenspieler hat, und Wolfgang Solz, der von Hans-Josef Hellingrath ein ums andere Mal gestoppt wird. In der Mitte lässt sich Bechtold häufig zurückfallen, so dass es Hölzenbein meist mit zwei Innenverteidigern zu tun bekommt. Zwar wirkt der junge Stürmer noch sehr nervös und auch physisch noch zu schwach, um sich entscheidend durchsetzen zu können, zeigt aber mit seinem schnellen Antritt und den überlegten und präzisen Zuspielen seine Qualitäten. Entscheidende Spielvorteile verschafft sich die Eintracht im Mittelfeld, das die Niedersachsen ihren Kontrahenten fast kampflos überlassen. So können Huberts, der ob des schönen Wetters richtiggehend aufblüht, Friedrich und der zurückhängende Bechtold das Spiel fast über die ganze Distanz in Richtung 96er-Tor treiben. Auch Außenverteidiger Jusufi schaltet sich regelmäßig ins Angriffspiel ein, ohne dass ihn sein direkter Gegenspieler und Landsmann Skoblar aufhalten kann. Skoblars Auftritte als stürmender Linksaußen beschränken sich dagegen auf einen Kopfball nach einer schönen Flanke von Siemensmeyer sowie einige Schussversuche, die aber allesamt am Kasten von Tilkowski, der einen geruhsamen Nachmittag verlebt, vorbeigehen. Im Verlauf der Partie rückt Skoblar nach innen, zeigt am Ball ein paar hübsche Kabinettstückchen und vor dem Tor eine Hilflosigkeit, die Mitleid erregt. Heynckes, unter einer Schulterverletzung leidend, sieht in der ersten Halbzeit bestenfalls ein halbes Dutzend Bälle. Dass Hannover 96 für den Sieg nicht infrage kommt, spüren die Zuschauer spätestens nach einer Viertelstunde. Die Niedersachsen beschränken sich auf die Defensivarbeit, und das durchaus einige Zeit erfolgreich. Erst in der 37. Minute bricht der vom weit nach links gerückten Huberts angespielte Walter Bechtold den Bann. Er lässt noch einen Hannoveraner aussteigen, ehe er freie Bahn zum Schuss hat und aus der Distanz die Führung für die Heimelf erzielt.
Zu Beginn der zweiten Hälfte setzt die Eintracht ihre Anstrengungen fort, ein zweites Tor zu erzielen, vernachlässigt dabei aber nicht die Absicherung des knappen Vorsprungs. So verzichtet Lindner fortan auf seine Ausflüge in die gegnerische Hälfte und gibt souverän und fehlerfrei den letzten Mann. Auch Schämer, der in der ersten Hälfte gegen den eigentlich schwachen Poulsen einige Male unkonzentriert wirkte, liefert nun eine überzeugende Leistung ab. Blusch dagegen muss sich umstellen: Hannovers Trainer Mülhausen hat die Halbzeit genutzt, um Josef Heynckes, den teuersten Transfer der Saison, auszuwechseln - für ihn spielt jetzt der zur Dicklichkeit neigende Ex-Nationalspieler Walter Rodekamp. Rodekamp, nicht gerade der schnellsten einer, kann aber nicht den erhofften frischen Wind in den Angriff der 96er bringen. Zufrieden können sich die Eintrachtfans dem Spiel widmen: Ihre Mannschaft spielt besser, läuft mehr, zeigt sich entschlossener. Einzig ein zweiter Treffer fehlt. Den vergeben Bechtold und Hölzenbein etwas leichtfertig. Zwei Minuten nach Wiederanpfiff spielt sich Hölzenbein durch und passt zum frei stehenden Bechtold, doch die Nr. 9 ist wohl zu überrascht und verschießt. Kurz darauf umdribbelt Hölzenbein Hellingrath und auch Tormann Helmschrot, schiebt den Ball aber zu lässig und ungenau Richtung Kasten und der Ball geht neben das Tor. Anschließend scheitern die Frankfurter, bei denen sich Solz nun deutlich verbessert zeigt, immer wieder am jungen Amateurkeeper der Hannoveraner Bernd Helmschrot, der heute erst sein zweites Bundesligaspiel absolviert, sich aber durch Engagement und guten Paraden zu profilieren weiß. Helmschrot angelt sich die Bälle am Boden und in den Ecken. Aber er zeigt bei vielen Flanken auch eine auffallende Schwäche: Zu ungestüm und ohne richtiges Timing kommt er dabei aus seinem Tor, meist immer nur mit einer Hand voraus und verpasst die hohen Bälle dann auch bisweilen. Hannovers Nr. 6, Siemensmeyer, wird von Friedrich, der Nr. 6 der Frankfurter auf Schritt und Tritt eskortiert und völlig aus dem Spiel genommen. Ein Jammer, dass der große Kämpfer Friedrich nur über ein mittelmäßiges Passspiel verfügt. Was für ein Spieler könnte er sein, wäre das anders. Aber auch so geben die von Huberts einem Schachspieler gleich eingeleiteten Spielzüge der Eintracht das entscheidende Übergewicht im Mittelfeld. Allein Huberts’ Laufarbeit ist zu bemängeln, weil er offensichtlich der irrigen Annahme erlegen ist, seine Arbeit sei getan, nachdem er einen seiner genauen Pässe gespielt hat.
Zwanzig Minuten vor dem Abpfiff nimmt Trainer Schwartz den müde werdenden Hölzenbein vom Feld und bringt für ihn Bronnert. Nur drei Minuten später dürfen die Frankfurter dann jubeln, als ein Weitschuss von Wilhelm Huberts zum 2:0 einschlägt, nachdem zuvor Helmschrots Abwurf direkt vor den Füßen des Grazers gelandet ist. Anschließend ist Bronnert an der Reihe: Der junge Amateur, der vom Einsatz und Kampfeswillen lebt, bedankt sich für die Einwechslung auf seine Weise, als er in der 83. Minute nach Vorarbeit von Solz und kurzer Drehung sein erstes Ligator in dieser Saison zum 3:0 erzielt, bei dem der Ball halbhoch rechts im Tor der Hannoveraner einschlägt. Mit 3:0 steht denn auch das Endergebnis fest - die Eintracht hat ihren ersten Bundesligasieg gegen Hannover 96 klar und deutlich unter Dach und Fach gebracht und rangiert nun auf dem 13. Tabellenplatz. Wie wichtig diese zwei Punkte sind, zeigt ein Blick auf die anderen Spiele. Denn auch der Vorletzte Borussia Neunkirchen und der 15. Schalke 04 haben ihre Spiele gewonnen, so dass die Eintracht bei einer Niederlage wieder mitten im Abstiegssumpf gelandet wäre. „Endlich ist der Bann gebrochen, der erste Sieg gegen Hannover“, ist Fußball-Obmann Paul Osswald erleichtert und Trainer Schwartz strahlt mit der Sonne um die Wette „Ein durchaus verdienter Sieg. Der einzige Schönheitsfehler: Wir hätten noch höher gewinnen können.“ Hannovers Interimstrainer Mühlhausen sieht das anders und erntet wenig Verständnis unter den anwesenden Journalisten: „Der Sieg der Eintracht war ja verdient. Aber er fiel doch um zwei Tore zu hoch aus. Eigentlich waren sogar alle drei Treffer Sonntagsschüsse.“ Elek Schwartz hat darauf die passende Antwort parat: "Sie waren so schön, schöner geht's nicht! Was unsere Stürmer heute gezeigt haben, hatte man vom Gegner erwartet. Dem Namen nach waren das die Stürmerstars, aber die Tore, die man von ihnen erwartet hatte, haben wir geschossen. Wir hatten uns gegen so große Stürmernamen ganz auf Abwehr eingestellt und waren natürlich erstaunt darüber, dass wir umgekehrt so schnell den Gegner beherrschten." Nach dieser Replik gesteht denn auch Mülhausen ein, dass bei Hannover nur wenig zusammenlief: "Oh ja, Cajkovski wird in der nächsten Saison viel Arbeit haben. Da muss frischer Wind 'rein. Nein, nein, Tschik Cajkovski ist nicht zu beneiden. Er muss sich, wenn er im Sommer kommt, etwas sehr Gutes einfallen lassen!" „Auf diesem schweren Boden haben alle ihr Bestes gegeben. Über mangelnden Einsatz habe ich nicht zu klagen“, lobt Schwartz abschließend seine Elf, vergisst dabei aber auch nicht die Leistung des Gegners: „Hannovers Torwart war in der ersten Halbzeit phantastisch.“
Der DFB hat die Bedingungen veröffentlicht, die von den Städten erfüllt werden müssen, die sich als Spielort für die Weltmeisterschaft 1974 bewerben. Demnach müsse ein WM-geeignetes Stadion Plätze für mindestens 60.000 Zuschauer aufweisen, davon wiederum 50 Prozent als Sitzplatz ausgelegt, wovon zwei Drittel überdacht sein sollen. Keine Sorgen bereitet den Frankfurtern das reine Fassungsvermögen, das im Waldstadion bei derzeit rund 70.000 Besuchern liegt. Allerdings stehen nur 23.300 Sitzplätze zur Verfügung, von denen lediglich die 1500 Plätze in der ersten Etage der Haupttribüne überdacht sind. Nach Ansicht des Stadionverwalters Erdmann lässt sich die Forderung nach rund 20.000 weiteren überdachten Sitzplätzen nur durch den Bau zweier neuer Tribünen auf beiden Längsseiten verwirklichen. Die Entscheidung, ob sich Frankfurt als Spielort bewerben wird, ist vor allem eine Frage der abgesicherten Finanzierung des notwendigen Stadionausbaus trotz der angespannten finanziellen Lage der Stadt Frankfurt. Eine Entscheidung muss freilich relativ schnell fallen, denn: "Der Deutsche Fußball-Bund nimmt bis zum 1. Oktober 1968 Bewerbungen von Städten zur Ausrichtung derartiger Spiele entgegen." (fgo/rs)
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