Eintracht Frankfurt - MSV Duisburg

Bundesliga 1967/1968 - 22. Spieltag

3:2 (1:0)

Termin: Sa 10.02.1968, 15:30 Uhr
Zuschauer: 10.000
Schiedsrichter: Klaus Ohmsen (Hamburg)
Tore: 1:0 Oskar Lotz (36.), 1:1 Bernd Lehmann (46.), 2:1 Jürgen Friedrich (50.), 2:2 Rainer Budde (62.), 3:2 Wolfgang Solz (87.)

 


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Eintracht Frankfurt MSV Duisburg

 


  • Manfred Manglitz
  • Hartmut Heidemann
  • Johann Sabath
  • Djordje Pavlic
  • Michael Bella
  • Bernd Lehmann
  • Heinz van Haaren
  • Rainer Budde
  • Horst Wild
  • Erwin Kostedde
  • Horst Gecks

 

Wechsel Wechsel
  • Jürgen Kowalski für Bernd Lehmann (47.)
Trainer Trainer

 

 

"Pech ist etwas Existentes"


Friedel Lutz beim Skat

Bei der Eintracht ist vor dem Spiel gegen den MSV Duisburg keine Entspannung an der Personalfront in Sicht. Neben den Langzeitverletzten Friedel Lutz, der sich derzeit in der orthopädischen Klinik Frankfurt Friedrichsheim befindet und sich mit den Offenbacher Patienten Fern und Wimmer im Skat übt, und Günter Keifler, dessen lädiertes Bein in Gips gelegt wurde, fallen auch die grippekranken Grabowski, Huberts und Bronnert aus. Nach seinem Nasenbeinbruch ebenfalls noch nicht an Bord ist Torhüter Peter Kunter. So erhält Istvan Sztani eine neuerliche Chance, sich im Mittelfeld zu beweisen, der junge Bernd Hölzenbein rückt in die Angriffreihe der Startelf vor. Einziger Lichtblick ist Fahrudin Jusufi, dessen Magenverstimmung, die ihn zu einer Trainingspause gezwungen hatte, abgeklungen ist. Udo Klug, der Amateurtrainer der Eintracht, traut seinen Riederwäldern aber trotz der Personalmisere und im Glauben an die Stärke des von ihm betreuten Nachwuchses einen Sieg, wenn auch einen knappen, zu und tippt auf ein 1:0.

Der MSV Duisburg, nach Niederlagen in Neunkirchen und zuhause gegen den HSV in den letzten beiden Spielen derzeit Tabellenachter mit 22:20 Punkten, hat in den letzten Wochen weniger auf als neben dem Platz für Schlagzeilen gesorgt. So bietet Trainer Gyula Lorant, zu Saisonbeginn aus Kaiserslautern geholt, Gesprächsstoff, da Gerüchte kursieren, der Ungar habe nicht vor, seinen Zweijahresvertrag zu erfüllen. Probleme gibt es zudem mit Stürmertalent Erwin Kostedde, der in dieser Saison von Preußen Münster an die Wedau gewechselt war. Dem 21-Jährigen wird ein unsteter Lebenswandel zu Vorwurf gemacht, der unter anderem dazu führte, dass er gegen Ende der Vorrunde fünf Tage verschwunden war. Als Begründung für sein Fernbleiben gab er unter anderem an, der Einsamkeit seiner Junggesellenbude entfliehen zu wollen. Nachdem die Vereinsoberen dafür Sorge getragen hatten, dass Kostedde mit seiner Mutter zusammenzuziehen konnte, schien Ruhe in die Angelegenheit einzukehren. Doch zwischenzeitlich soll er der Gerüchteküche zufolge seine Freizeit wieder auf Abwegen verbringen.

Der nächste Kandidat für den Boulevard ist Abwehrspieler Manfred Müller, der sich nach einer von einer Verletzung unterbrochenen Hinrunde am letzten Spieltag der ersten Halbserie mit einem Platzverweis aus der Mannschaft verabschiedete. Müller macht dem Verein den Vorwurf, Schuld an der Verschleppung seiner Verletzung zu sein, die ihn derzeit außer Gefecht setzt, da ihm der Vorstand verboten habe, ein Krankenhaus aufzusuchen. Statt dessen musste Müller mit dem Vereinsarzt vorlieb nehmen, was ihn nun in Erwägung ziehen lässt, eines der Vorstandmitglieder, das sich in einem Interview despektierlich über ihn geäußert habe, vor einem ordentlichen Gericht zu verklagen. Auch Djordje Pavlic ist sauer. Der jugoslawische Nationalspieler hat unter Trainer Lorant zwar einem Stammplatz im Team, sieht sich aber durch Diskussionen über seinen privaten Bierkonsum vom Übungsleiter diskreditiert.

Rund 10.000 Zuschauer werden vom Spiel der beiden Kontrahenten in der ersten Hälfte höchstens mittelmäßig unterhalten. Während die Duisburger vor allem auf Torsicherung bedacht sind, gelingt es der Eintracht nicht, die von einer Heimmannschaft erwartete Feldüberlegenheit zu erringen. Im Mittelfeld wird das Fehlen von Huberts deutlich. Zwar liefert Friedrich eine ordentliche Partie ab, aber Sztani, dem die Schnelligkeit früherer Tage sichtlich abhanden gekommen ist, steht klar im Schatten seines Gegenspielers Gecks.

Unglücklich agiert auch Bernd Hölzenbein, der heute nach seiner Bundesligapremiere als Einwechselspieler am zwölften Spieltag beim 1:1 gegen den HSV mit der Nummer 10 auf dem Rücken seine erste Ligapartie von Anfang an bestreitet. Der junge Dehrner ist mit seiner Aufgabe in der Sturmspitze, die ihn meist mit zwei Gegenspielern gleichzeitig konfrontiert, noch überfordert - die mangelnde Bundesligapraxis ist ihm deutlich anzumerken. Überhaupt tut sich der Sturm schwer. Der bullige und schnelle Lotz ackert wie gewohnt, Bechtold zeigt sich fleißig und lässt sich des Öfteren zurückfallen, Beide können aber kaum Akzente setzen. Solz spielt zwar überlegt, hat aber nach seiner langen verletzungsbedingten Pause von September bis Januar seine alte Form noch nicht zurückerlangt.

Ein Lichtblick in der bislang langweiligen Partie ist freilich das 1:0 in der 36. Minute durch Oskar Lotz, der nach einer Flanke Schämers einen gewaltigen Distanzschuss loslässt. Der Ball fliegt von rechts als Aufsetzer durch den ganzen Strafraum, prallt gegen den linken Pfosten und von dort ins Tor.

„Wir wollten ein Unentschieden erreichen und hübsch defensiv bleiben, doch nun müssen wir zum Angriff blasen“, gibt Trainer Lorant in der Halbzeitpause seinen Männern eine neue Order. Und so kommen die Gäste aus Duisburg nach dem Seitenwechsel höchst motiviert mit dem Auftrag ihres Trainers aus der Kabine. Hierfür hat Lorant einige Umstellungen vorgenommen. Budde wechselt vom rechten Flügel auf Linksaußen, wo Gecks bislang gegen Jusufi kaum einen Stich gemacht hatte, Meiderichs bester Dribbler Gecks wird von außen in die Mitte beordert und hat es nun mit Sztani zu tun, gegen den er seine Schnelligkeit ausspielen soll.

Bereits nach 40 Sekunden der zweiten Hälfte können sie einen Erfolg verbuchen, als die Frankfurter noch gar nicht richtig im Bilde und mit ihren Gedanken wohl noch in der Kabine sind. So gelingt den Gästen ein Angriff über den rechten Flügel, wo Kostedde Lehmann bedient, der, sträflich vernachlässigt von den Frankfurter Deckungsspielern, aus schrägem Winkel mit einem Rechtsschuss das 1:1 erzielt. Dass sich die Freude über den Ausgleich in Grenzen hält, ist der Tatsache geschuldet, dass der Torschütze nach dem Treffer zunächst verletzt liegenbleibt, um schließlich von den Sanitätern vom Feld geführt zu werden. Für ihn kommt Jürgen Kowalski ins Spiel und damit zum ersten Bundesligaeinsatz seiner Karriere.

Insgesamt nimmt das Spiel nun zu Beginn der zweiten Hälfte deutlich an Tempo auf. Die Duisburger, durch den Ausgleich angetrieben, versuchen, das Spiel an sich zu reißen und geben sich kämpferisch. Die Eintracht hält dagegen - und das höchst effizient: Nur vier Minuten nach dem Ausgleich hebt Sztani einen Freistoß in den Strafraum, der vom MSV-Keeper Manglitz, der bei dieser Aktion stürzt, aus der unmittelbaren Gefahrenzone gefaustet wird. Während sich Manglitz aufrappelt, versucht Friedrich, die Kugel per Bogenlampe im gegnerischen Tor zu versenken. Zwar steht der zurückgeeilte Pavlic auf der Torlinie zur Abwehr bereit, kann aber nicht mehr eingreifen. Denn Manglitz, nun wieder auf den Beinen, versucht zurückspringend ebenfalls zu klären und lenkt dabei den Ball mit der Faust zur neuerlichen Eintracht-Führung ins eigene Netz.


Manglitz nach seinem Fauxpas beim 2:1 am Boden

Auch dieser erneute Rückstand, der unter tätiger Mithilfe des eigenen Torwarts zustande kam, demotiviert die Spieler des MSV nicht. In der Abwehr der Eintracht liefert Kapitän Lindner zwar eine konzentrierte Partie ab, Blusch und Schämer wirken dagegen teilweise etwas fahrig. So kann sich Kowalski nach einem Missverständnis zwischen dem „Fünfer“ Schämer und Blusch, bei dem Frankfurts Nr. 4 der Ball durch die Beine gleitet, in der 62. Minute am rechten Flügel durchsetzen und eine weite Flanke auf die linke Seite schlagen, wo Kostedde Budde kurz bedient. Und der torgefährliche 19-jährige Stürmer, der es nach seinem Wechsel vom Absteiger Fortuna Düsseldorf an die Wedau gleich in seiner ersten Saison für den MSV zum Stammspieler gebracht hat, fackelt nicht lange: Volley befördert er die Kugel an Tilkowski vorbei zum 2:2 in den Frankfurter Kasten.

Und es ist noch mehr möglich für die Gäste. War Gecks in der ersten Halbzeit ausschließlich Jusufi verbissen aber erfolglos nachgelaufen, so wird Gecks nach dem Wechsel ein sehr effektvoller Innenstürmer, gegen den Frankfurts schwächster Mann Sztani keine Chance hat. Gecks hat sogar das 3:2 für Meiderich auf dem Fuß doch Tilkowski nimmt ihm noch den Ball von der Stiefelspitze.


Der Siegtreffer durch Solz

Zwölf Minuten vor dem Abpfiff erlöst Schwartz den Ungarn Sztani und bringt mit Hermann-Dieter Bellut einen weiteren Ergänzungsspieler aufs Feld und damit wieder etwas Schwung ins erlahmte Aufbauspiel. Noch drei Minuten sind zu spielen, da bringt der schönste Treffer der Partie die Entscheidung zugunsten der Heimelf. Hölzenbein, der in der Sturmspitze zuvor wenig Risikobereitschaft und meist Sicherheitspässe gezeigt hatte, vergisst für einige Momente sein Lampenfieber und nickt den Ball per Kopf nach einer Kombination auf engem Raum in die Gasse zum durchgestarteten Wolfgang Solz, der den Ball mit letztem Einsatz aus kurzer Distanz zum 3:2 neben den linken Pfosten ins Netz setzt. Manglitz’ ausgestreckter rechter Fuß kommt zu spät. Damit hat sich die Eintracht zwei wichtige Punkte gesichert und sich einen weiteren Schritt aus der Abstiegszone zu verabschiedet.

„Duisburg hätte mindestens ein Unentschieden verdient“, erklärt Trainer Schwartz mit geradezu entwaffnender Ehrlichkeit: „Die Gäste haben mir sehr gut gefallen. Es ist eine spielende Mannschaft, in der ich keinen schwachen Punkt bemerkte.“ Merklich angefressen ist Gästetrainer Gyula Lorant ob dieser in den letzten Minuten erlittenen Niederlage: "Ich hatte mir unter der Eintracht, die dem 1. FC Nürnberg die erste Heimniederlage beigebracht hatte, mehr vorgestellt." Pech habe seine Mannschaft gehabt, stellt der Ungar fest: "Wenn Lehmann nicht kurz nach dem Wechsel verletzt ausgeschieden wäre, hätten wir gewonnen." Zornig ist Lorant über seinen Torhüter: "In der Faschingszeit muss man bei Manglitz mit allem rechnen. Aber so geht das mit ihm nicht weiter." „So zwei dumme Tore sind mir noch nie unterlaufen“, gibt der als Großmaul bekannte „Cassius“ Manglitz kleinlaut zu.

Elek Schwartz greift das Stichwort 'Pech' auf: "Bitte, meine Herren, diesmal hat Herr Lorant von Pech gesprochen, nicht ich. Pech ist also etwas Existentes und keineswegs immer eine Ausrede." Von einem Journalisten auf das Fehlen des grippekranken Huberts angesprochen stellt der Eintrachttrainer im Anschluss fest: "Gut, dass Sie das sind, die das sagen. Ich selber wollte mich nicht dem Verdacht aussetzen, immer nur nach Entschuldigungen zu suchen. Deshalb habe ich auch den wochenlangen Ausfall von Solz bisher nicht erwähnt, ein Ausfall, nach dem kein Athlet dieser Welt sofort wieder topfit sein kann. Man könnte noch mehr in dieser Richtung sagen." Doch der Eintrachttrainer belässt es dabei, hält sich auch mit Kritik am eigenen Team zurück, lässt die durchwachsenen Leistungen etwa von Sztani und Hölzenbein unkommentiert und fasst zusammen: „Ein sehr schweres Stück Arbeit, die Grippe und das Geschick des Gegners hätte uns beinahe den Sieg gekostet.“ (fgo/rs)

 

Nachtrag: Die Eskapaden des Erwin Kostedde

Der Disziplinarausschuß des MSV Duisburg hat zwei Vergehen des talentierten Stürmers Erwin Kostedde hart bestraft. Er hatte am 1. Februar trotz mehrfacher Aufforderung eine Nachtbar nicht verlassen. Darüber hinaus blieb er am 12. Februar dem Training fern. Kostedde wurde bis zum 1.. März gesperrt und muß für beide Fälle je 1000 DM Geldstrafe zahlen. Von einer im Oktober 1967 verhängten Geldstrafe in Höhe von 4000 DM waren 2000 DM zur Bewährung ausgesetzt. ('Frankfurter Rundschau')

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Das Amtsgericht Duisburg verurteilte den Meidericher Bundesligastürmer Erwin Kostedde zu vier Wochen Gefängnis ohne Bewährung und zu Entzug des Führerscheins für ein Jahr. Der Grund: Trunkenheit am Steuer mit Unfall und Körperverletzung. Wegen wiederholten Fembleibens vom Training war der eigenwillige dunkelhäutige Stürmer erst in der vergangenen Woche von seinem Verein mit einer hohenGeldstrafe und einer Sperre bis zum 1. März belegt worden. ('Frankfurter Rundschau' vom 21.02.1968)

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Der MSV Duisburg hat seinem Stürmer Kostedde fristlos gekündigt, nachdem dieser im vorigen Jahr eine Nachtbar trotz mehrmaliger Aufforderung nicht verlassen hatte, wegen Trunkenheit am Steuer zu vier Wochen Haft ohne Bewährung und Führerscheinentzug verurteilt wurde und nun dem Training 14 Tage lang unentschuldigt fernblieb. Dazu Kostedde: „Ich halte das harte Training einfach nicht durch. Lieber gehe ich als Bierzapfer oder Schweißer." ('Frankfurter Rundschau' vom 09.03.1968)

 

 

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