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Werder Bremen - Eintracht Frankfurt |
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Bundesliga 1967/1968 - 19. Spieltag
2:0 (2:0)
Termin: Sa 13.01.1968, 15:30 Uhr
Zuschauer: 8.000
Schiedsrichter: Willi Thier (Gelsenkirchen)
Tore: 1:0 Werner Görts (42.), 2:0 Bernd Rupp (45.)
Werder Bremen | Eintracht Frankfurt |
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Tilkowskis schwarze Minuten Nachdem der ursprünglich auf den 6. Januar terminierte Auftakt zur Rückrunde für die Eintracht im Heimspiel gegen den VfB Stuttgart unter einer 15 Zentimeter hohen geschlossenen Schneedecke im Stadion begraben wurde, starten die Riederwälder heute verspätet in die zweite Ligahälfte. Zwar ist auch der Platz in Bremen in einem eher suboptimalen Zustand und das Wetter entspricht dem, was Wetter eben im Januar typischerweise zu bieten hat, aber für Schiedsrichter Willi Thier aus Gelsenkirchen steht fest: Es wird gespielt. Schließlich hatten die Hanseaten während der Woche alles - in Form eines Treckers mit Schneesammelkiste - daran gesetzt, den Platz einigermaßen von der weißen Pracht zu befreien. Dass der sich in der Folge trotz einer Außentemperatur von 12 Grad unter Null rutschig und morastig präsentiert, ist gut nachvollziehbar. Die Spieler versuchen sich gegen die Kälte mit Strumpfhosen zu schützen. Konsequenzen aus dem klimatischen Unbill zieht auch Werders Trainer Langner, der gegen die Eintracht auf seine beiden Stammspieler Steinmann und Danielsen verzichtet: "Beide kommen im Schnee nicht zurecht. Da ist Hänel wesentlich wertvoller." Um sein Team für den Rückrundenstart richtig einzustellen, war Langner mit der Mannschaft am Donnerstagabend ins Trainingslager nach Worpswede ausgerückt. Für den Gast aus Frankfurt spielt bei der Aufstellung der Mannschaft nicht das Wetter, sondern der Vereinarzt die Hauptrolle. Verletzt ist Peter Kunter, der Tilkowski in der Hinrunde als Stammtorhüter abgelöst hatte, sich aber bei einem Zusammenstoß mit Wolfgang Solz im ersten Training des neuen Jahres das Nasenbein gebrochen hatte. "Es ist wie ein Verhängnis, erst hat er mir einen Fußbruch beigebracht, jetzt ich ihm einen Nasenbeinbruch. Und beides im Training", gibt sich Solz zerknirscht. Auch Friedel Lutz, gerade zum Ende der Hinrunde wieder in die Elf gerückt, fällt erneut aus, da sich die Wunde am Fuß nach der letzten Operation entzündet hat. Nach seiner Knieverletzung wieder das Training aufgenommen hat Amateurnationalspieler Günter Keifler, für den ein Auftritt gegen Bremen freilich noch zu früh kommt.
Die Kälte sorgt dafür, dass die Zahl der Zuschauer im Bremer Stadion mit rund 8.000 durchaus überschaubar ist. Und die erleben in der ersten Phase der Partie, dass sich die Eintracht sich zunächst besser in Szene setzen kann als der Gastgeber. Vieles läuft dabei über die beiden Flügel, wo Grabowski den Nationalverteidiger Höttges ein ums andere Mal düpiert, während sich auf der anderen Seite Lotz wiederholt gegen Piontek durchsetzt. Freilich finden die Vorlagen der Beiden keinen adäquaten Abnehmer, denn die in der Angriffsmitte spielenden Bechtold und Solz beweisen zum wiederholten Male, dass sie alles andere als den Typus des bulligen Mittelstürmers mit unmittelbarem Tordrang repräsentieren. So läuft das Spiel der Eintrachtoffensive zwar gefällig, aber allzu oft in die Breite, so dass sich die Werder-Abwehr formieren kann. Allzu lange können sich die Frankfurter Außen über die ihnen anfangs zugeteilten Freiheiten aber nicht freuen. Denn schon bald erinnern sich Piontek und Höttges - ähnlich wie im Hinspiel in Frankfurter Stadion - daran, wofür sie bekannt sind: für ein Abwehrspiel ohne Kompromisse, vor allem, wenn sich ein gegnerisches Bein zwischen dem eigenen Fuß und dem Ball befindet. Gegen Bremens wichtigsten Mann Björnmose operiert Friedrich mit wechselndem Erfolg. Immer dann, wenn Friedrich dem Dänen praktisch auf den Füßen steht, bewegt sich das Werder-Spiel im Leerlauf. Lässt sich der Eintrachtler aber von dem zurückgezogenen Björnmose dazu verlocken, eigene Ausflüge in die gegnerische Hälfte zu starten, nutzt der Däne dies, um sich als Spielgestalter zu betätigen. Auch Zebrowski stellt seinen Gegenspieler Schämer einige Male vor Probleme. Wenig gute Szenen hat dagegen Görts, der gegen Blusch meist den Kürzeren zieht. Und auch Jusufi, der sich zunächst seine beliebten Ausflüge in des Gegners Hälfte verkneift, liefert eine starke Partie ab und neutralisiert Rupp weitgehend.
Drei Minuten vor der Pause hat Tilkowski sein Glück des Tüchtigen dann aufgebraucht. Nach einer hohen Flanke von Zebrowski in die Mitte senkt sich der Ball just dort gen Boden, wo Tilkowski und Rupp seiner harren. Vermeintlicher Sieger im Zweikampf der Beiden ist der Frankfurter Hüter. Doch seine Faustabwehr misslingt, das Leder kommt zu Görts, der ausnahmsweise einmal Blusch entwischt ist und zwölf Meter vor dem Tor lauert, um es humorlos zum 1:0 für den Gastgeber einzusenden. Wenige Augenblicke vor dem Halbzeitpfiff wird diese Schlussphase der ersten 45 Minuten für den ehemaligen Nationalkeeper im Dress der Riederwälder dann endgültig zum Debakel, als Rupp sich das Leder angelt und in Richtung des Frankfurter Strafraums zieht. Dem kleinen Außenstürmer misslingt zwar sein Schuss, der Ball touchiert Lindners Bein und trudelt gen Tor. Tilkowski greift zu, kann das rutschige Leder aber nicht festhalten, das über seine Hände hinweg zum 2:0 für Werder ins Tor hoppelt. Auch in der zweiten Hälfte sieht sich Bremen mit einer spielerisch eleganten Frankfurter Elf konfrontiert, die den Ball gekonnt in den eigenen Reihen hält. Schön spielen bedeutet allerdings nicht automatisch auch torgefährlich spielen, so dass die kämpferischen Bremer die Partie durchaus kontrollieren können. Allenfalls Kraus, der bei den Adlerträgern ab der 46. Minute den mit einer Wadenprellung ausgeschiedenen Huberts ersetzt, bringt etwas mehr kämpferisches Element ins Eintrachtspiel.
In der Schlussphase zeigen sich dann bei Werder Ermüdungserscheinungen, die Eintracht macht eindeutig das Spiel. Jusufi interpretiert nun seine Rolle als Außenverteidiger wie ansonsten gewohnt offensiv, und die Eintracht versucht sich darin, den Anschlusstreffer zu erzielen. Auf dem Fuß hat diesen Friedrich, der eine Viertelstunde vor dem Schlusspfiff freie Schussbahn hat und stramm abzieht. Doch der Schuss ist so unplatziert, dass der Ball direkt auf den blitzschnell herauslaufenden Bremer Torwart Bernhard geht. Unmittelbar darauf kommt Bechtold frei vor dem Bremer Tor zum Schuss, aber die Nerven spielen dem jungen Stürmer einen Streich und er produziert nur einen harmlosen Roller. Die letzte große Chance der Gäste hat Lotz, der vier Minuten vor dem Abpfiff nur den Pfosten des Werder-Tors trifft. Da zuvor auch das von Rupp in der 84. Minute erzielte Tor wegen seiner Abseitsstellung keine Anerkennung gefunden hatte, bleibt es beim 2:0, das den Bremern mit ihrer Einstellung recht gibt, Punkte zu erkämpfen, die sich nicht erspielen lassen. Nach der Partie hadert Eintrachttrainer Schwartz mit dem Schicksal: "Ein Unentschieden hätten wir zumindest verdient gehabt. Wir waren spielerisch überlegen, haben aber zu schlecht geschossen." Paul Osswald, im Dezember letzten Jahres zur Eintracht als Leiter der Lizenzspielerabteilung zurückgekehrt ist, hält den Bremer Erfolg dagegen aufgrund der größeren Kampfkraft für verdient: "Es hat sich wieder einmal gezeigt, dass sich der Einsatz bezahlt macht, wenn Höttges und Piontek ihn auch gelegentlich übertreiben. Aber die Bremer haben unseren Stürmern den Schneid abgekauft. Wenn Friedrich, Bechtold oder Huberts ebensoviel gearbeitet hätten wie Ferner - das Ergebnis hatte vielleicht andersherum gelautet."
Bremens Torhüter Bernhard nimmt derweil seinen Kollegen Tilkowski in Schutz: "Solch ein Missgeschick wie beim zweiten Tor kann dem besten Schlussmann der Welt passieren. Tilkowski hätte den Ball sicherlich bei normalen Temperaturen nie ins Netz rutschen lassen. Aber heute hatte man einfach kein Gefühl in den Fingern." Tilkowski, der seit dem vergangenen Oktober erstmals wieder das Frankfurter Tor gehütet hat, stimmt der Erklärung dankbar zu: „Mir waren meine Finger einfach klammgefroren.“ Mit 14:22 Punkten nimmt die Eintracht nach dieser Partie den 16. Platz ein, darf sich zumindest aber ein wenig darüber freuen, dass die noch hinter ihr Platzierten - Borussia Neunkirchen und der KSC - ebenfalls verloren haben.
Tiefer in die Tasche greifen müssen Fans fortan bei der Entrichtung des Eintrittgeldes für Heimspiele der Eintracht. Ein gedeckter Tribünenplatz kostet ab sofort 16 statt 15 Mark, Stehplatzbesucher werden mit 4,50 statt zuvor 4 Mark zur Kasse gebeten. Als Grund für diese Preiserhöhung führt die Eintracht die Einführung der Mehrwertsteuer mit einem Steuersatz von 10 Prozent (ermäßigt 5 Prozent) an. "Wir wissen, dass das Ganze ein zweischneidiges Schwert ist", erläutert Eintracht-Schatzmeister Dr. Knöpke diesen Schritt. "Als verantwortlicher Mann musste ich jedoch auf einer gewissen Erhöhung bestehen. Durch die Mehrwertsteuer haben sich die Belastungen des Vereins um rund fünf Prozent erhöht, und da wir bekanntlich nicht im Geld schwimmen, waren wir gezwungen, die wachsenden Ausgaben abzufangen." Die Eintracht steht mit dieser Preiserhöhung freilich nicht alleine da - zwölf der 18 Bundesligisten haben das Eintrittssalär zum Jahreswechsel angehoben. (fgo/rs)
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