Borussia Mönchengladbach - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 1967/1968 - 14. Spieltag

1:1 (1:1)

Termin: Sa 18.11.1967, 16:00 Uhr
Zuschauer: 25.000
Schiedsrichter: Gerhard Schulenburg (Hamburg)
Tore: 1:0 Peter Meyer (41.), 1:1 Jürgen Friedrich (44.)

 


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Borussia Mönchengladbach Eintracht Frankfurt

  • Volker Danner
  • Rudolf Pöggeler
  • Heinz Wittmann
  • Egon Milder
  • Berti Vogts
  • Peter Dietrich
  • Günter Netzer
  • Herbert Wimmer
  • Herbert Laumen
  • Peter Meyer
  • Klaus Ackermann

 


 

Wechsel
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Trainer
  • Hennes Weisweiler
Trainer

 

 

Die Serie hält

Am letzten Samstag musste die Polizei beim Eintracht-Heimspiel gegen Köln zwei aufgebrachte Zuschauer abführen. Fünf Tage später berichtet die Presse, dass “nun auch das Frankfurter Waldstadion südamerikanischen Charakter erhält“. Gemeint ist: Die Zuschauerplätze und das Spielfeld werden durch einen Drahtzaun getrennt. Geschäftsführer Erdmann von der Stadion GmbH begründet dies so:„Wir sind leider zu dieser Maßnahme gezwungen, weil, wie die letzten Vorfälle bewiesen haben, eine Handvoll Krawallmacher sonst den guten Ruf von Zehntausenden anständigen Sportplatzbesuchern zerstören könnte.“ Dabei ist es nicht so, als habe die Eintracht im sportlichen Bereich nicht bereits genug Probleme. Und der nächste Gegner ist ebenfalls nicht von Pappe.

Wenn der im heimischen Stadion bislang ungeschlagene Tabellenvierte, der zuhause mit dem 8:2 gegen Kaiserslautern am 4., dem 5:1 gegen Hannover 96 am 8. und dem 10:0 gegen Borussia Neunkirchen am 12. Spieltag gleich drei Kantersiege in dieser Saison verbuchen konnte, den Tabellen-14. zu Gast hat, scheint die Rollenverteilung klar.

Auf der anderen Seite wartet eben dieser Gastgeber - Borussia Mönchengladbach - seit seinem 1965 erfolgten Aufstieg in die Bundesliga auf einen doppelten Punktgewinn gegen den heutigen Gegner Eintracht Frankfurt. Gerade einmal ein kümmerliches Pünktchen durch das 0:0 im Heimspiel der letzten Spielzeit haben die Gladbacher bislang gegen die Riederwälder erspielt, dreimal gingen die Hessen beim Kampf um Punkte als Sieger vom Platz.

Lässt diese Konstellation die Optimisten unter den Borussenfans auf einen lockeren doppelten Punktgewinn spekulieren, so kann die Eintracht nicht wenigen Zuschauer doch ein gewisses Maß an Nervosität einflößen. Und gerade diese zweite Gruppe sieht sich bestätigt, als der Gast auf dem Bökelberg das Kommando auf dem Spielfeld übernimmt. Grabowskis Treffer in der 2. Minute findet allerdings wegen einer Abseitsstellung keine Anerkennung und die Schüsse vom Keifler in der 8. sowie Lotz in der 21. Minute bringen ebenfalls keinen Ertrag.

Während Keifler dem Gladbacher Mittelfeldstrategen Netzer ein ums andere Mal fair, aber wirkungsvoll in die Parade fährt, schaltet und waltet auf der anderen Seite Huberts überzeugend. Überhaupt hat man den Eindruck, dass die Frankfurter den technisch gewiss nicht unbeschlagenen Borussen just in der Disziplin Ballbehandlung den Rang ablaufen. Offensichtlich wird allerdings auch, dass die Eintracht nicht über die Stürmerqualitäten der Gladbacher verfügt. Bechtold, erstmals seit seinem Platzverweis am sechsten Spieltag wieder dabei, ist die lange Zwangspause anzumerken. Grabowski erntet für seine Dribblings und Tricks zwar wohlfälliges Nicken auf der Tribüne - allzu effizient ist der jungen Außen aber nicht. Gefahr geht lediglich von dem geschickt aus der Tiefe spielenden Friedrich aus.

Nach einer halben Stunde findet sich Netzer dann zwar allein vor Kunter wieder, doch das Frankfurter Tor nicht. Zehn Minuten später hat er Pech, als er nach einem Steilpass auf und davon geht, jedoch zurück gepfiffen wird, weil ihn der Linienrichter im Abseits gesehen haben will. Doch auch, wenn das in den vorherigen Spielen so erfolgreiche Sturmspiel der Gastgeber heute leicht statisch wirkt, so gelingt ihnen in der 41. Minute doch das, was sie - nachgewiesen durch 41 Treffer in den bislang 13 absolvierten Bundesligaspielen - am besten können: das Toreschießen. Pöggeler schickt den stark abseitsverdächtig platzierten Peter Meyer mit einem Pass über 30 Meter auf die Reise, der Stürmer spurtet los und lässt Kunter im Tor der Frankfurter mit einem wuchtigen Schuss keine Chance.

„Pitter“ Meyer ist zu Saisonbeginn von Fortuna Düsseldorf an den Bökelberg gewechselt, nachdem die Fortuna in der Bundesliga nur ein einjähriges Gastspiel absolviert hatte. Meyer, der für die Fortunen seit 1960 in der Oberliga bzw. seit 1963 in der Regionalliga West gespielt hatte, kam in der letzten Saison in 25 Einsätzen zwar nur auf acht Tore, war Borussentrainer Weiseweiler aber dennoch positiv aufgefallen.

Die Freude der Gladbacher Spieler und Fans über die Führung währt freilich nur drei Minuten, denn kurz vor der Pause fällt der Ausgleich. Ein Schussversuch Grabowski von halblinks wird von Bechtold verlängert, Wittmann versucht zu klären, kann den Ball aber nur abfälschen, so dass Torhüter Danner den Ball passieren lässt und Friedrich ihn über die Linie drückt. Torhüter Danner geht mit seinen Vorderleuten ins Gericht: „Die waren mit den Gedanken schon in der Kabine, als Pitter Meyer das 1:0 markierte. Und bums — wurden wir vernascht.“

Auch die zweite Hälfte sieht eine starke Gastmannschaft, die den Borussen geschickt Paroli bietet. Ihren Versuchen nach zu urteilen, ist den Gastgebern heute aber auch das Schiesspulver nass geworden. Nachdem ein Foul an Meyer übersehen wird, geht der folgende Schuss in der 49. Minute ebenso am Tor vorbei, wie die von Pöggeler in der 57. und Wimmer in der 63. Richtung Frankfurter Kasten verschickten ledernen Grüße.

Zwar können sich die Gladbacher zunächst eine sichtliche Feldüberlegenheit erspielen, nach 20 Minuten haben die Eintrachtspieler aber die Kontrolle zurückgewonnen und erlauben den mit Fortdauer des Spiels immer nervöser werdenden Gastgebern kaum noch Schusschancen. Nach vorne bringen die Riederwälder aber kaum Produktives zustande, was auch in der Tatsache begründet liegt, dass Borussentrainer Weisweiler bereits zu Beginn der zweiten 45 Minuten Dietrich als ständigen Bewacher des gefährlichsten Frankfurters Friedrich abstellt hat.

Dennoch: In der 66. Minute könnten Lotz bzw. Huberts in der 82. Minute für einen Frankfurter Sieg sorgen. Danner lässt sich jedoch von ihnen nicht überwinden. Dazwischen vergibt Wimmer den möglichen Borussensieg in der 67. Minute, als er bis zum Frankfurter Tor durch kommt, aber dann auch noch Torhüter Kunter ausspielen will. Wimmer bleibt dabei am aufmerksamen und reaktionsschnellen Kunter hängen. „Ich wollte es besonders schön machen“, erklärt er, dass es beim nach Spielanteilen gerechten 1:1 bleibt.

Trainer Elek Schwartz ist über den Punktgewinn sehr erfreut. Der längst nicht mehr unumstrittene Fußballlehrer soll vor dem Anpfiff beim Anblick seines Vereinspräsidenten Gramlich sowie dessen Stellvertreter Dr. Amend gefragt haben: „Ob heute die Bombe wohl losgeht?“ Nach dem hochverdienten Unentschieden dürfte sein wackelnder Trainerstuhl bei der Eintracht wieder etwas fester stehen. „Wir haben uns mit dem furchtbaren Kraftfußball der Borussen zwar schwer getan, doch dieser eine Punkt war ehrliche Arbeit“, gibt er zu Protokoll.

DFB-Trainer Heddergott begutachtete auf der Tribüne besonders die Leistungen von Netzer und Vogts für das bevorstehende Länderspiel gegen Rumänien: „Herrn Schön werde ich besonders Günter Netzer empfehlen, aber auch den kleinen Berti Vogts. Schade, dass Peter Meyer nicht mit im Aufgebot ist. Auch über ihn gäbe es manches Positive zu berichten.“ Dazu kommt Trainer Weisweiler nicht mehr. Er hat gerade die Nachricht erhalten, dass der 58-jährige Vereinskassierer Lorenz Hochheim während des Spiels einen Herzinfarkt erlitten hat und auf dem Weg ins Krankenhaus verstorben ist: „Das ist ein schmerzlicher Verlust für unseren Verein.“

Epilog

Peter Meyer erweist sich auch nach diesem Spiel als Volltreffer. Mit zwei Treffern beim 5:2-Erfolg in Köln hat er nach dem 15. Spieltag bereits 19 Tore erzielt und steht mit Abstand an der Spitze der Torjägerliste.

Meyer wird von Bundestrainer Helmut Schön für das entscheidende Spiel gegen Albanien in der EM-Qualifikation nominiert. Er feiert am 17. Dezember 1967 auch tatsächlich sein Debüt in der Nationalmannschaft, doch diese scheitert bei der „Schmach von Tirana“ mit einem 0:0 beim Außenseiter sensationell in der Qualifikation für die Fußball-Europameisterschaft 1968.

Meyers erstes Länderspiel ist auch sein letztes, denn am 9. Januar 1968 erleidet er während des Trainings in der Sportschule Duisburg-Wedau einen Schien- und Wadenbeinbruch. Nachdem in der Rekonvaleszenz eine erneute Operation durchgeführt werden muss, zeichnet sich ab, dass der Stürmer nicht wieder auf die Beine kommen könnte. Am 23. August 1969 spielt er noch einmal 45 Minuten in der Bundesliga, wird dann aber zur Halbzeit wegen Schmerzen an der Bruchstelle ausgewechselt. Es ist Meyers letzter Einsatz in der höchsten Spielklasse. (fgo/rs)


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