Eintracht Frankfurt - Hamburger
SV |
Bundesliga 1967/1968 - 12. Spieltag
1:1 (0:1)
Termin: Sa 04.11.1967, 16:00 Uhr
Zuschauer: 25.000
Schiedsrichter: Hans Radermacher (Siegburg)
Tore: 0:1 Gert Dörfel (42.), 1:1 Jürgen Grabowski (61.)
Eintracht Frankfurt | Hamburger SV |
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Trainer | Trainer
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"Der Grabi und der Holz" feiern Bundesligapremiere Vor rund einem Jahr in der Bundesligasaison 66/67 war das Aufeinandertreffen der Frankfurter Eintracht und des Hamburger SV im Waldstadion ein echtes Spitzenspiel. Die Riederwälder wiesen 17:9 Punkte auf und waren damit Tabellenführer, der HSV lauerte mit nur einem Punkt weniger auf dem vierten Platz. Für die 1:3-Heimniederlage konnte sich die Eintracht damals im Rückspiel revanchieren und in Hamburg mit 2:0 gewinnen. Die Spielzeit 67/68 setzt für diese Partie allerdings andere Präferenzen. Die beiden Kontrahenten rangieren auf dem 14. (Eintracht) beziehungsweise 15. (HSV) Rang und damit in unmittelbarer Nähe zu den Abstiegsplätzen. Entsprechend läuft das Spiel so, wie es zwischen zwei Mannschaften laufen kann, die noch vor kurzem bessere Tage gesehen haben, die aktuell aber alles daransetzen müssen, um sich aus dem Abstiegsstrudel herauszuhalten. Das bedeutet, dass die Eintracht ihr angestammtes 4-2-4-System aufgegeben hat und statt dessen in einer 4-3-3-Formation agiert. Die Hamburger wiederum operieren aus einer massiven Deckung, haben Willi Schulz als Libero hinter eine Viererkette zurückgezogen und auch die beiden Mittelfeldspieler Hans Schulz, der zumindest einige Ausflüge nach vorne unternimmt, und Krämer sind eher defensiv ausgerichtet. Bereits in der 2. Minute hat die Eintracht die Chance zum 1:0. Nach einem Fehler von Schulz startet Lotz im Strafraum durch, wird aber in seinem Bewegungsdrang von Dieckmann gestoppt, der ihn mit einem Tritt von hinten unsanft von den Beinen holt. Dieses Foul haben allerdings nicht nur die zu spät Gekommenen unter den 25.000 Zuschauern verpasst, sondern auch Schiedsrichter Radermacher, der der Eintracht den klaren Elfmeter verweigert. In der Folge versucht sich die Eintracht recht ergebnislos in der Offensive, denn die Hamburger decken hart und kompromisslos. Allerdings unterlaufen Libero Willi Schulz immer wieder Schnitzer, die zeigen, dass der Nationalspieler derzeit eine Formkrise erlebt. Ausnutzen können die Frankfurter diese Lapsi allerdings nicht. Zwar rackert Lotz unermüdlich, um sich gegen die massive Deckung des HSV durchzusetzen fehlt ihm allerdings die Technik eines Grabowski oder eines Huberts, die es teilweise mit ihren Kabinettstückchen und dem Kurzpassspiel dann übertreiben, wenn einmal ein satter Schuss angebracht wäre. Huberts Kopfball in der 11. und Lotz' Drehschuss in der 20. Minute verfehlen ihr Ziel und gehen über das Tor. Auf der Gegenseite wehrt Kunter fünf Minuten später einen Aufsetzer von Löffler ab, verschätzt sich aber bei einer Flanke von Hans Schulz in der 35. Minute, was aber folgenlos bleibt. Sekunden später haben Kunter und die Eintracht erneut Glück, als Dieckmann frei stehend die Gästeführung verpasst.
In der 42. Minute fällt dann das 0:1 doch noch. Der ansonsten zwar fleißige, aber recht unauffällige Uwe Seeler überwindet nach einer Flanke von rechts den zu weit vor dem Tor platzierten Kunter mit einem Kopfstoß, trifft aber nur Latte. Am schnellsten reagiert jedoch kein Frankfurter Abwehrspieler, sondern Charly Dörfel, der den Ball über die Linie zur Hamburger Führung drückt. „Unsere Führung ist doch bestimmt verdient“, kommentiert Georg "Schorsch" Knöpfle, der Technische Direktor des HSV, zur Halbzeit. Deutlich kampfbereiter als noch in der ersten Hälfte startet die Eintracht in die zweite Halbzeit. Der Mannschaft ist anzumerken, dass sie den Torerfolg erzwingen will. Auffallend dabei die Leistung des kampfstarken Amateurs Keifler, der heute ohne Zweifel zu den Aktivposten in den Frankfurter Reihen zählt und den stets jeden Zweikampf aus dem Wege gehenden Huberts und auch den ansonsten sehr zuverlässigen Friedrich, dem in dieser Partie zahlreiche Fehlpässe unterlaufen, in den Schatten stellt. Auch die Viererkette steht gut, und Kunter macht seinen Schnitzer beim Hamburger Führungstor mit einigen schönen Paraden wett. In der 46. Minute hat er nach einem Solo von Hans Schulz in großartiger Manier das 0:2 verhindert. Nach 53 Minuten steht Jusufi frei, aber so offensivstark der Jugoslawe ist, ein Torjäger ist er nicht – sein Schuss geht daneben. Zwei Minuten später unterbindet Keifler das von Hans Schulz und „Eia“ Krämer gebildete Duett, bevor größere Gefahr entstehen kann. Neuzugang Krämer, der mit seinem Freistoßtor am letzten Wochenende den 300. Bundesligatreffer erzielte und den HSV zum Sieg gegen Köln führte, kann auch sonst seine bisher beste Leistung gegen die Eintracht nicht wiederholen. „Es war ein Fortschritt, aber hundertprozentig zufrieden war ich mit mir noch nicht“, hatte Krämer nach dem 3:1 gegen Köln gesagt, heute dürfte der Grad seiner Zufriedenheit noch entschieden niedriger ausfallen. Eine technische Meisterleistung ist der Ausgleich durch Grabowski in der 61. Minute. Der Frankfurter Außen umspielt an der Torauslinie Helmut Sandmann und erspäht zwischen Willi Schulz und dem HSV-Keeper Özcan eine schmale Lücke, durch die er den Ball aus nächster Nähe ins Netz schießt. Ab der 78. Minute kommt schließlich ein 21-jähriger Nachwuchsstürmer zu seinem ersten Bundesligaeinsatz. Diesen Wechsel erklärt Elek Schwartz später so: "Racky hatte am Mittwoch ein schweres Spiel der Fohlenelf in Nürnberg hinter sich, und ich fürchtete, die letzte Viertelstunde könnte zu viel für ihn werden; deshalb schickte ich Hölzenbein hinein." Fünf Minuten vor dem Ende, bietet sich Hans Schulz die Gelegenheit zum Torerfolg, aber er verstolpert freistehend. Sekunden vor Schluss gelingt Keifler fast noch der Siegtreffer für die Eintracht, doch sein satter Schuss findet nicht den Weg ins Tor, weil Torhüter Özcan mit seiner besten Tat am heutigen Tag den abgefälschten Ball parieren kann. So bleibt es letztlich beim 1:1. Bundestrainer Helmut Schön, heute zu Gast im Stadion, zieht sich nach dem Spiel mit seiner Einschätzung vorsichtig aus der Affäre: "Keine Frage, das war schwaches Niveau. Alles so verkrampft. Beide Mannschaften zeigten deutlich den Druck, der auf ihnen lastet. Nur wenn einer von ihnen ab und zu das Spiel in Griff bekam, dann rollte es und dann konnte man auch sehen, was in beiden steckt. Aber das ging eben immer nur für ein paar Minuten." In Anbetracht des Druckes und der damit verbundenen Verkrampfung hier wie dort zeigen beide Seiten im Nachhinein eine relativ zufriedene Miene, auch wenn HSV-Sportdirektor "Schorsch" Knöpfle auf seiner Sprachlosigkeit beharren will: „Ich gebe keinen Kommentar, bis wir wieder besser spielen. Ich habe das der Mannschaft versprochen.“ Insgesamt zeigt sich Knöpfle mit dem Auftritt seiner Mannschaft zufrieden: "Wir müssen erst mal raus aus dem Schlamassel, und ich glaube, dass wir heute den Anfang gemacht haben. Beide Mannschaften haben gekämpft und beide können mit dem einen Punkt zufrieden sein." Elek Schwartz äußert sich davon überzeugt, ein gerechtes Remis gesehen zu haben. Er ist vor allem mit den Leistungen in der zweiten Hälfte einverstanden, als seine Eintracht durch kämpferischen Einsatz den Ausgleich erzielte und damit wenigstens einen Punkt rettete: "Schön, wie nach der Pause die Eintracht kämpfte. Wahrscheinlich hatten wir am Ende sogar ein kleines Plus." (fgo/rs)
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