Hannover 96 - Eintracht Frankfurt |
Bundesliga 1967/1968 - 7. Spieltag
2:1 (1:1)
Termin: Sa 23.09.1967, 16:00 Uhr
Zuschauer: 30.000
Schiedsrichter: Berthold Schmidt (Hermesdorf)
Tore: 0:1 Wilhelm Huberts (20.), 1:1 Jupp Heynckes (31.), 2:1 Walter Rodekamp (87.)
Hannover 96 | Eintracht Frankfurt |
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Technik allein schießt keine Tore Sechsmal stand sich die beiden heutigen Kontrahenten Hannover 96 und Eintracht Frankfurt bislang in Bundesligapartien gegenüber, sechsmal durften sich nach Abpfiff die 1964 in die höchste deutsche Spielkasse aufgestiegenen Hannoveraner freuen. Denn neben drei Heimsiegen und einem doppelten Punktgewinn in Frankfurt gab es für die Niedersachsen noch zwei Unentschieden im Waldstadion. Für beide Mannschaften ist diese Partie das zweite Pflichtspiel in dieser Woche. Während die Eintracht mit einer 0:1-Heimniederlage im Messepokal-Hinspiel gegen Nottingham Forest im Gepäck an die Leine fährt, haben die Gastgeber ihren Auftritt im selben Wettbewerb beim SSC Neapel mit einer 0:4-Pleite in den Sand gesetzt, wobei der 96er Torhüter Horst „Poldi“ Podlasly noch der beste in den Reihen der Niedersachen war. Noch dazu hatten die Hannoveraner das Pech, ihren Rückflug aufgrund eines Pilotenstreiks nur verzögert antreten zu können. Die Riederwälder, so hat es schon bald nach dem Anpfiff vor 30.000 Zuschauern den Anschein, haben diese europäische Niederlage besser weggesteckt als die Hannoveraner, die kraftlos und ausgelaugt wirken. So übernehmen Friedrich und Sztani im Mittelfeld die Regie und laufen ihren Kontrahenten Siemensmeyer und Straschitz ein ums andere Mal davon.
Von dieser Überlegenheit profitieren die Gäste nach 20 gespielten Minuten. Jusufi legt nach rechts flach vor, Abbé setzt sich auf dem Flügel durch und geht mit dem Ball bis zur Torauslinie, ehe er eine Flanke in den Strafraum schlägt. Podlasly im Tor der 96er berechnet die Flugbahn falsch und berührt den Ball nur mit den Fingerspitzen, so dass der wachsam lauernde Huberts mit einem kraftvollen Kopfball das 0:1 markieren kann. Auch in der Folge sind die Gäste deutlich feldüberlegen. Doch es setzt sich fort, was schon in den letzten Spielen ersichtlich wurde: Der Eintracht fehlen die abschlussfreudigen Stürmer. So kann die Mannschaft ihre technische Überlegenheit, die sich nachhaltig offenbart, nicht in Zählbares umsetzen - vor dem Tor endet meist kläglich, was zuvor glanzvoll aufgebaut wurde. Dieser lässliche Umgang mit Torschancen rächt sich in der 31. Minute. Ausnahmsweise können sich Siemensmeyer und Bandura einmal durchsetzen, der Ball findet nach Banduras Flanke seinen Weg zu Heynckes, der ihn mit einem Kopfballtorpedo zum 1:1 im Netz versenkt. Tilkowski berührt das Leder zwar noch, kann aber den Ausgleich nicht verhindern. Auch nach dem Ausgleich hält die Dominanz der Gäste an. Doch an der Strafraumgrenze ist damit Schluss. Was die gestaffelte Viererkette der 96er nicht bereinigen kann, setzen die Frankfurter Stürmer nur zu unzulänglichen Abschlussversuchen um, bei denen Podlasly meist noch nicht einmal eingreifen muss. So bleibt es beim 1:1 bis zum Pausenpfiff. Neue Halbzeit - gleiches Bild: Die Eintracht präsentiert sich überlegen, zeigt ein gefälliges Spiel und kombiniert sehenswert, ohne daraus Kapital schlagen zu können. Die Hannoveraner hingegen enttäuschen ihre Fans auf den Rängen nachhaltig. Die Ermüdungserscheinungen bei den Gastgebern treten nun noch deutlicher zutage und das Spiel wird in Ermangelung der notwendigen Kondition hart bis überhart geführt. Straschitz und Gräber bekommen das Mittelfeld weiterhin nicht in den Griff, Rodekamp ist gegen Jusufi überfordert und Heynckes rennt sich ohne Unterlass in der Gästeabwehr fest. Immerhin kämpfen die Hannoveraner mit zäher Verbissenheit, doch die Schützlinge von Trainer Buhtz schleppen sich nur noch im Zeitlupentempo über den Platz. Hannover 96 ist stehend k.o., aber die Eintracht verpasst es, die Gastgeber mit einem weiteren Wirkungstreffer endgültig Parterre zu schicken. Nur ein ebenso überraschender wie kraftvoller Schuss von Siemensmeyer lässt kurz aufhorchen, geht aber knapp am Tor vorbei. Vor Spielbeginn hatte Siemensmeyer, der heute 27 Jahre alt wird, in der Kabine lachend angekündigt: „Heute werden wir einen schönen Geburtstagskuchen anrühren.“ Das Gebäck ist seinem Team gründlich misslungen, doch der Frankfurter Torwart hat noch ein Geschenk im Gepäck. Und so stellen drei Minuten vor dem Schlusspfiff Hans Tilkowski mit einem folgenschweren Patzer und Walter Rodekamp mit seinem ersten Saisontreffer den Spielverlauf auf den Kopf: Eine verunglückte Flanke von Straschitz mutiert zum Bogenball, den der falsch postierte Tilkowski gerade noch ablenken kann - hinter ihm knallt die Kugel ans Torgebälk. Einen Meter vor dem Tor stehend ist Rodekamp zur Stelle und nickt das Leder ins Tor. Zwar protestieren einige Frankfurter, da sie ein Handspiel des Torschützen gesehen haben wollen, aber das 2:1 für die Gastgeber, das auch das Endresultat bedeutet, findet beim Schiedsrichter Anerkennung. Fassungslos quittiert Lothar Schämer, der bis dahin einen souveränen letzten Mann gegeben hat, diesen Treffer, indem er einen Grasbüschel ausrupft, in die Luft feuert und ein lautes "Es ist zum Heulen" folgen lässt. „Wenn man ihn ganz in die Defensive verbannen will, hat man nur einen halben Jusufi“, lobt Trainer Elek Schwartz seinen besten Mann und klagt: „Wir haben wieder gut gespielt und doch unglücklich verloren.“ Hannovers Trainer Horst Buhtz, der am Donnerstag 44 Jahre alt wurde, freut sich über das nachträglich Geburtstagsgeschenk: „Glück muss der Mensch haben.“ Nur Torwart Podlasly ist der Sieg fast peinlich: „Dieses Spiel wollen wir ganz schnell vergessen.“
Das nächste Geschenk macht sich Hans Siemensmeyer selbst. Bei seinem Länderspieldebüt vier Tage später schlägt die DFB-Auswahl die des französischen Fußballverbandes mit 5:1 und Siemensmeyer trägt sich mit zwei Treffern in die Torschützenliste ein. (fgo/rs)
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