Eintracht Frankfurt - Rot-Weiß Essen

Bundesliga 1966/1967 - 28. Spieltag

5:0 (1:0)

Termin: Sa 15.04.1967, 16:00 Uhr
Zuschauer: 17.000
Schiedsrichter: Wolfgang Link (Kiel)
Tore: 1:0 Ernst Abbé (12.), 2:0 Walter Bechtold (48.), 3:0 Walter Bechtold (74.), 4:0 Oskar Lotz (75.), 5:0 Ernst Abbé (80.)

 


>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt Rot-Weiß Essen

 


  • Fred-Werner Bockholt
  • Manfred Frankowski
  • Klaus Fetting
  • Jürgen Glinka
  • Adolf Steinig
  • Helmut Littek
  • Heinz Simmet
  • Willi Lippens
  • Willi Koslowski
  • Peter Dietrich
  • Herbert Weinberg

 

Trainer Trainer
  • Fritz Pliska

 

 

Grabowski kann auch kämpfen

Wer nur das Endergebnis sieht, könnte der Meinung sein, der Tabellenzweite aus Frankfurt habe den Abstiegskandidaten aus Essen glatt überrannt oder doch über volle 90 Minuten ausgespielt. In Wahrheit gehörte der Eintracht nur die zweite Halbzeit, während sich in der ersten Hälfte geradezu tolle Dinge abspielten. Es begann damit, daß die Eintracht den Gegner wieder einmal unterschätzte und dabei nach dem schnellen Führungstreffer auch blieb. Nun häuften sich geradezu katastrophale Fehler in der Abwehr, vor allem durch Blusch, der einfach haarsträubende Schnitzer beging und damit seinen Nebenmann Lindner wie auch Kunter im Tor mit ansteckte. Die Folge: die Eintracht verlor völlig den Faden, und die Essener, die recht geschickt aus einer verstärkten Defensive über eine Dreierreihe in der Mitte, den Ball nach vorn trugen, spielten eine Reihe sicherer Torchancen heraus.

Ihr Pech, daß nur ein einziger Mann jeweils den Abschluß auf den Fuß bekam und dieser Mann total versagte. Ausgerechnet an seinem 23. Geburtstag konnte Mittelstürmer Littek vier große Chancen bis zur Pause einfach nicht verwerten: zweimal schoß er den herauslaufenden Torwart Kunter an und zweimal, als auch Kunter nicht mehr zwischen ihm und dem Tor stand, köpfte er darüber oder vorbei (einmal aus nicht mehr als zwei bis drei Metern über die Latte). Da Littek außerdem wohl ein Dutzendmal in die Frankfurter Abwehrfalle hineintappte, verlor er in dieser ersten Hälfte allein das Essener Spiel.

Später, nach dem schnellen 2:0 der Eintracht kurz nach der Pause, hatten die Westdeutschen keine Chance mehr, so glänzend Ersatzmann Bockholt (für den verletzten Roß) auch zwischen den Pfosten hin und her hechtete und vor dem Tor die hohen Bälle immer wieder abfing. Nun spielte die Eintracht ihr Fußball-Abc herunter, und der Sturm, von dem fleißigen Friedrich und dem routinierten Huberts geschickt eingesetzt, spielte eine Chance nach der anderen heraus die den beider Jungmannen in der Mitte, dem 19jährigen Bechtold und dem 18jährigen Abbé in seinem ersten Bundesligaspiel, Gelegenheiten zu weiteren Treffern gaben. Da wurde selbst Solz nicht mehr vermißt, der wegen einer Knöchelverletzung auf der Tribüne saß. Zumal Grabowski, der seine Mandeloperation nun endgültig überwunden zu haben scheint, nicht nur glänzend spielte, sondern auch prächtigen Einsatz zeigte und nach Jusufi nun auch Schämer sieh mehr und mehr in das Angriffsspiel einschaltete. Kurz, nun lief alles bei den Frankfurtern, während die Rotweißen nur noch gelegentlich aus ihrer Hälfte herauskamen.

Auch Linksaußen Lippens, ihr gefährlichster Stürmer, schaffte den Ehrentreffer nicht mehr. Und Koslowski, der aus dem Mittelfeld heraus spielte und nun immer härter einstieg, je stärker der Druck der Frankfurter wurde, mußte eine Verwarnung des sehr sicher leitenden Schiedsrichters Link aus Kiel einstecken. Die Schlacht, die Essen in der ersten Halbzeit durchaus gewinnen konnte, wurde nach der Pause restlos verloren.

Kommentare

Die Gäste des Frankfurter DFB-Bundestages, die zum Spiel ins Waldstadion gekommen waren, schlugen in den ersten 45 Minuten die Hände über dem Kopf zusammen und ihre Gesichter wurden immer länger. Auch Bundestrainer Helmut Schön zuckte in der Pause nur ratlos die Achseln über so viele Fehlleistungen bei zwei Bundesligamannschaften, und Eintracht-Präsident Rudi Gramlich, der alte Nationalspieler, wehrte mit beiden Händen ab: Kein Kommentar.

Nach der Pause hellten sich dann die Gesichter auf, nur bei den Essener Begleitern selbstverständlich nicht. Trainer Fritz Pliska aber meinte nach dem Schlußpfiff: „Wenn man solche Chancen vergibt, wie wir in der ersten Halbzeit, dann kann man ein Spiel einfach nicht gewinnen. So sang- und klanglos wie in den zweiten 45 Minuten sind wir in der Bundesliga noch nicht untergegangen. Von meinen Leuten hat mir außer Torwart Bockholt, der keine Schuld an der hohen Niederlage trägt, nur Frankowski in der Abwehr gefallen. Sonst hat fast alles geschwommen. Der große Pechvogel war Littek ausgerechnet an seinem 23. Geburtstag. Er war ein völliger Versager. Dietrich, der vor einer Woche unser bester Mann war, fiel nach einer Schulterprellung in seiner Leistung stark ab. Fetting hat leider den jungen Abbé nicht halten können. Beide Tore durften nicht fallen."

Trotz der fünf Eintrachttore am Ende hielt Trainer Elek Schwartz mit seiner Kritik nicht hinter dem Berge: „Wieder einmal hat meine Mannschaft den Gegner zunächst unterschätzt. Der Erfolg war, daß wir eine Viertelstunde lang in der Abwehr geschwommen sind." Sein Urteil über Blusch: „Er war jetzt wochenlang unser bester und zuverlässigster Mann in der Deckung. Da reitet ihn der Teufel, er will zeigen, daß er auch technisch etwas kann — und schon geht alles schief. Die ersten Pfiffe kommen, er wird völlig verwirrt und findet einfach nicht mehr zu seinem Spiel. Das ist die ganze Erklärung.“ Zum jungen Abbé: „Seine beiden Tore waren schön, aber er ist selbstverständlich noch kein fertiger Spieler. Noch immer fällt ihm die Umstellung vom Amateur- zum harten Profitraining schwer, aber er wird sicher noch kommen." Erfreut zeigte sich Schwartz über das „Come-back“ von Grabowski: „Jetzt spielt er nicht nur, er kämpft auch, und das schätze ich ganz besonders an ihm." Schließlich zum Gegner: „Essen ist keine so schlechte Mannschaft, wie es nach dem 5:0 aussieht. Es fehlten auch zwei gute Spieler, das merkt man schon. Vielleicht haben sie zu früh versucht, das Spiel zu verlangsamen, auf Zeit zu spielen."

Tore: 1:0 Abbé (12). Freistoß Grabowski aus 18 Metern, Kopfball Abbé hoch ins kurze Eck. 2:0 Bechtold (47). Freistoß Jusufi, abgewehrt von Dietrich, 18-m-Schuß von Bechtold, bei dem Bockolt die Sicht versperrt war. 3:0 Bechtold (74.), Eckball Grabowski, Bockoldt zu weit aus dem Tor, Flachschuß von Bechtold ins Eck. 4:0 Lotz (75), Solo von Lotz über 30 mit abschließendem 20-m-Schuß. 5:0 Abbe (80), Kombination Lotz-Bechtold-Abbé. (Sport-Magazin vom 17.04.1967)

 

Höhepunkte des Spiels

1:0: Grabowski-Freistoß von der rechten Strafraumkante aus. Der Ball geht über alle Essener Köpfe hinweg zum völlig ungedeckten Abbé. Dessen Kopfball ist scharf wie ein Schuß.Tor.
2:0: Jusufi-Flanke bleibt in der Essener Deckung hängen, tropft aber Bechtold vor die Füße. Der donnert aus 20 in ein. Bockholt war die Sicht versperrt.
3:0: Kurz, kopfhoch gespielte Ecke Grabowskis, Bechtold sieht, daß die Essener nicht aufpassen. Kopfball, Tor!
4:0: Huberts-Diagonalpaß erreicht Lotz auf den Meter genau. Der Linksaußen läuft noch einige Schritte und feuert aus 18 m ab.
5:0: Typische Eintracht-Spielfolge, Doppelpaß Huberts - Betchtold. Der Mittelstürmer zieht los, schießt. Der Winkel ist schon zu spitz, der Ball scheint am Tor vorbeizugehen. Da spritzt Abbé hinzu und lenkt im Fallen den Ball ins Netz. (Kicker vom 17.04.1967)

 

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