MSV Duisburg - Eintracht Frankfurt |
Bundesliga 1966/1967 - 25. Spieltag
0:0
Termin: Sa 11.03.1967, 16:00 Uhr
Zuschauer: 26.000
Schiedsrichter: Erwin Sturm (Hannover)
Tore: ./.
MSV Duisburg | Eintracht Frankfurt |
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Trainer
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Im Abseits Da jubelt der Boulevard: Jürgen Grabowski hat sich einen neuen Anzug mit Fischgrätenmuster und einen neuen Hut gekauft. „Fehlt nur noch der farblich richtige Binder“, wird der 22-jährige Liebhaber schneller Wagen zitiert: „Den passenden Porsche habe ich schon!“ Der ist himmelblau. Freundlich schaut auch die Welt bei der Eintracht aus. Der Tabellenzweite hat – auch dank zweier Tore seines Rechtsaußen Grabowski – am vergangenen Wochenende den KSC im Waldstadion mit 5:1 geschlagen. Und nun wollen die Frankfurter in der Fremde endlich wieder einmal punkten und Tore schießen: Bei den letzten drei Gastspielen gab es jeweils drei Gegentore, doch nur einen einzigen Frankfurter Treffer. Das soll sich heute ändern und zwar beim Meidericher Sportverein, der mit Beginn des Jahres MSV Duisburg heißt. Die „Zebras“ sind mit drei Heimsiegen in diese Runde gestartet, haben von den folgenden sieben Spielen vor heimischem Publikum jedoch nur noch ein einziges gewinnen können und drei verloren. Vom Sturz ans Tabellenende zum Schluss der Hinrunde hat man sich an der Wedau zwischenzeitlich aber erholt und am letzten Spieltag mit einem 3:1 in Stuttgart sogar ein kleines Punktepolster zwischen sich und die Abstiegsränge gebracht. Und aus der Begegnung im Waldstadion, die die Eintracht in der Hinrunde nur dank eines Elfmeters mit 1:0 für sich entscheiden konnte, weiß die Elf von Trainer Schwartz, wie unangenehm die Aufgabe heute werden kann. Schwartz sieht keinen Grund, seine siegreiche Elf zu ändern. Beim MSV kehrt Heinz van Haaren anstelle von Willibert Kremer in die Mannschaft zurück. Deren Trainer Hermann Eppenhoff, das ist heute schon klar, wird seine Zelte an der Wedau nach zwei Jahren abbrechen. „Wir sind an einer Vertragsverlängerung mit Trainer Hermann Eppenhoff nicht interessiert“, erklärte der Vorstand des Vereins am Donnerstag. Am Tag zuvor war zudem bereits bekannt geworden, dass Gyula Lorant, der Trainer des 1. FC Kaiserslautern, bei den Pfälzern gekündigt hat und bereits mit dem MSV Duisburg über einen neuen Vertrag einig ist. Eppenhoff traf das Ganze unvorbereitet: „Ich bin völlig überrascht.“ Die
Partie zwischen der Eintracht und dem MSV bietet leider weder Überraschungen
noch Tore. Die Gastgeber müssten zur Halbzeit mit gut und gerne drei
Treffern vorne liegen, doch sie sind beim Abschluss entweder zu zaghaft
oder zu unkonzentriert. Und was auf das Frankfurter Tor kommt, wird sichere
Beute des meisterhaft haltenden Peter Kunter. Mehr als nur einmal laufen
Krämer oder Gecks auf die Nummer eins der Hessen zu, überwinden
aber können sie ihn nicht. Friedrich und Huberts sind es auch, die sich am meisten darum bemühen, dem Spiel ihrer Elf Struktur zu geben. Am Besten funktioniert bei den Gästen, deren Abwehr durchaus nicht immer sicher wirkt und Lücken offenbart, aber noch die Abseitsfalle, in die die von van Haaren mit diagonalen und steilen Pässen nach vorn getriebenen Duisburger immer wieder tappen. Zwei Mal landet das Leder zwar im Netz, doch dem einen wie dem anderen vermeintlichen Treffer muss der Schiedsrichter wegen Abseitsstellungen der Angreifer die Anerkennung verweigern. Und so nutzt es am Ende nichts, dass sich die Verteidiger Heidemann und Sabath abwechselnd in das Offensivspiel ihrer Mannschaft einschalten oder der schnell und klug spielende Gecks, dem Jusufi allerdings auch reichlich Raum lässt, trefflich mit dem in vorderster Linie lauernden und in die Gassen gehenden Werner „Eia“ Krämer harmoniert. Zudem agiert im Angriff Nolden viel zu umständlich und der sonst mit Abstand torgefährlichste Stürmer, der Rechtsaußen Rühl, kommt gegen Schämer und den starken Lindner einfach nicht zum Zug. Dieser Umstand ist sicher zu Rühls Verdruss, erklärt jedoch kaum, warum der Duisburger nach dem Abpfiff des torlosen Duells Jusufi tritt, der sich gerade den Ball vor Freude über den Punktgewinn an die Brust drücken will. Jusufi, der im Affekt zurückkeilt, bleibt am Boden liegen und wird dann in die Kabine getragen, während sich am Ort des Geschehens in Sekundenschnelle eine aufgeregte Spielertraube bildet. Schiedsrichter Sturm hat Mühe, die aufgeheizten Gemüter zu beruhigen und bekommt im Eifer des Gefechts im Gemenge auch ein paar Püffe ab. Hinterher werben Verantwortliche der beiden Vereine bei Sturm für die Heißsporne um Verständnis und glauben hüben wie drüben, damit erfolgreich gewesen zu sein. Doch wie beurteilt man nun eine Begegnung, bei der sich die aufregendste Szene erst nach dem Abpfiff abgespielt hat? „Die Eintracht ist technisch reifer als wir und besitzt vielleicht eine klarere Linie“, bilanziert der scheidende Trainer Eppenhoff, aber: „Hätten wir doch einen eiskalten Schützen – diese Frankfurter wären mit einer Niederlage nach Hause gereist!“ „Zu Hause ist es immer dasselbe: keine Tore“, klagt Eppenhoff: „Auswärts spielen wir freier und ohne Hemmungen.“ Am Ende sieht er jedoch das Positive: „Kein großes Spiel, aber für uns eine erfreuliche Aufwärtsentwicklung, trotz des Unentschiedens.“ „Keine Mannschaft wollte verlieren, wenn auch die
Duisburger die klareren Chancen hatten“, konstatiert sein Kollege
aus Frankfurt. „Meine Eintracht wirkte eingeschüchtert“,
findet Schwartz zudem und fügt hinzu: „Das Spiel litt unter
dem böigen Wind und hatte vom Kampf her Pokalcharakter.“ „Jusufi
ist schwer verletzt“, berichtet er zuletzt über die Folgen
des Trittes von Rühl: „Schade, nach dem fairen Spiel durfte
so etwas nicht mehr geschehen.“ „Das können wir uns einfach nicht bieten lassen“, ist Eintracht-Präsident „Rudi“ Gramlich ob dieser Ungerechtigkeit erbost: „Sogar Meiderichs Mannschaftsarzt bestätigte mir, dass Jusufi solch wahnsinnige Schmerzen litt, dass er bestimmt nicht mit Bewusstsein nachgetreten hat.“ „Was Rühl getan hat, würde jedes Gericht als schwere Körperverletzung verurteilen“, ergänzt Trainer Schwartz und spricht laut Palmert von einem „Mordanschlag“. „So etwas darf auch auf dem Sportplatz nicht durchgehen“, fordert der international erfahrene Fußballlehrer: „Einfach lächerlich, dass man jetzt den Getretenen noch bestrafen will!“ Das lässt Rühl natürlich nicht auf sich sitzen und setzt das mediale Ping Pong tags darauf fort: „Als ich gestern in ‚Bild‘ las, dass Herr Schwartz davon spricht, ich hätte einen ,Mordanschlag‘ auf Jusufi verübt, dachte ich, mich trifft der Schlag!“ „Ich habe Jusufi nicht absichtlich gefoult“, beteuert Rühl: „Ich habe den Schlusspfiff überhört und dann im Eifer des Gefechtes den Jugoslawen unglücklich mit meinen Stollen getroffen!“
Der
„schwer verletzte“ Jusufi kann bereits im eine Woche später
folgenden Punktspiel wieder eingesetzt werden. Das Sportgericht wertet die Einlassungen Schoberths in seinem Urteil vom 10. Mai als strafmildernd und verhängt anstatt der Mindeststrafe von zwei Monaten eine Sperre von vier Wochen. Die Eintracht legt Berufung ein. Am 25. Mai wird Jusufi dann vom DFB-Bundesgericht freigesprochen.
Sein Revanchetritt sei in einer durch den Schmerz ausgelösten Bewusstseinstrübung
„außer Verantwortung“ erfolgt. (rs)
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