1. FC Köln - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 1966/1967 - 19. Spieltag

1:4 (1:2)

Termin: Sa 21.01.1967, 15:00 Uhr
Zuschauer: 17.000
Schiedsrichter: Erwin Sturm (Hannover)
Tore: 0:1 Siegfried Bronnert (12.), 1:1 Roger Magnusson (13.), 1:2 Siegfried Bronnert (44.), 1:3 Wolfgang Solz (64.), 1:4 Siegfried Bronnert (70.)

 


>> Spielbericht <<

1. FC Köln Eintracht Frankfurt

  • Milutin Soskic
  • Wolfgang Rausch
  • Jürgen Rumor
  • Matthias Hemmersbach
  • Karl-Heinz Struth
  • Hennes Löhr
  • Hans Sturm
  • Heinz Hornig
  • Wolfgang Overath
  • Roger Magnusson
  • Jürgen Jendrossek

 


 

Trainer
  • Willi Multhaup
Trainer

 

 

Huberts sah alle Kölner Lücken

Köln tappte in die Falle

Kölns Sturmlauf währte genau 30 Minuten. Von jenem Augenblick, da Lindner (nur er weiß wohl warum,) seinem griffbereiten Torwart Feghelm den Ball vor der Nase wegschlug und Köln die Chance gab, das 60 Sekunden zuvor gefallene Frankfurter Tor auszugleichen, bis zum wahrscheinlich entscheidenden Frankfurter Tor 100 Sekunden vor dem Pausenpfiff. Frankfurts Ueberraschungskonter war zu schnell entschärft. Durch eigene Schuld — denn gerade der junge Feghelm bewies in den folgenden Szenen und Minuten, daß Frankfurt in ihm einen reaktionsschnellen Mann gefunden hat.

In der großen halben Stunde mußte Feghelm es beweisen. Wir sahen einen der kämpferisch stärksten 1. FC Köln, den es je gab. Aber es wurde zu sehr gekämpft und zu wenig gespielt. Das Spiel wurde zu forsch und ohne richtige Ordnung nach vorn getrieben. Auch Overath — von Huberts bald gezwungen, ihm, dem Frankfurter, zu folgen statt umgekehrt — brachte nicht die Linie, die Kölns Angriffen fehlte. Köln stürmte blind — ins Verderben. Eintracht lockte die Kölner Abwehr mit nach vorn — und stieß plötzlich mit zwei, drei Zügen in die entblößte Abwehr. Auf diese Weise fielen alle vier Frankfurter Tore.

Wenn Kölns Verteidiger stürmten, gingen Frankfurts Stürmer mit. Wenn Jusufi vordrang, blieb Hornig dagegen stehen. Und Jusufis abgezirkelter Flanke verdankte Eintracht das 1:0. Ein Tor, das man Bronnert aus solcher schwierigen Situation kaum zugetraut hätte. Zehn Minuten zuvor hatte der kleine, schmächtige Frankfurter (er wirkt im Trikot weit bulliger, als er eigentlich ist) eine viel leichtere Gelegenheit vergeben, als er einen vom Pfosten zurückspringenden Grabowski-Schuß neben das Tor donnerte, anstatt besonnen einzuschieben.

Frankfurt nutzte den Raum besser. Es war vor allem das Spiel des Willi Huberts, der stets in anspielbarer Position stand, stets wußte, wohin er den Ball spielen mußte, der die Gassen öffnete, in denen Bronnert und Solz den Weg zum Kölner Tor fanden. Es war auch das Spiel für Jusufi. Bis auf einen scharfen Schuß in der 18. Minute und einige Eckbälle zwang er Hornig in eine Statistenrolle. Ein Kämpfer war Hornig nie. Gegen den großen Kämpfer Jusufi zeigte sich das besonders deutlich.

Bei Frankfurt war alles an diesem Tage auf dem Posten (auch Lindner, Blusch, Schämer, Solz) — nur Friedrich fand keinen richtigen Rhythmus. Das zeigte sein oft erschreckend schwaches Abspiel. Das 1:4 läßt die starke Periode der Kölner zu schnell vergessen. Natürlich fehlten mit Pott, Regh, Weber, Thielen einige Stammspieler. Am meisten vermißt wird jedoch nur Weber, als ruhender Pol in der Abwehr. Die anderen Jungen sind auf gutem Wege, und deshalb wird sie diese Niederlage nicht zurückwerfen. Der junge Jendrossek schießt heute schon so scharf wie einst Christian Müller, ist auch gewandt im Dribbling. Zweimal zögerte er eine Sekunde zu lang mit dem Abschuß. Magnusson begann wie ein Weltmeister. So, als wolle er gnadenlose Revanche für Frankfurt nehmen, als ihn Schämer völlig zugedeckt hatte. Aber auch sein Elan verrauschte zu schnell. So effektvoll es aussehen mag, wenn er nacheinander zwei, drei Gegner aussteigen läßt, es irritiert auch die eigenen Sturmer, die selten wissen, wann Magnussons Abspiel oder seine Flanken kommen.

Die Meinung der Trainer

Multhaup: „Es begann für uns gar nicht so schlecht. Aber unsere Offensive brachte keine Tore und kurz vor der Pause den entscheidenden Rückschlag. Wir können gegen Mannschaften, die so geschickt aus der Defensive spielen wie Eintracht, einfach nicht gewinnen. Ein 2:4 wäre gerechter gewesen."

Schwartz: „Als das 1:1 fiel, wurde unser Spiel etwas irritiert Aber dann setzte sich doch unser Rhythmus durch. Das Spiel aus der Tiefe klappte wie selten. Köln war allerdings eine Stunde lang sehr stark. Ich bin ehrlich genug, zu sagen, daß unser Sieg vielleicht um ein Tor zu hoch ausgefallen ist." (Kicker vom 23.01.1967)

 

Keine Chance für Kunter

Eintracht Frankfurts Lizenzfußballer Peter Kunter, der von dem erst vor zwei Wochen unter Vertrag qenom menen Siegbert Fegheim als Torwart der Bundesligaelf abgelöst wurde, kann sich nicht, wie vorgesehen, am Mittwochabend im Handballtor der Riederwalder produzieren. Eintracht-Trainer Elek Schwanz hatte einem Einsatzt Kunters beim großen internationalen Hallenturnier in der Sporthalle Süd zwar zugestimmt, doch der Hessische Handballverband legte sofort ein Veto ein, als er von dem Vorhaben durch Veröffentlichungen in der Presse vernahm „Bei uns darf kein Profi spielen, auch wenn er sein Geld in einer anderen Sparte verdient", argumentierte ein Sprecher des HHV. (Frankfurter Neue Presse vom 23.01.1967)


Triumph in Köln wie noch nie

Der 4:1-Erfolg der Eintracht und seine Basis: Spielerische Qualitäten, Kampfkraft und Kondition

Zwei Faktoren waren für den bisher größten Triumph der Frankfurter Eintracht in Köln ausschlaggebend: Das eigene geschickte Spiel und jenes ungeschriebene Fußballgesetz, nach dem die Zuschauer von den Gastgebern die Rolle des Angreifers erwarten. So kam es zu dem 4:1-Sieg im Müngersdorfer Stadion über einen 1. FC Köln, der auch ohne seine Abwehrstützen Weber, Pott, Regh und den jungen Flohe eine viel bessere Leistung lieferte, als es das Ergebnis besagt. Den Frankfurtern wurde ihr Sieg nicht leicht gemacht. In seiner weit aus dem Rahmen optimistischer Erwartungen fallenden Höhe kam er nur deshalb zustande, weil vom Anpfiff bis zum Schlußsignal des Hannoveraner Schiedsrichters Sturm mit Konzentration und Konsequenz auf dem als richtig erkannten Weg durchmarschiert wurde.

Die Kölner waren, um einmal in der Boxersprache zu reden, kein Fallobst, sie waren freilich auch nicht mehr jene Mannschaft, deren Angriffe den Kennern einst das Wasser auf die Zunge trieb. Ihr Trainer Willi Multhaup, der Rumor als Ausputzer hinter vier Verteidigern postiert hatte, stapfte nach Spielende mit schweren Schritten in die Kabine und verbarg seine Enttäuschung nicht: „Wir sind der Eintracht ins offene Messer gelaufen. Die Frankfurter haben vielleicht um ein Tor zu hoch, aber zweifellos verdient gewonnen." Ernst, ja beinahe todernst, folgte ihm Vorsitzender Franz Kremer auf dem Fuße: Die Gewißheit bevorstehender schweren Wochen stand dem Kölner Boß ins Gesicht geschrieben.

Die Eintracht war nach ihrem glänzenden Start mit einem Pfostenschuß Grabowskis in der 4. Minute und dem Führungstor von Bronnert in der 13. (er kanonierte eine Flanke von Verteidiger Jusufi mit halbem Rückzieher unter die Latte und machte damit den Fehlschuß nach Grabowskis Abpraller wieder gut) eine volle halbe Stunde in Gefahr. Der Grund dazu war der vom Anstoß weg erzielte Kölner Ausgleich durch den anfänglich wie ein Irrwisch in der Riederwälder Deckung umhersausenden Schweden Magnusson, dem Lindner mit einem Fehlschlag die Vorarbeit geleistet hatte. Das gab den Kölnern Auftrieb und jetzt beherrschten sie bis kurz vor der Pause die Szene. Overath (knochenhart und schon bald mit Solz in den Haaren) schuftete in der zweiten Linie wie ein Berserker Linksaußen Hornig erinnerte mit seinen Flankenläufen an große Zeiten. Magnusson auf rechtsaußen ging mitunter spielend an Schämer vorbei und mehr als einmal sah es böse um die Gäste aus. In dieser Phase bewahrte sich die Elastizität ihres „echten" 4-2-4, denn wie aus dem Boden gewachsen stand immer wieder ein Frankfurter als letztes Hindernis im Strafraum. Die Kölner schalteten ohne Erfolg auf Weitschüsse um, Frankfurts Schlußmann Feghelm erhielt den ersten sparsamen Sonderapplaus, da passierte es: Der letzte Riederwälder Angriff vor der Pause war eine Kombination, die in einem Gewühl vor dem Kölner Tor zu versickern drohte, doch eiskalt spielte Bronnert dem besser stehenden Lotz zu und schon zappelte die Kugel Im Netz

Das war, wie sich später erweisen sollte, schon die Entscheidung. Hatten die Kölner trotz ihrer trügerischen Feldüberlegenheit in der halben Stunde vor dem Wechsel die Deckung keineswegs vernachlässigt, so folgte nach Wiederbeginn ihre Offensive um jeden Preis. Es war ein gefundenes Fressen für die Eintracht und Willi bezog sich sicherlich auf jene Phase des Duells, als er vom „offenen Messer" sprach. Der gefährliche Kölner Mittelstürmer Jendrossek schoß neben den Pfosten, der aufgerückte Hemmersbach knapp über die Latte und danach war wieder Jendrossek an der Reihe, der einen Kopfball genau auf Torwart Feghelm setzte. Doch nur für oberflächliche Beobachter „roch“ es nach dem neuerlichen Ausgleich, in Wirklichkeit war das genau die Ausgangsposition für das dritte Eintracht-Tor, das schließlich in der 65. Minute nach einem herrlichen Paß von Huberts in den freien Raum durch Solz zustande kam. Das 4:1 für die Riederwälder in der 71. Minute fiel auf ähnliche Art und Weise. Nicht ganz so elegant amtierte diesmal Bronnert als Vollstrecker der Vorarbeit, die diesmal Solz geleistet hatte.

Es spricht für die Kölner, daß sie auch danach noch nicht aufgaben und den bis dahin schon glänzenden Feghelm noch zu einer Serie weiterer Großtaten zwangen. Es spricht aber auch für die Eintracht, daß sie nicht die Spur leichtsinnig wurde und die Attacken der Rheinländer nach wie vor an einer Gummiwand abprallten. Frankfurts Anhang auf der Gegengeraden feierte mit Sprechchören den besten Eintracht-Abwehrspieler (Wir brauchen keinen Beckenbauer, wir haben einen Ju-Ju-Jusufi"), die jungen Kölner schauten ratlos nach der Trainerbank, und eine Ecke nach der anderen war für die Hausherren zu notieren. An der Gesamtsituation änderte sich freilich nichts, denn bis zur letzten Sekunde blieben die Frankfurter durch nichts zu erschüttern, und es war schwer, ihnen den Ball abzujagen, wenn sie ihn erobert hatten. Dabei verwunderte es weniger, daß alles in allem die besseren Techniker auf seiten der Eintracht standen, erstaunlich muteten bis zum Schluß die enormen kämpferischen Qualitäten der Riederwälder an. Die Gäste hatten, wie es so schön heißt, „keinen schwachen Punkt" und sie waren (gestützt auf die erheblich bessere Kondition) in der Lage gewesen, wieder einen Endspurt hinzulegen, wie zwei Wochen zuvor gegen die Münchner Bavern.

Daß die Riederwälder spielen können, ist ein alter Hut — ihre Kampfkraft beginnt nachgerade unheimlich zu werden. Die erfreulichste Entdeckung der 30 Minuten liegt trotzdem auf einer anderen Ebene: Mittelstürmer Bronnerts Qualitäten sind nicht nur aufs Toreschießen beschränkt, er kann auch mitspielen. (Frankfurter Neue Presse vom 23.01.1967)

 

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