Eintracht Frankfurt - Bayern
München |
Bundesliga 1966/1967 - 18. Spieltag
2:1 (0:1)
Termin: Sa 07.01.1967, 15:00 Uhr
Zuschauer: 40.000
Schiedsrichter: Gerhard Schulenburg (Hamburg)
Tore: 0:1 Rainer Ohlhauser (41.), 1:1 Wolfgang Solz (77.), 2:1 Siegfried Bronnert (83.)
Eintracht Frankfurt | Bayern München |
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Trainer | Trainer
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Wieder eine große Schlußoffensive der Frankfurter Eintracht Der FC Bayern fühlte sich zu sicher Etwa zehn Minuten vor der Pause merkten es auch Frankfurts Spieler: Der FC Bayern hatte seinen Rhythmus und das Tempo seines Spieles gefunden. Von diesem Augenblick an war offenbar alles gelaufen. Daß Ohlhauser fünf Minuten vor der Pause das längst fällige 1:0 ins Frankfurter Tor setzte, bestätigte diese Wahrnehmung noch. Dieses Tor — in diesem Moment gefallen — gab den Bayern noch mehr Sicherheit, vielleicht sogar zuviel. Die Bayern glaubten wohl, dieser Eintracht nicht mehr allzuviel zutrauen zu müssen. Das 1:0 schien ihnen zu genügen. Eintrachts zwar kraftvolle, aber erschreckend umständliche Vorstöße blockten der souveräne Beckenbauer, der giftige Olk meist schon vor dem Strafraum ab. Was Bayern tat, überraschte Frankfurts Abwehr oft. Was Frankfurt tat, konnte Bayern meist im voraus erkennen. Was die Eintracht sonst noch versuchte, wurde blind hoch in den Torraum geschlagen. Sepp Maier brauchte nur seine langen Arme hinzustrecken. Nein — diese Eintracht flößte den Bayern keine Angst ein. Die Schrecksekunde war längst vergessen, als Bronnert in der 35. Minute mutterseelenallein mit einem Jusufi-Paß davongezogen war. Nur Maier stand noch vor ihm. Da hatte der junge Siegfried doch noch nicht die Nerven. Er schoß im ungünstigsten Moment in die für Maier günstigste Ecke. Eintrachts Riesenchance zum 1:0 war vertan. Die einzige Chance bis fast zur 75. Minute ... Bayern, vom heimischen München her „schneespielerfahrener" als Frankfurt, spielte so, wie es auf diesem glashart gefrorenen Boden Erfolg versprach. Wenn Bayern angriff, rückten Koulmann und Rigotti geschickt nach, pendelte Müller dorthin, wo ihn niemand vermutete. Die Münchener spielten vor allem zentimetergenau zu. Auf den Mann genau. Auf solchem Boden ist der Antritt am schwersten, der Start zu einem zu weit gepaßten Ball dagegen meist vergeblich. Auf solchem Boden aber ist der Angreifer im Vorteil. Deshalb übernahm Bayern auch das Kommando des Spieles. Dennoch: Sowohl die Münchner als auch die Frankfurter schossen zu selten! Koulmann war dann der erste, der abbaute und keinen Schritt zuviel mehr lief, keinen Ball mehr über weite Distanz brachte. Koulmanns völliges Untertauchen (Konditionsmängel?) brachte Münchens Spiel urplötzlich aus dem Tritt. Aber auch von Nafziger (er ließ eine Riesenchance zum 2:0 vier Minuten nach der Pause kläglich aus) war wenig zu sehen. Er rannte immer wieder nach innen — und am Flügel präsentierte sich ihm so viel Raum! Er lief meist so lange, bis Eintrachts Deckung geschlossen und ihm der Ball abgejagt war. Mit Koulmann/Nafziger begann Bayerns kaum mehr erwarteter Rückschlag. Vor allem Müller litt unter Koulmanns Ausfall. Er, der sich immer wieder anbot, auf den Flügel auswich, mußte später selbst die Bälle heranholen. Auch Müller schoß ein Tor zum 2:0 — es war abseits. Ein Zwei-Tore-Vorsprung hätte immer für den FC Bayern gereicht. Das l:0 reichte nicht. Fast zur gleichen Minute, als Bayern abbaute, kam die Eintracht auf Touren, offenbar ahnend, daß dem Gegner die Kräfte zu schwinden begannen. Beckenbauer, bis da in souveräner Manier letzter Mann, sah sich durch die eigenen, erschöpften Spieler in den Strafraum zurückgedrängt. Mit einem Male stürmte nur noch die Eintracht. Längst nicht so elegant wie zuvor die Münchener, aber energiegeladen, druckvoll. Endlich schossen die Frankfurter flach, so also, wie es für die Torhüter auf diesem Boden am unbequemsten ist. Und schon verlor der FC Bayern das Spiel, das er nie mehr hätte verlieren dürfen. Erst schoß Solz, bis dahin erschreckende Schwierigkeiten in der Ballannahme offenbarend, dann war es Bronnert, der bis dahin auch nichts gezeigt hatte, dessen im Ansatz kaum erkennbarer Schuß Maier durch die Beine glitt. Frankfurts Torhüter Feghelm, etwas nervös und aufgeregt in dieser für ihn zunächst kaum erwarteten Bewährungsprobe, schilderte uns die Schwierigkeiten: „Die ersten Schritte waren die schwersten. Man rutschte sofort weg. Es gab einfach keinen Halt!" Der Unterschied zwischen beiden Gegnern lag in den besseren, vielseitigeren Technikern der Münchener. Welche Klasse, welches Maß an Ballbeherrschung offenbarte Beckenbauer mit zwei, drei 40-Meter-Pässen genau auf den Mann gezirkelt, auf diesem Boden! Bei Frankfurt zeigten nur Huberts, Grabowski (obwohl in seinem ersten Spiel längst nicht so selbstbewußt, dribbelfreudig und vor allem von Olk gnadenlos zugedeckt) und Lindner jenes Quantum Technik, das auf solchem Boden so ungeheuren Wert besitzt. Aber die Frankfurter haben das Kämpfen gelernt und sich eine großartige Kondition angeeignet. Ein Fußballspiel dauert halt 90 Minuten und nicht nur 75! Die Eintracht hat den Komplex abgestreift, Spiele nicht mehr zu gewinnen, in denen sie 0:1 im Rückstand liegt. Gegen beide Münchner Klubs hat sie es bewiesen. Auch Frankfurt, oft sonst zu starr den Raum mit seiner Vierer-Kette abschirmend, wußte, was der freie Mann in der Schneesituation bedeutet. Lindner glänzte zwar nicht so brillant wie Beckenbauer — aber viele Feuer löschte auch er, ehe sie um sich greifen konnten. Und war er es nicht, dann kam schnell Blusch zu Hilfe. Es war fast alles so wie vor einem Jahr beim großen Spiel. Der Boden, die Temperaturen, die Aufstellungen der Mannschaften. Beim FC Bayern waren es neun, von der Eintracht vier Spieler aus den damaligen Mannschaften. Die Klasse des Spiels vom 15. Januar 1966 wurde jedoch in kaum einer Phase erreicht. Die Meinung der Trainer Schwartz: „Nach einem Sieg soll man zufrieden sein, auch wenn anfangs einiges nicht so lief wie erwartet. Die Bayern waren ausgezeichnet. Unsere Stärke lag in der Kondition — und ich glaube, daß uns gerade in dieser Beziehung die Weihnachtsreise nach Asien und Afrika ungemein geholfen hat.“ Cajkovski: „Wie in Schalke. Besser gespielt und doch verloren! So etwas darf nicht passieren. Aber das ist eben Fußball. Wir haben nach dem 1:0 nicht auf Halten gespielt. Wir wollten das 2:0. Bis das 1:1 fiel, hatte Frankfurt nur eine einzige Chance durch Bronnert in der ersten Halbzeit. Beckenbauer eine Klasse für sich.“ (Kicker vom 09.01.1967)
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