KSV Hessen Kassel - Eintracht Frankfurt

DFB-Pokal 1966/1967 - Qualifikation

6:2 (1:2)

Termin: 31. 12. 1966
Zuschauer: 12.000
Schiedsrichter: Karl-Heinz Fork
Tore: 0:1 Wilhelm Huberts (29.), 0:2 Wolfgang Solz (44.), 1:2 Schmidt (45.), 2:2 Schmidt (54.), 3:2 Hans Alt (57.), 4:2 Hans Alt (61.), 5:2 Schaub (67.), 6:2 Schaub (78.)

 


>> Spielbericht <<

KSV Hessen Kassel Eintracht Frankfurt

  • Karl Loweg
  • Dieter Vollmer
  • Liebich
  • Uwe Habedank
  • Rainer Istel
  • Hans Michel
  • Schmidt
  • Hans Alt
  • Rolf Fritzsche
  • B. Michel
  • Schaub

 


 

Trainer
  • Toni Hellwig
Trainer

 

 

Kassel hatte längeren Atem

Eintracht Frankfurt fühlte sich zu früh schon sicher

Wie sehr hatte sich die Eintracht nach den Hartplätzen ihrer Hongkong-Kairo-Reise wieder Rasen gewünscht. Dieser Rasen im regenverhangenen Kasseler Auestadion aber war tief und schwer. In ihm versanken die Frankfurter Hoffnungen auf das Heimspiel gegen Werder Bremen. Der DFB-Pokal hat seine neueste Sensation!

Zu diesem „Silvester-Feuerwerk" hatte die Eintracht ein paar nette „Knallfrösche" mitgebracht. Sie sprangen munter zwischen den Kasseler Reihen umher, stifteten Verwirrung und verschafften dem Bundesligisten jenen Spaß, den er haben wollte: Es stand 0:2, die „Pyrotechniker" Huberts und Solz waren zufrieden.

Die Kasseler brauchten mehr Zeit, ihre „Kanonenschläge" zu legen. Als sie dann explodierten, war die Wirkung um so verheerender. Mit der schwachen Vorstellung von Blusch in der Abwehr fing es an. Nur Dieter Lindner erreichte in dieser Viererkette seine Normalform. Schämer vernachlässigte bei gutgemeinter Offensivkraft vor Halbzeit die Bewachung des schnellen Kasseler Talentes Bernd Michel, von dem Anfangs die größte Gefahr ausging. Jusufi, später nach Zusammenprall mit Fritzsche im Gesicht verletzt, verbrauchte seine Kräfte bei ähnlichen Vorstößen nach dem Wechsel. Zu diesem Zeitpunkt lagen die Kasseler schon in Führung, konnten die Eintracht „kommen" lassen und fanden für ihre geliebte Kontertaktik den Raum vor, den eigentlich die Eintracht für ihre balltechnische Überlegenheit ausnutzen wollte. Was schließlich Peter Kunter betraf, so wirkte der Eintracht-Torhüter in vier, fünf Strafraumszenen schon vor Halbzeit so unsicher wie beim Ausgleichstor.

Vielleicht wäre noch alles nach Eintracht-Wunsch gelaufen, hätten nicht Istel und Vollmer in der 50. Minute bei Schüssen von Solz und Bronnert als rettende Engel auf der Kasseler Torlinie gestanden… Auf der Tribüne glaubte in dieser Phase selbst ein „Gegenspieler" der Eintracht noch an einen Frankfurter Sieg: Braunschweigs Trainer Helmut Johannsen. „Wie leicht ließe sich die Kasseler Abwehr doch von solchen Technikern ausspielen!“ Aber Lotz scheiterte am kompromißlosen Liebich, der unermüdliche Solz an Vollmer, Bronnert kam an Istel nicht vorbei — und Huberts fehlten Dynamik und Schußglück. Den Rest besorgten Loweg in Glanzform und die hervorragende Kasseler Mittelfeldachse Habedank—Schmidt.

Im Kabinengang zuckte Elek Schwartz nachher mit den Schultern: „Soll ich sie mit der Peitsche schlagen? Wir haben verdient verloren!" Hatte die Reise also doch zuviel Kraft gekostet?

KSV-Anhänger Dr. Max Danz, weitgereister Leichtathletikpräsident, sprach als praktischer Arzt sogar von einer Art sportlichem Selbstmord: „Niemand kann Tausende von Flugkilometern über Asien, Afrika nach Europa zurück in solch kurzer Zeit ohne Auswirkungen überstehen — auch austrainierte Körper nicht!“ (Kicker vom 02.01.1967)

 

 

Das 2:2 entfesselte Kassel

Die Kasseler Hessen schafften nach dem Sieg in Fürth nun die zweite Pokalsensation. Und das, nachdem die Eintracht mit dem Wind als Verbündetem eine Minute vor dem Wechsel durch zwei herrliche Tore von Huberts und Solz führte, die für Loweg, der eine ausgezeichnete Partie lieferte, unhaltbar waren. Bis dahin hatten die Frankfurter das Heft in der Hand, obwohl die Kasselaner keineswegs untätig waren und aus der Tiefe gut zu kontern wußten. Sie hatten sogar das erste Tor durch Alt geschossen, das aber der Schiedsrichter wegen angeblichem Abseits nicht gegeben hatte.

Als dann in der 45. Minute Schmidt durch Kopfball den Anschlußtreffer erzielt hatte, wuchs im Kasseler Lager wieder die Hoffnung. Und nun ging es mit dem Wind, und er wurde von den Einheimischen auch ausgenutzt. Nach dem 2:2 rollte, nachdem vorher mit viel Glück mehrfach auf der Torlinie ein Frankfurter Angriff gestoppt worden war, geradezu eine Lawine von Angriffen der Hessen auf das Frankfurter Tor zu. Die Verwirrung der Gäste führte immer mehr zu einer klaren Überlegenheit der Hessen, die souverän das Mittelfeld beherrschten und mit schnellen Vorstößen die Gästeverteidigung vor unlösbare Aufgaben stellten, sie sogar mehrfach deklassierten. Alle Tore entsprangen einem vorzüglichen Zuspiel und glänzenden Leistungen der einzelnen Schützen. Die Frankfurter bemühten sich natürlich darum, das Spiel noch zu wenden. Sogar Jusufi tauchte manchmal mit vorn auf. Aber gegen den unbändigen Kampfgeist der Hessen war kein Kraut gewachsen. So wurde den Gästen mit jeder Minute mehr der Schneid abgekauft.

Beide Mannschaften spielten von Anfang an ein 4-2-4-System, das bei den Kasselanern weitaus besser, vor allem nach der Pause, klappte als bei den Frankfurtern, die immer mehr hinten gebunden wurden, um keinen der schnellen Stürmer der Hessen entwischen zu lassen. Denn das führte fast jedesmal zu einem Tor. Die Mittelfeldachse der Gäste war zerbrochen, und im Kasseler Mittelfeld schaltete man nach Belieben. Hier stach vor allem der junge Habedank hervor, dessen Selbstvertrauen von Minute zu Minute wuchs wie bei allen seinen Kameraden, an denen es nichts auszusetzen gab.

Nach dem 4:2 mußte man immer mehr eine gewisse Müdigkeit und ein Resignieren der Frankfurter Elf feststellen, die es nicht mehr fertig brachte, sich zu einer geschlossenen kämpferischen Leistung aufzuraffen. Aber diese Feststellung kann den Sieg der Hessenelf in keiner Weise schmälern.

Die Trainer

Kassels Trainer Hellwig war überglücklich, daß seine Mannschaft nach den letzten Mißerfolgen sich so habe steigern können. Das tägliche Training des KSV in den letzten Tagen habe seine Früchte getragen. Jeder habe sich bis zum Umfallen eingesetzt und insgesamt habe seine Elf eine großartige Leistung gezeigt. Der Erfolg sei klar verdient, denn vor allem nach der Pause hätten die Hessen das weitaus bessere Mittelfeldspiel gezeigt. Hier liege auch der Hauptgrund des schönen Erfolgs, der ihm wie auch der Mannschaft für die Zukunft neuen Mut gebe.

Elek Schwartz (Frankfurt) sprach zunächst davon, daß es einer schwächeren Elf immer wieder gelänge, in den Pokalspielen über sich hinauszuwachsen, um dann glücklich zu operieren. Gewiß sei der Kasseler Sieg, wenn auch zu hoch ausgefallen, verdient gewesen. Seine Mannschaft habe aber vor der Pause klar die Oberhand gehabt und 2:0 geführt. Sie habe es jedoch nicht verstanden, trotz der Chancen vor der Pause mehr Tore zu schießen. Aus seinen Worten sprach deutlich eine gewisse Verärgerung über die schwache Leistung der Eintracht. Er meinte weiter, daß diese Niederlage nicht auf die Asienreise zurückzuführen sei. (Sport-Magazin vom 02.01.1967)

 

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