1. FC Köln - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 1965/1966 - 8. Spieltag

1:0 (1:0)

Termin: Sa 16.10.1965, 16:00 Uhr
Zuschauer: 29.000
Schiedsrichter: Klaus Ohmsen (Hamburg)
Tore: 1:0 Fritz Pott (30., Handelfmeter)

 

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1. FC Köln Eintracht Frankfurt

  • Toni Schumacher
  • Fritz Pott
  • Matthias Hemmersbach
  • Hans Sturm
  • Leo Wilden
  • Franz-Peter Neumann
  • Wolfgang Weber
  • Hennes Löhr
  • Ole Sörensen
  • Wolfgang Overath
  • Karl-Heinz Thielen

 


 

Trainer
  • Georg Knöpfle
Trainer

 

Auf den Pott gesetzt

Die Deutsche Nationalmannschaft ist gut in Schuss. Nachdem man zuletzt im wichtigen WM-Qualifikationsspiel nach über 50 Jahren erstmals wieder in Schweden gewinnen konnte, folgte nun am letzten Wochenende nach über 40 Jahren der erste Sieg auf deutschem Boden gegen Österreich. Nach einem zwischenzeitlichen 0:1-Rückstand fiel dieser Erfolg mit 4:1 am Ende sogar deutlich aus.

Im Blickpunkt der Zeitungs-Kolumne von Weltmeister Fritz Walter stehen nach diesem Spiel die Neulinge Netzer und Nafziger sowie Beckenbauer und Ulsaß, die jeweils ihren zweiten Einsatz in der DFB-Auswahl hatten. „Na, Sie Anfänger, fürs erste Mal war’s nicht schlecht. Ich habe das Gefühl, wir sehen uns beim nächsten Spiel wieder“, habe Sepp Herberger zu ihm nach seinem ersten Länderspiel gesagt, erinnert sich Walter und leitet damit die Frage ein, ob es „auch ein Wiedersehen für Netzer und Nafziger, für Beckenbauer und Ulsaß“ geben wird. Fritz Walter bescheinigt Netzer „einen guten Einstand“ und Nerven, mahnt ihn aber, sich an das in einem Länderspiel „noch größere Tempo“ zu gewöhnen und fordert: „Er muss noch schneller schauen und schneller handeln lernen – und im Zweikampf energischer werden.“ Nafzigers Debüt sei dagegen „weniger glücklich“ ausgefallen. Bei Ulsaß, der sich nicht nur mit seinem Hat-Trick zwischen der 65. und 81. Minute in seinem zweiten Länderspiel die Note „sehr gut“ verdiente, zitiert Walter DFB-Trainer Detmar Cramer, der ihm bereits „vorgeschwärmt“ hatte: „Der macht Tore aus Situationen, bei denen keiner an Tore denkt.“ „Seine Startschnelligkeit müsste er noch verbessern“, gibt Walter allerdings zu bedenken. Beckenbauer bescheinigt er „wieder ein gutes Spiel“: „Doch ich habe das Gefühl: Bei ihm ist noch viel mehr drin. Er müsste noch explosiver sein, wenn er – im Ballbesitz – am Gegner vorbei ist. Aber ich glaube, ohne die Leistung der anderen schmälern zu wollen: Beckenbauer ist von den vieren schon am weitesten auf dem Wege zu einem Stammplatz in der Nationalelf.“

„Haben wir in Stuttgart den Stopper der Zukunft entdeckt?“, stellt sich die „Bild“ eine ganz andere Frage und beantwortet sie – wie es ihre Art ist – gleich selbst: „So wie Weber in der zweiten Halbzeit den brandgefährlichen Goldschmied von Austria Wien, Hans Buzek (27), in seine Schranken verwies, so stellen wir uns den deutschen Stopper vor, der es in England gegen die Wunderstürmer aus Brasilien, England oder Italien aufnehmen kann.“ Österreichs Mannschaftskapitän Hans Buzek, der wie schon 1958 im letzten Länderspiel gegen Deutschland ein Tor erzielte, stellte dagegen Sieloff, der ihn im ersten Durchgang zu bewachen hatte, vor große Probleme. „Siebenmal hatte er gute und beste Kritiken bekommen“, schreibt die „Bild“ über Sieloff, „diesmal versagte er.“

Dass Helmut Schön Sieloff und Weber erst in der zweiten Halbzeit die Positionen tauschen ließ, begründet der Bundestrainer so: „Die Schwächen der deutschen Abwehr waren schon nach 15 bis 20 Minuten zu erkennen. Aber ich wollte die Mannschaft bis zur Pause nicht umstellen.“ „Weber steht einem härter auf den Fersen. Manchmal sogar zu hart. Sieloff scheint mir fairer“, meint Buzek zwar, aber das lässt Wolfgang Weber ungerührt: „Natürlich hatte das Buzek nicht gern, wenn ich dauernd hinter ihm her war. Welcher Stürmer liebt das schon. Ich freue mich jedenfalls über meinen Erfolg, und ich glaube, dass er mir mein Selbstvertrauen wiedergegeben hat!“ Weber, der freiwillig auf seine Aufstellung gegen Schweden verzichtet hatte, weil er sich noch nicht in bester Verfassung fühlte, hat aber auch Worte des Trostes für seinen Mitspieler Sieloff: „Trotzdem glaube ich, dass Klaus der bessere Fußballer ist.“

Wolfgang Weber stellt sein Licht unter den Scheffel, denn er ist ohne Frage eine der Stützen des 1. FC Köln. Beim Deutschen Meister der Jahre 1962 und 1964 ist man allerdings mit dem bisherigen Saisonverlauf unzufrieden. Nachdem man mit zwei Niederlagen in die neue Runde gestartet war, hat sich die Elf von Trainer Knöpfle mit vier Siegen infolge ins Mittelfeld vorgearbeitet. Der Anspruch des Vizemeisters der letzten Saison ist aber ein anderer, so dass die Enttäuschung nach der 1:2-Niederlage beim TSV 1860 München am letzten Spieltag nicht eben gering war. Der FC will und muss also heute einen neuen Versuch starten, den Kontakt zur Spitzengruppe der Liga herzustellen.

Dabei verkennt man in Köln, dass es in letzten Jahren eher nicht gelungen ist, die Mannschaft durch eine kluge Einkaufspolitik zu verstärken. Im Sommer hat beispielsweise José Gilson Rodriguez, genannt Zézé, den FC wieder in Richtung seiner brasilianischen Heimat verlassen. Ein Jahr zuvor war der Neuzugang noch mit eigener Pressekonferenz von Präsident Franz Kremer im Geißbockheim als „ein sensationeller Transfer“ angekündigt worden. Der Spieler aus Brasilien „schwimmt bereits auf einem Bananendampfer in Richtung Europa“, erzählte Kremer den Journalisten. Angesichts des Getöses wurde spekuliert, den Kölnern sei es gelungen, keinen Geringeren als Pele in die Bundesliga zu lotsen. Die Enttäuschung, als der hierzulande unbekannte Zézé vorgestellt wurde, hielt sich über den gesamten Verbleib des Spielers. Der erste Brasilianer der Bundesliga absolvierte gerade einmal fünf Bundesliga- und ein Europapokal-Spiel für den FC.

Trotz dieses Reinfalls verpflichteten die Kölner in diesem Sommer wiederum einen Brasilianer, dieses Mal einen Torwart. Miguel Ferreira kam für kolportierte 100.000 DM von Flamengo Rio de Janeiro, doch außer guten Manieren – er begrüßt die Damen auf der Geschäftsstelle mit Handkuss – konnte er am Rhein nichts zeigen. Für einen Einsatz ist er dem Trainer nicht gut genug.

Auf seinen ersten Einsatz wartet auch noch der Neuzugang Srdjan Cebinac. Dass die Kölner den Spieler, den sie im Probetraining getestet haben, nur noch äußerlich wiedererkennen, hat allerdings einen einfachen Grund: Anstelle von Srdjan war sein Zwillingsbruder Zvezdan Cebinac vorstellig geworden. Der deutlich bessere Fußballer hatte keine Mühe, die Kölner zu überzeugen, die die Täuschung nicht bemerkten.

Etwas besser sind die bisherigen Erfahrungen mit Neuling Franz Krauthausen, der am 2. Spieltag beim Gastspiel in Kaiserslautern debütierte und bei der 2:3-Niederlage mit der zwischenzeitlichen 2:1-Führung auch gleich sein erstes Bundesligator erzielte. Am 5. Spieltag durfte er nach seinen beiden Europapokal-Treffern bei Union Luxemburg noch mal in der Bundesliga ran, bereitete einen Treffer vor und landete wieder im zweiten Glied – wie auch heute. Beim Dreikampf mit dem aktuell verletzten Anton Regh und Leo Wilden um einen freien Platz im Team hat Krauthausen meist die schlechtesten Karten. Auch gegen die Eintracht vertraut Knöpfle lieber auf Wilden, obwohl der mit der militärisch strengen Art seines Trainers nicht besonders gut zurecht kommt.

Außerdem setzt der strenge Fußballlehrer wie gewohnt auf Ole Sørensen, der seit Saisonbeginn beim FC unter Vertrag steht. Der dänische Nationalspieler hat bislang alle Punktspiele bestritten, ein Tor erzielt und eine Torvorlage gegeben, aber dennoch nicht überzeugen können. Im konditionellen Bereich kann der Däne nicht mithalten und baut meist nach einer Stunde merklich ab.

Doch die Kölner haben nicht nur neue Spieler geholt, sie haben auch Abgänge zu verzeichnen. Der von Helmut Benthaus zum FC Basel ist zu verschmerzen, denn der Mittelfeldspieler hat es in drei Jahren auf nur 52 Punktspiele und 3 Tore gebracht. Schwerer wiegt der endgültige Abschied von Weltmeister und Mannschaftskapitän Hans Schäfer, der am 15. Mai beim 2:2 in Dortmund mit 37 Jahren seine aktive Spielerlaufbahn beendete. Die letzte Saison stand für den Weltmeister von 1954 übrigens unter keinem guten Stern: Vom 28. November 1964 bis zum 27. März 1965 war er durch eine langwierige Verletzung ausgefallen.

Gegen die Frankfurter fehlt heute aber auch der verletzungsanfällige Torjäger Christian Müller und neben Regh steht Hornig gleichfalls nicht zur Verfügung. So kommt Franz-Peter Neumann zu seinem Bundesligadebüt, nachdem er gegen die Luxemburger beim 13:0 im Rückspiel sein erstes Pflichtspiel für den FC absolvieren durfte und zwei Treffer beisteuern konnte. Einen Debütanten haben auch die Frankfurter in ihren Reihen: Walter Bechtold. Die Hereinnahme des Jugendnationalspielers anstelle von Wolfgang Solz ist die einzige Veränderung, die Trainer Elek Schwartz gegenüber dem Heimsieg gegen den MSV vornimmt.

Schwartz erwartet, dass seine Elf vom Rhein Zählbares mit an den Main nehmen wird. Die Ausbeute aus den bisherigen drei Gastspielen ist nicht nur ihm zu gering: Nur ein Tor und einen Punkt haben seine Spieler bislang aus der Fremde mitgebracht. Das Müngersdorfer Stadion ist aber bisher ein gutes Pflaster für die Frankfurter gewesen. In den ersten beiden Bundesligaspielzeiten konnten sich die Kölner gegen die Eintracht daheim nicht durchsetzen. In der letzten Runde verspielten die Hausherren gar eine 3:1-Führung und unterlagen den Hessen am Ende noch mit 3:4.

Neu gegenüber dem damaligen Spiel ist das Drahtgitter, das inzwischen installiert wurde und allzu heißblütige Anhänger vom Sturm auf das Spielfeld abhalten soll. Dem Sturm der Gastgeber hat die Eintracht dagegen lediglich in der ersten Viertelstunde etwas entgegen zu setzen. Danach bestimmen die Kölner unter der vorzüglichen Regie Wolfgang Overaths die rassige, aber jederzeit faire Begegnung.

Overath gefällt in dieser Partie aber nicht nur mit seinen vortrefflichen langen Pässen, sondern ebenso durch seine Einsatzfreude. Auf der Frankfurter Seite weiß Huberts nur gelegentlich so zu gefallen; er und Sztani werden vom Duo Wilden und Weber gut in Schach gehalten. Dazu hat Lechner, den dreifachen Torschützen aus dem Spiel des Vorjahres, sein Schussglück verlassen. Erneut ist es der junge Grabowski, der in vorderster Linie für Aufsehen sorgt, dem letztendlich aber die Unterstützung und die Abnehmer fehlen. Nachwuchsmann Bechtold muss feststellen, wie groß der Unterschied zwischen dem Junioren- und Seniorenbereich ist.

Das Tor fällt folgerichtig in der anderen Spielhälfte. Löhr spielt sich auf dem linken Flügel durch und flankt in den Strafraum, wo der nicht weit entfernt stehende Blusch den Ball an die Hand bekommt und auf diese Weise stoppt. Schiedsrichter Ohmsen, dessen Regelauslegung bei Fouls keine klare Linie erkennen lässt, entscheidet sofort auf Strafstoß. Das Kölner Publikum jubelt, fragt sich aber, wer dieses Mal die notwendigen Nerven haben wird. Immerhin haben die Spieler des FC in dieser Runde bereits drei Mal bei dieser Prüfung versagt. Am 3. Spieltag scheiterten zehn Minuten vor dem Ende erst Overath und dann bei der Wiederholung des Elfmeters auch Hans Sturm am VfB-Keeper Sawitzki und am 5. Spieltag verschoss Sturm gegen Schalke 04 erneut. Heute aber tritt Verteidiger Fritz Pott an und verwandelt unbeeindruckt mit einem wuchtigen Hieb unter die Latte.


Die beiden '59er'
Höfer und Lindner.

1:0 nach einer halben Stunde. Die Führung ist verdient, lediglich das Zustandekommen hätte man anders erwarten können. Aus dem Spiel heraus haben die Gastgeber ja ausreichend Gelegenheit, Tore zu erzielen und sie stellen sich dabei nicht einmal ungeschickt an. Letztendlich scheitern sie aber immer wieder an Frankfurts Schlussmann Peter Kunter. Der ist ein wahrer Tausendsassa zwischen den Pfosten und lässt die Kölner Kanoniere schier verzweifeln. Auch Löhr kann ihn nicht bezwingen, als er kurz vor dem Halbzeitpfiff die Chance bekommt, auf 2:0 zu erhöhen.

Nach dem Seitenwechsel haben die Frankfurter wie zu Beginn der Partie eine gute Viertelstunde, in der sie die Begegnung von Lechner angetrieben ausgeglichen gestalten können. Die Schützlinge von Elek Schwartz kommen sogar zu Gelegenheiten, Keeper Toni Schumacher auf die Probe zu stellen, ernsthaft gefährden können sie den Kasten der Kölner aber nicht. Sztani ist erneut eine Enttäuschung, so dass in der Offensive neben Lechner und Grabowski lediglich Trimhold zu überzeugen weiß.

Die Zuschauer haben dennoch keinen Anlass, eine Beschwerde zu führen, denn das temporeiche Spiel, das von den Gastgebern eine Spur energischer und damit druckvoller geführt wird, ist beste Unterhaltung für den Liebhaber gepflegten Fußballsports. Und zur Freude des Kölner Anhangs kommt die Abwehr der Eintracht trotz des umsichtigen Organisators Lutz ins Schwimmen. Lutz stopft so manches Loch, doch am Ende hat die Frankfurter Defensive eben mehr Löcher als Lutz Finger frei hat.

Den Kölnern ist das recht, denn so können sie sich nach Herzenslust austoben und Kunter mit Schüssen schärfsten Kalibers eindecken. Der aber reagiert weiterhin grandios auf alle Herausforderungen und bringt besonders Hennes Löhr zur Weißglut. Innerhalb von einer Minute vergibt der Angreifer zwischen der 63. und 64. zwei weitere hochkarätige Einschussgelegenheiten. Glück- und letztendlich erfolglos bleibt gleichfalls Karl-Heinz Thielen, dessen Nummer sieben auf dem Trikotrücken niemand zu täuschen vermag. Die Sturmspitze ist nicht aufzuhalten, allein ein Treffer bleibt ihm ebenfalls verwehrt: Das einzige Mal, als Kunter geschlagen scheint, ist ihm in der 67. Minute der Pfosten im Weg.

Für den im Abschluss unglücklich agierenden Löhr nimmt die Partie in der 87. Minute dann auch noch ein vorzeitiges, aber passendes Ende: Er muss verletzt vom Platz. Der Erfolg ist den Gastgebern aber nicht mehr zu nehmen. Es bleibt dabei: Auswärts tun sich die Hessen mit dem Toreschießen deutlich schwerer als im heimischen Waldstadion.

Bundestrainer Helmut Schön lobt den überragenden Overath und auch Köpfle ist trotz des knappen Sieges von seiner Elf angetan: „Ich bin hochzufrieden!“ Der Kölner Trainer lobt besonders seine Abwehr, die die Frankfurter Stürmer konsequent deckte und bilanziert: „Das Spielerische wurde mit dem Kämpferischen gut und erfolgreich gepaart. Dabei mussten wir auf Hornig, Regh und Müller verzichten!“ „Köln war sehr stark und gewann verdient“, erhebt sein Kollege Elek Schwartz keinen Einspruch. „Aber es verbittert mich, dass der Sieg aus einem Elfmeter resultierte, der gar keiner war“, moniert er und erklärt: „Blusch wurde angeschossen!“ „Das war ein einwandfreies Handspiel, der Schiedsrichter konnte gar nicht anders entscheiden“, entgegnet Knöpfle, doch Schwartz bleibt bei seiner Meinung: „Dieser Elfmeter war nicht berechtigt, man kann eine solche Entscheidung nicht fällen, wenn ein Spieler aus drei Meter Entfernung an die Hand geschossen wird.“


Epilog

Für Miguel Ferreira, der für die Kölner kein Pflichtspiel macht, findet sich einfach kein Abnehmer. Er wird deshalb an den Bonner SC „verschenkt“. Und für Srdjan Cebinac reicht es am Ende nur zu drei Bundesligaeinsätzen. Er verlässt die Kölner nach der Saison ebenso wie Ole Sørensen, der nach dem Spiel gegen die Eintracht nur noch auf fünf weitere Liga-Einsätze kommt. (rs)


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